Luther, Martin - Von der freien Gnade

Luther, Martin - Von der freien Gnade

Das sollst du gewißlich glauben, daß keine höhere Gnade, und göttlich Werk ist, denn wo jemand darzu kommt, daß er Christus Wort von Herzen gerne hört, und mit Ernst meinet, groß und theuer achtet. Dann es ist nicht jedermanns Ding, noch aus Menschen Verstand und Wahl herkommen: Es gehört mehr dazu, denn Vernunft und freier Wille, daß man’s könne fassen und annehmen, wie Christus spricht Joh. 6.: Es kann niemand zu mir kommen, es sei dann, daß ihn der Vater ziehe. Und abermal: Wer es höret von meinem Vater, und lernets, der kommt zu mir. Welche Worte, ob sie wohl hart lauten wider die falschen Christen, sie sind doch den frommen Herzen, die sein Wort lieb haben, lieblich und tröstlich, wenn man siehet in Christus Herz und Meinung, daher sie fließen. Denn er will anzeigen, daß nichts aus Menschen Willen und Fürnehmen komme, an Christo zu hangen und sein Schüler zu werden, sondern daß es Gottes Werk und Kraft sei. Wie sich’s denn wohl ausweiset, wenn man in die Welt siehet, wie wenig ihrer sind, die Christus Wort lieb und werth haben, sonderlich wo große Gewalt, Weisheit, Heiligkeit regieret.


Man will mit dem Gleichniß, daß uns Gott zeucht und lockt, wie man ein Lamm oder Schäflein locket, beweisen, daß wir ein Vermögen haben, demselben Locken Gottes zu folgen. Und das Gleichniß ist hie nichts werth: denn Gott weiset uns nicht eins alleine, sondern alle seine edle Güter und Creaturen am Himmel und Erden, und darzu Christum selbst, den lieben Sohn; und folget doch niemand, so lange der Vater nicht inwendig anders weiset, und inwendig auch uns zeucht; ja die ganze Welt verfolget den Sohn Gottes. Zu den Christen aber und Frommen reimet sich das Gleichniß fein, die jetzund schon Schäflein sind, die ihren Hirten, Gott den Herrn kennen, die leben und werden getrieben im Geist, und folgen, wohin Gott will, und wohin sie Gott weiset. Der Gottlose aber kommt noch folget nicht, wann er auch schon das Wort gehöret hat, es sei denn, daß ihn der Vater inwendig ziehe und lehre, welches er thut, wenn er den Geist gibt. Das ist nun ein ander Ziehen, dann das auswendig geschieht, da wird Christus im Herzen gezeiget, durch das Licht des Geistes, da der Mensch wird gelocket und gezogen zu Christo, durch ein freundlich, süßes väterlich Locken und Ziehen, und leidet vielmehr da Gottes Werk, dann daß er darnach laufen sollte, oder etwas darzuthun. (Wittenb. Ausg. 1559. S. 541.)


Die nicht selbst gottsgelehrig sind, Joh. 6. und den H. Geist selbst neben meinem Predigen zu einem Meister haben, denen ist mit keinem Schreiben, Lehren, Vermahnen, antworten nimmermehr zu helfen, und wenn man gleich hundertmahl antwortete, oder die Welt voll Bücher machte. Denn da ist alle Mühe und Arbeit, Fleiß und Kosten verlohren, als wollt ich ein Faß füllen, das keinen Boden hat. (S. 443.)


Im kleinen Catechismus: Ich glaube, daß ich nicht aus eigener Vernunft noch Kraft an Jesum Christum, meinen Herrn, glauben, oder zu ihm kommen kann: sondern der H. Geist hat mich durch’s Evangelium berufen, mit seinen Gaben erleuchtet, im rechten Glauben geheiligt, und erhalten: gleichwie er die ganze Christenheit auf Erden beruft, sammlet, erleuchtet, heiliget, und bei Jesu Christo erhält im rechten einigen Glauben.


Gleichwie der Mensch, ehe er geschaffen ist, oder ein Mensch worden, nichts darzugethan hat, noch gestrebet, daß er eine Creatur würde: Und da er nun ein Mensch geschaffen ist, nicht auch dazu etwas gethan, noch etwas thut, noch darnach strebet, daß er eine Creatur bleibe und erhalten werde, sondern wie das beides geschicht und geschehen ist allein aus dem Willen göttlicher Kraft und Güte, also auch haben wir gesagt, daß der Mensch, ehe und zuvor er neu geboren und eine neue Creatur wird, durch den Geist und den Glauben, nichts darzu thut, auch nicht etwas streben kann, dadurch er sich bereite zu der geistlichen Wiedergeburt, und zum Reich Gottes. (S. 524.)


Gründlich kann kein Mensch sich erkennen, oder sich recht demüthigen, er wisse dann, daß ihm mit allen seinen Werken, Vermögen, Bereiten, Wollen oder guten Vorsätzen, nicht zu helfen ist, sondern daß sein Heil und Seligkeit gar auf fremder Hülfe stehet, nämlich auf Gottes Hülfe allein.


In der andern Vorrede über seine Predigten des 1. Buch Mose: Tröstlich ist’s denen, die im Glauben stehen, denn da ist nichts, das sie stärken und trösten möge, denn daß sie wissen, wie sie gar in Gottes Hand stehen, also, daß er auch die geringsten Gedanken in ihnen würke. Wo nun solcher glauben ist, der kann sich gar für nichts fürchten, und sich auf nichts verlassen, weder im Himmel noch auf Erden, weder im Leben noch im Tode, weder in Sünden noch Frömmigkeit, denn allein auf Gott.


Wo lässet er dem Menschen frei, zu erwählen was er will? Thut ers in dem Wörtchen Erwähle? So höre ich wohl, alsbald Moses etwas gebeut, oder sagt: Erwähle, so geschiehts, so können wirs auch erwählen und thun. So ist abermahl des H. Geistes nicht vonnöthen!


Ueber den Spruch Zach. 1. Kehret euch zu mir u.s.w.: Die Schul-Zänker und Sophisten führen diesen Spruch für den freien Willen, als könne der Mensch sich selbst bekehren, weil hie Gott spricht: “Kehret euch zu mir!“ so doch der Text hie nichts saget, was der Mensch vermöge, sondern was er wohl schuldig ist zu thun. Dann damit daß er sagt: Kehret euch zu mir: zeigt er an, sie sollen sich kehren, das ist, alle Gebote halten und fromm sein. Ob nun das der Mensch thun möge von ihm selber, sagt die Schrift hie nicht, sondern anderswo genugsam. Es ist gar von einander, thun können, und thun sollen. Darum muß man die Schrift nicht führen noch verstehen vom thun können, da sie redet vom thun sollen, davon ich weiter in meinem Büchlein: Servum arbitrium, geschrieben. So nun aus diesem Worte (du solt Gott deinen Herrn lieben) nicht folgt, daß der freie Wille etwas sei oder vermöge: so ist es auch gewiß, daß es aus diesen Worten nicht folgt: so du wilt, so du hörest, bekehret euch und dergleichen. Denn soll dieß recht folgen: Es ist mir geboten, darum kann ichs auch halten, so ist ja dieß für allen Dingen aufs heftigste geboten; liebe Gott deinen Herrn. Darum alles, was man antworte, zu diesem Worte, liebe Gott deinen Herrn, daß damit nicht möge der freie Wille bewiesen sein, dasselbige kann man auch antworten zu allen andern Worten, dadurch uns etwas geboten wird, oder die also lauten: Höret, thut, lasset, und nämlich also sagen, durch dieß Wort wird fürgehalten die Form des Gesetzes, was wir thun und wie wir sein sollen: nicht aber die Kraft unsers Willens, oder was wir vermögen, sondern vielmehr was wir nicht vermögen. Ferner


Dieß dein Wort ist recht, da du sagest: So Gott nicht will den Tod des Sünders, so ist’s unsere Schuld, daß wir umkommen oder verderben. Ja das ist ganz recht, wenn du von Gott oder dem Gottes Willen redest, der gepredigt und geoffenbaret ist: dann der will, daß alle Menschen sollen selig werden, dieweil er durch das Wort des Geistes zu allen kommen ist, und ist unsers Willen Schuld, daß wir ihn nicht annehmen, wie der Herr Christus Matth. 23. sagt: Wie oft habe ich wollen sammlen, wie die Henne ihre Hühnlein unter die Flügel, und du hast nicht gewollt. Denn so muß man anders reden von Gott oder dem Willen Gottes, den er hat predigen lassen, den er uns geoffenbaret hat und angeboten, als aber von dem Willen Gottes, den er nicht hat lassen predigen, nicht hat offenbaret, nicht angeboten.


Ich will nicht den Tod des Sünders – will nicht anders sagen, denn daß es die Gnade preiset, göttliche Güte und Barmherzigkeit der Welt anbeut, welche allein die betrübten, erschrockenen Gewissen mit Freuden und aller Danksagung annehmen, in welchen das Gesetz sein Werk hat ausgerichtet, und sie zum Erkenntniß ihres Jammers und Sünde bracht. (S. 485.)


Das könnte die Vernunft wohl begreifen, wenn man also von Gott prediget allenthalben: Gott verstockt niemand, Gott verdammt niemand, sondern erbarmt sich aller, macht alle selig, daß also keine Hölle wäre, keine Todes-Furcht, keine zukünftige Pein wäre, aber wo der Glaube und H. Geist ist, die richten anders davon, die glauben, daß Gott gut und gütig sei, wenn er auch alle Menschen verdammte. (S. 499.)


Ich will ein Exempel geben, denselben Glauben zu stärken, und zu trösten diejenigen, so mit schelen Augen Gott verdächtigt haben, als sei er ungerecht. Siehe, Gott der Herr würket in äusserlichen Dingen in dieser Welt also, daß wenn man es nach Vernunft sollte ansehen und richten, man sagen müßte, daß entweder kein Gott wäre, oder je ein ungerechter Gott wäre, wie jener Poet sagt: Es ficht mich oft an, daß Gott sei. Denn siehe, wie es den Gottlosen in der Welt aufs allerbeste gehet; wiederum, wie es den Frommen und den Christen allenthalben so ganz übel gehet, wie dann solches das tägliche gemeine Sprüchwort und die Erfahrung, aus welcher alle Sprüchwörter kommen, bezeuget, daß man sagt, je größer der Schalk, je besser Glück: Und in den Hütten der Gottlosen (sagt Hiob) ist die Fülle allenthalben. In dem Psalm 73 ist auch die Klage, daß die Gottlosen in der Welt den Reichthum besitzen. Nun Lieber, sage mir, ist es nicht bei allen, so Vernunft und Verstand haben, für ganz unrecht anzusehen, daß es gottlosen und bösen Buben nach Wunsch soll gehen, und daß die Frommen im Kummer, Jammer, Herzeleid und allem Uebel sollen stecken? Wohlan, nun ist je öffentlich der Weltlauf also, und ist stets also gewesen von Anbeginn. (S. 541.)


Ueber die Worte: Treu ist Gott und ist kein Böses an ich, gerecht und fromm ist er. Bei den Gottlosen muß Gott immer Unrecht haben, und sich meistern lassen, Matth. 11. Die Weisheit muß sich lassen rechtfertigen von ihren Kindern, die wissen alles besser: wie es Gott macht, so taugt’s nicht. Item Psalm 92. Daß sie verkündigen, daß der Herr so fromm ist, mein Hort, und ist kein Unrecht an ihm. Item Psalm 145. Der Herr ist gerecht in allen seinen Wegen und heilig in allen seinen Werken. Item, Hiob 24. Es sei ferne, daß Gott sollte gottlos sein, und der Allmächtige ungerecht.


So bleibet nun dieser Beschluß wahr und veste stehen, daß alles muß geschehen wie Gott versehen hat, und ist da keine Dunkelheit noch ungewisser Verstand. Denn so sagt der Herr durch Esaiam den Propheten: Mein Rath bleibt veste, und mein Wille wird geschehen. Welch Kind ist nun so alber, das nicht verstehe, was diese Worte bedeuten, Rath, Wille, stehen bleiben, geschehen? (S. 460.)


So nicht wir, sondern Gott in uns würket unsere Seligkeit, so können wir, ehe und zuvor sein Werk da ist, nichts Seliges thun, wie thun, stellen uns, machen’s gleich wie wir wollen. Und ich sage, wir müssen denn Böses thun, nicht daß wir darzu gezwungen werden, sondern (wie jene sagen) es muß vonnöthen also sein, ohn Veränderung, nicht daß gewaltig Zwang und Drängniß sei, (das ist) wenn der Mensch nicht Gottes Geist hat, so wird er nicht als mit Gewalt und bei dem Halse hin gerissen, daß er wider seinen Willen müsse Böses thun (wie man einen Dieb oder Mörder wider Willen zum Galgen führt), sondern er thuts willig und gerne. Und denselbigen Willen, Lust und Neigung kann er aus seinen Kräften nicht nachlassen, ändern oder bezwingen, sondern gehet die Lust immer für sich. Wenn man ihn auch äusserlich gleich zwinget, etwas anders zu thun, dennoch bleibet inwendig der Wille, und ist demjenigen feind und gehässig, der ihm wehret, er würde ihm aber im Herzen nicht feind sein, wenn er von sich selbst könnte anders werden, oder demselben der ihm wehret, folgen. Das heissen wir hie ein müssen, oder müssen von Noth sein, daß nicht zu verändern ist, daß sich der Wille da nicht anders wenden oder ändern kann, sondern vielmehr gereizet und erhitzet wird zur Lust des Bösen, je mehr man ihm widerstehen will: das denn daraus genug beweiset wird, daß er dem, so ihm wehret, feind ist; das geschähe nun nicht, wenn ein freier Wille wäre. Man sehe die Erfahrung an, wie veste sie stehen auf ihrem Sinn, die auf ein Ding gerathen sind, und sich nicht überreden lassen. Oder weichen sie, so weichen sie nicht von Herzen, sondern aus Furcht der Gewalt, oder Hoffnung grösseren Nutzens. Freiwillig von Herzen weichen sie nicht, und können ihnen nicht ein ander Herz oder Sinn machen; die aber ein Ding nicht gern hätten, und denen nicht ein Ding anlieget, die lassen geschehen und gehen wie es gehet. Wiederum wenn Gott in uns würket, so ist der Wille, den Gott in die Herzen gibt, und der H. Geist einbläset, auch nicht ein gezwungen Ding, sondern eine Lust und herzliche Neigung, da ich das Gute willig und gerne thue, ohne Drangsal, und lasse mich davon nicht reissen, wenn gleich alle Teufel und die Pforten der Höllen mir wehreten, da die Lust fortfähret, gerne will und liebet das Gute, wie zuvor das böse. Da sehe man aber an, die öffentliche Erfahrung, wie da die Christen und Heiligen, als die eiserne Mauern veste stehen, wenn man sie zu etwas anders will zwingen, ja wie sie dadurch nur freudiger, muthiger und trotziger werden, gleich wie ein Feuer, jemehr der Wind darüber wehet, nur größer wird, also, daß da auch kein freier Wille ist, sich anderswohin zu kehren oder zu wenden, dieweil die Gnade Gottes, und Freudigkeit des Geistes in den Menschen währet. (S. 459.)


