Lassenius, Johann - Heilige und erbauliche Passions-Andachten - Dritte Woche

Lassenius, Johann - Heilige und erbauliche Passions-Andachten - Dritte Woche

vorstellend zweimal sieben Merkwürdigkeiten auf dem Oelberge.

Das Gedächtniß ist eine besondere Kraft der vernünftigen Seele. Es ist eine Schatzkammer unsrer Wissenschaft, die Vermittlung unsrer Klugheit, eine Beförderin aller Geschicklichkeit, das Werkzeug der Erlernung, der Grund der Erfahrung und der Schutzhalter unsers Verstandes.

Es ist ein Vorrath allerhand guter Erinnerungen, nützlicher Lehren, sonderbarer Begebenheiten und merkwürdiger Fälle.

Der ist glücklich, der im Gedächtniß allein behält, was nöthig und nützlich ist; der unglücklich, der alles behalten will, was er stehet und höret. Hier finden sich viele Dinge, die zur Seligkeit eben so viel dienen dem, der sie behält, als sie wenig schaden dem, der sie vergißt.

Das Böse schreiben wir gemeiniglich in Stein, das Gute in den Sand; das ist die Ursache, warum der Wohlthaten Gottes so leicht vergessen wird. Wir zählen nur die bösen Tage und schreiben nicht an die guten; beider sollten wir gedenken, jener, daß sie Gott hat untergehen lassen, dieser, daß sie der gütige Vater seinen Kindern wider all ihr Verdienst so oft lasset aufgehen.

Das Gedächtniß holet wieder das Vergangene, ist geschäftig im Gegenwärtigen und bekümmert sich um das Zukünftige; insonderheit vergißt es nimmer des Liebsten.

Der gedenket wohl, der stets im Gedächtniß führt: 1) Seine Sünde, daß er sie bereue, Gott um Vergebung bitte und des blutigen Verdienstes Jesu dagegen sich getröste. 2) Die Wohlthaten Gottes, daß er ihm demüthigst täglich dafür danke und zu fernerer Gnade bewege. 3) Den Tod, daß er sich auf ihn christlich und wohl bereite, wenn das Ziel seines Lebens da ist, zu sagen mit getrostem Herzen: Herr, nun lassest du deinen Diener in Frieden fahren!

Ein Anderer kann sich des Vergessens rühmen, der 1) nimmer gedenket an das Gute, so er gethan, damit er sich dessen nicht überhebe. 2) An das Ueble, so er erlitten, damit er sich an Niemand räche, und 3) an das einmal Verlorne, weil er es nimmer wieder bekommen kann.

Der Glückseligste ist, der das im Gedächtniss behält, was er nimmer verlieren und womit er den Himmel und die Seligkeit gewinnen kann.

Hier erinnere ich E. L. an die Worte des Apostel Paulus, 2 Tim. 2. V. 8: Halte im Gedächtniß Jesum Christum.

Die Welt und die darin wohnen gleichen dem Schenken Pharaos, der des Josephs nur allzu lange vergaß. Bei Christo heißt es: Siehe, ich habe dich in meine Hände gezeichnet, ich will deiner nicht vergessen.

Das nicht zu thun nahm er unser Fleisch mit sich in den Himmel, und daß wir sein nimmer vergessen, ließ er uns seinen allerheiligsten Leib und sein Blut im Abendmahle zu einem Gedächtniß.

Das Gedächtniß Jesu stärkt den Glauben, der Glaube wirket die Liebe, die Liebe befördert die Hoffnung, die Hoffnung erweckt das Verlangen nach ihm.

Ueber Israel klagte einst der Allmächtige, Jer. 18. daß der Schnee länger auf den Steinen im Felde bliebe als sein Gedächtniß bei ihnen. Daß uns das nicht vorgeworfen werde, widme ich E. L. , im Gedächtniß zu behalten Jesum den Gekreuzigten, zu den Frühestunden der dritten Woche in den Fasten ferner:

Sieben Merkwürdigkeiten am Oelberge.

Und bitte den Vater unsers Herrn Jesu Christi, Euer aller beständiges Gedächtniß sein zu lassen 1) das Krüglein, darin Jesus das Manna. 2) Den Schatzkasten, darin Jesus allein verschlossen. 3) Den Ring, darinnen Christus der Diamant. 4) Die Schale, darin er allein der Kern. 5) Das Haus, darin Jesus allein der Wirth sei, und 6) Den Granatapfel, dessen Krone allein der Herr bleibe.

Auch dann in andächtiger Umwandlung des schmerzlichen Oelberges christlich zu betrachten:

I. Den zitternden Felsen.

Felsen sind unbeweglich, darum nennt der Heiland den einen klugen Mann, der sein Haus auf einen Felsen bauet, Matth. 7. V. 24. David nennet seinen Gott seinen Fels und seine Stärke. Ps. 62. V. 8. 71. V. 3. Denn der Herr ist ein Fels ewiglich, Jes. 26. V. 4. Und von der Taube des Herrn, die Sulamitin, heißt es, daß sie in den Felslöchern wohne. Hohel. Salom. 2. 14. Dennoch schreibt der Evangelist von Christo Marc. 14. V. 33: Er sing an zu zittern und zu zagen; denn es lag auf diesem heiligen Gottes-Lamme der Fluch des ganzen Gesetzes, aller Welt Sünde. Er sahe den Kelch des bittern Zornes Gottes, den er trinken sollte: so steckten die Pfeile des Allmächtigen in ihm und die Schrecknisse Gottes waren auf ihn gerichtet, Hiob 6. V. 1. Darum fiel er gleich in eine tödtliche Ohnmacht: ich bin so ohnmächtig, sagt er selber, Ps. 77. V. 5. , daß ich nicht reden kann; und Ps. 40. V. 13: Es hat mich umgeben Leiden ohne Zahl, daß ich nicht sehen kann. Meine Seele ist voll Jammers und mein Leben ist nahe bei der Hölle. Ich bin wie ein Mann, der keine Hülfe hat, Ps. 88. V. 4. Seufzet herzlich:

Schönster unter den Menschenkindern, huldreichster HERR JESU CHRISTE! ich sollte geschlagen werden und du leidest die Strafe; ich sollte vor meinem Richter meiner Sünden wegen erbleichen und du wirst noch lebend zu einer blassen Leiche. Mein Fels, du zitterst für mich und deine allerheiligste Seele stehet für meine Schuld. O JESU! daß doch dein Knecht nimmer vergäße der Angst seines Herrn und dein Kind nimmer das Zittern seines Vaters und das Zagen seines Bruders. Ach HERR, laß mich aber vergessen Böses zu thun, daß du über meine Sünde nicht bitterlich weinen müssest. Laß meine Seele einen Ekel haben vor dem Bösen, um welches willen du höchstes Gut das schmerzlichste Uebel empfunden, daß ich nimmer Nebels thue, dies große Gut zu verscherzen. Laß mich stets gedenken, wenn fremde Schuld einen solchen Felsen beweget, welches Zittern ich verworfener Stein und Koth um eigener Sünde wegen nicht leiden müßte. Ach JESU! hilf mir wider die Sünde kämpfen um deines so tödtlichen Kampfes willen, dadurch du mir das Leben erworben. Habe Dank, o Heiland, für deine Mühe und Seelen-Arbeit, und laß mich deren selig genießen im Leben und im Tode, insonderheit in der letzten Sterbens-Noth, daß dein Zittern für mich den Todes-Schweiß mir lindre und Gnade und ewiges Leben bei deinem himmlischen Vater erwerbe. Amen.

II. Die Sonne auf der Erden.

Die Sonne ist gemacht, dem Tage vorzustehn, Ps. 136. V. 8. und ihn zu regieren, 1 Mos. 1. N. 16. Sie gehet auf und gehet unter, Pred. Salom. 1. V. 5. und ist nur einmal stille gestanden zu Gideon, Jos. 10. V. 12. Hier liegt die Tonne der Gerechtigkeit, Mal. 4. , auf der Erden: Und er fiel nieder aufsein Angesicht und betete. Matth. 26. V. 39. Er fiel nieder auf die Erde. Marc. 14. V. 35. Daniel betete auch knieend, Dan. 6. V. 20. nicht minder Petrus, Apost. Gesch. 9. 25. 40. und Paulus, Apost. -Gesch. 20. V. 36. nicht minder Elias, 1 Kön. 18. V. 42. Und es war in der ersten Kirche eine nicht geringe Schande, sonder Noth sitzend oder liegend zu beten. Wer Christo gleich sein will, muß auch hierin ihm nimmer ungleich werden. Der Vater im Himmel ist wohl so viel werth, daß die Kinder hienieden auf die Erde fallen und beten. Daß der Fluch von der Erde genommen würde, gab ihr Jesus am Oelberge den Segens-Kuß, und daß sie unsere Leiber künftig wiedergebe an jenem Tage, erschütterte er sie hier mit seinem allerheiligsten Leibe: Daß der irdische Mensch geistlich und künftig himmlisch werde, auch die Finsterniß der Erde erleuchtet werde zum ewigen Leben, wollte Jesus ihr hier Licht und Leben geben. Betet andächtig:

JESU, meine Wonne und Sonne! Ich danke dir für den Kuß, den du meiner Mutter der Erden gegeben, durch welchen du auch mich, mein Bruder, unserm Vater im Himmel wieder versöhnet, für mich gebetet und mein irdisches und fleischliches Verbrechen deinem Vater abgebeten hast. Er hat dich erhört, 0 mein Heil! zu meinem ewigen und unvergänglichen Heile. Erhöre du nun ferner mich, wenn ich vor dich trete, mein König! und lege dein hohepriesterliches Amt zwischen mir und deinem Vater ein, wenn ich bete, daß mein dürftiges Herz den Reichthum seiner Gnaden empfahe. O JESU, erleuchte dies mein himmlisches Herz und diesen meinen irdischen Leib, daß ich, was ich von dir habe, dir allein widme, und was ich von der Erde besitze, diesen meinen Leib, dir zu allem demüthigen Gehorsam heilige. Küsse meine beseelte Erde mit dem Kuß deines Mundes und laß mich also dein sein, wie du dich mein zu sein gütigst versprochen hast. So leb ich dir und sterbe mir, daß ich nach diesem Tode das Leben in dir ewig finde. Amen.

