Luther, Martin - Von der Sünde wider den heiligen Geist.

Luther, Martin - Von der Sünde wider den heiligen Geist.

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Darumb sage ich euch, alle Sund und Lästerung wird den Menschen vergeben, aber die Lästerung wider den Geist wird nicht vergeben. Und wer etwas redet wider des Menschen Sohn, dem wird es vergeben; aber wer etwas redet wider den heiligen Geist, dem wirds nicht vergeben, wider in dieser noch in jener Welt.

Als der Herr Christus den Besessenen, der blind und stumm war, gesund hatte gemachet, und die Pharisäer lästerten und sprachen, er triebe die Teufel nicht anders aus, denn durch Beelzebub, den Oebersten Teufel, hub er an und thate eine gute starke Predigt; wie er denn gemeiniglich nach einem Wunder oder guten Werk ein sonderliche Predigt oder apologia hat gehalten, sein Werk zu vertheidigen, und dem Teufel, so viel es müglich, das Maul zu stopfen. So hat er nu hie mit vielen Worten sich verantwortet, die Pharisäer einzutreiben und schrecken, den andern seinen Schülern zur Lehre und Stärke. Zum ersten, durch Gleichnisse aus der Natur, Vernunft und Erfahrung, darnach mit ihrem eigenen Werk und Exempel; darüber mit starken Sprüchen, und hie zum letzten mit einem Dräuwort und schrecklichen Urtheil, als er schleußet: Ich sage euch, wo ihr nicht ablasset zu lästern wider die öffentliche Wahrheit, so sundiget ihr nicht wider mich, sondern wider den heiligen Geist, welche Sunde wider hie noch dort kann vergeben werden.

Von diesen Worten ist nu eine große Frage: was doch die Sunde wider den heiligen Geist sey? weil Christus unterschiedlich zweierlei Sunde meldet: eine, die da vergeblich ist, die andere unvergeblich, und also diese Sunde von allen andern scheidet. Es haben sich auch viel Lehrer damit bekümmert, was solche Lästerung wider den heiligen Geist sein moge; weil doch viel Leute gewesen sind, die wider das Evangelium gestrebt und gelästert haben, und dennoch bekehrt sind. Darumb wollen wir diese Wort auch handelen, und daraus nehmen, was uns Gott zu verstehen gibt.

Daß wir nu diesen Text von vergeblichen und unvergeblichen Sunden fassen, müssen wir ein Unterscheid machen, und die Sunde theilen. Es sind etliche Sunde, die ein Mensch wohl kennet und fühlet, daß es Sunde sind, als Mord, Ehebruch und Hurerei, Geiz, Hoffart, Haß und Neid, da einem iglichen sein Herz saget, daß er unrecht gethan habe; die heißet man grobe und erkenntliche Sunde. Dieselbigen sind nu nicht sogar fährlich. Denn sie haben das Vortheil, daß, wenn darzu kompt ein reuig Herz, das da sagt: Herr, ich bin ein Sunder, so sind sie vergeben; darumb heißen sie auch vergebliche Sunde, daß sie können vergeben werden, weil sie bekennet sind. Denn da wird nicht aus, daß eine Sunde vergeben werde, sie sei denn zuvor erkennet, als auch der Prophet sagt im 51. Psalm (v. 3 .4. 5.): Gott sei mir gnädig nach deiner Güte, (und tilge meine Sünde nach deiner großen Barmherzigkeit. Wasche mich wohl von meiner Missethat, und reinige mich von meiner Sünde.) Denn ich erkenne meine Ubertretung, und meine Sunde ist immer fur mir. Das ist, ich sehe und weiß, daß ich wider dich than habe, darumb komme und klage ich, und bitte Gnade. Und Psalm 32, (5.): ich sprach: ich will dem Herrn meine Ubertretung bekennen wider mich, da vergabest du mir die Missethat meiner Sunde. Da haben wir starke Verheißunge, so uns nicht lügen noch feilen kann, wenn wir unser Herz so fern brechen, heraus fahren und beichten, daß wir Sunder sind, so ist der Trost und Zusagung gewiß, daß unser Sund nicht gerochen, noch gedacht wird, wie St. Johannes in seiner 1. Epist. am 1. (v. 8. 9. 10.) lehret, (da er also spricht: so wir sagen, wir haben keine Sünde, so verführen wir uns selbst, und die Wahrheit ist nicht in uns; so wir aber unsere Sünde bekennen, so ist er treu und gerecht, daß er uns die Sünde vergibt, und reiniget uns von aller Untugend. So wir sagen, wir haben nicht gesündiget; so machen wir ihn zum Lügner, und sein Wort ist nicht in uns.)

