Mathesius, Johann - Über Luther und Melanchthon

Mathesius, Johann - Über Luther und Melanchthon

Als Doctor Martin seine Lehre im Jahre 1518 zu Augsburg vor dem Cardinal frei bekannte und beständig daraus beharrte, schickte Dr. Johann Reuchlin von Pforzheim seinen Vetter Philipp Melanchthon, auf gnädiges Begehren des Herzogs Friedrich, Churfürsten zu Sachsen, gen Wittenberg mit der schönen und tröstlichen Weisung, das alte heidnische Gewäsch in den Schulen abzuthun, dagegen gute Künste und Sprachen zu preisen und eine neue Schule mit Gottes Hülfe anzurichten. Diesem jungen Mann zogen viele treffliche Leute zu und hörten ihn gern. Und nachdem er vom Herrn Doctor die reine Theologie fein richtig gefaßt hatte, half er auch das Pabstthum, jedoch mit Gelindigkeit und nützlicher Bescheidenheit untergraben und niederwerfen, dieweil er Gottes Wort in seiner Schule lehrte, und was der Herr Doctor etwas reicher und weitläuftiger in Schriften und Predigten vortrug, fein kurz und artig zusammen faßte. Melanchthon war der andere Oelbaum (Sacharja am 4.), oder der rechte Elisa, der den großen Elias für seinen Vater und Lehrer, für den Reuter und Wagen Israels bis an sein Ende frei bekannte. Er war auch der irdene oder gypserne Tiegel, darin das Silber, so Dr. Luther zu Tage gefördert hatte, bewährt und durchläutert ward. Dies ist die selige schwarze Erde, die auch von Gott zu seinem geistlichen Bergwerk und Schmelzen bestellt, von einem Waffenschmiede geboren, und von dem theuern, gelehrten Reuchlin unterwiesen ist. Welcher irdene Tiegel im Feuer eine lange Zeit gestanden, und bei Gottes Wort, in öffentlichem Lesen und Schriften, treulich bis ans Ende ausgehalten hat, obwohl ihm manch undankbarer Schüler und Nachbar harte Stöße und scharfe Streiche gegeben hat. Die Erde war gut, worin Dr. Luther den Herrn Christus gestaltete und bildete, darum ließ er sich nicht umstoßen oder aus seinem. Beruf reißen. - Dies sind nun die beiden Bergmänner, die Wittenberg und das Kurfürstenthum Sachsen geziert, dem Pabstthum das gebrannte Leid angethan, der Christenheit unzählige Wohlthaten erzeigt, und daneben die Schrift erklärt, die Bibel verdeutscht, gute Künste wieder gereinigt und zum rechten Brauch gebracht und viele gute Leute erzogen haben; sie, nebst dem theuern, arbeitsamen Dr. Johann Bugenhagen aus Pommern, welchem die Kirche und Superintendentur zu Wittenberg befohlen, und Dr. Justus Jonas, dem Probste des Stifts, welcher mit Lesen, Predigen, Visitiren auch vielen Leuten und Kirchen gedient hat. Diese großen Leute kannten und bezeugten in einerlei Geist den Herrn Jesum, und bekämpften einträchtig des Antichrists, der Schwärmer und falschen Brüder erdichtete Träume und falsche Deutungen, womit dieselbigen vieler Leute Herzen verwirrten und betrübten. Doch hatte ein jeder von diesen Gelehrten seine eigene Gabe, wie Herr Philippus fein artig zu sagen pflegte: Dr. Pommer ist ein Grammatiker, der legt sich auf die Worte des Textes; ich bin ein Dialektiker (der Schlüsse zieht), sehe darauf, wie der Text an einander hängt und was sich christlich mit gutem Grund daraus herspinnen und folgern lassen will; Dr. Jonas ist ein Orator (Redner) der kann die Worte des Textes herrlich aussprechen und vor die Leute bringen; Dr. Luther ist omnia in omnibus (Alles in Allem); deß Wundermanns und erwählten Rüstzeugs Rede und Schrift hat Hand und Fuß, dringt durch Mark und Bein, und läßt seine Schärfe und seinen Trost in vieler Leute Herzen zurück.

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