III. Den Himmel in der Hölle.

Todesfurcht fiel auf den Heiland, Furcht und Zittern kam ihn an und Jammer hatte ihn überfallen, Ps. 55. V. 5. Sein Herz bebte, seine Kraft hatte ihn verlassen und das Licht seiner Augen war nicht bei ihm, Ps. 38. V. lt. Es kam, daß er mit dem Tode rang, Luc. 22. V. 44. und die Bäche Belials erschreckten ihn, Ps. 18. V. 5. Alle höllischen Heerschaaren ließen ihre Macht wider ihn aus und es fiel auf ihn auf einmal alle Todesangst, Furcht und Noth, die wir in Ewigkeit hätten ausstehen sollen. So mußte Jesus, der Himmel, selbst die Hölle schmecken, ja so kämpfen, bis er dem Tode ein Gift und der Höllen eine Pestilenz würde, Jos. 13. V. 14. Betet herzlich:

Heiliger HERR JESU! der du für mich den Tod geschmeckt und das Schrecken der Verdammniß gekostet: heilige mein Herz zuvörderst mit Dankopfer für solche deine unaussprechliche Wohlthat. Nimm aber, mein Himmel, auch nimmer das Gedächtniß der Höllen von mir, daß ich nicht Werke thue, sie zu verdienen und dich und deinen Vater im Himmel zu betrüben. Laß deine Seelenangst mein Herz mit steter Furcht entzünden, das schädliche Feuer der Sünden täglich durch bittere Bußthränen zu löschen, und lehre mich erkennen deine Angst für mich, daß mich die Angst der verdammten Ewigkeit nimmer treffe. Deine Angst, o Heiland, sei mein Labsal wider alle Angst meines Gewissens, des Teufels, der Hölle und der Sünde. Laß mich, durch deinen Sieg aus der Hölle erlöst, ein Kind des Himmels und der ewigen Herrlichkeit werden. Amen.

IV. Das kalte Feuer.

Der Liebe Gluth ist feurig, daß auch viel Wasser nicht mögende Liebe auslöschen, Hohel. Salom. 8. V. 6. Dennoch ward sie bei Petro und seinen Gesellen so kalt, daß Jesus sie schlafend fand; ihre Augen waren voll Schlafs, und sie wußten nicht, was sie ihm antworteten, Luc. 22. V. 46. Matth. 26. 40. und Petrus insonderheit, der sich kurz vorher vermessen hatte, mit dem Heilande in allen Tod zu gehen, muß sich anschreien lassen mit dem: Simon, schläfest du? Marc. 14. V. 37. So war der Heiland in Schrecken, und niemand enthielt ihn, Jes. 63. V. 5. er wartete auf einen Tröster und fand keinen, Ps. 69. V. 22. denn er sollte die Kelter allein treten und der einige Mittler zwischen Gott und Menschen sein, 1 Tim. 2. V. 5. Unsere Schuldigkeit ist, mit christlicher Vorsicht und Gebet allezeit zu wachen, Eph. 6. V. 18. Col. 4. V. 2. auch mit Nüchternheit, 1 Petr. 5. V. 8. , zu warten auf die Zukunft Christi, Luc. 21. V. 36. Es ist aber unsrer Fahrlässigkeit Schuld, daß man oft rufen muß: Was schläfest du? Der Geist ist oft willig, aber das Fleisch ist schwach, Matth. 26. V. 41. und wer stehet, kann bald fallen, 1 Cor. 10. V. 12. So sucht auch der vergebens, der bei der in Liebe fast kalten Welt eine Erwärmung und bei den Schlafenden Trost heischet. Die Liebe ist erfroren in aller Menschen Herzen. So Gott Und sein Wort unser Beistand nicht ist in der Noth, werden wir mit den andern nur schlecht bestehen. Wie es diese Jünger mit dem Meister machten, machen es die Kinder dieser Welt mit den Söhnen und Töchtern Gottes täglich. Seufzet derowegen:

Ach GOTT! meiner Feinde sind viel und meines Unglücks noch mehr; ich suche überall Hülfe, Beistand uno Rath und finde ihn nirgends, mein Feind hasset mich und auch mein Freund verlässet mich. Wo soll ich denn fliehen hin? Zu dir, mein Gott alleine. Hilf mir, du Hüter Israels, der du nimmer schlummerst; wache für mich wider alles was gegen mich sein könnte. Und weil der Teufel umhergehet und suchet, welchen er verschlinge, hilf mir, daß ich ihn mit Beten, Wachen und Fasten austreibe und mit festem Glauben, als dem Schwert des Geistes, mich an dich halte, wider alle meine geistlichen und leiblichen Gegner kämpfe und durch den Glauben die Welt überwinde. Laß mich aber nimmer sicher, vermessen, noch auf mich selbst vertrauend erfunden werden; auch nie kleinmüthig, wenn mich gleich die ganze Welt verlassen würde. Du weißt, mein Gott, daß ich alles gering achte, so du nur meines Herzens Trost bleibest. Das bitte ich, das hoffe und gläube ich, darum bin ich fröhlich in aller Traurigkeit. Laß mich so bleiben bis in Ewigkeit, so mag es gehen wie es will in allem Leid und zu aller Zeit. Amen.