Fragen wir doch nicht darnach, warum Gott einen reich und den andern arm machet, einen gesund, und den andern lahm und krüpplicht, sondern sprechen, es ist des Herrn Wille also: Vielmehr sollen wir hie auch also thun, und uns genügen lassen an des Herrn Willen. Hier nehme man das Sprüchlein Ambrosii mit: Was Gott hat wollen verborgen sein, sollen wir nicht forschen: was er aber hat offenbaret, das sollen wir nicht verneinen, damit wir nicht in einem wider die Gebühr fürwitzig, im andern verdammlicher Weise undankbar erfunden werden.


Ich muß bekennen, daß mich die Gedanken hart vor den Kopf gestossen haben, bis schier aufs tiefste verzagen und verzweifeln, ehe ich lernte und erkannte, wie nützlich das Verzagen ist, und wie nahe dahinter liegt die Gnade.


Obgleich der Herr allein die Seinen kennt oder weiß, welche er erwählet hat, daß doch nichts destoweniger es Gott uns auch offenbaret, und wir aus gewissen Zeichen können urtheilen, ob wir von Gott erwählet und dem Herrn Christo gegeben sind, nämlich, wenn wir das Wort Gottes haben sammt den heiligen Sacramenten, hören das Wort, und brauchen die Sacramente von Herzen gern, haben ein Wohlgefallen dran, und thun nach demselben Busse, erkennen unsere Sünde mit Reu und Leid, glauben vest an Christum, sind der Sünden herzlich feind und streiten darwider, und thun Guts nach höchstem Vermögen, alles durch den H. Geist, mit welchem wir versiegelt werden, und welcher das Pfand unsers Erbes ist, zu unser Erlösung, und unserm Geiste Zeugniß gibt, daß wir Gottes Kinder sind, lehret uns rufen: Abba, lieber Vater! auch im Kreuz und Anfechtung, und macht uns des gewiß, daß uns Gott bis ans End erhalten werde, weil ihm der Herr Christus uns nicht aus seinen Händen reissen läßt, und Gott getreu ist der uns ruft, welcher wird’s auch thun, und seine Gaben und Berufung sich nicht ändern lassen: gleich wie die Gottlosen auch ihre Kennzeichen haben, daß sie entweder das Wort nicht haben, oder es nicht hören und verachten, alle ihre Lehre schädlich und erlogen ist, lassen sich nicht weisen daß sie Gutes thäten, trachten auf ihrem Lager nach Schaden, und stehen fest auf bösem Wege, und scheuen kein Arges, und wie sie verkehrt sind und irren von Mutterleibe an, also bleiben sie auch beständig bis ans Ende, und werden nicht klug bis in die Hölle hinein. (S. 142. Thl. 7. Jen. Ausg.)


In der Auslegung des 17. Cap. St. Johannis: Wer an Christo hanget, der hat eitel Gnade, und kann nicht verloren werden, ob er auch gleich aus Schwachheit fiele, wie St. Petrus, so ferne er nur das Wort nicht verachtet. Dieß bestätiget was oben gesagt ist, daß die wahren Auserwählten nicht verworfen werden, wenn sie gleich sündigen, und weisen es neben dem Exempel St. Petri aus auch Davids Exempel, Manasse, der offenbaren Sünderin, und aller die sich zu Gott bekehret haben. Ja obgleich etliche der Auserwählten ihr ganzes Leben durch in Irrthum, Sünden und Lastern gesteckt hätten, so haben sie doch vor ihrem Ende müssen Buße thun, und auf den rechten Weg kommen, und darauf dem Satan entlaufen, dieweil es unmöglich ist, daß sie der Satan dem Herrn Christo aus seiner Hand hätte reißen sollen, wie Joh. 10,28. stehet, und es ausweiset das trostreiche Exempel des einen Mörders oder Schächers am Kreuze, der an seinem letzten Ende Buße that, weil er war einer von den Auserwählten. Niemand aber soll darauf sicher sein, und denken, er wolle sich auch also am letzten Ende bekehren. Dann ob wohl eine späte Buße auch eine Buße ist, so ist späte Buße doch selten wahre, wie St. Augustinus sagt, und verläuft auch Gott ihr vielen den Weg, daß sie am letzten Ende nicht zur Buße kommen können, wie dem andern Schächer geschah. Darum sollen wir mit Furcht und Zittern schaffen, daß wir selig werden (wie oben gesagt ist). Dieweil es nicht so leicht ist, wie man vermeinen möchte, selig zu werden.


Hüte dich vor dem Türkischen, Epicurischen Glauben, da etliche fürgeben: Was soll ich thun? Was ist Beten nütze? Was hilft vieles Sorgen? Ist’s versehen, so muß es geschehen. Denn also sagen und glauben die Türken, es kann niemand sterben, sein Stündlein sei denn kommen. Daher sind sie toll und dummkühne, und meinen, sie thun wohl, und fahren recht. Ja wahr ists, was versehen ist das geschicht. Aber mir ist nicht befohlen, sondern vielmehr verboten, zu wissen was versehen ist. So heißt’s Gott versuchen, wer auf solch sein Unwissenheit hinein fähret und verdirbet. Mir ist geboten, daß ich wissen soll, was zu thun sei. Und darum ist sein Wort uns gegeben, daß wir wissen sollen, was wir thun sollen, und nicht thun, was wir nicht wissen, sondern dasselbe Gott heimstellen, und uns unsers Befehls, Berufs, Amts halten, Gott wird’s wohl, und wills allein wissen, was versehen ist, du sollt es nicht wissen. Joab der Feld-Hauptmann Davids, da er hinten und vorne Feinde hatte, sprach er nicht zu seinem Bruder Abisai: Lieber, halt, laß sehen, was versehen ist, darnach wollen wir thun; sondern so sprach er: Streite du wider Ammon, ich will wider die Syrer streiten: Werden mir die Syrer zu stark sein, so komme mir zu Hülfe; werden dir die Kinder Ammon zu stark sein, will ich dir zu Hülfe kommen: Sei getrost, und laß uns stark sein für unser Volk, und für die Städte unsers Gottes, der Herr aber thue was ihm gefällt. Also sollen wir uns auch richten in unsern Aemtern, nicht nach der Versehung, da wir kein Wort, Licht noch Wissenschaft von haben, sondern sie aus den Augen, Herz und allen Sinnen thun, im Finstern und heimlich verborgen lassen bleiben, und thun was wir wissen und uns befohlen ist, durch sein Wort und fürgestelltes Licht, alsdenn wird sich die Versehung wohl selbst und ungesucht finden, die sich sonst nicht finden läßt, und darüber eitel Epicureer, Türken, Freche, dumme Narren, oder verzagte und verzweifelte elende Leute werden. Der Teufel reizet solche Leute, daß sie sich sollen klug und weise dünken lassen, und sehen nicht, daß es der Apfel ist, daran Adam und Eva sammt allen Nachkommen den ewigen Tod gefressen haben. Die wollten über das, so ihnen geboten war, Gottes heimlichen Rath und Versehung auch wissen, versuchten damit Gott, und übertraten sein heiliges Gebot. (S. 452.)


So die Gnade kommt aus Gottes ewigem Fürsatz, wie Paulus Eph. 1,11. redet, so muß sie kommen, und kommt nicht um unsers Fleißes oder Verdienstes willen. (S. 534.)


Wer das bekennet (nemlich, daß wir alles, was wir Gutes thun oder haben, von Gott haben) der bekennet auch damit, daß die Güte und Barmherzigkeit alles thut und wirket, und daß unser Wille nichts wirket, sondern nur das Werk leidet, und in ihm wirken läßt: Sonst wäre das nicht wahr, daß Gott alles Gute (wie du doch selbst in deinen Worten bekennest) alleine würket. Darum fällt christlicher Glaube, Evangelium, Gottes Wort und Zusage alles ganz und gar dahin, wenn wir uns überreden lassen, daß Gottes ewige, gewisse, unverrückliche Versehung und nöthige Schaffung nicht vonnöthen sei einem Christen zu wissen. Denn das ist je der Christen einiger und höchster Trost, in allen geistlichen und äußerlichen Anfechtungen, daß Gott nicht lügen kann, daß er unverrücklich alles schafft und thut, daß seinen Willen niemand ändern, hindern oder wehren kann. (S. 451.)


Wenn man die Capitel in der Kirch, oder die Bibel daheim in den Häusern lieset und wird dann gelesen, Joh. 12,39. Darum konnten sie nicht glauben. Item, Act. 13,48. Sie wurden gläubig, weil viel ihr zum ewigen Leben verordnet waren. Item, wenn man das 9. 10. und 11. Cap. an die Römer lieset, und was mehr ist in der Schrift, welches ja kein treuer Prediger mit gutem Gewissen zu lesen verbieten kann, weils Gott seiner Kirche zur Lehre gegeben hat: sondern vielmehr ein jeder ist schuldig, solche und dergleichen Sprüche der H. Schrift, seinen vertrauten Kirchkindern, die er alle für Auserwählte halten soll, bis sichs anders beweiset, ihnen zu heilsamen Trost stets fürzuhalten, und mit großer Bescheidenheit zu erklären, damit sie nicht, wie leider oft geschicht, nach einem Philippo dürfen wünschen, der sie solche Sprüche aus dem Grunde verstehen lehret, weil sie von sich selber, ohne Ermahner, wohl verstehen, daß wichtige Lehren darinnen verborgen stecken, und derhalben mit einem überhinrauschenden, gemarterten und zweifelhaftigen, und auch wohl lästerhaftigen Glößlein nicht können zufrieden sein.


Wir wissen wohl, daß Judas Christum verrathen. Wir sagen aber, daß solches Wollen in Juda unverrücklich und gewiß hat auf Zeit und Stunde kommen müssen, wie es Gott versehen hat: Oder, so man doch nicht will verstehen, was wir sagen, so müssen wir ein Unterschied machen, von zweierlei Noth. Eine Noth, da ich mit Gewalt zu einem Werk gezwungen werde. Die andere, da ein Ding von Noth muß geschehen auf einige Zeit. Wer uns nun höret reden, der wisse, daß wir von der letzten reden, und nicht von der ersten. Das ist, wir reden nicht davon, ob Judas willig, oder wider Willen ein Verräther sei worden. Sondern ob es auf die Stunde und Zeit, so Gott versehen hat, unverrücklich gewiß hat geschehen müssen, daß er mit Willen Christum verriethe. (S. 529.)


Item, so nicht wir, sondern Gott in uns wirket unsere Seligkeit, so können wir, ehe und zuvor sein Werk da ist, nichts seliglichs thun, wir thun, stellen uns, machen’s gleichwie wir wollen. (S. 479.)


Wir haben da die dürren klaren Worte, die lauten also: Ueber welchen er will, erbarmet er sich, und welchen er will, verstocket er. Es liegt nicht an jemandes Wollen oder Laufen, sondern an Gottes Erbarmen. Die Lust und den Willen die Gebote zu halten, wirst du nicht aus dir, sondern aus Gott haben, der ihn wird geben, wem er ihn gönnt. so du der Mann bist bei Gott, daß er dir Kraft geben wird, und verleihen die Gebote zu halten. Es ist nicht jedermanns Ding, noch aus Menschen Vernunft und Wahl herkommen, daß man Christi Wort von Herzen gerne höret. (S. 182.)


Hiermit verwerfe und verdamme ich als eitel Irrthum alle Lehren, so unsern freien Willen preisen, als die stracks wider solche Hülfe und Gnade unsers Heilands Jesu Christi strebet. Denn weil ausserhalb Christo der Tod und die Sünde unsere Herren, und der Teufel unser Gott und Fürst ist, da kann keine Kraft noch Macht, kein Witz noch Verstand sein, damit wir zu der Gerechtigkeit und Leben uns könnten schicken, oder trachten, sondern müssen Verblendete und Gefangene, der Sünde und des Teufels eigen sein, zu thun und zu gedenken, was ihnen gefällt, und Gott mit seinen Geboten wider ist. In diesen Worten (spricht das Concordienbuch) gibt D. Luther seliger und H. Gedächtniß unserm freien Willen kein einige Kraft für sich zur Gerechtigkeit zu schicken, oder darnach zu trachten, sondern saget, daß der Mensch verblendet und gefangen, allein des Teufels Willen, und was Gott dem Herrn zuwider ist, thue. Darum ist hie kein Mitwirken unsers Willens in der Bekehrung des Menschen. Und muß der Mensch gezogen und aus Gott neu geboren werden. Sonst ist kein Gedanken in unserm Herzen, der sich zu dem H. Evangelio, dasselbige anzunehmen, von sich selbst wenden möchte. Wie auch D. Luther von diesem Handel im Buch de Servo Arbitrio, das ist, von dem gefangenen Willen des Menschen wider Erasmum geschrieben, und die Sache wohl gründlich ausgeführt und erhalten, und nochmals in der herrlichen Auslegung des ersten Buch Mosis über das 26. Capitel wiederholt und erklärt (also nicht retractirt, sondern wiederholt und erklärt hat). Ferner sagt das Concordienbuch: Zuvor und ehe der Mensch durch den H. Geist erleuchtet, bekehret, wieder geboren, verneuert und gezogen wird, kann er von sich selbst, und aus seinen eigenen natürlichen Kräften in geistlichen Sachen und Seiner Selbst-Bekehrung oder Wiedergeburt nichts anfangen, wirken oder mitwirken, gleich so wenig als ein Stein, oder Block oder Thon. Dann ob er wohl die äusserlichen Gliedmassen regieren, und das Evangelium hören und etlichermassen betrachten, auch davon reden kann, wie an den Pharisäern und Heuchlern zu sehen ist: so hält er’s doch vor eine Thorheit, und kann es nicht glauben. Hält sich auch in dem Fall ärger als ein Block: daß er Gottes Wille widerspenstig und fremd ist, wo nicht der H. Geist in ihm kräftig ist, und den Glauben und andere gottgefällige Tugenden und Gehorsam in ihm anzündet und wirket. Wie denn die H. Schrift die Bekehrung, den Glauben an Christum, die Wiedergeburt, Erneuerung und alles was zu derselben wirklichen Anfang und Vollziehung gehört, nicht den menschlichen Kräften des natürlichen freien Willens, weder zum ganzen noch zum halben, noch zum einzigen, dem wenigsten oder geringsten Theil zulegt; sondern in solidum, das ist ganz und gar allein der göttlichen Wirkung und dem H. Geist zuschreibt.

