Luther, Martin - Predigt am 19. Sonntag nach Trinitatis

Luther, Martin - Predigt am 19. Sonntag nach Trinitatis

Matthäus 9,1-8

Da trat er in das Schiff und fuhr wieder hinüber und kam in seine Stadt. Von sie ihr, da brachten sie einen Gichtbrüchigen, der lag auf einem Bette. Dar nun Jesus Tieren glauben sahe, sprach er zu dem Gichtbrüchigen: Sei getrost mein Sohn, deine Sünden sind dir vergeben. Und siehe, etliche unter den Schriftgelehrten sprachen bei sich selbst: Dieser lästert Gott. Da aber Jesus ihre Gedanke sahe, sprachen er: Warum denket ihr so Arges in euren Herzen? Welches ist leichter, zur sagen: Dir sind deine Sünden vergeben, oder zu sagen: Stehe auf und wandele? Auf das ihr aber wisset, daß des Menschen Sohn Macht habe auf Erden, die Sünden zu vergeben, sprach er zu dem Gichtbrüchigen: Stehe auf, heb dein Bett auf und gehe heim. Und er stand auf und ging heim. Da das Volk das sahe, verwunderte es sich und preiste Gott, der solche Macht den Menschen gegeben hat.

Aus dem heutigen Evangelium sollen wir zuerst merken die gnadenreiche Predigt, welche Gott den Menschen gegeben hat, daß wir unter einander ihr auf Erden sprechen können: Dir sind deine Sünden vergeben; auf das wir mit den frommen Leuten hier uns solches auch verwundern und Gott von Herzen dafür danken, daß er solche Gewalt den Menschen gegeben hat. Denn es ist wahrlich eine große Gewalt, daß ein Christ zum anderen sagen kann: Mein Bruder, sei unerschrocken, du hast einen gnädigen Gott; ich glaube nur der Zusage, die ich gehe tue im Namen Jesu, so soll es gewiß wahr sein, als wenn Gott selbst zu dir sagt: Deine Sünden sind dir vergeben.

Solche Macht hat durch den Herrn Christum, wie wir hören, angefangen und ist an nach bei uns Menschen gebliebenen; besonders bei denen, so im Amt sind und den Befehl haben, daß sie das Evangelium, das ist, Buße und Vergebung der Sünden im Namen Jesu predigen sollen. Andere Christen, ob sie gleich das Amt nicht haben, dennoch im Fall der Not haben sie auch Befehl, dich zu trösten, wenn du um deiner Sünden willen verzagt bist, und dir zu sagen: Was bekümmert du dich? Ich, als ein Christ sage dir, du tust dir selbst unrecht, Gott ist dir nicht ungnädig. Durch Christum sollst du aller Gnade dich zu ihm halten. Solcher Worte sollst du dich ebenso gewiß trösten, als Striche sie Christus selbst persönlich vom Himmel.

So liegt es nun alles daran, daß dein Herz solcher Zusagung sich annehmen, und halte es für wahr, daß Gott dir wolle um Christi willen gnädig sein. Wie wir hier sehen mit dem Gichtbrüchigen: den vermahnt der Herr aufs erste zum Glauben, da er spricht: «Sei getrost, mein Sohn,» zweifel nicht, «deine Sünden sind dir vergeben»; sobald der Gichtbrüchige solchem Wort glaubte, waren ihm seine Sünden wahrhaftig vergeben.

Auf diese Weise müssen wir noch heutiges Tages zu Vergebung der Sünden kommen, daß dir das Wort suchen und demselben glauben. Darum wenn Pfarrer, oder im Fall der Not ein jeder Christ zu dir spricht: Gott zürnt nicht mit dir, zürne du mit ihm nicht; denn um seines Sohnes Christi Jesu willen hat er dir alle deine Sünden vergeben: da sollst du mit aller Macht solcher Zusagung glauben, und dich eher zerreißen lassen, denn daß du daran zweifeln wolltest. Denn so du zweifelst, hilft dich die Absolution nichts, wenngleich Gott mit all seinen Engeln solche Absolution selber mündlich über dich spräche.

Denn wo der Glauben nicht ist, dar schilt man unseren Herrn Gott einen Lügner, als sei es nicht wahr, was er uns zu sagt, er wolle es uns nicht leisten noch halten. Vor solchem Unglauben und Sünde wolle uns der liebe Gott gnädig behüten. Wiewohl der Teufel ein sonderlicher Meister darauf ist und uns immerdar damit plagt, daß wir unsern Herrn Gott gern Lügen strafen, das ist, daß wir Gottes Zusagung ungern glauben.

