Melanchthon, Philipp - Melanchthon's Historie Thomas Münzer's.

Melanchthon, Philipp - Melanchthon's Historie Thomas Münzer's.

1) Nachdem Dr. Martin Luther etliche Jahr geprediget hatte, das Evangelium rein und klar gelehret, hat daneben der Teufel seinen Samen gesäet, viele falsche und schädliche Prediger erweckt, dadurch das Evangelium wiederum verblendet und unterdrückt, dazu auch groß Blutvergießen angerichtet würde. Denn es hat Christus dem Teufel den Titel gegeben, und ihn contrafeit also, daß er sei von Anfang ein Todtschläger gewesen, und bis zu Ende der Welt richtet er Mord an. Joh. 8, 44.

2) Darum hat er einen besessen, der hieß Thomas Münzer; der war in der heiligen Schrift wohl gelehret, blieb aber nicht auf der Bahn bei der heiligen Schrift, sondern der Teufel närrete ihn, und trieb ihn von der Schrift, daß er anfing nicht mehr von dem Evangelio zu predigen, und wie die Leute sollten fromm werden, sondern erdichtete ihm aus falschem Verstand der heiligen Schrift falsche und aufrührerische Lehre, daß man alle Obrigkeit sollte tödten, und sollten forthin alle Güter gemein sein, kein Fürst, kein König mehr sein.

3) Dieß trieb er in den thörichten Pöbel sehr heftig, schmähete und schalt die Fürsten übel, wie sie den armen Mann unterdrückten, beschwereten, schändeten und schabten, auch daß sie möchten ihre unnütze Pracht und Kosten erhalten; item, sie prasseten dem armen Mann zu Schaden; so doch christliche Liebe fordere, daß sich Keiner über den Andern setze, daß Jedermann frei sei und sei Gemeinschaft aller Güter.

4) Dabei machte er auch solcher teufelischen Lehre einen Schein, gab vor, er hätte vom Himmel Offenbarung, und lehrete nicht anders, geböte auch Nichts, Gott hätte es ihm denn geheißen: Es ist nicht zu ermessen, wie hart der Teufel den Menschen habe besessen, daß er sich hat rühmen dürfen himmlischer Offenbarung, und mit Lügen Gottes Namen so unverschämt anziehen. Ja, es wird auch bei den Nachkommen nicht glaublich sein, daß ein Mensch in solche Vermessenheit könnte fallen, daß er sich solcher großer Dinge darf rühmen, wo nichts Anderes dran ist.

5) Es hat sich aber dergleichen mehr vorhin begeben. Denn es ist Einer gewesen, der hat Mänes geheißen; der gab sich aus, er wäre der rechte Christus und Gottes Sohn, machte sich auch Jünger, und hängte viel Volks an sich, die der Teufel also trieb in Irrthum, daß er sie Alle um Leib und Seele brächte.

6) Also ist jetzund auch geschehen, und hat der Teufel solche List gebraucht, die nicht mit Vernunft begriffen, und von unerfahrenen Leuten nicht wohl geglaubt mag werden. Aber man hat also mit diesem Thomas gefahren, daß man ihn wohl erkannt hatte. Ich will auch die Historien recitiren aufs fleißigste, und sagen, wie er sich gehalten hat.

7) Es liegt ein Fleck, Allstädt, ein Ort in Thüringen am Harz, gegen Sachsen, gehört dem Kurfürsten zu Sachsen; dahin hat sich Thomas begeben. Denn Wiewohl er sich rühmete, er hätte den heiligen Geist, und fürchtete sich nicht, und hätte eisen göttlichen Befehl zu predigen in aller Welt, suchte er doch da ein Nest, daß er sicher wäre unter des frommen Fürsten Herzog Friedrichs, des Kurfürsten zu Sachsen Schutz, unter dem die Priester, so wider alte untüchtige Bräuche predigten, sicherer waren, denn sonst.

8) Da er nun zu Allstädt eingesessen war, predigte er erstlich, daß er sich ein großes Gerücht machte, wider Papst und Luther gleich, wie die päpstische und lutherische Lehre untüchtig wäre. Der Papst hätte die Gewissen zu hart gebunden mit unbilligen Bürden und Ceremonien, der Luther aber mache die Gewissen wohl frei von päpstlichen Lasten, aber ließe sie in fleischlicher Freiheit bleiben, führete sie nicht weiter im Geiste und zu Gott. Mit solchem Geschwätz sperrete er dem einfältigen Pöbel das Maul auf; da lief man zu, und wollte Jedermann etwas Neues hören, wie Homerus spricht, daß dem Pöbel das neue Lied das beste sei.

9) Was nun der Papst und Luther lehren, ist zu lang, hier zu erzählen. Was aber Münzer gelehret hat, und wie er aus einem Irrthum in den andern gefallen ist, ist nützlich zu wissen und zu gedenken, auf daß wir von solcher Historie ein Exempel nehmen, und wachen, und Gott bitten, daß Er uns behüte, daß wir nicht in Irrthum fallen, und verblendet werden, daß wir sogar aus der christlichen Straßen kommen. Denn als wenn Einer wandelt, so er des Wegs einmal fehlet, geschieht oft, daß er je weiter von dem rechten Weg kommet; also gehet's auch in diesen Sachen: so bald man der Wahrheit fehlt einmal, und man sich den Teufel narren lassen, irret man denn je länger je weiter, und führet der Teufel die elenden Leute bei der Nasen, wie man einen Büffel führet.