Das erste ist die Ehre Gottes; da soll man auch anheben, auf daß Gott in allen Dingen der Ruhm und die Ehre gegeben werde, als dem, der alle Dinge thut, gibt und hat, daß niemand ihm selbst etwas zuschreibe, oder sich einiges ding annehme. Denn die Ehre gebühret niemand, denn allein Gott, lässet sich nicht mit jemand theilen oder gemein machen. Die Ehre hat Adam durch den bösen Geist gestohlen und ihm selbst zugeeignet, daß alle Menschen drob in Ungnaden sind mit ihm, und ist auch noch in allen Menschen so tief gewurzelt, daß kein Laster so tief in ihnen ist, als die Ehrsucht. Niemand will nichts sein oder mögen, jedermann gefället ihm selbst wohl, daher denn aller Jammer, Unfriede und Krieg auf Erden kommt. Die Ehre hat Christus Gott herwiedergebracht damit, daß er uns gelehret, wie all unser Ding nichts sei, denn eitel Zorn und Ungnade vor Gott, daß wir uns in keinem Weg rühmen, noch uns selbst darinnen wohlgefallen mögen, sondern fürchten und schämen müssen, als in der grössesten Gefahr und Schande, daß also unsere Ehre und Selbstwohlgefallen zu Boden gestossen und ganz nichts werde, und wir froh werden, daß wir ihn so los werden, daß wir in Christo mögen erfunden und behalten werden, wie gesaget ist. (Aus einer Predigt D. M. Luthers über Luc. 2,1-14.)


Es ist eine Predigt, die so gemein soll gehen, daß sie auch allen Creaturen vorgetragen werde, wie Christus spricht Marci 16,15.: Prediget das Evangelium allen Creaturen; und Psalm 19,5.: In alle Lande ist erschollen ihr Laut, und ihre worte bis an der Welt Ende. Was liegt uns daran, daß viel es verachten? Muß es doch so sein, daß viel berufen und wenig erwählet sind; um der guten Erden willen, die Frucht bringet mit Geduld, muß der Saame auch vergeblich an den Weg, auf den Fels und unter die Dornen fallen; sintemal wir auch gewiß sind, daß Gottes Wort nicht ohne Frucht abgehet, sondern allezeit auch guten Acker findet, wie er hier saget, daß etlicher Saame des Säemanns auch auf guten Acker fällt, nicht allein an den Weg, unter die Dornen und auf das Steinigte. Denn wo das Evangelium gehet, da sind Christen, Esa. 55,11.: Mein Wort soll nicht leer kommen. (Pred. am Sonntag. Sexages.)


Das ist allein der Christen Kund, daß sie können sagen: des äusserlichen Lebens halben sehe ich keinen Unterschied zwischen Christen und Unchristen; ja, denen Christen gehet es gemeiniglich ärger, und müssen hundertmal sich mehr leiden und nieten denn andere Leute. Aber im Worte sehe ich einen großen, trefflichen Unterschied, nämlich daß Christen und Unchristen unterschieden sind, nicht nach der Nasen und äusserlichen Frömmigkeit, sondern daß sie ihres Hirten Stimme haben und hören. Daß aber der Herr von andern Schafen sagt, die er auch herzuführen soll, auf daß ein Hirt und eine Heerde werde, solches hat sich alsbald nach Pfingsten angefangen, da das Evangelium in aller Welt durch die Apostel ist geprediget worden, und gehet noch bis zu Ende der Welt. Nicht dermassen, als sollten alle Menschen sich bekehren und das Evangelium annehmen; denn da wird nichts aus, der Teufel läßt es darzu nicht kommen, so ist die Welt ohne das dem Wort feind, und will ungestraft sein. Derohalben werden für und für mancherlei Glauben und Religion in der Welt bleiben. Das aber heißt ein Hirte und ein Schafstall, daß Gott alle, so das Evangelium annehmen, um Christi willen zu Kindern aufnehmen will, es sein Juden oder Heiden. Denn das ist die rechte einige Religion, diesen Hirten und seiner Stimme folgen. Das verleihe uns der treue Hirte unserer Seelen, Jesus Christus, sammt dem Vater und dem H. Geist, welchem sei Ehre und Preis in Ewigkeit. (Pred. am 2. Sonnt. nach Ostern.)


Wir sehen keinen Weg, Mittel noch Weise, dadurch uns könne geholfen werden. Da schließen wir, es sei aus mit uns, und können nicht glauben, daß es nur um ein Kleines zu thun sei. Da dienet nun sonderlich das Gleichniß zu, das der Herr hier führet von einer Frauen, die in Kindesnöthen ist. Da läßt sich’s auch ansehen, als werde kein Ende da sein, und die Mutter müsse bleiben; aber in einem Augenblick gibt sich’s, daß anstatt des Todes ein zweifaches Leben hervorkommt, daß die Mutter genesen, und ein schönes gesundes Kindlein an die Welt kommen ist. Darum verschwindet alsbald das Leid, und ist eitel Freude da.


Die dritte Art des Glaubens ist, das er kein Verdienst vorträgt, will auch nicht mit Werken Gottes Gnade kaufen, wie die Zweifler und Gleisner thun, sondern trägt vor eitel Unverdienst, hanget und verläßt sich gänzlich auf die bloße unverdiente Güte Gottes. Denn der Glaube mag nicht neben sich Werke und Verdienst leiden, so ganz und gar ergibt, erweget und erschwinget er sich in die Güte, der er sich versiehet, kann vor derselbigen seine Werke und Verdienst nicht achten, ja er siehet, daß die Güte so groß ist, daß alle gute Werke nichts sind, denn Sünde, gegen sie geschätzet. Darum findet er eitel Unverdienst an sich, daß er würdiger wäre des Zorns, denn der Gnaden; und das thut er ohn alle Heuchelei, denn er siehet, wie es im Grund und Wahrheit nicht anders sei. Das beweisen die Aussätzigen allhier fein, die ohn alles Verdienst sich der Gnade zu Christo versehen. Was hatten sie ihm je Gutes zuvor gethan? Hatten sie ihn doch nie gesehen, geschweige denn gedienet! Auch waren sie aussätzig, daß er sie billig vermieden hätte nach dem Gesetz, und sich ihrer geäussert, wie es billig und recht war. Denn es war im Grunde und Wahrheit Unverdienst und Ursach da, daß er nichts mit ihnen und sie nichts mit ihm sollten zu thun haben. Darum stehen sie auch von ferne, als die ihre Unwürdigkeit wohl erkennen. Das bezeugen auch ihre Worte, da sie sagen: Erbarme Dich unser! Wer Erbarmen sucht, der käufet noch wechselt freilich nicht, sondern suchet lauter Gnade und Barmherzigkeit, als der ihr unwürdig ist und wohl viel anders es verdienet habe. (Pred. am XIV. Sonnt. nach Trin.)


Weil nun dieses alles in und durch diesen Saamen verheissen wird, so ist es klar und offenbar, daß die menschliche Natur nach dem Fall durch ihr Vermögen und eigene Kräfte nicht die Sünde, noch die Strafe um der Sünde willen wegzunehmen, noch dem Tod zu entgehen, noch zum verlornen Gehorsam wieder zu kommen vermocht hat; denn darzu gehöret eine größere Kraft und größere Stärke, denn Menschen haben. Darum hat Gottes Sohn müssen ein Opfer werden, daß er für uns solches ausrichtete und erwürbe, daß er die Sünde wegnähme, den Tod verschlänge und den verlornen Gehorsam wieder brächte. (Auslegung des 1. B. Mosis.)


1.B. Mos. 6,5.

Dieses ist der Text, den wir geführet haben wider den freien Willen, davon Augustinus schreibet, daß er, ohne Gnade oder den H. Geist, zu nichts anders dienet, denn zu sündigen. Es werden aber die Schul-Lehrer, die des freien Willens Patronen sind, vor den Kopf gestoßen und haben sich viel zu bemühen, nicht allein dieses sehr klaren Textes halben, sondern auch um dieses Spruches St. Augustinus willen, von dem sie sagen, daß er hyperbolice rede; und wie Basilius schreibet, daß einer, der in Widerlegung seines Gegensatzes zu weit gekommen war, gethan habe, wie die Bauern thun, welche, wenn sie wollen, daß das junge Holz gerade wachsen soll, beugen sie es etwa viel nach der andern Seite: so, sagen sie, habe Augustinus in der Widerlegung der Pelagianer, darinnen er die Gnad rühmet, auch etwas härter wider den freien Willen geredet, denn billig gewesen sei.

Was aber diesen Text belanget, cavilliren sie ihn also, daß er allein rede von dem argen Geschlecht vor der Sündfluth. Denn jetzund wären die Leute besser und wo nicht alle, so wären es doch etliche, die den freien Willen recht gebrauchten. Das sehen aber die elenden Leute nicht, daß der Text insgemein redet von des Menschen Herz, und fürnemlich darbei stehet das Wörtlein: alleine.

Zum dritten sehen sie das auch nicht, daß nach der Sündfluth dieser Spruch fast eben mit denen Worten, wie er hier stehet, wiederholt wird unten im achten Capitel V. 21., da Gott saget: Das Tichten des menschlichen Herzens ist böse von Jugend auf, da er denn wahrlich nicht allein von denen redet, die vor der Sündfluth gewesen sind, sondern auch von denen, welchen er verheisset, er wolle sie hinfort mit der Sündfluth nicht mehr verderben, das ist, vom ganzen nachkommenden Geschlechte Noah. Denn dieses sind Worte, die insgemein geredet sind. Das Tichten des menschlichen Herzens ist böse.

Darum schließen wir insgemein, daß der Mensch ohne den H. Geist und ohne die Gnade nichts thun kann, denn sündigen, und also bis in infinitum fortgehet, von einer Sünde zu der andern. Wenn aber das auch dazu kommt, daß er die reine Lehre nicht dulden kann, und das Wort des Heils von sich schlägt und dem H. Geist widersteht: so wird er durch Hülfe des freien Willens auch ein Feind Gottes, lästert den H. Geist und folget schlecht den bösen Lüsten und Reizungen seines Herzens, wie da bezeugen der Juden Exempel unter den Propheten, Christo und den Aposteln, das Exempel der ersten Welt unter dem Lehrer Noah, item das Exempel unserer Widersacher jetziger Zeit, die man auf keine Weise kann überreden, daß sie sündigen, irren und falsche Gottesdienste haben.

So beweisen solches andere Sprüche in der H. Schrift auch. Denn redet der 14. Psalm V. 2. nicht insgemein genugsam, da er spricht: Der Herr schauet vom Himmel auf die Menschen-Kinder, daß er sähe, ob jemand klug sei und nach Gott fraget, aber sie sind alle abgewichen. Und zeucht diesen Psalm Paulus an in der Epistel zu den Römern Cap. 3,10., item Psalm 116,11.: Alle Menschen sind Lügner; und Paulus Röm. 11,32.: Gott hat alles beschlossen unter die Sünde. Die Sprüche lauten alle insgemein und schliessen gewaltig für uns, daß der Mensch ohne de H. Geist, welchen Christus alleine gibt, nichts anders vermag, denn irren und sündigen. Darum sagt Christus im Evangelio Joh. 15,5.: ich bin der Weinstock und ihr seid die Reben, ohne mich könnet ihr nichts thun, sondern ihr seid ohne mich wie eine abgeworfene, dürre und todte Rebe, die zum Feuer bereitet ist.

Und das ist auch die Ursache, warum des H. Geistes Amt sei, die Welt zu strafen, Joh. 16,8., nämlich darum, daß er die Welt berufe zur Busse und Erkenntniß dieser Unart. Die Welt aber bleibet und thut, wie sie lange gethan hat; wenn sie schon durch Gottes Wort vermahnet wird, höret sie doch nicht, sondern meinet, Gott werde sich lassen gefallen die Gottesdienste, welche sie sich erwählet hat, wiewol ohne Gottes Wort, und von dieser Meinung ist sie nicht zu bringen.

Darum muß man im Herzen steif darauf bestehen und diese Lehre veste halten, die uns unsere Sünde und Verdammniß vorhält. Denn ein solch Erkenntniß der Sünden ist der Anfang unsers Heils, daß wir schlecht an uns selbst ganz und gar verzagen und Gott allein geben die Ehre der Gerechtigkeit. Denn, warum klaget Paulus sonst so sehr, Röm. 7,18., und bekennet frei heraus, daß nichts Gutes an ihm sei, und saget fürnemlich: in meinem Fleische? Daß wir verstehen, daß unsere Unart und Schade allein durch den Geist Gottes geheilet werde; wenn nun dieß im Herzen vest gegründet ist, so haben wir den Grund unserer Seligkeit zum mehrern Theil gelegt. Denn darnach haben wir klare Zeugnisse, daß Gott die Sünder nicht verwerfen will, das ist, die ihre Sünden erkennen, Buße zu thun begehren und dürsten nach der Gerechtigkeit oder Vergebung der Sünden durch Christum.

Darum sollen wir mit Fleiß zusehen, daß wir uns nicht finden lassen unter diesen Cyclopen, die Gottes Wort widerstreben und ihren freien Willen und eigene Kräfte rühmen. Denn ob wir wol straucheln, fallen und sündigen, so will doch der H. Geist, wo wir ihm, wenn er uns strafet, mit demüthigem Bekenntniß unserer Bosheit weichen, bei uns sein und die erkannten Sünden nicht allein nicht zurechnen, sondern will sie durch Christi Gnade zudecken und uns mit andern Gaben, die beide zu diesem und jenem Leben noth sein, reichlich begnaden.

