Luther, Martin - Underrichtung Doctor Martini Luthers / wie man die kinder müge füren zu Gottes wort und dienste

Luther, Martin - Underrichtung Doctor Martini Luthers / wie man die kinder müge füren zu Gottes wort und dienste

welchs die Eltern und verweser zuthun schuldig sein.

Auffs erste ist im teutschen Gottesdienst / ain grober / schlechter / ainfältiger / guter Catechismus von nöten. Catechismus aber haißt ain underricht / darmit man die Hayden / so Christen werden wollen / leret und weiset / was sy glauben / thun / lassen / und wissen sollen im Christenthumb / daher man Catechumenos genennt hat / die leer jungen / die zu solcher unterricht angenommen waren / und den glauben lerneten / eh dann man sy tauffet.

Dise undterricht und undterweysunge / waiß ich nit schlechter noch besser zustellen / denn sy berait ist gestellt von anfang der Christenhait / und bißher bliben / nämlich die drey stuck / die Zehen gebott / der Glaub / und das Vater unser. In disen dreyen stucken / steht es schlecht unnd kurtz / fast alles was aim Christen zuwissen not ist.

Dise unterricht muß nu also geschehen / weil man noch kain sonderliche gemain hat / das sy auf der Cantzel / zu etlichen zeiten oder täglich wie das die not fordert / für gepredigt werde / und dahaimen in hewsern des abents und morgens / den kindern und gesinde / so man sy will Christen machen / für gesagt oder gelesen werd.

Nicht allain allso, das sy die wort außwendig lernen noch reden / wie bißher geschehen ist / sondern von stuck zu stuck frage / unnd sy antworten lasse / was ain yeglichs bedeute / und wie sy es verstehn.

Kan man auff ain mal nicht alles fragen / so neme man ain stuck für / des andern tags ain anders. Denn wa die eltern oder verweser der jugendt dise müh durch sich selbs oder andere nit wöllen mit in haben / so wirt mymmer mehr kain Catechismus angericht werden / Es keme denn darzu / das man ain sonderliche gmain anrichtet / wie im büchlin von der teutschen Messe gschriben ist.

Nämlich allso soll man sy fragen / Was betestu? Antwort. Das Vatter unser. Was ists denn / das du sprichst / Vatter unser im himel? Antwort: Das Got nicht ain irrdischer / sonder ain himlischer vatter ist / der uns im himel will reich und selig machen.

Was haißt denn / Dein nam werd gehailigt? Antwort / Das wir seinen namen sollen ehren und schonen / auff das er nicht geschendt werde. Wie wirt er denn geschendt und enthailiget? Antwort. Wenn wir / die sein kinder sollen sein / übelleben / unrecht leren und glauben.

Und so fort an / was Gottes reich haiß / wie es kumpt / was gottes wille / was täglich brot ec. haisse.

Also auch im glauben / Wie glaubestu? Antwort. Ich glaub an Got vater / durch auß. Darnach von stuck zu stuck / darnachs die zeit gibt / ains oder zwai auf ainmal / also.

Was haißt an Got den vater Almächtigen glauben? Antwort. Es haißt / wenn das hertz jm gantz vertrawet / und sich aller gnaden / gunst / hilff und trost zu jm gewißlich versihet / zeytlich und ewigklich.

Was haißt an Jesum Christ seinen Sun glauben? Antwort. Es haißt / wenn das hertz glaubt / dz wir alle verlorn wären ewigklich wa Christus nit für uns gestorben wer ec.

Also auch in den Zehen gebotten / muß man fragen / Was das erst / das ander / das dritte / und andere gebott deuten.

Solche fragen mag man nemen auß dem unsern Betbüchlin / da die dreü stuck kurtz außgelegt seind / oder selbs anders machen / biß das man die gantz summa des Christlichen verstands in zwai stuck / als in zwai secklin faß im hertzen / welchs seind glaub und liebe.