10) Nun wollen wir kürzlich fassen, was Thomas vorgegeben hat. Er lehrete: es wäre wahr, daß Frömmigkeit nicht stünde in päpstlichen Ordnungen, darum möchte man sie lassen; und lehrete, daß man also zu rechter und christlicher Frömmigkeit kommen müßte. Anfänglich müsse man ablassen von öffentlichen Lastern, als Ehebruch, Todtschlag, Gotteslästerung und dergleichen. Dabei müsse man den Leib kasteien und martern mit Fasten, mit schlechter Kleidung, wenig reden, sauer sehen, den Bart nicht abschneiden. Dergleichen kindische Zucht nannte er Tödtung des Fleisches, und Kreuz, davon im Evangelio geschrieben ist. Darauf drangen alle seine Predigten erstlich.

11) Weiter, so man sich also geschmückt hätte und gefärbet, lehrete er, daß man sollte an heimliche Orte gehen, und oft gedenken von Gott, was Er sei und ob Er sich auch unser annehme; so würde das Herz finden, daß es daran zweifele, wisse nicht, ob Gott groß nach uns frage, auch ob es wahr sei, daß Christus um unsertwillen gelitten, uns erlöst habe, weil wir doch in so großer Noth und Elend noch seien; es würde auch wollen wissen, ob unser Glaube oder der Türken recht wäre. Bisher wäre solche Predigt zu leiden gewesen, aber förder hat er große Gotteslästerung gelehret.

12) Darauf sollte Einer ein Zeichen fordern von Gott, daß Gott bezeugete, wie Er sich unser annehme, und daß unser Glaube recht und wahr sei. Wo auch Gott solche Zeichen nicht bald geben würde, sollte man nicht ablassen, sondern fortfahren, kühnlich mit großem Ernst solche fordern, sich auch über Gott erzürnen, Ihm fluchen, und Ihm seine Gerechtigkeit vorwerfen, daß, so von Ihm geschrieben stehet, Er wolle Jedermann selig machen, 1. Tim. 2, 4. und die Wahrheit lehren, und geben, warum man ihn bitte, thue Er unrecht, wenn Er nicht einem solchen Herzen, das von Ihm begehre wahre Erkenntniß Gottes, ein Zeichen erzeige.

13) An solchem Zorn, sagt Thomas, hätte Gott großes Wohlgefallen. Denn daraus spürete Er, wie sehr man sein begehre, und würde thun wie ein Vater, und Zeichen geben, und diesen Durst der Selen löschen, dieweil von Ihm geschrieben ist, daß Er den Durstigen tränke, Jes. 55, 1. Offenb: 21, 6. und sagte zu, Gott würde dann kommen und mündlich mit ihm reden, wie mit Abraham, Jakob und Andern.

14) Ja er sagte öffentlich, das erschrecklich zu hören ist, er wollte in Gott scheißen, wenn Er nicht mit ihnen redete, wie mit Abraham und andern Patriarchen. Das hieß er den gewissen Weg gen Himmel, und zog auf die Fabel viel Schrift gefälschet, schrie und schalt graulich. Wer dawider redete, hieß er Pharisäer, die Gott nicht recht und wahrlich kenneten, sondern sahen in die Schrift wie Blinde, und fänden doch Gott nicht da.

15) Solches Alles gefiel dem Pöbel wohl, daß sie sollten mit Gott reden, Zeichen sehen. Denn menschliche Natur ist vorwitzig, und hat Lust große und heimliche Dinge zu erfahren. Auch that der Ruhm dem groben Volk wohl, daß sie wähnten, sie würden heilig und gelehrter, denn alle die Studirten.

16) Es ist aber nützlich zu sagen, mit was Zeichen Thomas um sei gangen. Er sagte, daß Gott durch Träume seinen Willen offenbarete, und setzte den ganzen Bau auf Träume. Wem nun Etwas von Gott geträumet hatte, der hielt sich für fromm, oder welcher einen Traum hätte, den man deuten könnte auf eine Geschichte, solche hielt er für Christen und Propheten, lobet sie in offenen Predigten, auf daß er sie an sich zöge und auch mit solchem Lob entzündete, ihn härter zu vertheidigen.

16) Damit machte er sich einen Zufall bei dem tollen Pöbel, und dem zu Liebe änderte er auch der Kirche Ceremonien, Gesang, Kleidung und dergleichen. Denn solche Neuigkeit dem leichtfertigen Pöbel wohl geliebt.

18) Da er nun meinete, er hätte Ansehen gnug, und daß ihm der gemeine Mann würde folgen, brach er weiter heraus, und nahm vor, einen Lärm anzurichten unter dem Schein des Evangelii, dadurch er die Herrschaft verstieße, und er ins Nest säße; mächtig und reich würde; hub an zu Allstädt, und machte ein Register, schrieb darein Alle, so sich zu ihm verbunden und verpflichtete, die unchristlichen Fürsten zu strafen, und christlich Regiment einzusetzen. Denn er gab vor, Gott hätte ihm befohlen, weltlich Regiment zu andern.

19) Bisher hatte er noch nicht öffentlich wider die Obrigkeit geredet, sondern allein den Traum, den wir erzählt haben, wie die Leute sollten fromm werden, und Gott erkennen, in das Volk getrieben, und wider Luther und Papst zugleich geprediget.