Aber die worte Mosis selbst soll man auch fleißig betrachten; denn hier hat er aus gewissem Rath und Bedenken eine sonderliche Art zu reden gebraucht, daß er nicht schlechthin saget: Die Gedanken des Menschen sein böse, sondern das Tichten der Gedanken. Und also nennt er das, so der Mensch vermag in seinen Gedanken oder mit seiner Vernunft und dem freien Willen in dem allerhöchsten Grad. Denn darum nennet er es ein Gedicht, daß es der Mensch mit dem höchsten Fleiß erdenket, erwählet, thut, wie ein Töpfer, und hält es für das allerschönste Werk. Das ist aber, spricht er, böse, und zwar nicht ein Mal, sondern für und für, zu aller Zeit; denn ohne den Heiligen Geist ist die Vernunft schlechterdings ohne alle Erkenntniß Gottes. Nun heisset aber ohne Gottes Erkenntniß sein, allerdings gottlos sein, im Finstern leben und das für das beste halten, das das ärgste ist. –

Wenn wir aber vom freien Willen disputiren, so fragen wir, was er vermöge theologischer Weise, (das ist, in Sachen, so Gott, Gottes Willen und Wort anlagen), nicht, was sein Vermögen sei in weltlichen Dingen und denen, so der Vernunft unterworfen sein, und schliessen also, daß der Mensch ohne den Heiligen Geist vor Gott schlecht gottlos sei, wenn er gleich mit allen aller Heiden Tugenden gezieret wäre, wie man denn wahrlich in der Heiden Historien findet treffliche Exempel der Zucht, der Mäßigkeit, der Freigebigkeit, der Liebe gegen sein Vaterland, gegen Eltern, Kinder, item Exempel der Mannhaftigkeit, Freundlichkeit u.s.w. Wir schließen auch, daß die allerbesten Gedanken von Gott, von Gottes Willen, vom Gottesdienst die allertiefsten Finsternisse sein.

Denn das Licht der Vernunft, welches dem Menschen allein gegeben ist, verstehet nicht mehr, denn was dem Leibe gut ist und wohl thut. Dieses ist aber die verderbte Lust-Liebe.

Darum soll man diesen Spruch nicht schlechthin verstehen, wie er von den Juden und Sophisten verstanden wird, die da meinen, er rede nur von dem untern Theil des Menschen, welcher viehisch ist, die Vernunft aber treibe und sei geneigt zum Besten, ziehen also das Tichten und Trachten nur auf die andere Tafel, wie der Pharisäer, der den Zöllner verdammet und spricht, er sei nicht, wie die andern, Luc. 18,11. Derselbe redet gute Worte, denn er danket Gott, welches nicht böse ist; wir aber sagen, daß auch dasselbe böse und gottlos ist, denn es kommt am allergewissesten davon her, da keine Erkenntniß Gottes ist, und ist eigentlich ein Gebet, das zur Sünde wird, und weder zu Gottes Ehre, noch zu des Menschen Seligkeit dienet.


Daß das Wort Gottes nicht allenthalben, sondern unterschiedliche Früchte bringet, und nicht gleich wirket, dasselbige ist Gottes Gericht und heimlicher Wille, so uns verborgen ist; wir sollen es auch nicht wollen wissen. Der Wind bläset, wo er will, sagt Christus Joh. 3,8. Uns gebühret nicht, darnach zu grübeln und zu forschen. Kann ich doch nicht sagen, warum ich jetzt so fröhlich und bald traurig bin, item, einmal besser Lust zum Wort Gottes habe, denn ein andermal. Wenn ich allezeit gleich gegen Gottes gesinnet wäre, und solche Lust dazu hätte, wie bisweilen: so wäre ich der allerseligste. Aber es hat dem lieben St. Paulo auch gefehlet, der klaget Röm. 7,23. mit herzlichem Seufzen, er sehe ein ander Gesetz in seinen Gliedern, das da widerstreite dem Gesetz etc. Sollte darum das Wort falsch sein, ob’s gleich zu aller Zeit antrifft?


Gott hats gerne, ist ihm auch der liebste, angenehmste Dienst, daß er gelobet wird. Er wird aber nicht gelobet, er werde denn zuvor geliebet. Geliebet wird er nicht, er sei denn milde und thue wohl. Dann aber thut er wohl, wenn er gnädig ist. Gnädig ist er, wenn er Sünde vergibt. Wer sind sie denn nun, die ihn lieben? Das kleine Häuflein der Gläubigen, die solche Gnade erkennen und wissen, daß sie die Vergebung der Sünden durch Christum haben. Die Weltkinder bekümmern sich damit nicht, dienen ihrem Abgott, dem elenden, schändlichen Mammon; er wird ihnen aber endlich übel lohnen.


Liebe Herren, unsere Lehre, daß der freie Wille todt und nichts sei, stehet gewaltiglich in der Schrift gegründet. Ich sage aber vom freien Willen gegen Gott und in der Seelen Sachen. Denn was sollte ich viel disputiren vom freien Willen, der über Kühe und Pferde, über Geld und Gut regiert? Ich weiß fast wohl, daß 1 Mos. 1,28. Gott den Menschen hat Herrschaft gegeben, über Vieh und Erden. Solches gehört hierher nicht.

Wenn nun gleich kein Spruch wäre, denn der einige St. Paulus 2 tim. 2,26.: Sie sind des Teufels Gefangenen nach seinem Willen: so hätten wir eben damit Schrift und Grund genug. Denn, dem Teufel gefangen sein, ist wahrlich keine Freiheit, und sonderlich, weil sie also gefangen sind, daß sie nach seinem Willen leben müssen. Da muß der liebe freie Wille gewißlich des Teufels sein, denn nach demselbigen müssen sie leben als seine Gefangene. Das ist klärlich hier St. Pauli Lehre. Und Christus selber stimmet auch mit zu, Luc. 11,21. 22., da er sagt: Wenn der Starke seinen Hof bewahret, so bleibet das Seine mit Frieden; kommt aber ein Stärkerer über ihn, und überwindet ihn, so nimmt er ihm seinen Harnisch, darauf er sich verließ, und theilet seinen Raub aus. Hier zeuget ja Christus selber, daß der Teufel die Seinen mit Friede besitze, wo nicht der Stärkere über ihn kommt.

Bei diesem Spruch bleiben wir, wiewol wir die That und das Werk selbst auch vor uns haben, nämlich, daß Jesus Christus, Gottes Sohn, durch sein eigen Blut hat uns müssen vom Teufel, Tod und Sünde erlösen. Wäre nun ein freier Wille in uns, wider oder über den Teufel, Tod und Sünde, so hätte er nicht dürfen für uns sterben; und wer den Sünden kann entrinnen ohne Christo, der kann auch dem Tode wol entrinnen, denn der Tod ist der Sünden Strafe, Röm. 6,22. Aber es ist noch kein Mensch erfunden, der seinen freien Willen über und wider den Tod bewiesen hätte; sondern der Tod hat stracks wiederum seinen freien Willen und Gewalt über alle Menschen bewiesen, welches er nicht vermochte, wo nicht zuvor die Sünde (die des Todes Recht und Macht ist, 1 Cor. 15,56) den Menschen überwältiget und gefangen hätte.


Wer durchs Gesetz und eigene Werke vor Gott gerecht werden will, der

  • Wendet sich von der Gnade Christi, dazu er berufen ist;
  • Läßt das rechte Evangelium fahren und nimmt ein anders an;
  • Verwirret die gläubigen Herzen;
  • Verkehret das Evangelium Christi;
  • Wird verflucht;
  • Prediget Menschen zu Dienst;
  • Gedenket den Menschen gefällig zu sein, nicht Gott;
  • Ist Christi Knecht nicht;
  • Prediget menschlich Ding, nicht aus der Offenbarung Jesu Christi;
  • Dem nützet die höchste und beste Gerechtigkeit des Gesetzes nichts;
  • Zerstöret die Gemeinde Gottes und christliche Kirche;
  • Unterstehet sich, gerecht zu werden durch ein unmöglich Ding, nemlich durch das Gesetz;
  • Macht aus denen, so in Christo gerecht sind, wiederum von neuem Sünder;
  • Macht Christum zum Sündopfer;
  • Bauet die Sünde wiederum, welche vorhin gebrochen ist;
  • Machet sich selbst zum Uebertreter;
  • Wirft Gottes Gnade hinweg;
  • Hält dafür, daß Christus vergeblich gestorben sei;
  • Wird zum unverständigen Galater;
  • Wird bezaubert;
  • Gehorchet der Wahrheit nicht;
  • Kreuziget Christum;
  • Hält, daß der H. Geist durch die Werke empfangen werde;
  • Läßt ab vom Geist und fähret im Fleisch fort;
  • Ist unter dem Fluch;
  • Machet dem Testament Gottes einen Zusatz und verwirft Gottes Stiftung;
  • Bleibt unter der Sünde verschlossen;
  • Macht die Sünde nur größer;
  • Dienet den schwachen Satzungen;
  • Dem ist das Evangelium umsonst gepredigt;
  • Hat alles umsonst vergeblich gethan und gelitten;
  • Wird zum Knecht und der Magd Sohn;
  • Wird sammt der Magd und ihrem Sohn aus dem Erbe verstoßen;
  • Machet, daß ihm Christus nichts nütze ist;
  • Ist noch schuldig, das ganze Gesetz zu thun;
  • Hat Christum verloren;
  • Ist von der Gnade gefallen;
  • Läßt sich aufhalten, der Wahrheit nicht zu gehorchen;
  • Läßt sich überreden das, das nicht göttlich ist;
  • Läßt sich versäuren mit dem Sauerteige des Verderbens;
  • Wird verdammt, so er solches lehret;
  • Beisset sich mit den andern und wird sammt ihnen verzehret;
  • Dieß thun ist nichts anders, denn eitel Werk des Fleisches;
  • Hält viel von sich selber, so doch gar nichts dahinten ist;
  • Rühmet sich ausser Gott;
  • Machet sich angenehm nach dem Fleisch, bei denen so fleischlich sind;
  • Ist dem Kreuz Christi und Verfolgung feind;
  • Hält nichts weniger, denn das Gesetz;
  • Rühmet allein von fleischlicher Lehre;
  • Dem ist alles zumal verloren, und taugt, noch gilt nichts, was er ist, hat, weiß und kann.

Als falsch und unrecht es nun ist, daß sie sagen: Die Gerechten werden durch die künftigen Werke, so geschehen, versehen zur Seligkeit: so falsch ist’s auch, daß man fürgiebt, man werde durch die Werke des Glaubens, so vorher geschehen, gerecht und selig. Sondern, gleich wie die Gnade der Versehung bringt darnach gute Werke, als die allein ohne alle Werke erwählet und berufet den, der da wird gerecht werden und gute Werke thun: also bringt auch der Glaube gute Werke, der da gerecht machet und die Sünde tilget vor allen Werken. Denn der Glaube wird nicht um der Werke willen angenommen, sondern die Werke geschehen um’s Glaubens willen; auch wartet der Glaube nicht auf die Werke, daß er dieselbigen gerecht mache, sondern die Werke warten auf den Glauben, daß sei durch ihn gerecht und gut werden; also, daß der Glaube sei activa justitia operum, et opera sint passiva justitia fidei, das ist, der Glaube, als die Wirkung der Gerechtigkeit, Effect und Früchte. Sonst und ohne das wären die Werke die wirkliche Ursache der Gerechtigkeit, als ohne welche der Effect und Früchte der Gerechtigkeit nicht bestünde, noch sein könnten; auch wenn gleich der Glaube da wäre, als eine Ursache, doch wäre er ohne den Effect und Folge der Gerechtigkeit gar nichtig, erdichtet oder verloren.


Ueber Jesaj. 26,5. Aber uns, Herr, wirst Du Friede schaffen, denn alles, was wir ausrichten, das hast Du uns gegeben. Weil die Kirche alles, was sie hat, von Christo hat, und alles, was sie thut, durch die Wirkung Christi thut; und weil die Stärke, die Weisheit, die Gerechtigkeit, so sie hat, Christi ist, deßwegen wird sie in Ewigkeit sicher stehen bleiben. Im Gegentheil, weil der Widersacher ihre Gerechtigkeit, Macht, Werke aus ihren eigenen Kräften berühren, deßwegen werden sie untergehen.


Ueber Jesaj. 42,4. Daß Du sollst öffnen die Augen der Blinden und die Gefangenen aus dem Gefängniß führen, und die da sitzen in Finsterniß, aus dem Kerker. Folglich findet Christus alle diejenigen, zu welchem er kommt, blind, das ist, ohne Erkenntniß Gottes; vom Satan gebunden und gefangen gehalten unter dem Tode, der Sünde und dem Gesetz. Das glauben die Verfechter des freien Willens, die Papisten, nicht; darüber lachen des Luciani Anhänger, die Spötter der Religion. Folglich sind ausser dem Evangelio nichts, als lauter Finsterniß und Gefängniß, daß, wenn wir auch gleich einige Erkenntniß haben, so können wir doch derselben, weil wir gebunden sind, nicht folgen, noch darnach thun.


Ueber Jesaj. 42,8. Ich will meine Ehre keinem andern geben; dieser Christus allein wird deine Gerechtigkeit sein. Die nun also nicht im Glauben an diesem Christo hangen, die sind ungerecht und werden verdammet werden, wenn sie sich auch gleich tödten lassen und, dem Scheine nach, das heiligste Leben führen. Diesem einigen Christo gebe ich meine Ehre, daß er die, so an ihn glauben, gerecht mache. Derohalben wird keine andere Creatur, weder im Himmel, noch auf Erden, noch kein anderes Werk etwas zur Gerechtigkeit helfen. Hier siehest du, daß die Lehre, so die Gerechtigkeit der Werke lehret, gotteslästerlich sei. Und wenn man hoffet, durch die Werke gerecht zu werden, das sei nichts anders als Gott sein wollen und nach der Gottheit trachten. Auf diese Gotteslästerung folget der Fall des Lucifers; derowegen sollen sich fromme Seelen hier wohl vorsehen. Daß er aber die Gerechtigkeit seine Ehre nennet, damit trifft er das Herz der Werkheiligen so genau, als mit einer Nadel, weil hiedurch alle ihre Werke und thun Ehre suchen, gleichwie Paulus spricht: Sie wollen, daß ihr euch beschneiden lasset, auf daß sie sich von eurem Fleische rühmen mögen. Gal. 6,13.


