Merswin, Rulman - Auszüge aus der "Schrift von den neun Felsen"

Merswin, Rulman - Auszüge aus der "Schrift von den neun Felsen"

(Aus einem Pergam.-Cod. der ehemaligen Strassb. Johanniter-Bibliothek)

1. Ueber den Verfall der Geistlichkeit

Von den bebbesten

… Luge umbe dich und sich wie die bebbeste in disen ziten lebent und gelebet hant; men sol nieman mit sunderheite nemen. Luge umbe dich ebe die bebbeste die in disen ziten lebent und gelebet hant, obe si ut me sorge hant gehebet fur sich selber und umbe sich selber das si in eren blibent, denne das die ere gottes vollebroht werde. Und luge umbe dich und sich an obe si nut umke lipliche gut werbent in der meinungen das si iren liplichen frunden zu helfe koment, und in der selben meinungen das si grose sorge hant wie si iren liplichen frunden zu liplicher eren gehelfent. Da solt wissen das der bebbeste gar luzel und gar wenig ist gesin in gar vil jaren, die sich selber fundent weder minnende noch meinende mit allen irme tande und mit allen irme losende, und zuchent in alle wise wie die ere gottes vollebroht werde in allen dingen und obe allen dingen. Das ist och die sache daz so luzel bebbeste geheiliget sind in also vil jaren …

Von den kardenolen

… Ich wil dir sagen die kardenol sint also gar furblendet mit grite und och mit der hoffart, das si iren liplichen frunden zu groser weltlicher eren geholfent, und das si darnoch stellende sind oder aber darnoch begerende sind, wenne es beschehe das ein babest abegienge, das si denne gerne babbest wurdent …

Von den bischoffen

… Luge umbe dich und sich obe die bischofe die in disen ziten lebent, obe si ut me sorge hant wie si vil liplichen gutes zusammenbringent in der meinungen daz si iren liplichen frunden zu helfe kument, denn si sorge hant wie si den rehten gottelichen weg lerent bekennen. Luge umbe dich und sich an wie gar alle rehte ordenunge zurgangen sint. Du und alle menschen die eht bescheidenheit hant, die sehent selber wol mit irre furnunfte warzu es ist komen in disen ziten. Ich wil dir sagen du sist selber wol wenn ein bistum lidig wurt in disen ziten, so sist du wol das anstete menschen darumbe werbent und darumbe kriegent oder es aber köffent; wie reht das ist, daz weis got wol der alle ding weis! …

Von den eptten und ebtischinen

Nu sich furbas und sich och an wie men lebet in den clostern do eptte und eptischin inne wonent. Ich wil dir sagen, wenn es beschiht das der closter eime ein hobet abeget und stirbet, so sint anstete zwei menschen do und scharent sich und fallent mit einander in ein krieg, und bringent das closter in geistliche schulde und in lipliche armut…

Von den lerern

… Sich an wie vil men lerer findet in disen ziten die das gottes wort uffe deme stule tont und die rehte worheit offenlich getorent gesagen, und och getorent offenliche gesagen die grosen wurdigen gebresten die in der cristenheite sint unfgangen, und och die cristenheit getorent offenliche gewarnen, und derumbe ir leben wellent wogen gotte zu ein eren … Ich wil dir sagen das der gerehten kunen geworen lerer also rehte luzel ist in disen ziten! …

Von den frowen clostern

… Du solt wissen ein teil ist gevangen mit der sunden der gritikeit, und ein teil mit hoffart, und ein teil mit zorne, und ein teil mit ungehorsamkeit, und ein teil mit unkuschekeit. Wie das si, daz sie ez nut mit den werke follebringent, so rtont si aber grose unkusche sunde mit dem willen; so sundet ir ein teil mit hoffartigen unkuschen cleidern, und mit hoffartigen unkuschen geberden; so sundet ir ein teil mit heimelichen furborgen sunden, von den sunden men not wol getar geschriben; die es do sint, die wissent wol was ich meine …

Von den weltlichen phaffen

… Nim war wie gar wunderliche die weltliche phafheit lebet, und luge umbe dich unde sich an wie die phafheit das gut furtunt und wie wol sie es au legent das gut das si von gen gottes goben nemment. Luge umbe dich und sich an wie si die gottes goben so schewelich und so schentliche furtunt und furzerent mit so groser unkuschekeit und mit so groser fresaeriege und mit so groser hofart; und luge umbe dich und sich an wie si gont so gar unphefliche und so gar furlesaenliche mit iren cleidern und mit allen iren geberden und mit maniger hande furlosenheite. Luge umbe dich und sich an daz also rehte luzel und also rehte wennig gottes goben wurt gebruht und furton noch rehter gottelicher ordenungen also es uf ist gesat … Sich an was eren die priester selber priesterlicher wurdekeite bietent, und luge umbe dich und sich an wie vil der priester mag sin in disen ziten die sich selber nut findent minnende noch meinende, und die ere gottes suchent und och meinende sint mit allen irme tande und mit allen irme losende. Du solt wissen daz rehtes indewendiges gotteliches ernesthaftes lebendes ist gar sere furgesaen in den priestern …

2. Ueber fromme Juden und Heiden

(Aus dem Abschnitt von der heiligen Ehe. Diese Stelle fehlt in den unter Suso's Namen gedruckten Ausgabe der neun Felsen.)