20) Dieweil er aber nicht Aufruhr lehrete, sähe ihm Herzog Friedrich, Kurfürst zu Sachsen zu; verjagte ihn nicht. Es schrieb auch an Herzog Friedrichen der Luther, man solle ihn nicht verjagen.

21) Aber da er nun anfing, und meinete, er hätte Hilfe gnug, einen Lärm anzurichten, hub er an, und lehrete Aufruhr, daß man weltlicher Obrigkeit nicht sollte gehorsam sein, und sollte aus dem Regiment stoßen; zu solchem (sagt er) hätte Gott ihn gewählet, durch den der ganzen Welt geholfen würde.

22) Also hat Thomas in Summa zwei Irrthümer gelehret. Den einen von geistlichen Sachen, daß man Zeichen fordern sollte von Gott, sich nicht trösten der Schrift, auch daß Träume ein gewiß Zeichen wären, daß man den heiligen Geist empfangen hätte. Der andere Irrthum ist gewesen vom weltlichen Regiment, daß man demselben nicht gehorsam sein sollte, so doch die Schrift solchen Gehorsam sehr ernstlich gebeut.

23) Darauf hat ihn Herzog Friedrich aus dem Lande gestoßen. Thomas hat da seines großen Geistes vergessen, und machte sich davon, und verbarg sich ein halb Jahr. Darauf thät er sich hervor. Denn der Teufel ließ ihn nicht ruhen, und zog gen Nürnberg. Aber Gott behütete dieselbige Stadt sonderlich, daß Thomas nicht da einsaß. Denn, wo es Thomä da geglückt hätte, ist zu besorgen, daß viel ein gräulicherer Lärm sich hätte erhoben, denn in Thüringen.

24) Der Rath zu Nürnberg jagte ihn zeitig aus der Stadt. Da wandte er sich, und zog wieder in Thüringen gen Mühlhausen. Denn dieweil er zu Allstädt gewesen war, hatte er etliche freventliche Buben von Mühlhausen an sich gezogen; dieselbigen machten ihm Raum in der Stadt und Kundschaft, also daß ihn die Gemeinde zu einem Prediger annahm.

25) Dawider aber legte sich der Rath. Damit aber sein Vornehmen einen Fortgang hätte, trieb er, Thomas, den Pöbel förderlich dazu, den Rath als unchristlich abzusetzen, einen neuen christlichen Rath zu wählen, die ihm seines Predigens gestatten. Solches geschah, und wurden die ehrbaren Leute des Raths entsetzt, Etliche aus der Stadt verjagt.

26) Dieß war der Anfang des neuen christlichen Regiments. Darnach stießen sie die Mönche aus, nahmen der Klöster und Stifte Güter ein; da haben die Johanniter einen Hof gehabt, und große Rent; denselben Hof nahm Thomas ein.

27) Und daß er in allen Spielen wäre, ging er auch mit zu Rath, und gab vor: Recht zu sprechen muß durch Offenbarung von Gott und durch die Bibel geschehen. Also was ihm gefiel, sprach man zu Recht, und man hielt's als sonderlich Gottes Befehl.

28) Er lehrete auch, daß alle Güter gemein sollten sein, daß sie die Güter zusammengethan haben. Damit machte er den Pöbel so muthwillig, daß sie nicht mehr arbeiten wollten, sondern wo Einem Korn oder Tuch von Nöthen war, ging er zu einem Reichen, wo er wollte, fordert's aus christlichem Rechte; denn Christus wollte, man solle theilen mit den Durstigen, Matth. 19, 21. Wo denn ein Reicher nicht willig gab, was man forderte, nahm man es ihm mit Gewalt. Dieß geschahe von Vielen; auch thäten es die, so bei Thoma wohneten im Johanniterhofe. Solchen Muthwillen trieb Thomas, und mehr täglich, und dräuete allen Fürsten in der Nachbarschaft, daß er sie wollte demüthigen.

29) Dieß trieb er fast ein Jahr lang, bis in das 1525. Jahr, da die Bauernschaft in Schwaben und Franken sich erregte. Denn Thomas so kühn nicht war, daß er einen Lärm hätte angefangen, wiewohl er sagte, Gott hatte es ihm befohlen, bis daß er verhofft, er würde einen Rücken haben, an der ausländischen Bauernschaft. Denn in Franken mehr denn 40,000 Mann zu Felde lagen in dreien Haufen, hatten die Edelleute verjagt, schier alle Schlösser verbrannt und geplündert.

30) Da meinete Thomas, er wollte das Stündlein treffen, die Fürsten wären erschrocken, der Adel verjagt, die Bauern würden das Feld behalten, und wollte auch im Spiel sein, und seine Reformation anfahen, und ließ sich hören in Predigten, die Zeit wäre kommen, er wolle schier zu Feld ziehen; goß Büchsen im Barfüßer Chor; es lief auch das Landvolk mit Haufen gen Mühlhausen, wollten Alle reich werden.

31) Er hatte einen Prediger bei sich, der hieß Pfeiffer, ein ausgelaufener Mönch, sehr gut zum Spiel, frevel und muthwillig; der wollte je den ersten Angriff thun, und gab vor, er hätte ein Gesicht gehabt, daraus er merkete, daß Gott ihn fordere. Er hätte einen Traum gehabt, wie er wäre in einem Stall gewesen, und viel Mäuse gesehen; die hätte er alle verjagt; damit meinte er, hätte ihm Gott angezeigt, er solle ausziehen und allen Adel verjagen.