Ueber Jesaj. 49,9. Zu sagen den Gefangenen: Gehet heraus! und zu denen in der Finsterniß: Kommet hervor! Das Evangelium lehret, damit alle wissen, daß sie nicht durch ihr Thun oder Werke, sondern durch die freiwillige Barmherzigkeit Gottes, so ihnen im Worte angeboten wird, sollen erlöset werden. Es ist aber nicht allein ein Befehlswort, sondern vielmehr eine Verheißung, daß die Kirche hierinnen soll eine Dienerin sein, daß die, so in Aberglauben und in ihrer Gerechtigkeit gefangen liegen und unvermögend sind, Gutes zu thun, in Freiheit gesetzet werden. Denn das Gesetz ist ein Gefängniß, in so ferne man es gleichsam für eine Lehrerin der Werke ansiehet, und hält die Gewissen gefangen. Aus diesem Gefängniß werden wir allein durch das Amt des Evangelii erlöset, welches lehret, daß wir nicht durch unsere Werke in die Freiheit gesetzt werden, sondern durch die freiwillige Barmherzigkeit, um Christi willen, der für uns am Kreuze ist dahin gegeben worden. Diese Lehre befreiet die Gewissen von den Sünden, vom Gesetz, von Menschensatzungen und allen Lasten.


Ueber Jesaj. 49,16. Siehe, in die Hände habe ich dich gezeichnet. Die Hände bedeuten die göttliche Macht und göttliche Wirkungen. So spricht er nun: Ich kann deiner nicht vergessen, denn du bist in meine Hände gezeichnet, das ist, ich bin deiner bei allem, was ich thue, eingedenk; ich mag Tyrannen oder Secten wider dich erwecken; in Summa, alles, was ich thue, das thue ich zu deinem Besten; gleichwie Paulus spricht: Denen, die Gott lieben, müssen alle Dinge zum Besten dienen, Röm. 8,28. Also öffnete der Kaiser Augustus durch den Frieden die Welt, damit das Evangelium desto weiter könnte ausgebreitet werden; also hat der König zu Babel die Juden gen Babel geführet, damit das Wort und Gesetz Gottes auch unter die Heiden ausgestreuet würde; also fand Joseph an dem Hofe des Königs Pharao einen Zutritt, damit er die Religion daselbst pflanzete und ihr Wachsthum beförderte. Also spricht er: Alles was ich wirke, es sei Gutes oder Böses, das geschieht um deiner und deines Nutzens willen. Du bist mir allezeit vor meinen Augen, weil du in meine Hände gezeichnet bist. Das sind Worte des Glaubens, die man glauben muß. Denn wenn man die Vernunft zu Rathe zieht, so lässet sich das Widerspiel ansehen.


Ueber Jerem. 23,5-8. Derohalben sollen wir Gottes Wort mit Furcht hören und mit Demuth drinnen handeln, und nicht mit unserm Gutdünkel drein plumpen. Du möchtest lieber in alle Sünde fallen, denn in deinen eigenen Dünkel, so ein gefährliches, schädliches Ding ist es. Denn es ist mit Gottes Wort nicht zu scherzen. Kannst du es nicht verstehen, so zeuch den Hut vor ihm ab. Es leidet keinen Schimpf, noch keine menschliche Deutung, sondern es ist lauter Ernst da und will geehret und verhalten sein. Derohalben hüte dich bei Leibe, daß du nicht mit deinem Dünkel, drein fällest. Denn kommt du mit deinem Dünkel drein, so wirst du dich versteigen, wie unsere Rottengeister, und nicht wissen, ob du hinten oder vorne drinnen bist, und wird dir schwerlich zu rathen sein. Denn wenn einer in seinen Dünkel fällt, dem kann man nicht leichtlich wieder heraushelfen. Also ist den Juden auch widerfahren. Die konnten das nicht vernehmen und können es auch noch heutiges Tages nicht vernehmen: daß Christus soll ein natürlicher, wahrer Gott sein. Denn sie sind verstockt und des Teufels Gefangene, der hält sie wohl verwahret in seiner Gewalt, mit hörenden Ohren hören sie’s nicht und mit sehenden Augen seh’n sie’s nicht, wie Jesaias 6,10. von ihnen geweissagt hat. Also ist es allen Ketzern ergangen; wenn man ihnen die Wahrheit hat so klar und deutlich vorgelegt, daß sie es haben greifen mögen, dennoch haben sie es nicht gesehen, noch verstehen wollen. –


Siehe aber, wie meisterlich David diese zwei zusammen bringet, erstlich, daß Gott gnädig sei, das ist, daß er aus Gnaden, umsonst, uns, die wir es nicht verdienet haben, wohl thue und Gnade erzeige. Darnach, daß er uns auch die Sünde vergeben wolle, laut seiner Verheissung, welche wir durch den Glauben, so der Heilige Geist durch das Wort in uns wirket, empfahen, denn wenn uns Gott nicht aus lauter Gnaden, umsonst, die Sünde vergibt, so hilft keine Genugthuung, so ist auch keine Hülfe noch Rath; da hilft kein Fasten, kein ander Werk, kein Engel, noch irgend einige Creatur. Das thut es aber allein, daß wir zu Gottes Barmherzigkeit Zuflucht haben, daß wir bei Gott die Vergebung und Gnade suchen, daß er nicht unsere Sünde und Missethat ansehe, sondern durch die Finger sehe und mit uns nach seiner Güte und Barmherzigkeit handele. Wenn das Gott nicht thut, so sind wir nicht würdig, daß uns Gott eine einige Stunde leben lassen, ein einig Stück Brods gebe. Hier aber erfahren wir, wie das so eine große Kunst und trefflich schwer ist, diese zwei Stücke zu vereinigen und zusammen bringen, und die Augen allein auf die bloße Gnade und Barmherzigkeit Gottes richten. Denn diese Kunst wächst nicht in uns selbst, sondern wird uns durch den Heiligen Geist vom Himmel herabgegeben. Das Widerspiel finden wir aber wohl, daß solche und dergleichen Dörner in unserm Garten und Herzen wachsen, daß ich also gedenke: Ach ich bin Sünder, Gott aber ist fromm und zürnet mit mir. Diese Dornsträucher kann das Gewissen nicht ausreuten, kann den Sünder nicht vor den gütigen und barmherzigen Gott stellen; denn dieses zu thun, ist eine Gabe des Heiligen Geistes, welche in unserm Willen und Vermögen nicht stehet. Denn wenn der Mensch den Geist Gottes nicht hat, so verstocket er entweder in seinen Sünden, oder fällt in Verzweiflung; dieß beides aber geschiehet wider den Willen Gottes. Darum schiffet David, aus Hülfe des H. Geistes, fein mitten zwischen denen gefährlichen Felsen und erweget sich auf die große unaussprechliche Barmherzigkeit Gottes und spricht: Deine Barmherzigkeit ist groß, Herr, ich aber bin ein elender verdammter Sünder, der ich übel gelebt habe und noch übel lebe und, so lange ich lebe, der Sünden nicht los werde. Derohalben, soll ich vor Dich kommen, so muß ich andere Gedanken vor dich bringen, denn die mir mein Herz eingibt. Darum bekenne ich Dir meine Sünde und verhehle meine Missethat nicht, wie er auch im 32. Psalm V. 5. spricht. Aber ich bekenne also meine Sünde, daß ich auch das bekenne, daß Du barmherzig seist und daß Deine Güte viel größer sei, denn meine Sünde, daß auch Deine Gerechtigkeit, durch welche Du die armen Sünder fromm und gerecht machest, viel größer sei, denn daß ich sollte zweifeln; wie er denn hier saget: Tilge meine Sünde nach Deiner großen Barmherzigkeit. Darum muß man den alten Irrthum und erdichteten Wahn ablegen, daß man, nach der Menschen Weise und Gewohnheit, Sanct Petrum, Sanct Paulum heilig nennet und meinet, daß sie ohne alle Sünde gewesen sind. Denn sie sind Sünder gewesen, wie andere Menschen; Gott aber ist allein heilig, wie denn die christliche Gemeinde singet: Heilig ist unser Gott, der Herr Zebaoth. Wir aber und alle Gläubigen heissen daher heilig, daß sich Christus für uns geheiliget und uns seine Herrlichkeit geschenket hat. Daß also unter uns Menschen kein Unterschied ist, alle zugleich sind wir Sünder und werden allein durch Christum heilig. Der Schächer am Creuz zur Rechten ist eben sowohl in Christo heilig, als St. Petrus und liegt nichts daran, daß St. Petrus und St. Paulus größere Werke, denn der Schächer, ich und du, gethan haben; denn wir sind auf beiden Seiten von Natur Sünder und bedürfen der Gnade und Barmherzigkeit Gottes. Ob nun wohl etliche Heiligen wenigere äusserliche und grobe Sünden begangen, haben sie doch alle, auch die Apostel, oftmals in ihrem Herzen Vermessenheit, Ueberdruß, Gedanken der Verzweifelung, Verleugnung Gottes und dergleichen andere menschlicher Schwachheit Gebrechen gefühlet: also, daß man im Menschen nichts Heiliges, nichts Gutes sehen noch finden kann, wie der drei und fünfzigste Psalm, V. 3.4. sagt: Gott schauet vom Himmel auf der Menschen Kinder, daß er sehe, ob jemand klug sei und nach Gott frage. Aber sie sind alle abgewichen und allesammt untüchtig, da ist keiner der Gutes thue, auch nicht einer. So unter den Menschenkinder niemand fromm ist, noch Guts thut, wo findet man sie denn? Darum wollen wir von unsrer Heiligkeit und unsern Heiligen stille schweigen, und nichts davon rühmen. Wir wissen aber aus diesem Psalm und aus der ganzen Schrift, daß die geheiliget sind, so unbußfertig und verstockte Sünder gewesen, nun aber bußfertige Sünder werden, sich bessern und ihre Sünde bekennen; die sich nicht auf ihre Frömmigkeit verlassen, deren sie keine haben, sondern deren Herzen gereiniget werden durch den Glauben an Christum und durch den H. Geist also erleuchtet, daß sie sich selbst und Gott recht erkennen können, daß alle unsere Natur, Wesen und Leben vor Gott böse und verdammt sei, und uns aus lauter Barmherzigkeit Gottes umsonst vergeben werde. In diesen Schooß der Barmherzigkeit Gottes müssen wir und alle Heiligen uns finden, sonst ist es mit uns verloren. Und eben darum hat Gott seinen Sohn gesandt, daß er diese Barmherzigkeit der Welt verkündigte, und solche Lehre, davon die Vernunft und menschlich Herze nichts wissen, ausbreitete und bekannt machte. Diese Lehre hält uns David hier für, da er seine Sünde bekennet, doch also, daß er auch bekennet, daß Gottes Barmherzigkeit viel größer sei. Darum sollten alle Menschen diesen Vers mit David singen und sich für Sünder erkennen von Herzen, doch, daß sie auch gewiß glauben, daß Gott gerecht, das ist barmherzig sei. Dieses Bekenntniß ist Gott ein sehr angenehm Opfer, zu welchem uns David reizet. Denn er will, daß dieß eine gemeine Lehre der ganzen Welt sein soll, wenn der Teufel, oder unser Gewissen uns um unserer Sünden willen beschuldigen, daß wir nur frisch Ja darzu sagen, und bekennen, wir sein grosse Sünder, so mit vielen grossen Sünden beladen sind; gleichwol sollen wir nicht verzweifeln. Denn wenn schon unsere Sünden viel und groß sind, hören wir doch hier, daß Gottes Barmherzigkeit noch grösser sei. Auf diese Weise haben sich alle Heiligen wider den Satan geschützet, welche, ob sie wol Sünder gewesen sind, sind sie doch durch solche Erkenntniß geheiliget worden, wie Jesaias 53,11. spricht: Mein Knecht, der Gerechte, wird durch seine Erkenntniß viel gerecht machen.


Aus der Erklärung desselben Psalms: Wenn einer an eines Fürsten Hofe den Kopf verwirket hätte, und der Fürst liesse ihn aus Gnaden frei und los, würde man da nicht sagen, daß demselben seine Verwirkung nicht aus seinem eigenen Verdienste, sondern allein umsonst, aus lauter Gnade des gütigen Fürsten erlassen wäre? Denn er hätte ja nichts anders verdienet, denn den Tod. Einem solchen aber ist es nicht genug, daß man ihm die Schuld erlasse, sondern man muß ihn auch aus dem Kerker lassen, mit Kleidung, Geld und anderm, das er bedarf, helfen, damit er sich erhalte. Also gehet es auch hier in dieser Sache zu, wenn wir von Gott fromm und gerecht gemacht werden. Denn wenn wir durch die Gnade Gottes also von unserer Schuld frei worden sind, alsdann bedürfen wir auch der Gaben des Heiligen Geistes, welcher in uns das übrige und die Hefen der Sünden ausfege, oder ja zum wenigsten uns helfe, auf daß wir nicht von der Sünde und bösen Begierden des Fleisches überwunden werden, wie St. Paulus (Röm. 8,13.) spricht: Wo ihr nach dem Fleisch lebet, so werdet ihr sterben müssen; wo ihr aber durch den Geist des Fleisches Geschäfte tödtet, so werdet ihr leben. Nun wiederfähret uns, daß unser viel in Sicherheit dahin leben, gleich als wären wir nichts anders, denn lauter Geist, und wäre nun gar kein Fleisch mehr an uns. Darum muß man lernen, daß noch Fleisch und böse Lüste in uns stecken, und daß des Geistes Amt und Werk sei, daß er wider das Fleisch fechte, und demselbigen Widerstand thue, daß das Fleisch nicht das in uns vollbringe, so es begehret. Darum ist ein Christ an ihm selbst und an seiner Natur und Wesen nicht ganz von Sünden rein, fromm und gerecht, es ist auch solche Gerechtigkeit nicht in und an uns, sondern sie steht ausserhalb unser, in der Gnade und Barmherzigkeit Gottes gegen uns, daß er unsere Sünde tilget, und uns dieselbige erlässet; welche Vergebung der Sünden diese erlangen, so ihre Sünde von Herzen bekennen und fühlen, und auch glauben, daß Gott uns gnädig und barmherzig sein wolle von deßwegen, daß er seinen lieben Sohn Jesum Christum für unsere Sünde gegeben und wir auch an ihn geglaubet haben. Wenn wir nun diese Gerechtigkeit durch den Glauben erlanget haben, alsdenn bedürfen wir des Bades oder Waschens, davon der Psalm hier redet. Das ist und heißet dann ein christlich Leben, wie St. Paulus zu den Col. 3,1.3. aus der massen fein beschreibet, da er also spricht: Seid ihr nun mit Christo auferstanden, so suchet was droben ist. Denn ihr seid gestorben, und euer Leben ist verborgen mit Christo in Gott, und 2. Cor. 7,1.: Dieweil wir nun solche Verheißung haben, meine Liebsten, so lasset uns von aller Befleckung des Fleisches und des Geistes reinigen, und fortfahren mit der Heiligung in der Furcht Gottes. Das sind die zwei Stücke der Christlichen Gerechtigkeit. Das erste Stück ist die Gnade, so uns durch den Herrn Christum verkündiget ist, daß wir durch Christum einen gnädigen Gott haben, und uns die Sünde nicht mehr beschuldigen noch anklagen kann, sondern, daß nun das Gewissen durch Zuversicht göttlicher Barmherzigkeit frei, sicher und zufrieden sein kann. Das andere ist, daß uns der Heilige Geist mit seinen Gaben gegeben und geschenket wird, welcher uns erleuchtet wider alle Befleckung des Geistes und des Fleisches, daß wir durch ihn vor allem teuflischen Irrthum behütet werden, durch welchen der Satan die Welt verführet; daß also durch den Heiligen Geist die rechte Erkenntniß Gottes von Tag zu Tag in uns wachse und zunehme.