Wo aber das Herz glaubt, da ehrt man unseren Herrn Gott mit der höchsten Ehre, die er am liebsten hat. Denn man hält ihn für wahrhaftig, und so für einen Herrn, der nicht lügen kann, wenn er gleich für uns unmögliche Sachen redet. Darum gefällt es dem Herrn Christo an diesen Menschen hier auch besonders, daß sie so eine starke Zuversicht zu ihm haben, er werde dem Gichtbrüchigen helfen, spricht ihm deswegen freundlich zu: Mein Sohn, du bist krank, der Teufel hat dir die Gicht angehängt, und Gott hat es von wegen deiner Sünden geschehen lassen; da folgt denn Schrecken und ein blödes Gewissen, daß du denkst: Ach, Gott zürnt mit mir, wo will ich hin? Denn es ist natürlich, wenn Gottes Strafe sich sehen läßt, daß als bald der Schrecken sich auch findet.

Aber, mein Sohn, laß solchen Glauben in dein Herz nicht zu tief ein sinken, gedenke nicht so: Wo was fragt Gott nach mir? Wer weiß, ob er mir gnädig sein will, oder nicht; denn was bin ich gegen Gott? Siehe nicht auf deine Krankheit, sondern höre, was ich dir sage, nämlich, daß deine Sünden dir vergeben sind. Darum schließe also: Gicht hin, Gicht her, meine Sünden sind mir vergeben; an solchem Glauben soll mich weder Gicht noch andere Krankheit hindern.

Also soll Wort und Glaube fein beisammen stehen; denn es kann keins ohne daß anderes ein. Wer der glaubt, und hat das Wort nicht, der glaubt wie Türken und Juden: die haben den Glauben, Gott seit gnädig und barmherzig; aber es fehlt ihnen an der Zusagung, denn Gott will außer Christus nicht gnädig sein. Also, wer das Wort hat und den Glauben nicht, da schafft das Wort auch nichts bei. Das also Wort und Glauben zur Ehe zusammen gegeben und keins sich vom anderen scheiden lassen kann.

Ein Schwärmer glaubt, es soll noch in vier Wochen der jüngste Tag kommen. Solcher Glaube ist eine lautere Lüge; denn es ist kein Gotteswort dabei. Der Türke glaubt, er wolle sich seines Mohammed zur Seligkeit genießen: aber es ist eine lautere Lüge; denn es ist kein Gotteswort dabei. Also glaubt der Papst auch, ein Christ müsse mit eigenen Werken sich den Himmel fördern: aber es ist ein falscher Glaube; denn es mangelt am Wort und der Zusagung. Also kann es wohl sein, daß man ein den Glauben hat, das ist, man versieht sich etwas und hofft etwas; aber weil es am Wort mangelt, ist es kein rechter Glaube, sondern ein bloßer unbegründeter Wahn, aus dem nie etwas wird.

Uns Christen aber mangelt es nicht am Wort. Denn das Wort haben wir von Gottes Gnaden recht und rein. Es mangelt uns aber am Glauben, daß wir nicht so fest an das Worte können halten, als wir sollten; so doch jene ohne Wort fest und stark glauben können. Das Macht der Teufel und die Erbsünde, die zieht uns also vom Wort und der Wahrheit zu der Lüge. Darum hat es Mühe, wo man schon das Wort hat, daß wir uns des Unglauben es erwehren. Denn unser Fleisch und Vernunft will an das Wort nicht. Soll es glauben, so wollte es den Glauben gerne in den Händen haben.

Zu solchem hilft der böse Geist auch, daß es also nirgends mit uns fort will; sonst sollten unsere Herzen wohl fröhlicher und getroster sein. Denn rechne du, so ich es recht unvollkommen könnte glauben, daß Christus hier zum Gichtbrüchigen sagt, und zu mir und dir in der Taufe auch gesagt worden ist, und in der Absolution, auch in öffentlicher Predigt täglich gesagt wird, daß ich mich keines Zorns noch Unglaube zu Gott versehen soll: meinst du nicht, ich würde vor Freuden auf dem Kopf gehen? Es würde mir alles eitel Zucker, eitel Gold, eitel ewiges Leben sein? Das aber solches nicht geschieht, ist ein Zeichen, daß der alte Adam und der Teufel uns immerdar herunter ziehen vom Glauben und vom Wort.