Zum andern sind auch unbekenntliche oder unbekannte Sunde, so man nicht wieß, daß sie Sunde sind; die bringen den Schaden und Unrath, daß sie auch nicht vergeblich sind, wie gering sie auch seien, ob es gleich ein schlecht Lachen oder ein Heller gestohlen wäre. Denn, was nicht erkennet wird, das kann nicht vergeben werden. Unbekannte aber heiße ich nicht die, so aus der Acht gelassen oder vergessen sind;: denn diese sind auch noch vergeblich, ob man sie gleich nicht zurzehlen weiß. Denn, sollten wir dahin kommen, daß man keine Sunde vergessen, und alle zählen müßte, so würden sie nimmermehr vergeben. Darumb spricht abermal der Prophet Ps. 19: Delicta quis intelligit? Wer merkt und weiß, wie viel er feilet? Mache mir rein von den heimlichen! Sondern das heißet Sunde erkennen, so ich fur Gott stehe und sage: das halte ich fur Sund, und also fur ihm beichte: Herr, ich kann mein Sund nicht zählen, die ich than habe oder noch thue, sondern habe sie das mehrtheil vergessen, sehe sie auch nicht gegenwärtig. Denn, daß der Prophet sagt: Intelligit, heißt nicht allein wissen und gedenken, sondern auch wahrnehmen und aufmerken. Denn wir gehen hin und thuen viel und mancherlei Sunde, der wir nimmer gewahr werden. Das ist nu (sage ich,) alle Sunde kennen, wenn ich ein fein rund Bekenntniß thue, und spreche: was in mir und alle meinen Kräften ist, ausser der Gnade, ist alles Sunde und verdampt; so kompst du kurz darvon, darfst nicht denken, daß du es in ein Register werdest schließen; denke nur also: so weit Gnade und Glaube regieret, so bin ich fromm, durch Christum; wo aber solchs wendet, so weiß und bekenne ich, daß nichts Guts bei und in mir ist; da ist es gar in einem Haufen, auf einem Knaul: wenn du gleich lang abwickelst, so findest du doch nichts anders. Solch Bekenntniß muß allerdinge da sein; wo nicht, so nimm dir nicht fur, daß einige Sund vergeben werde, sie sei klein, groß, vergessen oder unvergessen. Denn, wenn du so sagen wolltest: ich bekenne die Sund, die ich weiß, die andern hoffe ich, sollen nicht Sunde sein, oder rechnist gute Werk gegen dieselben, und denkst noch etwas guts in dir zu finden; so machst du aus vergeblichen eitel unvergebliche Sunde. Es muß dürr eraus gesagt sein: da ist nichts guts, was ich rede, denke, thue und lebe, ohn deine Gnad und göttliche Kraft, wenn ich gleich aller Mönche Heilikeit hätte.

Aus solcher Unterscheid kannst du nu selbs schließen, daß die Sunde wider den heiligen Geist ein solche Sunde sein müsse, die sich nicht will kennen lassen, auch nicht erkannt werden kann; und heißet nicht eine grobe Weltsunde, sondern ein heilige geistliche Sunde, darumb, daß sie das Bekenntniß umbwendet, und nicht will Sunde heißen, sondern köstliche gute Werk; und will nicht gestraft, sondern gelobt und gerühmet sein; damit auch die heiligen Propheten allermeist zu schaffen und zu fechten haben. Als, daß ich ein Exempel gebe: da St. Paulus in der heiligen Sunde daher ging, verfolget und würgte, strebt und fachte wider Christum und die Wahrheit, ging in der Meinung dahin, als thäte er ein köstlich werk, hielte das Leid, so er den Christen thäte, fur große Gerechtikeit, heiligen Eifer und höhisten Gottesdienst, als der dem Irrthumb wehrete, und hülfe Gott sein Reich erhalten. Siehe, dieser hat auch angelaufen, und wider den heiligen Geist gesundigt, also, daß die Sunde eigentlich ein solche ist, die keine Sunde ist fur aller Welt und Vernunft, sondern eben die rechte Heiligkeit, Wahrheit, Gerechtikeit und Gottesdienst. Darumb, wer davon will recht reden, der muß sie nennen mit dem hohen Namen der höhisten Tugenden, ausgenommen, wenn es gar grobe, verruchte und verstockte Leute sind, die man heißet Impoenitentes, von welchen hernach weiter. Itzt sagen wir von denen, welche das Evangelium meinet. Als, daß Paulus daher ging, und hielte seine Lügen und Bosheit, Gottes Wort und Werk verfolgen und Teufelsdienst, fur eitel Wahrheit und göttlich Ding.

