Linck, Wenzeslaus - Sermon von dem Himmelreich, das verheissen wird den Armen im Geist

Linck, Wenzeslaus - Sermon von dem Himmelreich, das verheissen wird den Armen im Geist

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(Über Matth. 5,3.)

Durch die Armuth des Geistes wird der Mensch gelassen und an ihm selber entblösset, allein Gott unterworfen und auf ihn wartend, welche Unterwerfung ist ein Dienst Gottes. Gott aber dienen ist in Wahrheit regiren. Also regiren die Demüthigen in Gott und Gott in ihnen. Darum wird ihnen verheissen das Himmelreich; welch Reich nicht von dieser Welt ist, sondern ein ewig Reich und geistliches, in welchem nach der Wahrheit geistlich regirt ein Jeder, der sich willig resigniret und der gewaltigen Hand Gottes unterwirft. Solch Reich ist inwändig in dem Herzen (Luc. 17), wenn Christus durch den Glauben als ein König in seinem Reiche wohnet. Es wird auch keine grössere Glorie in dem zukünftigen Leben sein, denn die in uns eröffnet wird. Also sagt der heilige Paulus: Es sind nicht gleich würdig die Leiden dieser Zeit zu der zukünftigen Glorie, die in uns geoffenbaret werden (Röm. 8). Jetzt ist sie in uns verborgen und erscheinet nicht; denn ihr seid gestorben, spricht der heilige Paulus (Col. 3), und euer Leben ist mit Christo in Gott verborgen; wenn aber Christus, euer Leben, erscheinen wird, dann werdet ihr auch mit ihm erscheinen in der Glorie, die jetzt in der Decke der Demuth oder Plage verborgen ist. Denn alle und die vollkommene Glorie der Tochter des ewigen Königs (Ps. 45) ist von innen oder inwändig, also, dass auswändig keine Glorie ist, die zu der Seligkeit gehörte, die auswändige Seligkeit auch oder Glorie Nichts möge der Vollkommenheit zulegen oder sie mehren.

Darum, wenn du das Reich Gottes oder seine Gerechtigkeit willst suchen, so gehe in dein Herz, wie der königliche Prophet spricht: Der Mensch wird aufsteigen zu dem hohen, tiefen Herzen, und darinnen wird Gott erhöhet werden (Ps. 63). Item: Selig ist der Mensch, der von dir Hilfe hat; er hat in seinem Herzen bereitet die Aufsteigung in diesem Jammerthale (Ps. 84). Dieses Reich malet der heilige Paulus und spricht: Das Reich Gottes ist nicht Speise und Trank, sondern Gerechtigkeit, Friede und Freude in dem heiligen Geiste (Röm. 14), nicht im eigenen, menschlichen Geiste, in welchem Armuth und Demüthigung ist.

Ein armer, gedemüthigter Geist, der Gott und Gottes Statthaltern unterworfen ist, wird gerechtfertigt in Gottes Gerechtigkeit, die ewig ist, nicht in eigener, die vergänglich ist. Er erlangt Friede, welchen Christus giebt und nicht die Welt,. wird auch mit Gott vereiniget und Ein Geist. Herwiederum, der Gott nicht will unterworfen sein demüthiglich, verleuret dies Reich mit Lucifero und fällt vom Himmel, wird ungütig und ungerecht, verleuret den Frieden. Denn der Friede ist nicht in dem Ungütigen, sagt der Herr (Jesa. 48). Er hat keine Freude oder Tröstung im Geiste Gottes, ob er wohl in seinem eigenen Geiste Trost vermeinet zu haben. Er freuet sich in der Schalkheit und seiner Übelthat. Welche Freude des Gleissners oder Hypokriten ist nur als ein Punkt, vergehet bald und hat keinen Bestand.