32) Und da Thomas aus Furcht nicht wollte vergönnen noch zuziehen, ward er sehr mit Thoma zweiträchtig, dräute ihm heftig, er wolle ihn vertreiben, wo er ihn nicht ziehen lasse, und ihm das Volk abschrecke. Denn Thomas wollte den Angriff nicht thun, er wäre denn stark genug, und nicht aus der Stadt kommen, hätten sich denn vorhin die Bauern allenthalben in der Nachbarschaft erregt. Darauf schrieb er dem Bergvolk zu Mansfeld einen sehr teufelischen Brief, daß sie sollten auf die Fürsten schlagen, schlagen wie auf den Ambos Nimrod, Pick, Pank; er hoffte auch, es sollten die fränkischen Bauern näher gen Thüringen rücken.

33) Pfeiffer zog aus ins Eichsfeld, plünderte Schlösser und Kirchen, verjagte und fing die Edlen, kam heim, brachte viel Raubes. Da ward der gemeine Pöbel beißig, dieweil es geglückt hatte. Indem regten sich die Bauern zu Frankenhausen, nicht weit von Mühlhausen gelegen. Sie fielen auch in die Grafschaft Mansfeld und Stolberg, brachen und plünderten die Schlösser.

34) Da zog Thomas aus, denn er meinte, es wäre nun das ganze Land der Fürsten abgefallen, und zog gen Frankenhausen mit dreihundert Buben von Mühlhausen, und ward der Pöbel in allen Städten wegig. Und wiewohl die sächsischen Fürsten sich rüsteten, den Bauern zu wehren, und der Landgraf von Hessen, und die Herzöge von Braunschweig auf waren, den Lärm zu stillen, doch hätten sie schier das Spiel versäumt, wo nicht bald die erschreckt wären worden, daß sie sich auch säumeten und nicht fortzogen, die Städte einzunehmen.

35) Es fiel aber ein Schrecken in die Bauern, aus der Ursach: da sich die Grafschaft Mansfeld empöret hatte, und darum alle Grafschaften, die daran stoßen, machte sich Albrecht auf mit sechzig Pferden, und erstach zweihundert; da erschraken die Bauern und zogen nicht fort, sondern liefen alle gen Frankenhausen, da zu warten, bis der Haufe größer würde, und verzogen da, bis daß die Fürsten auch zusammen kamen.

36) Also zogen die Fürsten, Herzog Johannes zu Sachsen Geschickte, Herzog Georg zu Sachsen, Landgraf Philippus zu Hessen, und Herzog Heinrich von Braunschweig, wider die Bauern mit fünfzehn hundert Pferden, und nicht viel Fußvolk. Es hatten aber die Bauern ihre Wagenburg geschlagen auf einem Berg bei Frankenhausen, daß man nicht wohl zu ihnen mochte mit den Reißigen, doch hatten sie nicht viel Geschütz und Harnisch, und waren ganz ungeschickt und ungerüstet.

37) Solches sahen die Fürsten, und erbarmten sich der thörichten, elenden Leute, und nahmen Handlung vor, sie abzumahnen, und schickten zu ihnen, daß sie abzögen, und überantworteten die Hauptleute und Anfänger des Lärms. Die armen Leute waren erschrocken, und waren wohl zu weisen gewesen; aber der Teufel wollte seinen Muthwillen ausrichten durch Thomas; der trieb den Thomas, daß er sie vermahnete zu bleiben und sich zu wehren. Darum trat er auf und redete also:

(Ermahnung Thomas Münzer's des Mordpropheten, an die Bauern, die er zum Aufruhr erreget hatte.)

38) Liebe Brüder, ihr sehet, daß die Tyrannen, unsere Feinde, da sind, unterstehen sich, uns zu erwürgen, und sind doch so furchtsam, daß sie uns nicht dürfen angreifen, und fordern, daß ihr sollt abziehen, sollt die Anfänger dieser Sache überantworten. Nun, liebe Brüder, ihr wisset, daß ich solche Sache aus Gottes Befehl habe angefangen, und nicht aus eigenem Vornehmen oder Kühnheit. Denn ich kein Krieger mein Tag nie gewesen bin. Dieweil aber Gott mir mündlich geboten hat, auszuziehen, bin ich schuldig und ihr Alle, da zu bleiben und des Endes zu warten.

39) Es gebot Gott Abraham, seinen Sohn zu opfern: nun wußte Abraham nicht, wie es gehen sollte; dennoch folgete er Gott und fuhr fort, wollte das fromme Kind opfern und tödten. Da errettete Gott Isaak, und behielt ihn beim Leben. Also auch wir, dieweil wir Befehl von Gott haben, sollen wir das Ende erwarten und Gott lassen für uns sorgen.

40) Darüber aber habe nicht Zweifel, es werde wohl gerathen, und wir werden diesen heutigen Tag Gottes Hilfe sehen, und unsere Feinde alle vertilgen. Denn Gott spricht oft in der Schrift, er wolle den Armen, den Frommen helfen, und die Gottlosen ausrotten, Ps. 37. V. 38, 39, 40. Nun sind wir je die Armen, und die Gott sein Wort begehren zu erhalten. Darum sollen wir nicht zweifeln, es wir Glück auf unserer Seite sein.