V. Die gestärkte Allmacht.

Es erschien ihm ein Engel vom Himmel und stärkte ihn, Luc. 22. V. 43. Der Nord-Wind und Süd-Wind wehete jetzt durch den Garten, daß seine Würze triefen sollte, Hohelied Salomos 4. 35. 16. darum redete der Engel den Heiland an: Gürte dein Schwert an deine Seite, du Held, es müsse dir gelingen; zeuch einher der Wahrheit zu gut und die Elenden beim Recht zu erhalten. Warum stellest du dich als ein Held, der verzagt, und als ein Riese, der nicht helfen kann? Ps. 45. Die Engel sind sonst gesandt zum Dienst derer, die die Seligkeit ererben sollen, Hebr. 1. V. 14. Hier muß ein Engel dienen dem, der sie erwerben soll. Ein Geist mußte den Gott der Geister trösten, denn er wollte ein wenig niedriger werden als die Engel, Hebr. 2. V. 9. daß er uns den Engeln gleich machte. Weil er unsere Schwachheit an sich genommen, wollte er auch solches Trostes theilhaftig werden, der unserer Schwachheit noth thut; ob er gleich, wenn er seine Majestät hätte gebrauchen wollen, keines Trostes bedürftig gewesen. Und wie der Herr gestärkt worden, wird er auch uns trösten in allen unsern Trübsalen, 2 Cor. 1. Betet andächtig:

Huldreichster HERR JESU! ich bin ein noch armer Jacobitischer Pilgrim auf Erden, und weiß nicht, welcher grimmige Esau auf mich stoßen könnte. Laß mir denn auf solchen Fall deine Engel beistehen, daß sie eine Wagenburg um mich her schlagen, wider alle Gefahr mich zu behüten , daß ich meinen Fuß nicht an einen Stein stoße. Ja, HERR JESU, der du in deiner großen Angst die meinige hast kennen lernen: erbarme dich meiner Schwachheit, wenn sie zu viel sollte tragen müssen, und stehe mir bei durch deine Kraft, denn indem du versucht worden, du gelernt Mitleiden mit mir zu haben. Mein Heiland, laß es mir nimmer gebrechen an einem Kraft-Engel, mich zu starken, an einem Trost-Engel, mich zu trösten, und an einem Dienst-Engel, meine Seele an meinem letzten Ende in Abrahams Schooß zu tragen und zur Gesellschaft aller Auserwählten zu bringen. Erhöre mich, du Engel des großen Bundes. Amen.

VI. Der Teufel unter den Aposteln.

Judas war ein Apostel und Jünger Jesu, er hatte den Beutel und trug was gegeben ward, Joh. 12. V. 6. So hatte er auch Macht wie die andern Apostel über die unsaubern Geister, sie auszutreiben und allerlei Seuchen und Krankheiten zu heilen, Matth. 10. V. 1. Doch ward er selber zu einem lebendigen Teufel und aus einem Geizhals zum Verräther des Herrn, den er um dreißig Silberlinge oder fünfzehn Reichsthaler verkaufte; ja zu einem unbarmherzigen Meuchelmörder, der den Elenden und Armen verfolgte, und den Betrübten, daß er ihn tödtete, Ps. 109. V. 16. Ein rechter Heuchler im Gottesdienst, ein Ungläubiger im Glauben und ein Geizhals an Begierden. Da er die Schäflein Christi führen sollte, ward er ein Führer der höllischen Wölfe; da er die Menschen zu Christo führen sollte, an ihn zu glauben, gab er ihnen Anschlag ihn zu fangen; anstatt er sollte weisen, wie man Christo nachfolgte, geht er mit ihnen auf den Oelberg, den Herrn zu verfolgen. Er ist gekleidet wie ein Apostel und trägt doch den Satanas inwendig im Herzen; er hieß ein Bekenner der Ehre, und ward ein Ehrenschänder. Den Kam hieß seine Mutter auch einen Mann des Herrn, und er ward gleichwohl ein Mörder. Es befreiet uns weder Name, Amt oder Würdigkeit von der Bosheit, wenn wir nicht gottselig sind. Die Heuchelkappe mag sich brüsten so lange sie kann, sie wird doch zuletzt entdeckt: und der lange als Apostel umhergewandelt, als ein Feind und Verräther des Herrn gerichtet. Betet herzlich:

Gütigster HERR JESU! Ich erschrecke vor dem Teufel als ein Mensch, denn er hat einen David berückt, einen Salomo betrogen und einen Apostel zum Verräther gemacht. Ich bin aber gewiß, du werdest, o HERR, der Schwachheit deines Knechtes zu statten kommen, und ob der Teufel mich sichten würde wie den Weizen, meinen Glauben dennoch nicht lassen untergehen. Du kennest, HERR, das Herz deines Knechtes! Hilf durch den heiligen Geist, daß ich allezeit stehe und nimmer falle. Bewahre mich vor Geld- und Ehrgeiz, vor Vermessenheit und Bosheit, vor des Teufels und seines Anhangs Tücken: mein Herz, daß es nichts Böses bewege und meine Seele, daß sie nichts Uebels meine, ich das Ende bei dem Anfang wohl bedenke, den Teufel allezeit fliehe und keinem Heuchler zu viel traue. Deine Allwissenheit ließ sich willig berücken, wie leicht wird denn mein schlechtes Wissen können verleitet werden! Gieb es nimmer zu, mein HERR. Behüte alle die Deinen und alle Menschen vor heuchlerischen Freunden und freundlichen Feinden, so werden wir alle keine Noth haben, und so lange du unser Schutz bist, vor dem Teufel selbst uns nicht fürchten dürfen. Amen.