Ueber Luc. 1.55. Wie er geredet hat zu unsern Vätern Abraham und seinem Samen in Ewigkeit. Da liegt darnieder aller Verdienst, Vermessenheit, und ist erhaben die lauter Gnade und Barmherzigkeit Gottes. Denn Gott hat nicht Israel angenommen um ihres Verdienstes willen, sondern um seines eigenen Versprechens willen; aus lauter Gnade hat er sich versprochen, aus lauter Gnade hat er es auch erfüllet. Darum spricht St. Paulus, Gal. 3,17.18.: Daß Gott vierhundert Jahr zuvor sich zum Abraham versprach, ehe er das Gesetz Mosis gab, auf daß je niemand rühmen oder sagen möchte, er hätte durchs Gesetz, oder Gesetzes Werk verdienet und erlanget solche Gnad und Zusagung. Dieselbe Zusagung preiset und erhebet hier die Mutter Gottes auch über alles, und gibt solches Werk der Vermenschung Gottes lauter dem göttlichen, gnädigen, unverdienten Zusagen, die er Abraham hat gethan.

Daß sie aber spricht: Seinen Samen in Ewigkeit. Die Ewigkeit soll verstanden werden, daß solche Gnade währet in Abrahams Geblüte, (welches da sind die Juden,) von der Zeit an, durch alle Zeit, bis an den jüngsten Tag. Denn obwohl der große Haufe verstockt ist, sind dennoch allezeit, wie wenig ihr sei, die zu Christo sich bekehren und an ihn glauben. Denn diese Zusagung Gottes leugnet nicht, daß Abraham sei die Zusagung geschehen und seinem Samen, Gal. 3,16., nicht auf ein Jahr, nicht auf tausend Jahr, sondern in secula, das ist, von einer Menschenzeit in die andere ohne Aufhören.


Ueber Joh. 1, V.5. Und das Licht scheinet in der Finsterniß. Johannes redet schlecht und einfältig, wie ein Kind, und lauten seine Worte (wie die Weltwesen sie ansehen,) recht kindisch. Es ist aber eine solche Majestät drunter verborgen, die kein Mensch, so hoch er auch erleuchtet ist, erforschen noch ausreden kann. Daß er nun spricht: In ihm war das Leben und das Leben war das Licht der Menschen, das sind eitel Donnerschläge wider das Licht der Vernunft, freien Willen, menschliche Kräfte. Als wollte er sagen: Alle Menschen, so ausser Christo sind, mangeln des Lebens vor Gott, sind todt und verdammet. Denn wie sollten sie das Leben haben, weil sie nicht allein in Finsterniß wandeln, sondern die Finsterniß selbst sind? Möchte aber nun jemand sagen: Wie gehets denn, daß dieses Licht so lange Zeit in der Gläubigen Herzen, auch vor und nach der Sündfluth, und durch der Erzväter und Propheten Lehre geleuchtet hat, und zuletzt durch des Herrn Christi selbst und der Apostel mündlich Wort geglänzet und geschienen hat, und doch nicht ist angenommen, denn nur von gar wenigen? Ja, der große Haufe hat die, so vom Licht gezeuget haben, verfolgt, wie an Johanne dem Täufer, Christo, den Aposteln, und zuvor an den Propheten zu sehen ist. Es hat das Licht keinen Fortgang in der Welt, ob wol die Welt sein hoch bedarf. Denn sie ist in eitel Finsterniß, weiß von Gott nicht, kennet und fürchtet Gott nicht; noch nimmt sie das Licht an, ob es ihr schon scheinet.


Ueber Joh. 1, V. 12. So viele ihn aber aufnahmen u.s.w. Wie? Hat er allen Menschen diese Gewalt und Freiheit gegeben, so sie doch alle Kinder des Zorns sind? Nein, sagt der Evangelist, sondern allen denen, so viel ihr sind, keinen ausgeschlossen, die an seinen Namen glauben, das ist, wie gesaget, die sein Wort mit Glauben annehmen, und vest dabei halten ihn anrufen. Hier hörest du kurz und gut, daß durch keinen andern Weg, Mittel und Weise wir zu dieser hohen Ehre, herrlichen Freiheit und Gewalt kommen, daß wir Gottes Kinder werden, denn allein durch das Erkenntniß und Glauben an Christum.

Darum muß der Heilige Geist hier Meister sein dieses Erkenntniß und Glaubens, und in das Herz schreiben, und unserm Geist Zeugniß geben, daß es gewiß und Amen ist, daß wir durch den Glauben an Christum Gottes Kinder worden sind und ewiglich bleiben. Denn St. Johannes hat sein Evangelium nicht aus menschlichem Willen herfürgebracht, sondern er ist von dem Heiligen Geiste getrieben, der ein Geist der Wahrheit ist, darum wird er uns gewißlich nicht betrügen. Sonst ist es gar ein groß Ding, daß ein armer Mensch soll Gottes Sohn und ein Erbe Christi sein.


Ueber Joh. 1,13. Welche nicht von dem Geblüte, noch von dem Willen des Fleisches, noch von dem Willen eines Mannes, sondern von Gott geboren sind. Das ist nun wie eine Confutatio, damit der Evangelist antwortet allen denen, in welchen etwas ist, das sie rühmen können; es sei so gut, und so köstlich, und so viel es immermehr wolle, so hilft es doch nicht, Gottes Kind zu werden. Dargegen zeiget er mit diesen Worten klar und deutlich an, welche wahrhaftige Gottes Kinder und Erben sind, die da Gewalt haben, Gott zu nennen ihren Vater. Hier mußt du aus den Augen thun alles, was hoch, groß und herrlich ist vor der Welt, auch aller Creaturen vergessen. Denn ob solches alles wol seinen Ursprung und Ankunft von Gott hat: so kann’s doch darzu nicht dienen, daß man Gottes Kind dadurch werde. Denn alles, was von uns ist, gehöret zur Höllen und ist verurtheilet und verdammet zum Tode. Es gilt hier nichts mehr, denn aus Gott geboren sein durch den Glauben an den Sohn Gottes, der Mensch ist worden. Sondern von Gott geboren sind. Dieß ist gar eine neue Geburt, so die vorigen dreie, mit alle ihrem Lob, Ehr und Würde, wenn sie sollen zur ewigen Seligkeit dienen, tödtet und verdammet. Denn bisher hat der Evangelist gesagt: Wir sind durch Gottes Geschöpf und Segen wol von dem Geblüt unserer Eltern geboren; item, etliche Kinder, die arm, elend und verlassen sind, werden von frommen Leuten zu Kindern und Erben angenommen und aufgezogen, und unsere Studenten hier sind Schüler und Jünger unter ihren Präceptoren, die sie als ihre Väter ehren, (einer mehr denn der andere) wie Gott befohlen und geordnet hat. Es werden aber durch der Werke keins, weder die Väter des Geblüts, des Rechts und der Ehre, noch wie, ihre Kinder, vor Gott gerecht und selig. Aber zu der hohen Ehre und Herrlichkeit, daß wir Gottes Kinder werden, kommen wir allein durch die Geburt von oder aus Gott: also, daß wir glauben an den Namen des Menschen, der Jesus Christus heißt, wahrer, natürlicher Sohn Marien, in der Zeit von ihr geboren, von Ewigkeit aber vom Vater gezeuget, davon droben genugsam gesaget ist. Dieser Jesus Christus, unser Herr, allein bringet diese Geburt, giebet die Freiheit, Recht und Macht denen, die an ihn glauben, daß sie Gottes Kinder sind, der gibt allein die Sohnschaft. Darum, so sind Gottes Kinder allein diejenigen, so aus Gott geboren sind, das ist, die an Jesum Christum, Gottes und Marien Sohn, glauben. Und dieselbigen gläubigen sind nicht aus dem Geblüte, noch Willen des Fleisches, noch Willen des Mannes, sondern aus Gott geboren. Also schneidet aber der Evangelist alle Herrlichkeit, Gewalt und Macht der Welt, und will sagen: Es fördert nicht zur Seligkeit, daß einer Kaiser, König, Fürst, fromm, weise, gelehrt oder reich ist; denn alle Menschen, hohes und niedriges Standes, sind Fleisch; alles Fleisch aber ist Heu und wie eine Blume auf dem Felde; das Heu verdorret, die Blume verwelket; das Wort Gottes aber bleibet ewiglich, Esa. 40,7.8. Wer sich nun an das Wort hält und Johannis Zeugniß annimmt, (das Esaias auch gewaltig treibet in demselbigen 40. Capitel von Christo) und an seinen Namen glaubet, der kommet zu dieser unaussprechlichen Herrlichkeit, es sei Kaiser, König, Bürger, Bauer, Knecht, Hirte, Bettler, daß er Gottes Kind ist: daß also alle, niemand ausgeschlossen, er sei Mann oder Weib, die Christi Wort hören, an ihn glauben, die Gewalt und das Recht haben, daß sie mit Wahrheit sagen können: Ich bin durch Christum Gottes Kind und ein Erbe aller seiner himmlischen Güter, und Gott ist mein Vater.

Darum sollten wir diese heilige Predigt von Herzen gern hören und auf den Knieen (wenn wirs hier nicht hätten) über hundert Meilen holen und unserm Herzen wohl einbilden, daß wir der Sachen gewiß würden. Denn wer das stark und vest glaubte, daß er Gottes Kind wäre, der wäre ein seliger Mensch, sicher und unerschrocken vor allem Unglück, Teufel, Sünde und Tod.

Das ist nun die Predigt des Evangelii, die viel anders lautet, denn sie in aller Philosophen, Weltweisen, des Papstes und seiner Scribenten Bücher gefunden wird, welche, da sie am besten sind in dem Stücke, davon wir hier handeln, nicht ein Haarbreit rathen können, die doch leider viel mehr Schüler haben, denn das liebe Evangelium, welches allein den Christen gehört, wie der Herr saget: pauperes evangelisatur, Matth. 11,5. Gott helfe uns, daß wir solche Predigt des Evangelii annehmen, und unter dem Häuflein gefunden werden, davon der Evangelist saget: Wie viel ihn annahmen, denen hat er Macht gegeben, Kinder Gottes zu werden.


Ueber Joh. 1,14. Daher nennet ers hier also, Gnade und Wahrheit wird durch Christum hier ausgericht; daß ich zu Gnaden kommen bin, das habe ich alles von Christo durch seine Gnade und wahrhaftig durch seine Wahrheit. Das kann das Gesetz nicht thun, noch geben; es weisets nur allein. Wenn wir das Gesetz hätten halten, und solches nur aus unsern Kräften erlangen können: so wäre der Gnade nicht vonnöthen gewesen, daß wir Gnade um Gnade empfingen, und hätte Johannes sagen müssen: Das Gesetz gibt Gott, und die Wahrheit kommt aus unsern Kräften, daß wirs gethan hätten. Aber also heissets nicht, sondern, Moses hat das Gesetz gegeben, und ich habe es nicht gethan, habe es gelassen.


Ueber Joh. 1,18. Das andere Erkenntniß Gottes geschiehet aus dem Evangelio. Als, wie alle Welt von Natur ein Gräuel ist vor Gott, und ewiglich verdammet unter Gottes Zorn und des Teufels Gewalt, daraus sie nicht hat können errettet werden, denn also, daß Gottes Sohn, der dem Vater in seinen Armen liegt, Mensch ist worden, gestorben, und wiederum von den Todten auferstanden, Sünde, Tod und Teufel getilget hat.

Das ist die rechte und gründliche Erkenntniß, Weise und Gedanken von Gott, welches genennet wird das Erkenntniß der Gnaden und Wahrheit, die Evangelische Erkenntniß Gottes. Aber sie wächst in unserm Garten nicht, die Vernunft weiß nicht einen Tropfen davon. Zur linken Hand kann sie Gott kennen nach dem Gesetz der Natur und nach Mose; denn das Gesetz ist uns ins Herz geschrieben. Aber daß sie sonst sollte erkennen den Abgrund göttlicher Weisheit und Willens, und die Tiefen seiner Gnaden und Barmherzigkeit, wie es im ewigen Leben zugehen werde, da weiß Vernunft nicht einen Tropfen von, und ist ihr gar verborgen, sie redet davon als der Blinde von der Farbe. Hievon sagt Johannes recht: Es hat Gott niemand gesehen, allein sein eingeborner Sohn, der ihm auf seinen Armen liegt, der hat es der Welt verkündiget.

Und das ist die rechte Weise, Gott zu erkennen, daß man sich zur rechten Hand halte, und wisse, was Gott gedenkt und im Willen ist; da weiß sonst kein Mensch von. Es stehet aber so mit dem menschlichen Geschlechte, daß wir müssen Gnade haben durch den Sohn. Aber die Vernunft bleibet bei der ersten Erkenntniß Gottes, so aus dem Gesetz hervorkommt, und redet gar dunkel davon.


Ueber Joh.. 6,35. Was mir der Vater gibt, will ich nicht ausstossen. Wir müssen der Sprache gewohnen. Droben hat er gesagt: Wer zu mir kommt, den wird nicht hungern. Was ist aber, zu Christo kommen? Es ist, an Christum glauben. Nun spricht er: Was mir der Vater gibt, das kommt zu mir.

Von diesem Text wäre viel zu sagen, wer es könnte thun, und lautet gleich, als sagte der Herr, erstlich: Ihr seid diejenigen, die mich sehen und hören, und dennoch mir nicht glauben, derohalben seid ihr nicht der Haufe, den mir der Vater gibt. Zeiget damit an, daß sie nicht allein vor ihm absolviret und fremde sein, sondern auch vor seinem Vater, verstösset und verwirft sie gar vom Evangelio. Und daß sie es nicht in den Wind schlagen möchte, als wäre es ein gering Ding, wenn sie nicht an ihn glaubten, oder ihn höreten, so saget er allhier: Es gilt so viel, daß, wer mich nicht höret, der höret auch nicht den Vater.