41) Was sind aber die Fürsten? Sie sind nichts denn Tyrannen, schinden die Leute, unser Blut und Schweiß verthun sie mit Hofiren, mit unnützer Pracht, mit Huren und Buben. Es hat Gott geboten im 5. Mos. 17, 16, es solle der König nicht viel Pferde bei sich haben, und eine große Pracht führen, auch soll ein König das Gesetzbuch täglich in den Händen haben.

42) Was thun aber unsere Fürsten? Sie nehmen sich des Regiments nicht an, hören die armen Leute nicht, sprechen nicht Recht, halten die Straßen nicht rein, wehren nicht Mord und Raub, strafen keinen Frevel und Muthwillen, vertheidigen nicht Witwen und Waisen, helfen nicht den Armen zu Recht, schaffen nicht, daß die Jugend recht erzogen werde zu guten Sitten, fördern nicht Gottesdienst, so doch um solcher Ursachen willen Gott Obrigkeit eingesetzt hat; sondern verderben allein die Armen je mehr und mehr mit neuen Beschwerden, brauchen ihre Macht nicht zu Erhaltung des Friedens, sondern zu eigenem Trotz, daß je Einer seinem Nachbar stark genug sei, verderben Land und Leute mit unnöthigen Kriegen, Rauben, Brennen, Morden Das sind die fürstlichen Tugenden, damit sie jetzt umgehen. Ihr sollt nicht gedenken, daß Gott länger solches leiden wolle; denn wie Er die Kananiter vertilget hat, so wird Er auch diese Fürsten vertilgen. 2. Mos. 33, 2. Kap. 34, 11.

43) Und obschon solches zu leiden wäre, so kann doch Gott das nicht leiden, daß sie den falschen Gottesdienst der Pfaffen und Mönche vertheidigen wollen. Wer weiß nicht, was gräulicher Abgötterei geschiehet mit dem Kaufen und Verkaufen in der Messe. Wie Christus die Krämer aus dem Tempel stieß, Matth. 21. V. 12, so wird Er diese Pfaffen, und was an ihnen hängt, verderben. Und wie Gott Phineas gelobet hat, daß er die Hurerei mit Casbi gestraft, 4. Mos. 25, 7. 8. fgg., so wird uns Gott Glück geben, der Pfaffen Hurerei zu strafen.

44) Darum seid getrost und thut Gott den Dienst, und vertilget diese untüchtige Obrigkeit. Denn was hülfe es, ob wir schon Frieden machten mit ihnen? Denn sie wollen doch fortfahren, uns nicht frei lassen, treiben uns zu Abgötterei. Nun sind wir schuldig, lieber zu sterben, denn in ihre Abgötterei zu verwilligen. Es wäre je besser, daß wir Märtyrer würden, denn daß wir leiden, daß uns das Evangelium entzogen werde, und wir zu der Pfaffen Mißbräuche gedrungen werden.

45) Darüber weiß ich gewißlich, daß Gott uns helfen wird, und uns den Sieg geben: Denn Er hat mir mündlich solches zugesagt, und befohlen, daß ich alle Stände soll reformiren. Es ist nicht Wunder, daß Gott wenigen und ungerüsteten Leuten Sieg gebe, wider viele Tausende. Denn Gideon mit wenig Leuten, Richt. 7. V. 23. fgg., Jonathan mit seinem einigen Knaben viel Tausende geschlagen haben, 1. Sam. 14. V. 14, David ungerüstet den großen Goliath umbracht, 1. Sam. 17, 49.

46) Also habe ich nicht Zweifel, es werde jetzt dergleichen geschehen, daß wir, wiewohl ungerüstet, werden obsiegen; es müßte sich eher Himmel und Erde ändern, denn wir verlassen werden sollten, wie sich des Meeres Natur ändert, auf daß Hilfe den Israeliten geschah, da ihnen Pharao nacheilete. 2. Mos. 14, 16. Lasset euch nicht erschrecken das schwache Fleisch, und greift die Feinde kühnlich an! dürft das Geschütz nicht fürchten, denn ihr sollt sehen, daß ich alle Büchsensteine in den Aermel fassen will, die sie gegen uns schießen! Ja, ihr sehet, daß Gott auf unsrer Seiten ist, denn Er gibt uns jetzt ein Zeichen. Sehet ihr nicht den Regenbogen am Himmel? der bedeutet, daß Gott uns, die wir den Regenbogen im Panier führen, helfen will, und dräuet den mörderischen Fürsten Gericht und Strafe. Darum seid unerschrocken, und tröstet euch göttlicher Hilfe, und stellt euch zur Wehre; es will Gott nicht, daß ihr Friede mit den gottlosen Fürsten machet!

47) Da Thomas ausgeredet hatte, war der mehrere Theil entsetzt, wäre gerne davon gewesen, und sahen wohl, daß das Wasser über die Körbe gehen wollte. Es war aber keine Ordnung und Regiment, daß man hätte Rath gehalten, was man thun sollte. Auch waren etliche muthwillige Buben, die Lust hatten zu fechten, und ihnen selbst Unglück anzurichten; welche, dieweil sie gleichen Geist hatten, fielen sie Thomä zu, und nicht allein von der Rede Thomä wüthend worden, sondern es bewegte sie vielmehr der Regenbogen, der erschien, da Thomas redete. Denn dieweil sie einen Regenbogen in ihrem Fähnlein führeten, meinten sie, Gott hätte ihnen ein Zeichen gegeben des Siegs. Auch war der Haufe ziemlich groß, und lag wohl, daß sie meinten, sie wollten den Fürsten stark genug sein; denn es waren der Bauern um die achttausend, und schrien also etliche Buben: man sollt' sich zur Wehre stellen, und huben an zu singen.