Solche heilige Sunde gehet nu wider den heiligen Geist auf zweierlei Weise: einmal, so sie geschicht wissentlich, wie wir hören werden; zum andern, unwissend, wie itzt von St. Paulo verkläret. Und diese ist auch unvergeblich, (denn sie von uns unkänntlich ist,) so lange, bis sie den Namen verliere, und werde auch ein erkenntliche Sunde. Denn das ist die Art aller Sunde, so bald sie erkenntlich ist, so ist sie auch vergeblich; und bleibet stracks beschlossen: wo keine Bekenntniß ist, da ist auch kein Vergeben. Darumb gehören zwei Stück zu solcher Sunde. Das erste ist, die Sunde an ihr selb, die ist nimmer nicht wider den heiligen Geist; denn er ist eitel Vergebung und Gnade Gottes. Das ander, daß man sie nicht erkennet, und will den heiligen Geist und Vergebung nicht leiden; das machet sie unvergeben. Also bleibt dieses noch ein zeitliche, und noch nicht ein ewige Sunde, das ist, sie mag noch erkennet und darnach vergeben werden, (ausgenommen, wo man sich darinne stärkt, oder darauf trotzt und pocht,) weil man nicht bessers weiß, und in der Blindheit gehet, ohn Reu, und kein Gnade begehren kann, sondern das Widerspiel hoffet, Gott soll es belohnen. In dieser Sunde sind wir nu allezumal gesteckt, und werden allezumal darunter begriffen. Denn wir bisher alle in solcher Blindheit gelegen sind, und gemeinet, wir wären auf dem rechten Wege; und wer anders hätte gesagt, hätten wirs nicht gegläubt; wie itzt noch ein großer Haufe unter dem Papstthumb.

Das sei von dem ersten gesagt, so die Sunde wider den heiligen Geist unwissend geschicht, und nicht erkannt wird. Aber die rechte Sunde, davon hie Christus redet, ist noch viel greulicher, und ein rechte Teufelssunde, wenn sie nicht mehr wissentlich oder bekannt werden kann, das ist, wenn sie gleich öffentlich uberweiset ist, dennoch nicht will uberweiset sein, noch Sunde heißen. Denn St. Paulus ging noch daher in seinem Wahn und guter Meinung, wußte und kunnt es nicht besser; aber da es ihm offenbar ward, bekehret er sich. Diesen aber (so Christus hie strafet) wird furgelegt die helle und unleugbare Wahrheit, die er ihnen in die Augen stößet, daß sie nicht furuber können; aber dennoch lehnen sie sich auf, aus lauter Bosheit, lästern und sprechen, es sei des Teufels Ding, wie es St. Marcus verkläret, als er spricht: denn sie sprachen: er hat einen unsaubern Geist; so sie doch ohn ihren Dank bekennen müssen, daß er die Teufel austreibe und verjage, und den Leuten helfe. Darumb ist jenes viel ein andere Sunde, nicht uberzeuget noch bewußt, sondern aus eigenem blinden Dünkel geschöpft, und ist noch ein zugedeckter heiliger Geist. Hie aber ist er offenbar und aufgedeckt, bricht erfur und leuchtet wie ein Blitz, daß sein Glanz durchs Herz dringet, wie sie sich auch wehren, und stellet ihn ihre Sunde fur die Augen, beide, durch Wort und Werk, daß sie beschlossen sind, und niemand mit einigem Schein dawider reden kann, auch sie selbs nicht, wie giftig und böse sie sind; noch laufen sie dawider, und wöllens nicht sehen noch hören. Solches hat man verzeiten genennet: Impugnationem veritatis agnitae, das ist, sich wider die erkannte öffentliche Wahrheit setzen.