VII. Die verzagten Helden.

Als nun Jesus wußte alles, was ihm begegnen sollte, ging er hinaus und sprach zu ihnen: Wen suchet ihr? Sie antworteten ihm: Jesum von Nazareth. Jesus sprach zu ihnen: Ich bins. Da wichen sie zurück und fielen zu Boden, Joh. 17. V. 12. Die Stimme des Herrn gehet mit Macht, die Stimme des Herrn gehet herrlich, die Stimme des Herrn zerbricht die Ledern in Libanon, Ps. 29. V. 3. Simson erschlug mit einem Hirtenstabe sechshundert Mann, Richt. 3. V. 31. und Schamgar mit einem Esels-Kinnbacken tausend Mann, Richt. 15. V. 15. Christus aber schlägt mit zwei Worten alle Geharnischte der, Romer und Pharisäer zu Boden. So siel Saul zu Boden, Apost. Gesch. 9. V. 6. , als diese Stimme ihn anrief. Hatte Jesu Wort solche Kraft im Stande der Erniedrigung, gedenket, was es in dem der Erhöhung nicht für Kraft haben werde, wenn den Gottlosen wird gesagt werden: Weichet von mir, ihr Uebelthäter, Matth. 7. V. 23. Im Uebrigen ist aller Menschen größte Macht gegen Gottes Allmacht nichts und ihr größtes Werk gegen sein einiges Kraftwort vergebens; die Kirche des Herrn ist auf einen guten Fels gegründet; Teufel und Menschen mögen sie verfolgen, doch sollen der Hölle Pforten sie nimmer überwältigen. Betet derohalben:

Allerliebster Heiland! Ich fürchte mich nicht vor viel Tausend, die sich wider mich legen könnten. Dein Wort allein ist mir Schutz genug wider alle Teufel, Welt und Menschen. Das Einige bitte ich von dir, erweise dich ferner mächtig und als ein Held wider die Feinde deiner Kirche; mache ihre blutigen Anschläge zu nichte und errette die Seele deiner Turteltaube aus ihrer Hand. Sprich auch zu mir ein freundlich Wort in meinem Leid, das im Leben oder Sterben mich treffen könnte, und laß in der letzten Todesstunde mich das Freudenwort hören: Ich bin JESUS, der dich einführen will zum ewigen Leben. So will ich dir, mein Hirt, mit Freuden folgen, alle Schmerzen vergessen und mit dir, mein Licht, das finstere Thal des Todes getrost durchwandern, auch von allen Sünden durch dich erlöset, ein Kind werden des ewigen Lebens. So bin ich dein, und du bist mein, warum sollt ich denn traurig sein. ? Amen.

Zu den Abendstunden der dritten Fastenwoche übergebe ich E. L. nachdenklich zu betrachten

I. Die blinden Luchse.

Der Heiland geht seinen Feinden getrost entgegen und fragt sie: Wen suchet ihr? Joh. 18. Sie aber, ob es gleich eben der Vollmond war, und sie überdem Fackeln, Lampen und Leuchten bei sich hatten, konnten den Herrn nicht sehen noch weniger erkennen, obgleich Judas mit ihm so viel Jahre umgegangen war und er den meisten Andern so unbekannt nicht hat sein können. Ebenso konnten die Sodomiter das Haus Loths nimmer finden, 1 Mos. 19. V. 21. auch die Syrer den Elisa nicht erkennen, 2 Kön. 6. V. 26. So gewaltig herrscht Gott unter seinen Feinden, Ps. 110. V. 2 zerstreuet all ihren Math und ihre Anschlage und macht sie mit sehenden Augen blind und mit hörenden Ohren taub. Wer bist du denn, daß du dich vor Menschen fürchtest? Betet andächtig:

Liebster JESU! unsere Augen warten auf dich, und wenn wir dich im Glauben sehen, wandeln wir nimmer in Finsterniß. Ich bitte dich demüthigst, öffne mir die Augen in deinem Wort, dich zusehen, weil ich lebe, bis ich dich nach meinem Tode von Angesicht zu-Angesicht schaue. Laß mich nimmer am Verstande blind werden, allezeit aber durch deines Geistes Beistand sehen auf die Erde, die ich selbst bin, auf das was ich künftig werden möchte. Staub und Asche, und das, was ich im Himmel durch dein Verdienst werden soll, ein Kind des Himmels und der Seligkeit. Hilf mir so zu leben, daß ich meiner Hoffnung nicht fehle. Erleuchte die dich nicht kennen oder sehen, verblende aber deine Feinde, die dich muthwillig in deinen Gliedern verfolgen, daß sie einen Fehl gebären und ihr Rathschlag nimmer bestehe. Erweise deine Macht, allmächtiger HERR! wenn ich ihrer bedarf, und errette mich von allem, was wider dich und mich sein kann. Dir sei Ehre in Ewigkeit! Amen.

II. Den kriegerischen Priester.

Da hatte Simon Petrus ein Schwert, und zog es aus und schlug nach des Hohenpriesters Knecht, und hieb ihm sein rechtes Ohr ab, Joh. 18. V. 10. Einer gegen tausend war viel gewagt; und so Amt und Befehl dieses Heldenthum begleitet, dürfte der Sache so übel nicht nachgeredet werden. Christus hatte wohl befohlen, ein Schwert zu kaufen, er deutete aber nur auf die Nothwendigkeit in der Zeit, so kommen würde. Des Schwertes Gebrauch aber im Apostelamte hatte er nie geboten, und das ausdrücklich verboten, in ein fremd Amt zu greifen. Schwert und Wort gehören nicht an einen Ort. Und ob Christus gleich die Käufer und Verkäufer aus dem Tempel gepeitscht, hat er gleiches zu thun den Aposteln nie befohlen, ihm aber viel vorbehalten, darin er keine Gleichen haben wollen. So ist die wahre Religion nicht zu vertheidigen mit Tödten, sondern mit Erduldung des Todes. Die Waffen der Kirche sind nur geistlich, 1 Cor. 10. V. 4. von geharnischten Pfaffen weiß die Schrift nichts, ohne wenn sie das Schwert des Geistes führen, Eph. 6. V. 17. So ist auch kein Eifer Gott angenehm, als der auf den Grund des göttlichen Willens gegründet ist. Der thut am besten, der seines Berufs wahrnimmt, ein Geistlicher sonderlich, so er in weltliche Händel sich nicht mischt. Und der verdient den höchsten Ruhm, der mehr Friede sucht als unnöthigen Krieg anfängt. Seufzet herzlich:

HERR JESU! mein Hirte, laß mich überall dem gehorsames Schäflein bleiben und die Fußtapfen deines Gehorsams gegen deinen Vater und der Sanftmuth gegen alle meine Feinde so betreten, daß ich nimmer gegen deine Gebote handle, wozu du mich bestellt, das fleißig ausrichte, unbefohlener Dinge mich nimmer annehme, in keiner Sache vermessen handle noch meinen Kräften zu viel traue, am wenigsten meinen Willen und Meinung meinen Meister sein lasse, sondern allezeit mich in kindlicher Furcht finden lasse in dem, was mir befohlen. Hilf mir das so verwalten, daß ich an dir einen gnädigen Gott, in mir ein gut Gewissen und bei der Nachwelt einen guten Namen habe und behalte. Latz mich friedfertig mit jedermann umgehen, so viel mein Amt und Gewissen ertragen kann, daß ich mich an keinem meiner Feinde selbst räche, sondern dir die Rache und Sache überall befehle. Das hilf mir, HERR JESU! Amen.

III. Den grausamen Kuß.

Judas nahete sich zu Jesu, ihn zu küssen, und küssete ihn, Matth. 26. V. 40. Der Täufer achtet sich nicht werth, des Herrn Schuhriemen aufzulösen; der Hauptmann schätzte sich zu gering, daß der Heiland in sein Haus käme; die bußfertige Magdalena netzte nur die Füße des Herrn mit ihren Thränen; der Verräther allein hat das Herz, seinen falschen Mund an tue Lippen und das Angesicht des Heilandes zu drücken, und zwar zu verschiedenen Malen, nach Art der orientalischen Volker, bei welchen der Kuß ein Zeichen der Freundschaft, auch der Liebe und Versöhnung war. Also küssete Moses seinen Schwätzer, den Jethro, 2 Mos. 18. V. 7. So ist ein Heuchler verwegener zu Gott sich zu nahen, als ein Gläubiger, der Gott mit Furcht dienet und sich freuet mit Zittern, Psalm 2. V. 11. Christus verweist diesem Verräther unter der Anrede: Mein Freund, warum bist du kommen? seine Untreue und Undankbarkeit und zeigt ihm die Begierde nach seiner Besserung. Es wollte aber dieser Parder seine Flecken nicht wandeln und von dem Teufel einmal so fest gebunden wieder los werden. Darum klagte der Herr über seine verstockte Bosheit und dadurch verstellte heuchlerische Freundschaft: Wenn mich mein Feind schändete, so wollte ich mich vor ihm verbergen, du aber bist mein Geselle, mein Pfleger und Verwandter, Ps. 55. V. 13. Mein Freund, dem ich mich vertrauet und der mein Brod isset, tritt mich mit Füßen, Ps. 41. V. 10. Das Einige war wohl sehr unnöthig, daß Judas mit so viel Gewaffneten und Geharnischten kommt; dieses Lamm wollte nicht entlaufen und dieses willige Opfer sich nicht zwingen lasten; dieser Isaac wollte geopfert sein, er gab sich selbst dahin, daß uns der Vater für den Tod das Leben und für der Hüllen Bande das Bündlein der Lebendigen schenke. Aber was der Gottlose hört, das schreckt ihn, und wenn's schon Friede ist, fürchtet er sich doch, Hiob 15. V. 21. Der Uebelthäter fürchtet sich, da nichts zu fürchten ist, Ps. 14. V. 6. Doch mußten die Vorbilder in dem Bilde selbst erfüllt werden. Darum versammelten sich wider Jesum, das heilige Kind Gottes, Herodes und Pontius Pilatus mit den Heiden und dem Volke Israel, Apost-. Gesch. 4. V. 27. Diese koppeln sich wider Christum zusammen, Juden und Heiden, mit Stricken Unrecht zu thun und mit Wagenseilen zu sündigen Jes. 5. V. 18. Die Feinde der Kirche Christi brauchen noch heute ihre Stangen und Schwerter; die Waffen unserer Ritterschaft aber sind geistlich, 2 Cor. 10. V. 14. Darum wird Gottes Wort wohl bleiben was es ist, und die Kirche wider alle ihre Feinde wohl bewahrt werden, der Feinde Spieß aber in ihren eigenen Leib fahren. Betet zu Gott:

Freundlichster HERR JESU! meiner Feinde Mund ist süßer als Honig, und haben doch Krieg im Sinn; ihre Worte sind gelinder denn Oel und sind doch bloße Schwerter: sie haben Jacobs Stimme und doch Esaus rauhe Hände. Die ganze Welt ist voll Falschheit, man fleißiget sich darauf, wie einer den andern betrüge. Mein GOTT! laß mich nimmer in diese Verdammniß bringende Gesellschaft kommen oder von ihnen berückt werden. Laß aber meine Liebe gegen den Nächsten ohne Falsch sein und meine Rede Ja Ja und Nein Nein. Laß mich, o JESU, dich küssen mit dem Kuß des Gehorsams und ungefärbter Liebe, dich fürchten und im Glauben dir anhangen, daß ich nichts aus Heuchelei gegen dich oder meinen Nächsten thue, sondern in Aufrichtigkeit der Seele dich ehre und ihm diene, bis ich dein herrlich Angesicht im Himmel mit Freuden schaue. Amen.