Darum so lerne es, muß beides sein: das Wort mußt du haben, und danach dich mit dem Glauben an das Wort halten, und so viel möglich ist, daran nicht zweifeln. Alsdann sollst du haben alles, was das Wort dir zusagt, und du zur Erhaltung des Leibes und der Seele bedarfst. Die nun das Wort nicht haben, die haben sehr gut glauben. Ursache, es ist ohne daß eine angeborene Untugend, daß wir der Lüge gern glauben, das Herz hängt ohne daß mehr dahin.

Also glaubt der Papst und sein Haufe sehr stark an die Messe, an der heiligen Dienst und Fürbitte, an Klostergelübde, singen, faßte. Aber es ist ein falscher, erlogen mehr Glaube, und sind, Huren und Buben beisammen. Das Herz ist eine Hure, der falscher Glaube ist ein Bube. Wir aber, die wir, Gott Lob! Eine reine Braut haben (denn das Wort ist je rein und gut), können nicht so steif und fest Glauben; so wir doch sollten billig fest glauben. Jene aber sollten nicht fest Glauben können, weil sie das Wort nicht haben. Das ist unseres alten Adams und des Teufels schuld, daß wir durch die Erbsünde sind vom Wort und der Wahrheit auf die Lüge gefallen.

So soll man nun aus dem heutigen Evangelium lernen, daß wir erstlich daß Wort haben müssen; danach sollen wir auch fest daran glauben. So ist es denn eine göttliche Kraft, dadurch wir erlangen Vergebung der Sünden und die Seligkeit, daß wir hier und dort Hilfe und Trost finden. Wenn aber das Wort nicht da ist, da wird wohl auch ein Glaube draus, wie diese Sakramentschwärmer, Wiedertäufer, Türken, Juden und Katholiken einen Glauben haben. Aber es ist ein Glaube ohne Wort, der uns allen angeboren ist durch Adams Fall, das ist, es ist ein Lügenglaube, da wir von Natur können fester dran hangen, denn an Gottes Wort.

Als nun unser lieber Herr Christus dem Gichtbrüchigen also gepredigt und ihm seine Sünden vergeben hat; hindern die Schriftgelehrten an, und gedenken, Christus lästere Gott, daß er Sünde vergeben hat. Solches ist auch ein wichtiges Stück, an dem viel gelegen ist, darum wir es auch fleißig merken sollen. Denn das sieht man an allen Schwärmern und Rottengeistern durch aus, daß sie alle in dem Irrtum sind, daß sie nicht verstehen, wie die Sünden vergeben werden. Denn Frage denn Papst und seine Doktoren, so werden sie dir nicht sagen können, was die Absolution ausrichte. Denn auf dieser Lehre besteht das ganze Papsttum: Geht Gnade werde den Menschen ein gegossen durch eine heimliche Wirkung; wird dazukommen wolle, der müsse reuen, Beichten und Werke tun.

So man aber fragt, was die Absolution und die Schlüssel tun, sprechen sie, es sei eine äußerliche Ordnung, die in der Kirche gehalten werde. Stellen also die Vergebung der Sünden nicht auf das Wort und den Glauben, worauf es doch gestellt sein muß, sondern auf unsere Reue, Beichte und Werke. Aber solches ist eine erlogene Lehre, dadurch die Leute verführt und auf den falschen Weg gewiesen werden.

Also sagen die Wiedertäufer auch: Was sollte die Taufe zur Vergebung der Sünden tun? Ist es doch nur eine Hand voll Wasser! Der Geist muß es tun, so wir recht von Sünden sollen rein werden, daß Wasser kann es nicht tun. Ziehen also Vergebung der Sünden auch vom Wort hinweg, und wollen es bei dem nicht bleiben lassen, wie die frommen Leuten hier sagen, daß solche Macht den Menschen gegeben sei.

Die Sakramentschwärmer sagen auch also: Es sei im Sakrament nur Bot und Wein, darum könne man Vergebung der Sünden da nicht finden, der Geist müsse es geben, daß Fleisch ist nicht nütze. In der Summe, keine Rottengeister, kein Pfaffe noch Mönch hat das sehen können, daß Vergebung der Sünden sei eine Macht, den Menschen gegeben, wie es hier in Evangelium steht.