Diese Sunde hätte ich zuvor nie gemeinet, daß sie in der Welt wäre, als ich ein gelehrter Doctor war, Denn ich dachte noch gläubete nicht, daß's müglich wäre, ein solch Herz auf Erden zu finden, das so böse künnte sein, und so es öffentlich beschlossen würde, daß es erstummen müßte, dürfte sich dennoch dawider setzen; wie wir hie an Pharisäern sehen, und itzt auch erfahren an etlichen, die aus lauter verstockter Bosheit wider das helle Evangelium lästern und toben, das sie selbs nicht tadeln können, sondern ohn ihren Danck müssen lassen die Wahrheit sein, das ist sie (habe ich Sorge,) die Sunde, die nimmermehr kann vergeben werden. Denn jene, so da sundiget wider den zugedeckten heimlichen heiligen Geist, also, daß die blinzend anlaufen, hat je nach so viel Gnade, daß noch das Bekenntniß mag dazu kommen, wie St. Paulus von ihm selbs schreibe 1 Timn. 1, (13. 16): der ich zuvor war ein Lästerer, und ein Verfolger, und ein Schmäher, aber mir ist Barmherzikeit widerfahren; denn ich habs unwissen gethan im Unglauben, das ist, ich gläubte und wußte nicht, daß's wider Gott war. Darumb, obgleich solche Sund auf dießmal unbekannt ist, mag sich doch das Herz umbkehren und erkennen, so wird sie durch solch Bekehren und Bekennen vergeben; diese aber hats beides, daß sie wider bekehret noch bekennet kann werden.

Solchs meine ich nu, daß die rechte unvergebliche Sund sei, davon Christus hie redet, und lasse mich dünken, es sei eben die Meinung, so St. Paulus an Titum c. 3, (10. 11.) schreibt: Haereticum hominem, das ist, einen rottischen oder widersetzigen Menschen meide, wenn er einmal und abermal vermahnet ist, und wisse, daß ein solcher verkehret ist, und sundigt, als der sich selbs verdampt hat, das ist, der aus Fursatz und Muthwillen nicht hören noch sehen will, und den heiligen Geist, der eitel Gnade ist, ausschlägt, ja schmähet und schändet (wie die Epistel zun Ebräern (c. 10. v. 29.) sagt), und öffentlich ins Maulschlagen dar. Das kann er leiden, daß man fur ihm fleucht oder nicht annimpt, wenn er noch heimlich und unbekannt ist; aber wenn er sich so helle darstellet, daß man ihn sehen und greifen muß, dazu vermahnet und warnet, und ihn dennoch öffentlich zurück schlägt, ja unter Augen speiet, das soll und will er nicht leiden, noch zu gut halten.

Darumb sage ich, gehöret zu einem solchen erstlich, daß er ein widersetziger Mensch sei; darnach, daß er einmal oder zwei vermahnet sei. Denn man findet sonst auch manchen, der es höret und ihm lässet sagen; aber es ist ein Mann, der wider dieß noch das gläubt, nimpt sichs nichts uberall an, als ein rohes und rauchlos Mensch. Das heißet noch nicht wider den heiligen Geist gesundigt; sondern, daß man sich der Sache annimpt und dawider setzet, und ob man gleich fühlet, daß kein Weisheit noch Kunst dawider bestehet, dennoch ein Muth nimpt und denkt: nu will ichs nicht leiden; und gehet mit dem Kopf hinan. Das heißet nicht in Wind geschlagen; sondern mit offenen Augen und aufgerecktem Hals dawider gelaufen.

