MacDuff, John - Nach Jesu Sinn - 10ter Tag. Bruderliebe.
„Ein Jeglicher sei gesinnt, wie Jesus Christus auch war.“
Und wandelt in der Liebe, gleichwie Christus uns hat geliebt.
Eph. 5,2.
„Jesus,“ sagt Jemand, „kam vom Himmel herab auf den Flügeln der Liebe.“ Sie war das Element, in welchem Er lebte und handelte. Er suchte die Welt aufs Neue mit Liebe zu taufen. Wenn wir finden, dass Er uns lehrt den Feind durch die Liebe zu überwinden, so können uns Seine Ermahnungen an die Brüder, sich unter einander zu lieben,“ nicht in Erstaunen sehen. Wie ein liebender Vater seine Kinder belehrt, so sucht der göttliche Meister uns die Lehre einzuprägen, „Das ist mein Gebot: liebt Euch!“
Hätte die Selbstsucht Seine Handlungen geleitet, so hätten wir erwarten müssen, dass Er die ganze Liebe Seiner Jünger für Sich Selbst begehren werde. Aber Er macht keine solche ausschließlichen Ansprüche. Er muntert nicht nur zu gegenseitiger Liebe auf, sondern Er macht dieselbe zum Kennzeichen Seiner Jüngerschaft! Er gibt ihnen in Seinem Beispiel zugleich den Grund und Maßstab. „Dass ihr euch unter einander liebt, gleichwie Ich euch liebe!“ und: „Was ihr getan habt Einem unter diesen meinen geringsten Brüdern, das habt ihr mir getan.“
Ach! wenn der erstgeborne Bruder Seine nachgeborenen Brüder also liebte, wie viel mehr sollen diese Brüder sich unter einander lieben! Wie beschämend ist es für uns, dass wir dem Sinne, welchen unser teurer Herr uns einzuhauchen sucht, so entfremdet sind! Warum jene bitteren Entfremdungen, jene tadelsüchtigen Worte, jenes herbe Urteil, jene Rücksichtslosigkeit gegen die Gefühle und die Schwächen Anderer! Warum find eure Freundschaften, wie die Quellen im Sommer, so bald vertrocknet! Gewiss werden sich Manche beim Eintritt in den „Sabbat der Liebe“ mit den Worten begrüßen: „Ach! mein Bruder, hätte ich dich auf Erden doch mehr geliebt!“ Siehst du in deinem Nebenchristen das Ebenbild Gottes? Es ist deine Pflicht, ihn, dieses Ebenbildes wegen, zu lieben. Keine Verschiedenheit der Konfession sollte dich davon abhalten, ihn als Mitpilger und Miterben anzuerkennen.
Bei einem Bilde übersehen wir alle Mängel der Ausstattung und Ausführung, wenn es nur treu ist in der Ähnlichkeit mit dem, welchen es darstellt. So sollten wir an den Brüdern alle Mängel und Makel übersehen, die ihnen noch ankleben, wenn nur die Ähnlichkeit mit Christo an ihnen hervorleuchtet. Mögen Seelen an Seelen sonst durch andere Bande gekettet sein, durch Bande des Bluts, der verwandten Gaben und Neigungen, oder gemeinsamen Strebens und Arbeitens, wir sollten kein innigeres Band kennen, als den Glauben an Christum und die Liebe in Ihm. So wird ja auch der Himmel einst nichts anderes sein als Liebe: Christus geliebt von den Seinen und liebend die Seinen und wiederspiegelnd Seine Liebe in der Bruderliebe der Seinen untereinander.
Drum, suche Jesum recht zu lieben, so wirst du auch die Brüder lieben. Johannes war der Jünger der Liebe, weil er gelegen an Jesu Brust und aus dieser Quelle der Liebe am tiefsten getrunken.
So wandelt in der Liebe! Die Liebe sei euer Pfad, eure Fahrstraße zum Himmel hin. Jesus hat sie uns weit eröffnet, bald tut Er uns die Pforten auf zum Eintritt in die Ewigkeit, wo Alles von der Liebe wird überwunden sein, „weil wir Ihn schauen von Angesicht zu Angesicht!“
„So wappnet euch nun mit demselbigen Sinn.“