48) Also ward den Fürsten keine Antwort auf ihr Anregen. Es hatte auch Thomas einen jungen Edelmann, einen einigen Sohn eines alten Mannes, gesandt mit Andern ins Lager, Etwas zu werben, erstechen lassen, wider aller Welt Kriegsweise. Solches erzürnete die Fürsten und den Adel sehr, daß sie hitzig auf die Bauern wurden; darum blies man auf, und ordnete den Zeug, und der Landgraf von Hessen, der unter den Fürsten daselbst der jüngste war, ritt um den Zeug, und vermahnete sie, zu retten gemeinen Frieden, und redete also.

Ermahnung des Landgrafen zu Hessen rc. an die Ritterschaft, die Bauern, so sich Gunter dem Schein des Evangelii, durch Lügen und Mordpropheten verführet, wider die Obrigkeit empöret habens getrost anzugreifen und zu schlagen.)

49) Liebe Freunde, ihr sehet die armen Leute vor euch, wider die ihr geführt seid, ihrem Ungehorsam und Frevel zu wehren. Nun hat die Fürsten erbarmt ihres Elends, und haben Wir mit ihnen lassen handeln, daß sie abzögen, sich ergäben, und die Hauptleute überantworteten. Auf solches geben sie keine Antwort, und rüsten sich zu schlagen: so fordert es die große Noth dagegen, daß wir uns wehren. Drum ermahne Ich euch, daß ihr sie ritterlich angreift, und den treulosen Bösewichtern und Mördern wehret.

50) Es hat der Teufel die Leute so geblendet, daß sie sich nicht wollen rathen noch helfen lassen. Denn wiewohl sie große Klage über die Fürsten führen, dennoch ist keine Ursach auf Erden gnugsam, Aufruhr zu erregen, und Gewalt wider die Obrigkeit vorzunehmen. Denn es ist ein sehr ernstes Gebot Gottes, die Obrigkeit ehren und fürchten, darob Gott also gehalten hat, daß der Aufruhr nie ungestraft blieben ist; denn Paulus sagt Röm. 13, 2: „Wer der Obrigkeit widerstrebt, wird gestraft, denn die Obrigkeit ist geordnet von Gott.“ Drum hält Gott also drob, daß sie keine Kreatur kann zerreißen. Wie Gottes Ordnung ist, daß Tag und Nacht wird, und mag kein Mensch die Sonne vom Himmel reißen, Tag und Nacht wegnehmen: also wird weder Teufel noch Teufels Apostel, die Münzerischen Bauern, wider geordnete Obrigkeit Glück haben.

51) Ich rede solches nicht darum, daß Ich Mich als ein Fürst schmücke, und der Bauern Sache arg mache; sondern es ist die ganze Wahrheit. Ich weiß wohl, daß Wir oft sträflich sind, denn Wir Menschen sind, und Uns oft vergreifen; dennoch soll man darum nicht Aufruhr anrichten. Es gebeut Gott, die Obrigkeit zu ehren; dann aber soll man sie vornehmlich ehren, wenn sie Ehre vornehmlich bedarf. Nun bedarf die Obrigkeit dann am meisten Ehre, wenn sie geschmähet wird, vielleicht auch gefehlet hat; so sollen die Unterthanen solche Schmach der Obrigkeit helfen tragen, zu Ehren bringen und decken, wie Sem den bloßen Noa deckete, 1. Mos. 9, 23, daß man in Frieden und Einigkeit bei einander bleiben und leben möge.

52) Was thun aber diese treulosen Bösewichter? Sie decken nicht Unsere Fehler, sondern machen sie mehr rüchtig, ja lügen auch Viel hinzu. Denn es ist je erdichtet und erlogen, daß Wir nicht gemeinen Landesfrieden halten, daß Wir nicht die Gerichte bestellen, Mord und Räuberei in den Ländern nicht wehren. Denn Wir nach Unserm Vermögen geflissen sind, friedlich Regiment zu erhalten. Nun ist je gering die Bürde, die die Unterthanen an Geld oder Zins tragen, gegen der Sorge und Mühe, die Wir tragen.

53) Aber Jedermann achtet seine Beschwerden am größten; was dagegen andere Leute leiden, will Niemand ermessen. Die Bauern geben geringen Zins, darum sitzen sie sicher, mögen Weib und Kind ernähren, mögen Kinder zu Zucht und Ehre erziehen. Solche Sicherheit zu unterhalten werden ihre Zinsen angelegt; sag' mir, wem kömmt der größte Nutzen daraus? Den Unterthanen. Darum sind ihre Klagen nichtig. Es kann aber nicht Alles im Regiment genugsam ausgerichtet werden; ist wahr. Denn dieß ist der Welt gemein Unglück. Geräth doch das Korn auf dem Felde nicht alle Jahr. Darum fordert Gott, daß man die Obrigkeit ehre; denn wenn Obrigkeit nicht fehlete, so stünde ihre Ehre nicht in Gefahr: dieweil sie aber in Gefahr stehet, will sie Gott schützen, und hat das Gebot gemacht, sie zu ehren.