In der Sund ist Paulus, noch die das Evangelium verfolgt und endlich bekehret sind, noch nicht gewesen, daß sie es mit sehenden Augen gesehen, und sich dennoch unterstanden hätten, umbzustoßen: wie itzt die Papstrotte, die von Gottes Gnaden dahin getrieben sind, daß sie nicht künnten unser Evangelium verlegen noch etwas dawider aufbringen. Denn bisher so viel und mancherlei geschrieben, und die Wahrheit so hell beweiset ist, daß sie selbs sehen, wie sie mit Gottes Wort gestoßen sind. Wie man auch dabei siehet, daß sich solche nicht gern zur Disputatio geben, noch einem richtig unter Augen gehen, als die den Stich nicht trauen zu halten; (wenden fur, die Ketzer seien so listig und behend, daß man ihn nicht antworten künnten;) oder wo sie antworten müssen, sind sie so schalkhaftig und verkehrt, daß sie fein uberhin springen, da es treffens gilt, greifen dieweil zur Seiten aus, wo sie können, mit giftigen bösen Mordstichen, daß sie nur zu lästern haben; und wiewohl ihr viel sich also dargeben, daß idermann siehet, wie sie wider ihr Gewissen lästern und lügen, und sich selbs fur aller Welt zu schanden machen, dennoch stärken sie sich, und fahren immer fort in der wissentlichen Lästerung. Darumb bleiben sie (habe ich Sorge,) in der unvergeblichen Sunde, daß sie nicht können wiederkehren. Denn sie den heiligen Geist, welchen sie sehen und fuhlen, öffentlich und unverschämpt Lügen strafen, daß's wohl heißet, (wie die Epistel zun Ebräern c. 10, (29.) sagt,) den Geist der Gnade geschändet, den Sohn Gottes mit Fußen getreten, und das Blut des Testaments, dadurch man allein geheiligt wird, unrein gemacht. Das muß je nicht ein geringe menschliche Sunde oder Blindheit sein, Christi Blut muthwillig und trötziglich mit Fußen treten, und dem heiligen Geist, der eitel Gnade und Vergebung anbeut und schenkt, Schand und Schmach anlegen.

Das ist auch fürnehmlich die Sunde zum Tode, da man nicht fur bitten soll, davon Johannes sagt 1 Epistel 5, (16.). Denn die es noch aus Unwissenheit thun, für die kann und soll man bitten. Wie St. Stephanus, und Christus selbs fur seine Verfolger bate; aber fur Judam bate er nicht, denn derselbige ward nicht betrogen, sondern ein Häupt und Anfang, den Christum, den er kannte und oft von ihm vermahnet ward, aus lauter verstocktem giftigen Herzen zu dämpfen. Wenn einer dahin geräth, daß er nichts hören noch sehen will, dazu sein Lästerung und Bosheit vertheidingen, so ist ihm nimmer zu rathen noch zu helfen. Darumb habe ich oft gesagt, daß's nie erfahren ist, so viel ich Exempel gehört oder gelesen habe, daß ein Rottenmeister und Häupt einer Ketzerei bekehret sei.

Also verstehe ich nu diesen Spruch des Evangelii, und meine auch, daß's der rechte Verstand sei; und ob es nicht gerade auf diesen Ort zuträfe, so ist doch die Meinung St. Pauls, welcher mit diesem Text stimmet, also, daß solche Sunde der Art ist, daß sie der hellen Wahrheit wissentlich widerstrebt. Das rede ich darumb, daß man mancherlei und weitläuftig davon gepredigt hat. Denn idermann hat sich gescheuet zu sagen, daß ein Mensch so sundigen künnte, daß's ihm nicht künnte vergeben werden. Darumb hat man solche Sunde gesparet aufs Todbette, und denn ein Sunde in den heiligen Geist geheißen, wenn sich der Mensch an seinem letzten nicht hat erkennen noch reuen wöllen. Ist wohl wahr; ich achte aber, es sei in solchem Fall noch Sunde, die unbekannt ist und unwissen geschieht; es wäre denn, daß imand so verstockt wäre, der es wohl wüßte, und die Sunde offenbar sähe, dennoch nicht wöllte Gnade haben. Das wäre auch wider den heiligen Geist gelaufen, und die angebotene Vergebung ausgeschlagen. Ich hoffe aber nicht, daß man solche finden solle.

Darumb reden wir, wie auch Christus selbs, von denen, die noch daher gehen mitten im Leben, und mit dem Mund öffentlich wieder das Evangelium handlen; als itzt unsere Papisten und andere Rotten, so sich muthwillig wider unser Lehre setzen, zu Trotz und wider der Wahrheit, nicht hören wöllen, dazu kein Vermahnen, Rathen, Bitten, Strafen an ihn helfen noch statt haben lassen, damit sie verdienen, daß sie gar verkehrt werden, (wie Paulus sagt,) und der heilig Geist billig sie wieder lässet gehen, von einer Sund in die andere, und täglich in greulicher und schrecklicher Lästerunge fallen. Das ist nu je ein schwere Sache, daß's nicht allein Sund ist, sondern dazu sich selber unvergeblich machet, daß's wohl eine rechte Impoenitentia heißet, daß man keine Reue uber die Sund haben will, noch kann. Denn der Zusatz machet allen Jammer, daß sie in der Lästerung bleiben, und damit den Geist aufgeben; darumb ist mit der Sunden nicht zu scherzen. Daß man hin und her strauchelt, auch zuweilen anläuft, wo man nicht siehet, das den heiligen Geist betrifft, da kann er Geduld haben, bis mans erkenne und sich vermahnen und weisen lasse; aber da laßt uns fur bitten, daß wir in die Sunde nicht fallen, so die offenbare Wahrheit nicht leiden will; denn da ist weiter kein Rath noch Hülfe, noch Entschuldigung, und der Zorn endlich angangen.