Darum lerne hier, daß du kannst so von der Sache reden: Ich weiß wohl, bekenne auch, daß Gott allein die Sünde vergibt. Aber ich muß auch dies wissen, wobei ich es merken könne, daß die Sünden mir vergeben sind, oder welches das Mittel sei, dadurch die Sünden mir vergeben werden. Da lehrt die heilige Schrift mich und alle Christen, wenn ich Vergebung der Sünden haben will, müsse ich mich nicht in den Winkel setzen und sagen: Mein Gott, vergib mir meine Sünden; und alsdann warten, wenn ein Engel vom Himmel, und mir sage: Deine Sünden sind dir vergeben. Denn Gott verheißt, er wolle sich zu mir herunter finden und selbst Vergebung der Sünden mir zusagen

Solches geschieht erstlich in der heiligen Taufe; denn da ist sein Befehl, daß man mich taufen soll im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Und steht ferner bei solchem Befehl diese Zusagung: «Wer da glaubt und getauft wird, der wird selig werden.»

Ja, sprichst du, ist doch die Taufe nur Wasser! Wahr ist es; aber solch Wasser ist nicht allein, es ist Gottes Wort dabei. Also, wenn du zu deinem Seelsorger gehst, der solches einen besonderen Befehl hat, oder sonst zu einem Christen, und begehrst, daß er dich tröstet und absolviere von seinen Sünden, und er zu dir spricht: Ich, an Gottes statt, verkündige dir durch Christum Vergebung aller deiner Sünden; hier sollst du gewiß sein, das dir deine Sünden durch solch äußerlich Wort wahrhaftig und gewiß vergeben sind; denn die Taufe und das Wort lügen nicht.

Solches hat man im Papsttum nicht gepredigt, und versteht es noch heutigen Tages kein Prediger des Papstes. Darum dankt Gott für solche Gnade, und lernt es, daß Gott will die Sünde vergeben. Aber wie? Anders nicht, wie es hier steht: daß er solche Macht den Menschen gegeben hat. Wie denn Christus solches hier sagt, und danach befiehlt, daß man es in der Kirche, bis an der Welt Ende, so halten soll, und in seinem Namen Buße und Vergebung der Sünden predigen.

Das also jedermann lerne Vergebung der Sünden bei den Menschen, und sonst nirgends zu suchen. Denn da soll man es allein finden; denn also lautet unseres Herrn Christi Befehl: «Wahrlich, ich sage euch, was ihr auf Erden lösen werdet, soll auch im Himmel los sein,» Matthäus 18,18; also: «Welchem ihr die Sünden erlasset, denen sind sie erlassen,» Johannes 20, 23. Denn das will Gott nicht erleiden, daß ein jeder sich wollte eine sonderliche Leiter oder Treppe in den Himmel bauen, er will der einige Baumeister sein.

Darum so du willst Vergebung der Sünden haben, so gehe hin, lasse dich taufen, so du nicht getauft bist; oder bist du getauft, so erinnere dich derselben Zusagung, welche Gott dir dazumal getan hat, und sei nicht ungläubig. Also, gehe hin, und versöhne dich mit deinem Nächsten, begehre danach die Absolution. Und wie du hörst, daß man dir im Namen Jesu Vergebung der Sünden zusagt, also glaube du es; so hast du sie wahrhaftig. Gehe danach auch zum heiligen Sakrament und empfange da den Leib und das Blut Christi, auf das du gewiß werdest, dieser teure Schatz gelte dir, und sei dein eigen, daß du ihn genießen sollst.

Daß man also die Taufe, Absolution, Predigt und Sakrament nicht verachten, sondern Vergebung der Sünden dabei suchen und holen soll. Denn dazu hat Gott deinen Pfarrer, deinen Vater und Mutter, und deinen nächsten Christenmenschen berufen und geordnet, und sein Wort in ihren Mund gelegt, daß du Trost und Vergebung der Sünden bei ihnen suchen sollst. Denn ob es gleich Menschen reden, so ist doch nicht ihr, sondern Gottes Wort. Darum soll man fest daran glauben und es nicht verachten.

Wenn nun ein Kirchendiener ein Kind kauft nach den Befehl Christi, da hörst du wohl einen Menschen reden, der für seine Person ebenso ein Sünder ist, als du; aber er tut es aus Gottes Befehl. Darum wenn er spricht: Ich Taufe dich im Namen des Vaters, sollst du dieselben Worte nicht anders hören noch annehmen, denn als hätte sie Gott selbst geredet. Also wenn man dir in der Absolution deine Sünde vergibt, da zweifle ja also wenig, als hätte Gott selbst solche Worte geredet. Denn Gott selbst spricht solch Urteil über dich, daß du sollst von Sünden los sein.