Zu solchen dreien Stücken des innerlichen Himmelreichs fördert die Demuth des Geistes, durch welche der Mensch einem andern thut, das er wollte ihm geschehen und einem andern verhebt, das er wollte vertragen sein, in welchem er hält die Gerechtigkeit. Sintemal aber wir Alle sündigen in diesem Leben, in welchem noch nicht hinweggenommen sind die Ärgernisse, wir auch noch nicht sind in der himmlischen Stadt Jerusalem, zu welcher Ende oder Gränze Gott hat gesetzt den Frieden: darum sollst du dich befleissigen, mit Demuth genug zu thun allen Denen, die Etwas wider dich haben und leichtlich oder gern verzeihen Denen, die dich beleidigt haben, so wirst du rechten Frieden haben. Denn in diesen Zweien steht nicht allein die Erhaltung des Friedens zwischen den Menschen, sondern auch zwischen Gott und den Menschen, sintemal Gottes Gnade oder Erbarmen nicht mag erlangt werden ohne die Zwei. Er nimmt kein Opfer oder Gabe an von Dem, der mit seinem Bruder nicht versöhnt oder vertragen ist. Er erfordert zu Strafe die Sünde, die vormals vergeben ist von Dem, des sich seines Mitknechts nicht erbarmet (Matth. 18). Wenn du obgemeldete Zwei hast, so wirst du zwiefache Freude haben im heiligen Geist: von dem Gedächtniss der zukünftigen Güter, denn der Herr ist nahe (Phil. 4), wird dich bald belohnen; item von der Duldung gegenwärtiger Übel, in welcher deine Mässigkeit erscheinet. Derhalben spricht zweimal der heilige Paulus: Freuet euch in dem Herrn, abermal sage ich euch, freuet euch (Phil. 4). Also trösten und rühmen sich die heiligen Menschen nicht allein in der Hoffnung zukünftiger Seligkeit, sondern auch in der Duldung gegenwärtiger Trübseligkeit. Solch Himmelreich geziemt wohl den Armen im Geist, die keinen Trost oder Freude haben in ihrem Geiste. Darum mögen sie eingehen in die Freude ihres Herrn. Denn es mag nicht das Wasser zu Wein werden, es verliere denn seinen Geschmack oder Wirkung und werde vom Wein bewältiget. Also spricht er nicht, dass die Freude Gottes in ihn gehen, sondern dass er in die Freude gehen solle und von der Freude alles Verrückliche verzehret und verschlucket werden, als ein Wassertropfen von einem Fuder Weine verzehret wird. Also geht nicht ein der reiche und der hoffährtige, sondern allein der getreue Knecht, der ihm Nichts hat zugeeignet von den Gütern seines Herrn , auch Nichts ihm behalten, sondern Alles zum Gewinn des Herrn geordnet.

Das ist das Reich, in welchem Christus ewiglich regiret, als auch der Engel Gabriel von ihm sagte, da er sprach: Er wird ewiglich regiren in dem Hause Jakob (Luc. 1), das ist, in allen Denen, die den Teufel untertreten und mit den Lastern streiten, in welchen er herrschet unter dem Mittel seiner Feinde (Ps. 110).

Endlicher Schluss.

Das Himmelreich des geistarmen Menschen ist innerliche Tröstung, Zierde, Kraft und andere Güter des Herzens, wiewohl in diesem Leben ihm selber und Anderen verborgen; durch welche er gerechtfertigt, befriedet und getröstet wird in der Seele und gerechtiglich, friedlich und tröstlich lebet mit und gegen seinen Nächsten, endlich auch wird eingeführt in die Freude seines Herrn und Ein Geist mit Gott, theilhaftig aller Güter Gottes, - für welches unempfänglich ist der ungelassene, eigenwillige Mensch, der in ihm selbst oder in anderen zeitlichen Dingen Frömmigkeit, Friede oder Freude sucht.

Quelle: Beste, Wilhelm - Die bedeutendsten Kanzelredner der lutherschen Kirche des Reformationszeitalters

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Sermon 15 in der Schrift: Eine heilsame Lehre, wie das Herz oder Gewissen durch die sieben Seligkeiten als sieben Seulen des geistlichen Baues auf das Wort Gottes gebauet wird. Wider die Scrupel und Unruhe, Ärgerniss und Anfechtung, Fleischlichkeit und Begierde der Gewissen. Geprediget zu Nürnberg im Augustinerkloster die Zeit des heiligen Adwents. Anno 1518. Gedruckt und vollendet zu Nürnberg durch Jobst Gutknecht. Anno 1519. 4.
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