Denn wie kann sich imand von denen, so unsere Lehre lästern, entschuldigen, weil wir nichts anders predigen, denn das offentlich ist, und so klar in der Schrift gegründet, daß sie es selbs bekennen müssen, nehmlich, daß Christus fur uns sei gestorben, daß er uns erlösete von Sunde und Tod. Ist das wahr, (schleußet Paulus (Gal. 2, 16.)) so kann uns kein Werk erlösen, noch von Sunden helfen. Das ist so stark und gewaltig, daß niemand widerreden kann. Denn, ist die Sunde so groß, und Gottes Zorn so schwer und greulich, daß kein Heilige noch Engel kunnt dafur genug thuen, sondern Gottes einiger Sohn sein Leben drüber lassen mußte, und mit seinem theuren Blut bezahlen; so werden alle unsere Werk viel, viel zu schwach sein, wider die Sund zu setzen, sondern vielmehr wiederumb ist eine Sunde so stark, daß sie alle Werk unterdrückt.

Das ist unser Hauptlehre, in Sanct Paulo und der ganzen Schrift gegründet; aus dem idermann kann schließen: es müsse nicht mit Werken gethan sein; oder Christi Blut müsse vergebens und verloren sein. Denn es sind je zweierlei, und wird niemand sagen, daß Christi Blut unser Werk sei. Weil nu solchs durch den heiligen Geist so helle beweiset ist, und doch jene, so oft vermahnet und gewarnet, die Gnade und den heiligen Geist zurück stoßen und verjagen; so geschicht ihn recht, daß er nicht wieder kompt, und sie fahren läßet, als die muthwillig verderben wöllen, und gehet ihn billig, wie der Psalm 109, (17.) vom Juda, ihrem Häupt, und solchen seiner Rotten sagt: er wollte des Segens nicht, so soll er auch ferne genug von ihm kommen.

So siehe nu den Text und die Wort an: wer etwas redet wider des Menschen Sohn, (spricht Christus,) dem wird es vergeben; wer aber etwas redet wider den heiligen Geist, dem wirds nicht vergeben, wider in dieser noch in jener Welt, das ist, ihr mögt wider den Menschen Christum und seine Christen lästern, er sei ein Sunder, und, wie sie ihn anderswo schulten, einen Fresser, Weinsäufer, der Zöllner Gesellen. Item, als die Jüden seine Mutter ein Bübin schelten. Was Person antrifft, muß er als ein Mensch von dem andern leiden, und vergehen; aber, da er in seinem Ampt daher ans Liecht tritt, predigt und wundert, daß sie die helle Wahrheit sehen, und dennoch dawider lästern, da wird nicht des Menschen Sohn geschmähet, sonder der heilige Geist, der solchs wirkt und offenbaret, idermann Gnade und Vergebung fürstellet. Das ist viel ein ander höhere Sunde, denn wider alle Gebot gethan. Welche eben diese thuen, die alle Zehen Gebot wöllen gehalten haben, und viel hoher kommen, das ist, die die Frömmesten und Heiligsten wöllen sein, so doch offentliche erkannte Wahrheit nicht scheuen, aufs höhest zu lästern.

Es zeigen auch Christi Wort wohl an, daß ihm solch wissentlich Lästern sehr nahe zu Herzen gangen ist, weil er so lange Predigt machet, und sie mit Vernunft, Exempel, Erfahrung uberweiset, dazu dräuet, daß sie sich fur solcher Sunde fursehen. Darumb laßt uns, umb Gottes willen! auch nicht scherzen, sondern zusehen und bitten, daß wir in der Furcht und Demuth bleiben, daß wir doch die Wahrheit und Gottes Wort gerne hören, ob wir gleich zuweilen sonst straucheln und sundigen. Denn es ist noch leichtlicher, daß imand hingehe, in Sunden ersoffen, als öffentliche Huren und Buben; denn solche können noch zur Erkenntniß kommen. Aber diese schöne Teufelsheiligen, die in dem großen Gottesdienst gehen, voll guter Werk, wenn sie den heiligen Geist hören, der sie öffentlich uberzeuget, schlagen sie ihn ins Maul, und sagen: es soll dennoch Ketzerei und Teufels Ding heißen. Da ist das Herz verstockt, daß kein Vermahnen, Warnen noch Dräuen hilft.