Des glauben seckliin / habe zway beütlin inn dem ainen beütlin stecke das stuck / das wir glauben / wie wir durch Adams sünd allzumal verderbt / sünder und verdampt sind / Ro. 5. Psal. 51. Im andern stecke das stücklin / das wir alle durch Jesum Christ von solchem verderbten / sündtlichem verdampten wesen erlößt sind / Ro. 5. Jo. 4.

Der liebe secklin / habe auch zway beütlin / inn dem ainen stecke diß stuck / das wir yederman sollen dienen und wolthun / wie uns Christus thon hat. Ro. 13. Im andern stecke das stücklin / das wir allerlay böses gern leyden und dulden sollen.

Wenn nun ain kind beginnet solchs zu begreiffen / das mans gewehne / auß den predigeten sprüche der schrifft mit sich zu bringen / und den eltern auffzusagen / wenn man essen will über tische / gleich wie man vor zeyten das latein auffzusagen pfleget / und darnach die sprüch in die secklin und beütlin stecken / wie man die pfennnig und groschen oder gulden in die taschen steckt / als.

Des glaubens secklin / sey das gulden secklin / inn das erst beütlin gehe diser spruch / Ro. 5. An aines ainigen sünde / sind sy all sünder und verdampt worden. Und der psal. 51. Sihe in sünden ibn ich empfangen / und inn unrecht trug mich mein mutter. Das seind zwen reynisch gulden in das beütlin.

Inn das ander beütlin gehn die ungerischen gulden / als diser spruch / Ro. 5. Christus ist für unser sünd gstorben / und für unser gerechtigkait aufferstanden. Item Johan. 1. Sihe das ist Gottes lamb / das der welt sünde tregt. Das weren zwen gutte ungerische gulden in das beütlin.

Der liebe secklin / sey das silberen secklin / Inn das erst beütlin gehn die sprüche vom wolthun / als Gal. 5. Dienet unter ainander in der liebe. Mat. 25. Was jr ainem auß meinen geringsten thut / das habt jr mir selbs gethon. Das weren zwen silbern groschen in das beütlin.

In das ander beütlin gehe diser spruch / Math. 5. Selig seyt jr / so jr verfolgt werdet umb meinet willen. Hebr. 12. Wen der Herr liebt / den züchtigt er / Er steüpt aber ainen yegklichen sun / den er aufnimbt. Das seind zwen Schreckenberger in dz beütlin.

Und laß sich hie niemandt zu klug duncken / und verachte solch kinderspil. Christus / da er menschen ziehen wolt / mußt er mensch werden / Sollen wir kinder ziehen / so müssen wir auch kinder mit ihn werden.

Wolt Gott das solch kinderspil wolgetriben wurd / man solt in kurtzer zeyt grossen schatz von Christlichen lewten sehen / und das reiche seelen in der schrifft und erkandtnuß Gottes wurden / biß das sy selbs diser beütlin / als locos communes mehr machten / und die gantze schrifft drein faßten / sunst geht es täglich zur predig / unnd geht wider davon / wie es hinzu gangen ist.

Denn man mainet / es gelte nichts mehr / denn die zeyt zuhören / gedenckt niemandt ettwas davon zu lernen oder behalten. Also höret manches mensch drey / vier jar predigen / und lernt doch nicht / das auff ain stucke des glaubens künd antworten / wie ich täglich wol erfare. Es steht in büchern genug geschriben / Ja es ist aber noch nicht alles in die hertzen getriben.

Getruckt zu Augspurg / durch Philipp Ulhart.

Augsburg 1540

Aus dem Original abgeschrieben.

Cookies helfen bei der Bereitstellung von Inhalten. Diese Website verwendet Cookies. Mit der Nutzung der Website erklären Sie sich damit einverstanden, dass Cookies auf Ihrem Computer gespeichert werden. Außerdem bestätigen Sie, dass Sie unsere Datenschutzerklärung gelesen und verstanden haben. Wenn Sie nicht einverstanden sind, verlassen Sie die Website.Weitere Information
autoren/l/luther/u/unterricht_kinder.txt · Zuletzt geändert: von 127.0.0.1
Public Domain Falls nicht anders bezeichnet, ist der Inhalt dieses Wikis unter der folgenden Lizenz veröffentlicht: Public Domain