54) Sie klagen aber, daß man ihnen nicht gestatten wolle, das Evangelium zu hören; dennoch soll man darum nicht Aufruhr anrichten. Denn wie Christus Petro verboten hat zu fechten; so soll ein Jeder, was er glaubt, verantworten für sich selbst. Will ihn die Obrigkeit drob tödten, soll er's leiden und soll nicht zum Schwert greifen, und andere Leute erregen, ihn mit Gewalt zu retten. Christus hat über Petro, da er fechten wollte, ein schrecklich Urtheil gefället, daß er, des Todes schuldig sei: „Wer das Schwert nimmet, soll mit dem Schwert umkommen,“ spricht Christus Matth. 26, 52., und hat sich selbst ans Kreuz hängen lassen. Also ist Aufruhr wider das Gebot und Exempel Christi.

55) Weiter ist am Tage, daß dieser Münzer und sein Anhang nicht das Evangelium lehren, sondern Mord und Raub; es lästert Niemand das Evangelium höher, denn diese Buben, die unter des heiligen Namens Schein allen Muthwillen treiben. Das ist, ihr Evangelium, den Reichen das Ihre nehmen, Andern Weib und Kind zu Schande machen, Obrigkeit wegnehmen, daß ihnen Niemand wehren möge. Solche große Schmach des heiligen Namens Evangelii lässet Gott nicht ungerochen. Denn Er spricht im andern Gebot, daß „der nicht soll ungestraft bleiben, der Gottes Namen mißbraucht.“ 2. Mos. 20, 7.

56) Dieweil nun die Bauern so groß Unrecht haben, lästern Gott, schmähen ihre Obrigkeit, und haben keine billige Ursach des Aufruhrs, sollt ihr sie getrost angreifen als Mörder, und gemeinen Frieden helfen retten, frommen ehrbaren Leuten helfen, euer Weib und Kind schützen wider diese Mörder; daran thut ihr Gott einen großen Gefallen. Und wiewohl wir den elenden Leuten (menschlicher Weise zu richten) stark genug sind, dennoch wollt' Ich sie nicht angreifen, wenn Ich nicht wüßte, daß Ich recht thäte. Denn Gott hat Uns das Schwert gegeben, nicht Mord mit zu treiben, sondern Mord zu wehren. So Ich aber weiß, daß Ich recht daran thue, will Ich sie helfen strafen, und habe nicht Zweifel, Gott werde helfen, daß Wir siegen. Denn Er spricht: „Wer der Obrigkeit widerstrebt, werde gestraft.“ Röm. 13. V. 2.

57) Da der Landgraf ausgeredet hatte, rückte man hinzu an die Bauern, und schoß ab. Die armen Leute aber stunden da und sungen: „Nun bitten wir den heiligen Geist,“ gleich als wären sie wahnsinnig; schickten sich weder zur Wehr noch zur Flucht; Viele auch trösteten sich der großen Zusage Thomä, daß Gott Hilfe vom Himmel erzeigen würde, dieweil Thomas gesagt hatte, er wolle alle Schüsse in die Aermel fassen.

58) Da man nun zu ihnen in die Wagenburg brach, und sie begunnte zu erstechen, da wandten sich die elenden Leute zu der Flucht: der größere Hausen gegen den Flecken Frankenhausen, Etliche auch auf die Andern vom Berg, und ist keine Gegenwehr von den Bauern geschehen, denn ein Häuflein, das im Thal vom Berg sich zusammen gethan hatte, das wehrete sich eine Weile gegen wenige Reiter. Denn auch der reisige Zeug, da er sahe, daß keine Gefahr und Gegenwehr war, keine Ordnung hielt, und sich also von einander zerstreuet hatten. An dem Ort machten sie Etliche wund, und fällten zwei oder drei Reisigen. Da wurden die Reisigen mehr erzürnet, und erstachen nicht allein dieß Häuflein, sondern was sie in der Flucht ereilen mochten und sind todt blieben bei fünf tausend Mann.

59) Nach der Schlacht rückte man in den Flecken, nahm ihn ein, und fing bei drei hundert Mann, die man da köpfte. Es war aber Thomas entronnen in den Flecken Frankenhausen, in ein Haus bei dem Thore. Nun hätte er wohl mögen mittler Zeit davon kommen, oder sich da verbergen, wenn Gott nicht sonderlich gewollt hätte, daß er sollte gefangen werden; es hatte auch Niemand sonderlich Achtung auf ihn, Niemand suchte ihn auf.

60) Es war aber ein lüneburgischer Edelmann in dasselbige Haus bei dem Thor eingezogen. Dessen Knecht gehet ungefähr hinauf auf den Boden im Hause, will sehen, was sie für Herberge haben; so findet er Einen im Bette liegen, gleich als ob er krank wäre, spricht ihn an, und fraget, wer er sei, ob er auch ein Aufrührerischer sei? Nun hatte sich Thomas ins Bette gelegt, gleich als wäre er schwach, meinete, er wollte sich also verbergen und entrinnen, und antwortete Thomas dem Reiter, er sei ein kranker Mann, liege da und habe Fiebres, und sei sehr schwach; er sei zu dem Aufruhr nie kommen.