So sei nu, daß wir beschließen, die Sunde wider den heiligen Geist zweierlei: Einmal, unwissend wider die Wahrheit geredet und gethan, da niemand den heiligen Geist aufdecket noch unter Augen stellet, wie von St. Paulo gesagt: dieselbige wird auch nicht vergeben, so lang sie unbekannt bleibt, wie sonst ein igliche; ausgenommen, daß diese Sunde den Namen und Ehre hat der schönsten und grösten Heilikeit. Welcher Name und Deckel hindert, daß sie nicht menschlich zu erkennen ist, bis ers selbs offenbaret. Die andere aber ist die, so nu offenbaret wird, daß idermann die Gnade und angebotene Vergebung siehet; aber dennoch auf den Platz tritt, wider den heiligen Geist trotzet, und die Wahrheit, so niemand tadeln kann, schändet. In solcher Sunde und Verstockung ist auch gewesen der Priester Corah Num. 16., der sich wider Mosen und Aaron empöret und ihr Ampt lästert, welch doch öffentlich durch Gottes Stimme und Wunder vom Himmel ausgesetzt und bestätigt war; und da er vermahnet ward, kein Warnen noch Dräuen hören wollte. Darumb auch Moses wider ihn betet, daß ihm Gott die Sunde nicht vergäbe, als der stracks wissentlich und muthwillig wider den heiligen Geist sundiget. Deßgleichen man auch lieset von dem Propheten Bileam, der muthwillig sich aufmachet, und handelte wider die Wahrheit, so er sahe und wußte; dazu selbs ohn seinen Dank reden und ausschreien mußte, und von seiner Eselin gestraft, dazu von dem Engel bedräuet ward.

Das habe ich herumb gesagt, daß man den Text recht verstehe, was die Sunde unvergeblich machet; und dennoch zusehe, daß man niemand so bald in solche Sunde stoße, umb etlicher armen beschwerten Gewissen willen, die der Teufel zu verzweifeln treibet, daß sie ihn selbs unvergebliche Sunde machen. Denn wie schwer die Sunde ist, so bleibt sie doch vergeblich, weil sie noch mag zum Bekenntniß kommen, wo sie offenbaret und fur Augen gestellet wird. Das wäre aber auch ein teufelischer Zusatz, und auf der ander Seiten wider den heiligen Geist gesundigt, wo man keine Vergebung glaubete noch annehmen wöllte. Denn es ist (wie gesagt,) viel ein ander Ding, wider alle Gottes Gebot sundigen, denn wider den heiligen Geist handlen. Denn wider den heiligen Geist sundigen, heißet nichts anders, denn sein Werk und Ampt lästern, welchs nicht Gottes Gebot und Zorn bringet, sondern eitel Gnade und Vergebung aller Sunde. Wer nu solchs nicht leiden will, der habt billig keine Vergebung.

So haben wir nu die Meinung Christi, so der Text selbs gibt, daß er eigentlich redet von denen, die wissentlich und frevelich die bekannte Wahrheit, vom heiligen Geist offenbaret, lästern, und wie man ihn ihre Sunde anzeigt und vermahnet, nur verstockter werden. Denn das ist die höheste Schmach, so man dem heiligen Geist anlegen kann. Neben solcher unvergeblichen Sunde, magst du nu auch etliche, dieser gleich und darunter begriffen, mit zählen, wiewohl sie so grob sind, daß's auch die Welt verdampt: nehmlich, wenn imand dahin kömpt, daß er nicht aus Schwacheit und Irrthumb in Sunde gefallen ist, sondern darin verhärtet und keine Reue haben will, davon auch oben gesagt ist, und Summa, wo man die Sunde muthwillig vertheidingt, und nicht will lassen Sunde sein, ob es gleich offentlich ist; denn solchs heißet alles wider die Gnade und Vergebung gefochten, und ist nu nicht mehr eine menschliche Sunde, sondern eine verzweielte teuflische Bosheit.

Das sei davon jetzt gnug gesaget, Gott wolle uns vor solcher Sünde behüten.

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