Zum andern, so ist de Text für diejenigen sehr tröstlich, so fromm und gläubig sind, wie er denn auch erschrecklich ist den Gottlosen, da er erstlich den Juden saget: Es soll gleichwol um euretwillen diese Predigt nicht untüchtig und ohne Frucht bleiben; so ihr nicht wollet, so wird ein andrer wollen; glaubet ihr nicht, so glaubet ein andrer. Ihr Weisen und Klugen kommt nicht zu mir, denn ihr wisset einen bessern Weg, denn ich euch zeigen könne; aber es ist noch ein Häuflein da, als arme, betrübte und erschrockene Gewissen, welches Häuflein, so zu mir kommt und mein Wort annimmt, das an mich glaubet, das da isset mein Fleisch und trinket mein Blut, wird leben ewiglich; und die heissen diejenigen, so mir der Vater gibt. Es heißt: zu mir kommen; mit menschlicher Vernunft wird mein Wort nicht begriffen; wie wir das in der Heyden und philosophischen Büchern und Lehren sehen, daß sie Gott nach der Vernunft ausgerechnet haben, und von Gott gleich als von Menschen geredet; wie das Cicero und Homerus gethan haben, mahlen Gott ab, wie einen Menschen. also redet ein Rottengeist auch von Gott, wie er es gerne hätte, wie es der Vernunft wohl gefällt, dem muß Gottes Wort auch also lauten; aber Gott gedenkt nicht, wie wir Menschen gedenken, oder wie es unserer Vernunft wohl gefällt. Und wird allhier von Christo nicht gesaget: Alles, was mir die Vernunft und die klugen, weisen Leute der Welt zuführen, das kommt zu mir. O nein, sondern es bleibt aussen. Die Vernunft thut es nicht; Reichthum und menschliche Weisheit, und alles was nicht Gott ist, das hindert, und ist keine Förderung zu der Kunst, zu diesem Brod und geistlichen Mahlzeit, da wir die Speise und das Brod des Lebens essen. Gott muß es allein thun. Was die Leute thun, wie leicht es scheinet, ist alles eine grosse Hinderung. Und kommt ein hochgelehrter, erfahrener, kluger Mensch dazu: so fället er mit seiner Vernunft flugs drein, will es meistern, ärgert und stösset sich denn am Evangelio. Denn es sind nicht solche Leute, die da Gott lehren kann; aber Christus will Schüler haben, die da einfältig sind, so sich demüthigen, und dem Worte Gottes anhangen und zufallen, und sich lehren lassen. Wenn sie es hören, so urtheilen und meistern sie die Lehre nicht, sondern lassen sich vom göttlichen Wort reformiren, meistern und lehren, und fallen dazu.

Davon könnte man nun viel sagen; denn es ist eine tröstliche Rede denen, die da fühlen und wissen, daß sie zu Christo kommen sollen, daß sie sagen und schliessen können: Nun weiß ich, daß ich dem Herrn Christo vom Vater gegeben sei. Wer das nun glauben kann, daß er sei ein Stück, das zu Christo soll kommen, der hat Trost davon; denn er fühlet, daß sein Wort ihm von Herzen gefällt, und will darüber auch lassen alles, was er hat, und kann sprechen: Ich bin der geschenkten einer, die zu Christo kommen sollen.

Dieses Kommen aber ist nicht leiblich, daß einer in den Himmel und über die Wolken klettern wollte. Es geschiehet auch das Kommen nicht mit Händen und Füssen, sondern das Herz kommt zu Gott durch den Glauben. Wenn du sein Wort hörest, und es dir gefällt, daß du dich daran hängest. da gehet das Herz zu ihm, da issest du denn diese speise, da ist denn der Glaube eine Gabe und Gnade Gottes; es ist nicht eine menschliche Kraft, noch unser werk. Daher sagt St. Paulus, 2 Thess. 3,2.: Non omnium est fides. Und zu den Ephesern Cap. 2,8.9.: Die donum est, non ex operibus etc. ne quis glorietur. Also will er allhier auch sagen, was der Vater nicht zeucht, das kommt nicht zu mir, niemand kann mich hören, der Vater gibt es ihm denn; denen hochmüthigen, klugen, hochgelehrten, weisen Leuten und scharfen Köpfen, die viel reden, und wissen zu richten und meistern, denen wird es gesagt. Nimm es nicht in Sinn, so kraus sollst du nicht sein, daß du mit deiner Vernunft herzu kommen solltest, du wirst Christum nicht meistern, deine Hoffarth und Hochmuth wird allhier verworfen.

Also gedachten auch die Juden: Da stehet und prediget Christus, wir könnten es noch wohl besser, denn er; meinten, sie wollten ohne seine Predigt wohl kommen zu der Speise und Brod des Lebens. Aber Christus will also sagen: Ich will den Riegel vor die Thür stecken, daß ihr nicht dahin kommen sollt; nicht daß ich euch nicht gerne haben wollte, sondern daß ihr auf einem andern Wege umher gehen müsset, wollet ihr zu Christo kommen und diesen Trank und Speise erlangen; denn eure Vernunft und Weisheit thuts nicht. Sollt ihr aber zu mir kommen, so muß euch der Vater mir geben. Und ihr werdet mir nichts geben, oder euren Kräften darinn der Vater mir euch sollte geben.

Ihr sollt mit eurem grossen Verstande und Klugheit nicht zu mir kommen; denn da bringet ihr euch selber, und dürftet des Vaters ganz und gar nichts. Es ist dieselbige Weisheit in der Welt der leidige Teufel, und gehöret in Abgrund der Hölle, daß ich Gott gerne lehren wollte, wie er die Welt regieren sollte. Denn, bringest du dich selber, so darf dich der Vater nicht bringen. Aber es sind verdrüßliche Leute, die auf ihren Kopf bleiben und Gott meistern wollen. Wenn sie nur eine Predigt gehöret haben und nur das Neue Testament einmal angesehen: so meynen sie, sie können es alsbald alles und wollen sich selbst herzuführen, sie dürfen keines Predigers. Aber wenn die letzten Züge und Streckbein kommen, so wirst du es wohl lernen, was das Wort sey: Alles, was mir der Vater gibt, und mir denn grossen Dank wissen, und eigentlich sehen, ob dein Schnorrkopf oder Kunst dich hinzugetragen habe, und ob du von dir kommst zu mir, oder nicht.

In Summa, er will sagen: die Juden fragen nichts darnach, achten mich auch nichts; und ich frage wieder nichts nach ihnen. Ich wollte euch die Speise und den Trank gerne geben, so wollt ihr nicht; so lasset es, ich will euer auch nicht. Ihr seyd nicht hungrig oder durstig, arm und unheilig: darum, so bleibet reich, gelehrt, heilig, sicher, weise und klug, die alles meistern wollen; ihr werdet es wohl finden im Auskehricht. Mein Häuflein, das mir der Vater gibt, die ihnen selbst nicht wissen zu helfen, und lassen sich lehren und tragen, hören das Wort, lernens und können der Speise nicht satt werden, noch ihren Durst löschen, und es ihnen ein Ernst ist: dieselben bleiben hungrig und durstig, wissen nichts von ihrer Gerechtigkeit, und leiden, daß der Heilige Geist in ihnen wirke, und sie durch seine Kraft zurichte, daß sie zu mir gezogen werden, und der Vater gibt ihnen auch den H. Geist, daß das Wort kräftig in ihnen sey; denn sei stehen nicht auf ihrer Heiligkeit, und bauen nicht auf ihre Weisheit.


Aus einer Predigt über Gal. 4. Dieweil ihr denn Kinder seyd, hat Gott gesandt den Geist seines Sohnes in eure Herzen, der rufet: Abba, lieber Vater! Da sehen wir, daß der Heilige Geist nicht durch Werke, sondern durch den Glauben gegeben wird; denn er saget hier, der Geist sey ihnen darum gegeben, daß sie Kinder sind, und nicht Knechte. Kinder glauben, Knechte wirken; Kinder sind Gesetzes frei, Knechte sind unter dem Gesetze; allein, daß man der Paulischen Sprache und Worte gewohne, was Kind und Knecht, was frei und gezwungen sey; gezwungene Werke sind der Knechte, freie Werke der Kinder. Warum saget er aber, der Heilige Geist sey ihnen gegeben, weil sie Kinder sind, so doch der Heilige Geist aus Knechten Kinder machet, und zuvor da seyn muß, ehe sie Kinder werden? Antwort: Er redet nach der Weise, wie er droben (V. 3.) saget: Wir waren unter den Elementen, ehe die Zeit erfüllet ward. Denn sie sind zukünftige Kinder gewesen vor Gott; darum ist ihnen der H. Geist gesandt, der sie zu Kindern machet, wie sie zuvor verordnet waren. Und er nennet den Geist, einen Geist Gottes Sohns. Warum nicht seinen Geist? Darum, daß er auf der Bahn bleibe. Er heisset sie Kinder Gottes, darum sende ihnen Gott eben den Geist, den Christus hat, der auch Kind, daß sie zugleich mit ihm rufen: Abba, lieber Vater! Als sollte er sagen: Gott sendet euch seinen Geist, der in seinem Sohne wohnet, daß ihr seine Brüder und Miterben sein sollt, gleichwie er thut ruffen: lieber Vater. Damit abermal die unaussprechliche Güte und Gnade Gottes gepreiset wird, daß wir durch den Glauben mit Christo in unbetheilten Gütern sitzen, und alles haben, was er hat und ist, auch seinen Geist.


So sehen wir hier abermal, daß niemand durch Werke vor Gott etwas mag erlangen von der Seligkeit; sondern es muß zuvor, vor den Werken, alles erlanget und besessen sein, daß die Werke darnach frei und umsonst, Gott zu Ehren und dem Nächsten zu gute geschehen, ohne Furcht der Strafe und Gesuch des Lohns. Das geben diese Worte, da er saget: Sind es Kinder, so sind es auch Erben Gottes. Nun ist genugsam gesaget, daß allein der Glaube Kinder mache, zuvor und ohne alle Werke. Machet er aber Kinder, so macht er auch Erben; denn ein Kind ist Erbe. So denn das Erbe schon da ist, wie mag es denn mit Werken allererst erworben werden? Es leidet sich nicht mit einander, daß das Erbe sollte zuvor da sein, aus lauter Gnaden gegeben, und dennoch durch Werke und Verdienst, als wäre es nicht da, oder nicht gegeben, noch ersuchen und allererst gewinnen. So ist je das Erbe hier nichts anders, denn die ewige Seligkeit.


Aus einer Predigt am 3. Sonntag nach Epiph. Also ein jeglicher Christ kann sich nicht rühmen, daß er mit Werken dazu kommen sey, daß er ein Glied in Christo sey, mit den andern Christen im gemeinen Glauben, und kann auch keine Werke thun, damit er ein Christ werde; sondern daher, daß er schon zuvor ein Christ worden ist durch die neue Geburt im Glauben, ohne allen Verdienst, daher thut er gute Werke. Also, daß es vest stehet, gute Werke machen nicht Christen, sondern Christen machen gute Werke, wie die Frucht nicht macht den Baum, sondern der Baum macht die Frucht, und das Gesicht macht nicht die Augen, sondern die Augen machen das Gesicht. Und endlich muß allenthalben das Wesen eher sein, denn das Wirken: daß kein Werk das Wesen gebe, sondern das Wesen gebe das Werk. Machen nun die guten Werke nicht Christen, so erwerben sie auch nicht Gottes Gnade, vertilgen auch keine Sünde, verdienen auch den Himmel nicht; denn solches kann niemand haben, denn ein Christ, und derselbe hat es auch durch keine Werke, sondern dadurch, daß er ein Glied Christi ist; das geschieht durch den Glauben an Gottes Wort.


Aus der Auslegung von Joh. 14. Welchen die Welt nicht kann empfahen; denn sie siehet ihn nicht und kennet ihn nicht. Das gehöret auch zur Tröstung der Christenheit. Denn wenn sie sich umsehen in die weite Welt, weil ihr unzählig viel sind, die unsere Lehre verachten, lästern und verfolgen, und nicht schlechte, geringe Leute, sondern allermeist die Hochverständigsten, Gelehrtesten, Gewaltigsten, und auch, die da wollen die Frömmsten und Heiligsten sein, das stösset ein schwachgläubig Herz vor den Kopf, daß es anfährt zu denken: Sollten so grosse Leute allzumal irren, und alles falsch und verdammt sein, was sie thun und sagen, setzen und schliessen? Dawider stellet er hiemit das Urtheil dürr und klar, daß wir deß sollen gewiß sein, daß es nicht anders gehet noch gehen kann, und schleußt, daß sie es nicht können verstehen, noch zu warten oder zu hoffen sei, daß der grosse Haufe, welche sind die Größten, Edelste, Besten, und der rechte Kern der Welt, sollten die Wahrheiten haben.

Also siehet Christus in dieser Predigt immer beiseits auf die, so sein kleines Häuflein wollen erschrecken, blöde und verzagt machen, daß sie sollen zweifeln und denken: solltest du allein weise, klug und heilig sein, und so viel trefflicher Leute alle nichts sein noch wissen? Was soll ich allein oder mit so wenigen machen und Verfolgung leiden, und mich lassen von so viel hohen, trefflichen Leuten verdammen und dem Teufel geben? Wohlan, dazu (spricht er) mußt du gerüst sein, und dich solches nicht lassen anfechten, sondern gewiß sein, daß du habest den Geist der Wahrheit, welches die anderen, so dich verfolgen, nicht werth sein, ja ihn nicht können sehen noch kennen, wenn sie noch viel gelehrtere, weisere und höhere Leute wären, und daß dein Thun und Wesen soll gelten und recht sein und bleiben vor Gott, und ihres dagegen verdammt sein.


Ueber Joh. 15,8. Ihr seid nun rein um des Worts willen, so ich zu euch geredet habe. Er lehret mit diesem Spruche das rechte Hauptstück der Christlichen Lehre, wie und wodurch die Person vor Gott rein und gerecht werde und bleibe, also daß dieselbige Reinigkeit, so vor Gott gelten soll wider die Sünde, gar nicht soll gegeben und zugemessen werden unserm Thun oder Leiden, ob es gleich von denen, so Christen sind, geschieht, und nun rechte, gute, reine Früchte heissen. Denn er redet allhier eben mit seinen lieben Aposteln, so nun gläubig oder Christen waren, und spricht: Rein sey ihr, und doch nicht deßhalben, daß ihr gute Früchte traget, sondern um meines Worts willen.