61) Der Reiter fand eine Tasche bei dem Bette liegen, nimmt sie, und meinet vielleicht eine Beute also zu kriegen; da findet er Briefe drinn, die Graf Albrecht von Mansfeld Thomä geschrieben hatte, zu vermahnen, daß er abstünde von seinem Muthwillen. Da fraget der Reiter: woher ihm die Briefe kommen? Ob er der Thomas sei? Thomas erschrak, und läugnete erstlich, wollte der Mann nicht sein, doch bekannte er zuletzt, da der Reiter ihm drohete. Also nahm ihn der Reiter gefangen. Solches ließ man die Fürsten wissen. Da schickten Herzog Georg und der Landgraf nach Thomas.

62) Da er vor die Fürsten kam, fragten sie, was er die armen Leute geziehen, daß er sie also verführet hätte? antwortete er noch trotziglich, er hätte recht gethan, daß er vorgehabt hätte, die Fürsten zu strafen, dieweil sie dem Evangelio zuwider wären.

63) Der Landgraf aber setzte an ihn, und bewährte ihm aus der Schrift, daß man die Obrigkeit ehren sollte, daß Gott Aufruhr verboten hätte, daß sonderlich den Christen nicht gebühret, sich zu rächen, obschon ihnen Unrecht geschehe; darauf der elende Münzer nichts wußte zu reden.

64) Es begab sich auch da, daß man ihm die Daumenstocke enger zuschraubete; da schrie er. Herzog Georg sagte aber darauf: Thomas, dieß thut dir wehe; aber es hat den armen Leuten weher gethan heute, daß man sie erstochen hat, die du in solch Elend gebracht hast. Antwortete Thomas als ein besessener Mensch lachend: Sie haben's nicht anders wollen haben. Aus solchen freveln Worten hat Jedermann spüren mögen, daß der Teufel den Menschen gar unsinnig gemacht hatte, daß er sogar kein Erbarmen über das Elend der erschlagenen Leute hätte.

65) Darauf ward er gen Heldrungen geführt in den Thurm, und da examinirt. Es geschah aber darum, daß man ihn gen Heldrungen schickte: denn er hatte Graf Ernsten von Mansfeld gen Heldrungen einen Dräubrief geschrieben, darin geschrieben stunden diese Worte: Ich fahr' daher. Daß aber Thomas seines freveln Dräuens inne würde, ward er auf einen Wagen gebunden, und fuhr also dahin.

66) Nach etlichen Tagen ward Thomas übel gemartert zu Heldrungen in der Frage, darinn er bekannt, daß er vor Zeiten ein Schüler zu Halle gewesen, und angefangen dazumal, einen Bund zu machen, die Christenheit zu reformiren. Darnach habe er solchen Bund zu Allstädt aber angefangen, und zuletzt zu Mühlhausen, habe gehofft, da die Bauern sich in Schwaben empört hätten, er wollte Raum haben, einen Lärmen anzurichten. Er ist auch in Schwaben gezogen, ihr Vornehmen zu erfahren. Aber er sagte, es hätte ihm ihr Vornehmen nicht gefallen; sie hätten ihn auch nicht hören wollen. Auch zeigte er an die Namen seiner Bundesgenossen zu Allstädt und Mühlhausen.

67) Weiter ist nicht gefragt worden was ihn bewegt hätte, solchen Lärm anzufangen. Es ist auch unweislich gehandelt, dieweil er sich göttlicher Offenbarung gerühmet hat, daß man nicht hat gefragt, ob er solches erdichtet habe, oder ob der Teufel ihn mit Gesichten verführt habe; solches wäre nützlich zu wissen.

68) Nach etlichen Tagen sind die Fürsten vor Mühlhausen gezogen, welche Stadt sich ihnen ergeben hat. Da haben die Fürsten einen Haufen Aufrührerischer geköpft, und unter denen auch den Pfeifer; dahin hat man Thomam auch ins Lager geführt, und ihn da geköpft. Er ist aber sehr kleinmüthig gewest in derselben letzten Noth, und also mit sich selbst verirret, daß er den Glauben nicht allein hat können beten, sondern Herzog Heinrich von Braunschweig hat ihm denselben fürgebetet; er hat auch öffentlich bekannt, er habe unrecht gethan, und doch im Ring die Fürsten vermahnet, sie wollten den armen Leuten nicht also hart sein, so dürften sie solcher Gefahr nicht förder warten. Nach solcher Rede ist er geköpft worden, der Kopf darnach auf einen Spieß gesteckt ins Feld, zu einem Gedächtniß.

69) Dieß Ende Thomas Münzer's ist wohl zu bedenken, auf daß ein Jeder dabei lerne, daß man nicht soll glauben denen, die sich rühmen göttlicher Offenbarung, so sie Etwas vorhaben wider die Schrift. Denn Gott lässet Nichts ungerochen, wie geschrieben steht im andern Gebot.

70) Auch sollen wir lernen, wie hart Gott strafe Ungehorsam und Aufruhr wider die Obrigkeit. Denn Gott hat geboten, die Obrigkeit zu ehren und derselben gehorsam zu sein. Darum wer dawider handelt, den lässet Gott nicht ungestraft, wie Paulus spricht Röm. 13, 2: „Wer der Obrigkeit widerstrebt, der wird gestraft werden.“

71) Also ist dieß Jahr an andern Orten allen, wie in Thüringen, Aufruhr gestraft worden, und die Obrigkeit durch Gott wunderlich wider die große Macht der Aufrührerischen erhalten worden. Solche Exempel, als sonderliche Geschichte von Gott, sollen billig im Gedächtniß der Nachkommen bleiben, und mit hohem Fleiß aufgeschrieben werden.

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