Daß man solches lerne und wisse, ist hoch vonnöten um der schändlichen, verdrießlichen Rottengeister willen, die gar nicht mehr können, denn daß sie schreien: Wasser ist Wasser. Solches bedürfen wir nicht, daß sie uns dieses lehren. Das aber wissen sie nicht, daß bei solchem Wasser daß Wort Gottes ist. Darum ist es mehr als ein schlechtes Wasser, sondern eine göttliche Wasser, welches der Kirchendiener nicht gibt von sich selbst, sondern Gott hat es also befohlen zu geben da zu, daß man zum Reich Gottes wiedergeboren und von den Sünden ledig werden soll.

Gleichwie nun Gott daß Wort gibt, daß sein, nicht unser Wort ist: also gibt er auch den Glauben an das Wort; denn es ist beides Gottes Werk, Wort und Glaube. Darum muß Vergebung der Sünden auch Gottes Werk sein, ob es wohl Gott durch die Menschen ausrichtet. Also soll man Vergebung der Sünden im Worte, welches in der Menschen Mund liegt, und in den Sakramenten, die durch die Menschen gereicht werden, suchen, sonst nirgends; denn man wird es sonst nirgends finden.

Wer sieht aber nicht, daß meine Werke, die ich tue, weit ein anderes Ding sind, denn das Wort und die Werke Gottes? Wie kommen denn die heillosen Katholiken dahin, daß sie Vergebung der Sünden in ihren eigenen Werken suchen? Darum, wenn sie am jüngsten Tage mit ihren Werken und Verdienst werden auftreten, da wird Christus sie fragen und sagen: Wo ist denn mein Wort? Hab ich doch in meiner Kirche Taufe, Sakrament, Absolution und Predigt bestellt, daß die Menschen dadurch zu Vergebung der Sünden kommen und meiner Gnade gewiß sein sollen. Warum habt ihr euch nicht daran gehalten? Da hätte es euch nicht können fehlen; mit euren Werken sollen und muß es euch fehlen.

Darum so merket diesen Unterricht wohl, und lerne, was eigentlich Vergebung der Sünden sei, und wie man der könne gewiß werden, und wo man sie suchen und finden soll, nämlich, daß du nirgends hinlaufen sollst, denn nur zu der christlichen Kirche, die daß Wort und das Sakrament hat. Da sollst du gewiß finden, und nicht im Himmel; wie die Pharisäer hier meinen und denken: Christus lästere Gott, daß er Sünde vergibt; Sünde könne niemand denn Gott vergeben. Da hüte dich vor und sprich: Gott hat Vergebung der Sünden in die heilige Taufe gesteckt, und das Abendmahls und in das Wort; ja, er hat es einem jeden Christenmenschen in den Mund gelegt; wenn der dich tröstet, und dir Gottes Gnade durch das Verdienst Christi Jesu zusagt, sollst du es annehmen und glauben, nicht anders, denn so es Christus selbst mit seinem und dir hätte zugesagt, wie hier dem Gichtbrüchigen.

Darum irren die Rottengeister und Schwärmer gefährlich, daß sie das Wort von Vergebung der Sünden wegreißen. Solches möchte man tun, so es eines Menschen Wort oder eines Menschen Wasser wäre, aber hier ist Gottes Wort und Gottes Wasser. Wer dasselbe den Leuten nehmen oder anders ausreden will, der nimmt ihnen Vergebung der Sünden, da hilft nichts für.

Darum haben die Wiedertäufer und anderer Rotten zugleich Vergebung der Sünden, Taufe, Sakrament, die christliche Kirche und alle christliche Werke verloren, weil sie das Wort, so sie von ihrem Nächsten hören, wegwerfen, und für anderes nicht halten, denn so irgend eine Kuh blökte. Nun, wenn denn Gott gleich durch eine Kuh oder ander Tier redete, wie er einmal durch eine Eselin geredet hat, sollte man gleich wohl sein Wort nicht verachten, sondern geltend lassen; warum will man es denn verachten, da es die Menschen aus Gottes Befehl und Ordnung reden? Denn ob du wohl eines Menschen Stimme hörst, so wirst du doch nicht eines Menschen Wort, sondern Gottes Wort, und findest gewißlich Vergebung der Sünden dabei, wenn du es nur mit Glauben annimmst.