Siehe, also zeiget er fein, daß die Reinigkeit der Christen nicht kommt aus den Früchten, so sie bringen; sondern wiederum ihre Früchte und Werke kommen aus der Reinigkeit, so sie zuvor haben aus dem Wort, dadurch das Herz gereinigt wird, wie St. Petrus, Apostelgesch. 15,9., sagt. Aus derselbigen folgen denn die Früchte, sind aber nicht selbst die Reinigkeit, ohne daß sie um des Glaubens willen auch rein und gut gerechnet werden und Gott wohlgefallen.


Ueber Joh. 15,5. Ohne mich könnt ihr nichts thun. Also ist hier beschlossen ein greulich Urtheil über alles Leben und thun, es sei, wie groß, herrlich und schön es wolle, so ausser Christo ist, daß es nichts thun könnte und nichts heißen soll. Groß und viel ist es wol vor der Welt, denn es heissen treffliche, köstliche Werke; aber hier, vor Gott, in dem Reiche Christi, ist es wahrhaftig nichts, weil es nicht aus ihm gewachsen ist, noch in ihm bleibt. Denn es ist nicht sein Wort, Taufe und Sacrament, sondern unser selbst gemacht Ding, das wir ausser dem Wort erwählet und erzwungen haben. Darum kann es nicht Früchte bringen, noch vor Gott bestehen bleiben, sondern muß, als ein fauler, verdorreter Baum ohne Saft und Kraft, ausgerottet und (wie er hernach sagt) ins Feuer geworfen werden. Darum, laß andere schnitzen und machen ohne ihn, was sie können, bis daß sie aus ihren Werken eine neue Geburt und aus der Frucht den Baum machen; sie sollen aber (ob Gott will) diesen Spruch wahr machen, und aus allem ein lauter Nichts werden.


Ueber Joh. 15,16. Ihr habt mich nicht erwählet. Siehe, das ist nun die große Herrlichkeit, so die Christen durch Christum haben. Erstlich, daß er sie durch sein Wort berufen und erwählet hat, daß sie sollen seine liebe Reben sein, und alles haben, was er erworben hat, Sieg und Herrschaft wider Sünde, Tod und des Teufels Gewalt. Zum andern, daß wir auch sollen seine Diener sein, und sein Reich helfen ausbreiten, viel Gutes schaffen und thun, welches er heisset: viel Früchte bringen, und solche Früchte, die da ewig sollen bleiben und vor Gott bestehen, ob sie wol vom Teufel angefochten und von der Welt gelästert und verfolget werden. Zum dritten, setzet er nun noch eines dazu,, und spricht: Auf daß, so ihr den Vater bittet in meinem Namen, daß er’s euch gebe. Das ist auch ein Stück, ja die Kraft und folge seiner Erwählung. Denn die Gnade haben wir in Christo, daß nicht allein wir durch ihn Gottes Freunde werden, und ihn zum Vater überkommen, sondern auch darzu erwählet sind, daß wir mögen von ihm bitten, was wir bedürfen, und gewiß sein sollen, daß es soll uns gegeben werden.


Ueber Joh. 16. Um die Gerechtigkeit, daß ich zum Vater gehe. Das ist ja eine wunderliche Gerechtigkeit, daß wir sollen gerecht heissen, oder Gerechtigkeit haben, welche doch kein Werk, kein Gedanken, und kurz, gar nicht in uns, sondern gar ausser uns in Christo ist, und doch wahrhaftig unser wird durch seine Gnade und Geschenk, und sogar unser eigen, als wäre sie durch uns selbst erlanget und erworben. Diese Sprache könnte freilich keine Vernunft verstehen, daß das soll Gerechtigkeit heissen, da ich nichts thue, noch leide, ja nichts gedenke, noch fühle, oder empfinde, und gar nichts in mir ist, um deßwillen ich Gott gefällig und selig werde, sondern, ausser mir und aller Menschen Gedanken, Werken und Vermögen, mich halte an den Christum, droben zur Rechten Gottes sitzend, den ich doch nicht sehe.

Aber der Glaube soll solches fassen, und sich darauf gründen und deß trösten in Anfechtung, da der Teufel und sein eigen Gewissen mit ihm also disputirt: Hörest du, was bist du für ein Christ? Wo ist deine Gerechtigkeit? Siehest und fühlest du nicht, daß du ein Sünder bist? Wie willst du denn vor Gott bestehen? – daß er hier wider sich auf diesen Spruch gründe und sage: Ich weiß sehr wohl, daß ich leider Sünde habe, und bei mir keine Gerechtigkeit (die vor Gott sollte gelten); ich soll und will sie auch bei mir nicht suchen noch wissen; denn damit würde ich nimmer vor Gott können kommen. Aber hier höre ich, daß Christus saget, daß meine Gerechtigkeit sei die, daß er einen Gang zum Vater gethan und gen Himmel gefahren. Daselbst ist sie hingesetzt, da sie mir der Teufel wohl muß bleiben lassen; denn er wird Christum nicht zu einem Sünder machen, noch seine Gerechtigkeit strafen oder tadeln. Bin ich ein Sünder, und mein Leben vor Gott nicht bestehet, und keine Gerechtigkeit in mir finde: so habe ich aber einen andern Schatz, welcher ist meine Gerechtigkeit, darauf ich rühme und trotze. Das ist dieser Gang Christi zum Vater, welchen er mir gegeben und geschenket hat. Was mangelt demselben, oder was kannst du daran tadeln? – Ja, siehest du doch und fühlest nichts davon! Antwort: Ja, eben also deutet und beschreibet er selbst die Gerechtigkeit, daß ich sie nicht fühlen, sondern mit dem Glauben fassen soll an dieß Wort Christi, da er spricht: daß ihr mich nicht sehet. Was dürfte ich sonst des Glaubens, wo ich solches gegenwärtig sehen, oder in mir selbst empfinden und fühlen könnte?

Darum lerne diesen Spruch wohl, daß du daraus könntest einen dürren Unterschied machen zwischen der Gerechtigkeit, die da heisset Christi, und aller andern, so man mag Gerechtigkeit nennen. Denn hier hörest du, daß die Gerechtigkeit, da Christus von sagt, nicht ist unser Werk noch Thun, sondern sein Gang oder Himmelfahrt. Nun ist es ja klar und greiflich, daß die zwei weit und ferne von einander sind. Unser Werk ist ja nicht Christus: so ist sein Gang nicht unser Thun noch Werk. Denn, was habe ich oder einig Mensch darzu gethan, daß er zum Vater gehet, das ist, daß er leidet und stirbt, und wieder auferstehet und sitzet zur Rechten Gottes?


Ueber Joh. 17,6. Sie waren Dein, und Du hast sie mir gegeben. Sie waren Dein, spricht er, das ist, wie gesagt, wer das Wort höret, Herz und Ohren aufthut, und die Offenbarung hinein schallen und klingen läßt, der gehöret nimmer in die Welt, sondern mich an. Weil nun das gewiß ist, daß sie mein sind, und ich ihr Herr, Meister und Heiland bin: so ists auch gewiß und kein Zweifel, daß sie Dein sind, ja nicht allein jetzt Dein sind, sondern vorhin von Anfang Dein gewesen und durch Dich zu mir kommen. Also ist mit einem Wort hinweggenommen aller Zorn und was man schreckliches denken mag im Himmel und auf Erden, und ein weiter Himmel voll Gnaden und Segen über dich aufgethan. Hangest du an dem Herr Christo, so bist du gewißlich unter dem Haufen, die Gott von Anfang dazu erwählet hat, daß sie sein eigen sein sollten; sonst würden sie nicht herzukommen, noch solche Offenbarung hören und annehmen.


Ueber Joh. 17,5. Das ist aber wiederum schrecklich, daß er spricht: Ich bitte nicht für die Welt. Da lasset uns je zusehen, daß wir nicht unter dem Haufen funden werden, für welche er nicht bitten will. Denn daher kann nichts anders folgen, ohne daß sie gar verloren sein, als derer sich Christus schlechts äussert und nichts von ihnen wissen will. Das sollte je die Welt schrecken, daß sie vor Zittern erstarrete für solchem Urtheil. Aber sie hälts nur für ihren Spott, machet ein Gelächter daraus und bleibet in der greulichen, verstockten Blindheit, daß sie es so sicher in den Wind schläget und lässets vor den Ohren fürüber gehen, als hätte es irgend ein Narr geredet.

Sondern für die, die Du mir gegeben hast, denn sie sind Dein.

Da wiederholet er noch einmal die Worte, die er zuvor angezogen hat, daß ers uns je wohl einbleue. Für die Welt kann ich nicht bitten (spricht er) denn sie sind nicht Dein, sondern hassen und verfolgen die, so Du mir gegeben hast; für sie aber bitte ich, denn sie sind Dein eigen Gut und Erbe, da habe ich Sorge für, da ist all mein Herz und Sinn. Nun ist genug gesagt, warum er die Worte also setzet: die Du mir gegeben hast. Denn wer Christi ist, der ist auch des Vaters. Die sind aber Christi, wie er selbst gesaget hat, die das Wort von ihm nehmen und behalten. Das ist das gewisseste Wahrzeichen eines gnädigen Vaters; denn niemand würde, (wie oft gesagt,) das Wort annehmen, noch dabei bleiben, wo er nicht Gottes Kind und dem Herrn Christo vom Vater gegeben wäre.


Joh. 17,19. Auf daß auch sie geheiliget sein in der Wahrheit. Siehe, wie er so deutlich redet von der wahrhaftigen Heiligkeit, uns zu warnen, daß man sich vorsehe und der rechten Heiligkeit nicht fehle, und zu wehren, daß man nicht anders predige, denn von seiner Heiligung, noch etwas erdenke und angreife, darinnen man Heiligkeit suche. Denn er hat wol gesehen, wie schwer es eingehet und so viel Anfechtung hat, so gar hängets uns an, auch denen, die Christen sind, daß man etwas bei sich selbst suchet, das wir selbst thun und die Heiligkeit erlangen möchten. Da will niemand an, daß er sich bloß ans Wort hänge, und in Christi Heiligkeit krieche. Darum hat er (sage ich,) so fleißig das Wörtlein: in der Wahrheit, wiederholt, und gesetzt wider alle Welt und menschliche Heiligkeit. Meine Heiligkeit, spricht er, machet sie wahrhaftig heilig.


Ueber Gal. 1,9. Darum wollen wir auch mit St. Paulo muthig sein, und sprechen: Es soll verderben und vermaledeyet sein alle Lehre, sie kommen vom Himmel, oder von der Erden, oder wo sie denn herkommt und bracht wird, die da lehret die Menschen ihre Hoffnung und Vertrauen setzen in eigene Werke, eigene Gerechtigkeit, Verdienst und gute Werke, und nicht allein lauter in die Gnade, Tod und Verdienst Jesu Christi. Wir sind auch an dem nicht widerspenstig und sträflich gegen die Päpste und Nachkommen der Apostel, sondern gütig und wahrhaftig in Christum. Es ist ja billig und recht, daß wir Christum, Gottes Sohn, sollen Menschenlarven vorsetzen. Wollen sie es nicht dulden, sollen sie hinfort gemieden werden von uns, als eine höllische und ewige Vermaledeyung.


Ueber Gal. 1,15.16. Und siehe, wie gar ein dankbarer und aufrichtiger Prediger Paulus sei der Gnade Gottes. Er spricht nicht: Es ist mir geoffenbaret worden der Sohn Gottes, den ich hatte also zugenommen in der Gerechtigkeit des väterlichen Gesetzes; nicht: durch mein Verdienst, sondern darum, daß es Gott also gefallen hat, daß es geschehen soll, so ich doch weit anders verdienet hatte. Daß es aber Gott gefällig ist gewesen also, auch ohne mein Verdienst, beweiset das, daß er mich zu dem ausgesondert hat, ehe denn ich geboren war, und hat mich in dem Bauche meiner Mutter einen solchen zu sein bereitet, Jer. 1,5. Nachmals hat er mich auch berufen aus Gnaden, daß ihr durch solches alles erkennen möchtet, daß der Glaube und Erkenntniß Christi mir nicht kommen sei aus dem Gesetze, sondern aus der einigen göttlichen Vorsehung und aus seiner Gnade, dadurch er mich berufen hat. Daher wird auch euch die Seligkeit aus dem Gesetze nicht kommen können.


Am 9., 10. und 11. Capitel des Briefes an die Römer redet Paulus von der ewigen Versehung Gottes, daher es ursprünglich fleußt, wer glauben oder nicht glauben soll, von Sünden los oder nicht los werden kann, damit es je gar aus unseren Händen genommen und allein Gottes Hand gestellet sei, daß wir fromm werden. Und das ist auch aufs allerhöheste Noth; denn wir sind so schwach und ungewiß, daß wenn es bei uns stünde, würde freilich nicht ein Mensch selig, der Teufel würde sie gewißlich alle überwältigen. Aber nun Gott gewiß ist, daß ihm sein Versehen nicht fehlet, noch jemand ihm wehren kann, haben wir noch Hoffnung wider Sünde.

Aber hier ist den Freveln und hochfahrenden Geistern ein Mahl zu stecken, die ihren Verstand am ersten hieher führen und oben anfangen, zuvor den Abgrund göttlicher Versehung zu forschen, und vergeblich damit sich bekümmern, ob sie versehen sind; die müssen sich denn selbst stürzen, daß sie entweder verzagen, oder sich in die freie Schanze schlagen. Du aber folge dieser Epistel in ihrer Ordnung, bekümmere dich zuvor mit Christo und dem Evangelio, daß du deine Sünde und seine Gnade erkennest, darnach mit der Sünde streitest, wie hier das 1., 2., 3., 4., 5., 6., 7. und 8. Capitel gelehret haben. Darnach wenn du in das 8. Capitel kommen bist unter das Kreuz und Leiden, das wird dich recht lehren die Versehung im 9., 10. und 11. Capitel, wie tröstlich sie sei; denn ohne Leiden, Kreuz und Todesnöthen kann man die Versehung nicht ohne Schaden und heimlichen Zorn wider Gott handeln. Darum muß Adam zuvor wol todt sein, ehe er dieß Ding leide und den starken Wein trinke; darum siehe dich vor, daß du nicht Wein trinkst, wenn du noch ein Säugling bist. Eine jegliche Lehre hat ihr Maaß, Zeit und Alter.

Quelle: Krummacher, Emil Wilhelm - Goldene Worte über die theure Lehre von der freien Gnade
Elberfeld 1832. Bei Wilhelm Hassel

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