… Der mensche sprach: ach herzekliches liepliches liep mins, erbarme dich uber die arme cristenheit, und gedenke deran das das bose iudesche volc und das bose heidensche volc alle samment wider dich tunt und och mit ganzer craft wider dich sind, und och alle furlorn werdent. Die entwurte sprach: ich wil dir sagen du hest rehte daz du sprichest got sulle sich erbarmen uber die arme cristenheit; wenne du solt wissen daz die cristenheit in vil hundert iaren nie so arm noch so bose wart also in disen ziten; aber ich wil dir sagen daz du sprichest daz das böse iudesche volc und das bose heidensche volc alles furlorn solle werden, daz ist nut wor; ich wil dir sagen, got der het ein teil heiden und ein teil iuden in disen ziten vil lieber denne vil menschen die cristen nammen hant, und doch wider alle cristenliche ordenunge lebent. Der mensche sprach: ach herze liep mins, wie het mich die eine so fromede rede! Sage mir, herze ließ mins, was der meinungen zi. Die entwurte sprach: daz wil ich dir sagen: die meinunge ist, wo ein iude oder ein heiden, an wellen enden der welte er were, hat der iude oder der heiden einen guten got forhtenden grunt in ime, unde ist domitte einfaltig und biderwe, und bekennet in aller siner furnunftigen bescheidenheit keinen bessern globen denne den globen do er inne geborn ist, und het och das in sime grunde und in sime ganzen willen, befunde er ein andere globen daz ime zu bekennende wurde geben das er gotte lieber were denne sin globe do er inne geborn ist, er wolte sime globen urlop geben; und solte er derumbe wogen lip und gut, so wolte er gotte gehorsam sin. Ich wil dir sagen, wo der jude oder der heiden einer ist, der do in eime sollichen grosen erneste lebete, sage mir, solte der einre gotte nut vil lieber sin denne vil böser valscher cristenner menschen die den tof hant enphangen und wol wissent daz si wider got tunt, und es doch tunt. Ich wil dir sagen, dis tut der gute iude oder der gute heiden nut; er bekennet kein bessers; bekente er ein bessers, er wolte e den tot liden durch got, er keme denne zu dem bessern. Der mensche sprach: ach herze liep mins, dise rede het mich gar eine wunderliche fromede rede, und wil dir sagen wovon; men findet in der heiligen geschrift geschriben, und ist och unser cristen globe das nieman zu himelriche möge kumen, er si denne e in dem heiligen tofe getofet. Die entwurte sprach: daz ist och wor, und ist och reht cristen globe. Ich wil dir aber sagen, wo got findet einen also gar gerehten guten heiden oder einen also gar gerehten guten iuden, was tut denne got? Ich wil dir sagen, got der mag von singer frigen minnen und von einer grundelosen erbermede nut gelosen, er kume in zu helfe; ich wil dir sagen, got der findet manigen furborgen weg daz er die gutwilligen gotmeinenden menschen nut forlorn lose werden, si sind ioch an wellen enden si wellent in der witen welte. Der mensche sprach: sage mir herze ließ mins, wie getust du denne daz dise ungedoften menschen behalten werden? Die entwurte sprach: das wil ich dir sagen, das beschiht in manige hande furborgener wisen die der menige der cristenheite in disen ziten unbekant ist; aber ich wil dir sagen von einer wise die der cristenheit wol zu globende ist und si och wol globet: ich wil dir sagen wo dirre guter heiden oder dirre guter iude einer an sin ende kumet, so kumet ime got zu helfe und erluhtet in mit cristoneme globen, daz der criston globe ime also bekant wurt daz er von allen sime herzen das tofen begernde wurt; mag ime denne der tof nut gegenwertig werden, und ist doch sin begirde von grunde sins herzen dernoch, so wil ich dir sagen was got denne tut: got der get der und dofet in in sime guten begerenden willen und in sime ellenden tode. Du solt wissen das dirre guter heiden und dirre guter iuden vil ist in demme ewigen lebende, die alle in solliche wisen drin sin kumen….

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