Solches ist sonderlich bei diesem Evangelium zu merken, auf das ihr euch wider die Rotten trösten und ihnen begegnen könnt. Denn im Papsttum, wie zuvor gemeldet, weiß man von solcher Predigt weniger denn nichts. Denn sie halten und lehren, wenn der Mensch in Sünde fällt, so sei ihm die Taufe nicht mehr nütze. Will er aber Vergebung der Sünden haben, so müsse er beichten, reuen und für die Sünde mit guten Werken genug tun. Also haben sie von der Buße geredet. Die Lehre ficht der Teufel nicht an, denn sie tut ihm keinen Schaden und ist eine große Lüge.

Wohl ist es war, ich soll reuen und mir meine Sünder herzlich Leid sein lassen; aber dadurch komme ich nicht zur Vergebung der Sünden. Wodurch denn? Alle ein dadurch, daß ich auf das Wort und Verheißung Achtung habe und es glaube; und das ich dem Herrn Christus der durch seine verordneten Diener, ja, in der Not auch durch alle Christen, mit mir redet, auf den Mund sehe, und nicht auf mein Reuen und Büßen.

So kehren sie es um, daß Wort lassen sie fahren, sehen nicht darauf, was der Kirchendiener oder ein Christ aus Befehl unseres Herrn Christi sagt; sehen allein auf ihrer Reue und Buße. Der mit aber verlieren sie Christum, und alles, was Christus ist. Und ist unmöglich, daß sie einen einigen Gewissen recht raten oder helfen könnten. Denn das Wort, da man allein mit helfen kann, haben sie verloren, und weisen die Leute auf eigene Reue und Frömmigkeit.

Ihr aber lernet, daß ihr von Vergebung der Sünden also sagen und andere unterrichten könnt, daß Gott in der Taufe, in der Absolution, auf der Kanzel und in Sakrament mit uns redet durch die Kirchendiener und aller anderen Christen; denen sollen wir glauben, so finden wir alsdann Vergebung der Sünden. Von solchen Glauben an Gottes Wort haben sie im Papsttum nicht ein Wort gelehrt, wie man in allen Ablaßbriefen und wohl in sieht; sondern Vergebung der Sünden auf die Reue und eigene Werke gestellt, das ist, auf einen bloßen, ungewissen Stand die Herzen gegründet. Das sei von den Worten gesagt, die hier stehen, daß Gott den Menschen Macht gegeben habe, die Sünden zu vergeben. Nun wollen wir die Geschichte auch ein wenig vor uns nehmen.

Der Gichtbrüchige hier ist ein Bild aller Sünder. Denn das ist dieser Krankheit Art, daß man der Glieder nicht mehr gebrauchen kann; will man den Fuß oder die Hand zu sich ziehen, so kann man nicht, ja, man streckt sie nur je mehr von sich. Darum vergleicht Aristoteles einen solchen Menschen der ungezogenen, frechen Jugend, die man nicht bändigen noch zähmen kann.

Aber wer diese Krankheit will richtig deuten, der deute sie auf die Werkheiligen. Je mehr dieselben sich darum annehmen, wie sie nahe zu Gott kommen und ihn versöhnen mögen, je ferner kommen sie von ihm. Also, wenn sie meinen, sie machen es am besten, so machen sie es am ärgsten; denn sie sind ohne Glauben.

Wer nun will, daß von solcher Klage ihm geholfen werde, er mache sich hierher zu Christum, der wunderbar hilft; tut nicht mehr, denn daß er spricht: «Sei getrost mein Sohn, deine Sünden sind dir vergeben.» Von solchem Wort werden die Gelenke wieder fein stark und fest, daß eines das andere tragen kann und heben. Denn wo Vergebung der Sünden ist, da hat er Zorn und die Strafe nicht länger Platz, das ist, Gott hat nicht mehr ein Mißfallen an uns und läßt sich unsere Werke alsdann auch gefallen um des Glaubens willen an Christum.

Solches hat der Herr hier besonders anzeigen wollen mit dem Gichtbrüchigen, der da lag auf dem Bette, nach Art der Krankheit, und streckte alle viere von sich. Aber da Christus ihn heißt auf stehen, steht er auf, frisch und gesund. Und da man ihn zuvor hatte im Bette getragen von Haus aus, trägt er das Bett selbst heim. Das will der Herr, daß wir es wahrnehmen und ansehen sollen als ein Wahrzeichen, dabei wir lernen, wie er Macht habe auf Erden, Sünde zu vergeben

Daß der Herr sagt: «auf Erden,» ist sonderlich darum wohl zu merken, daß man nicht gaffe in den Himmel oder, wie der Papst gelehrt hat, Vergebung der Sünden hoffe, wenn man gestorben ist, in Fegefeuer, durch anderer Leute Werke und Verdienst. Denn hier steht es, daß Vergebung der Sünden sei eine Macht, die den Menschen auf Erden gegeben ist, wenn man tauft, daß Sakrament reicht, absolviert und von der Kanzel predigt. Denn es ist beschlossen, was man also los spricht auf Erden, daß es im Himmel auch los sei. Wiederum, was man bindet, das ist von der Taufe und Sakrament und Wort ausschließt, daß soll auch im Himmel gebunden seien.

Durch solche Macht, daß wir Menschen untereinander Sünden vergeben oder binden, wird Gott seine Lehre nicht genommen noch wir zu Göttern gemacht, wie die ungeschickten Leute davon reden. Denn wir haben nicht mehr denn das Amt, dasselbe gilt nicht weiter, denn du glaubst. Glaubst du, so hast du es; glaubst du aber nicht, so hast du nichts. Darum hat Gott eben durch solch Amt uns zusammen gebunden, daß immer ein Christ den anderen trösten, ihm freundlich zusprechen, und du Vergebung der Sünden im Namen Christi Glauben sollst. Das heißt recht zu Gott und zu Vergebung der Sünden geführt. Wer in solchem Glauben stirbt, der stirbt selig und wohl.

Wer aber stirbt, wie man im Papsttum lehrt, auf der Heiligen Fürbitte, auf seine und anderer Menschen Verdienst, der stirbt unselig und übel. Denn er hat die Geleitsleute nicht, die ihm unser Herr Gott gegeben und hier auf Erden bestellt hat, nämlich, er hat kein rechtes Wort noch eine rechte Absolution. Und ob er schon die Taufe hat, so weiß er doch sich ihrer nicht zu trösten. Diesen Jammer hat der Teufel durch den Papst angerichtet und hebt es jetzt mit den Rotten wieder auf ein neues an. Denn er kann daß Wort nicht leiden, es sticht ihm in die Augen und blendet ihn.

Darum hat es der Papst, als des Satans lieber und getreuer Diener, ganz weggenommen, und die Mönchsorden, Messen, Wallfahrten, Ablaß und anderes angerichtet. Das kann der Teufel wohl leiden, denn es tut ihm keinen Schaden. Die Wiedertäufer helfen auch dazu, so verächtlich vom Wasser oder der Taufe reden, die Sakramentschwärmer auch, so verächtlich vom Sakrament reden, gerade als wäre nichts denn Bot und Wein da.

Diese aller haben das Wort verloren. Darum hütet euch voll ihnen, und lernet, daß Vergebung der Sünden sonst nirgends ist, denn wo das Wort ist. Solch Wort aber ist in der Taufe, im Abendmahl, in der Absolution und Predigt; darum ist Vergebung der Sünden auch da, und trotz, daß jemand anderes sage! Wo nun das Wort ist, da soll der Glauben folgen; so steht denn der Ellenbogen fein gerade und gewiß, welchen der Gichtbrüchige zuvor nicht mochte an sich ziehen. Wo aber das Wort nicht ist, da bleibt man gichtbrüchig; ist deswegen unmöglich, daß man könnte recht zugreifen.

Solches habe ich deswegen mit vielen Worten sagen wollen, weil der Papst und die schändlichen Rotten so viel Schaden anrichten, daß jedermann davor sich wisse zu hüten. Der Papst weist weder auf das Wort noch Sakrament; so können die Rotten mehr nicht, denn vom Wort und Sakrament verächtlich reden, und gilt bei ihnen nichts, denn Geist, Geist. Aber wir wissen, daß der Heilige Geist ohne Wort und Sakrament sein Werk nicht will ausrichten. Darum können wir Wort und Sakrament nicht verachten, sondern wir sollen es und müssen es Groß und für den edelsten Schatz halten.

Gott verleihe seine Gnade, daß wir bei solcher Lehrer fein bleiben und bis ans Ende verharren, und selig werden, Amen.

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