IV. Den ungeschriebenen Schutzbrief.

Jesus antwortete: Suchet ihr mich, so lasset diese gehen; auf daß erfüllet würde, was er sagt: Ich habe der keinen verloren, die du mir gegeben hast, Joh. 17. V. 12. C. 18. V. 6. Gott decket die Seinigen in seiner Hütte zur bösen Zeit und verbirgt sie heimlich in seinem Gezelt, und erhöhet sie auf einen Felsen, Ps. 27. V. 5. und spricht zu den stolzen Verfolgern seiner Kirche: hier sollen sich legen deine stolzen Wellen, Hiob 38. V. 11. Kraft dieses Passes mußte Laban und Esau den Jacob frei ziehen lassen, und durften beide ihm auch kein hart Wort zureden, 1 Mos. 31. V. 24. Kap. 35. V. 4. Und dabei bleibt es allezeit: die, welche Gott erhalten will, haben gegen ihre Feinde bei sich das Wort des Herrn: Lasset mir diese gehen. Christus liebte die Seinigen bis ans Ende und wie er ihrer nicht vergaß auch in seiner selbsteignen äußersten Noth, so wird er auch unser keins vergessen m seiner Herrlichkeit, Jes. 49. V. 16. noch weniger den Gerechten in Unruhe lassen, Ps. 55. V. 28. Er hat aller Menschen Herz in seiner Hand, auch des Todes Macht und des Teufels Gewalt, der Sünden Fluch und der Höllen Gefängniß; zu allen wird es heißen, so wir im Glauben beständig an ihm bleiben: Lasset mir diese gehen. Weitern Paßbriefes bedürfen wir nicht, dem Satan selbst ist sein Ziel gesetzt, Hiob 1. V. 12. und ohne Gottes Willen kann uns nichts begegnen, Matth. 26. V. 30. Lasset mir diesen gehen ist der Anfang, das Ende und der Nutzen der ganzen Passion unsers Heilandes. Das ist gesagt allem Unglück: Lasset diesen gehen, denn seine Schultern vermögen die Bürde nicht zu tragen. Wider dies Wort kann auch die grausamste Pestilenz nichts. Diejenigen, welche das Zeichen des Herrn und seines Blutes haben, muß der Würgengel gehen und leben lassen, ob ihrer sonst noch so viel Tausend stürben. Ist es also, sprecht zu Eurer Seele: Was bekümmerst du dich? der Herr wird dich auf einen Felsen erhöhen, daß dir keine Fluth schade, Ps. 27 und in seinem Zelt verbergen, daß dich kein Ungewitter treffe. Betet herzlich:

Allmächtiger GOTT! du hast dem Meere seine Grenzen gesetzt und kannst der Löwen Rachen gebieten, den Daniel nimmer zu verschlingen. Denn keine Macht auf Erden vermag etwas, so du ihr die Gewalt nicht giebst. Ich werfe mein Anliegen allein auf dich. Soll ich mit Menschen streiten, laß deine Kraft meinen Schutz sein; wird mein Widersacher mich ängstigen, so lege ihm einen Zaum an und hindre seine Hand, daß er sie nach mir nicht ausstrecken kann; will Moses mich verschlingen, gebiete ihm, daß er mich gehen lasse, denn dein Sohn hat mich dir versöhnt. HERR JESU! wenn die Stunde meines Todes kommen, mein Gewissen mich betrüben, die Angst des Sterbens mich umfangen und die Hölle mir Furcht und Schrecken machen will, laß mich alsdann hören dein gnädiges Wort: Lasset mir diesen gehen. So werde ich aus aller Traurigkeit errettet mit fröhlichem Herzen freudig sterben, meiner Feinde wird keiner mir schaden, mein Ankläger wird verstummen und ich zu dir mit Frohlocken in den Himmel gehen. Amen, so geschehe es!

V. Den geliebten Feind.

Jesus rührte sein Ohr an und heilte ihn, Luc. 22. V. 21. Matth. 26. V. 27. Der Verwundete, dem Petrus das Ohr abgehauen, war Malchus, ein Knecht des Hohenpriesters, der dem Heiland hernach den Backenstreich gegeben. Den heilet Christus, Israels Arzt, 2 Mos. 15. V. 26. nach der Lehre, die er selbst gegeben, Matth. 5. V. 34. : Liebet eure Feinde. So wir uns Christi rühmen, gebührt uns gleichermaßen in seine Fußtapfen zu treten, insonderheit in dem Umgange mit unsern Feinden. Gott läßt seine Sonne aufgehen über Böse und Fromme, auch regnen über Gerechte und Ungerechte; wir sind schuldig allen Menschen Gutes zu erweisen, auch denen, die uns am meisten beleidigt haben. Das wird nicht schwer sein, so wir das Vorbild des gütigen Heilandes uns stets vor Augen stellen und das bedenken, daß an unserm Feinde Gott unsere Geduld prüfen wolle. Das Böse an einem Gottlosen zu lieben ist nirgends geboten; gleichwohl, ob auch ein Gottloser Mangel am Brot hatte, bleibt es unsere Pflicht nach als vor seiner Armuth uns zu erbarmen, wenn der Arme es schon nicht werth wäre. So urtheilte vormals ein Heide, dem man vorwarf, daß er sein Almosen einem gottlosen Menschen gegeben, nicht ihm, sagte er, sondern seiner Armuth. Uns gebührt es, in aller Art gegen menschliches Elend und menschliche Schwachheit uns also zu verhalten, daß, wenn wir ihn nicht mehr ausrichten können, doch feurige Kohlen auf das Haupt des Widersachers sammeln, Röm. 12. V. 20. Betet inbrünstig:

Allerliebster HERR JESU! Liebst du so deine Feinde, wie gütig wirst du denn nicht sein gegen deine Freunde! Ich bitte dich herzlich, laß mich in die Fußtapfen deiner Geduld treten gegen alle, die mich beleidigen, und ihnen nach allem Vermögen alles Gute erweisen. Sollte ich aber an Seel oder Leib verwundet werden, heile du mich, HERR, so werde ich von Grund aus geheilt sein; insonderheit aber vergieb mir alle meine Sünde und heile alle meine Gebrechen, so werde ich überall völlige Genüge haben. Amen.

VI. Die gebundene Freiheit.

Sie banden ihn, Joh. 18. V. 12. Große Farren umgaben ihn und fette Ochsen umringten ihn, Ps. 22. V. 13. Der Herr ließ sich freiwillig von ihnen binden, daß er erlösete, die aus Furcht der Hölle und des Todes im ganzen Leben hätten gefangen sein müssen, Hebr. 2. V. 25. Seine Liebe sind Taue und Bande, Hos. 11. V. 4. die zogen ihn vom Himmel auf die Erde und von der Erde ans Kreuz, zur Erfüllung des Gesetzes, dessen Bande und Stricke wir zerrissen, Ps. 2. V. 3. Darum ließ der Herr sich binden, daß er dem Vater gehorsam würde und von diesen Banden uns befreiete, Phil. 2. V. 8. So war die Sünde eine Bande, Jes. 5. V. 18. darum Christus, uns davon zu erlösen, sich in die Menschen mutzte binden lassen, das uns auch die Stricke des Todes nicht im Grabe hielten. Was wehe thut, ist uns Bande genug, und wer kann alle Wehen in der Ehe mit Gott zählen? Laß sie aber immerhin unzählich sein: Gott zählet alle unsre Thränen, wie er auch die Haare auf unserm Haupte gezählt, daß ihrer keins verloren geht ohne seinen Willen. Das größte Band des Wehes empfinden wir, wenn wir krank sind. Mit diesen Banden ist Christus nicht gebunden worden, denn er war ohne Sünde, dem Ursprunge aller Krankheit. Gleichwohl hat er auf sich genommen unsre Seelenkrankheit sowohl als die des Leibes, daß er Mitleiden mit uns habe. Deswegen lud er auf sich unsere Krankheit und nahm auf sich unsere Schmerzen, auf daß wir Friede hätten, Jes. 53. V. 4. Käme es nun dahin, daß jemand ein Lazarus sein müßte, Luc. 16. V. 20. oder wie ein Andrer dreißig Jahre siech liegen, Joh. 5. V. 5. auch gar ein Krüppel werden, hat er darum nicht zu verzagen. Mit welcher Noth wir Gott preisen sollen, muß uns gleich viel sein; es wird doch die Zen kommen, daß wir von allen Banden wieder befreiet werden, auch reichlich des ewigen Trostes und seiner himmlischen Freudigkeit genießen, wenn wir auf Erden des Tages Last und Hitze getragen^ Matth. 20. V. 12. Wer sich solche Freude vorstellt, achtet keine Banden, die über ihn kommen könnten.. Betet herzlich:

Süßester HERR JESU! Ich danke dir. für alle deine Liebe und deine Bande, die du für mich übernommen. Du hast meine Bande zerrissen. Ich will dir Dank opfern und des Herrn Namen predigen, ich will mein Gelübde bezahlen vor allem Volk, in den Vorhöfen Gottes. Hilf mir, mein liebster HERR JESU! daß ich mich nicht mehr den Sünden verbinde und wider dich, du heiliges Kind Gottes, muthwillig mich empöre, sondern mich erneuere durch Veränderung meines Sinnes, auch den Rock der willigen Sünde nimmer wieder anziehe. HERR! der du den Gefangenen eine Oeffnung und den Gebundenen eine Erledigung erworben, laß mich hinfort in den Seilen deiner Liebe einher gehen. Zeuch mich nach dir und laß mich alle Bande, die deines Namens wegen über mich kommen möchte, für Ehre achten, weil du meinetwegen keine Schande zu gering gehalten, mich in den Himmel zu bringen. Verbinde dich, meine Liebe mit mir und mich mit dir, daß mich weder Hohes noch Tiefes, weder Tod noch Leben von dir scheide. Erhöre mich, o JESU! Amen.

VII. Den unbeständigen Beistand.

Und die Jünger verließen ihn alle und flohen Marc. 14. V. 50. Das thaten seine Freunde, denen er nichts hatte mangeln lassen, Luc. 22. V. 35. da er ihnen schon ein sicheres Geleit gegeben, Joh. 18. V. 8. Insonderheit Petrus, der sich allein eines Großen vermessen, Marc. 14. V. 29. , auch Johannes, den der Herr besonders liebte, Joh. 13. V. 23. und Thomas, der kurz zuvor gesagt: Lasset uns mit ihm ziehen, daß wir mit ihm sterben, Joh. 11. V. 16. So verlassen die Schafe den Hirten, die Jünger den Meister, die Kinder den Vater. Sie sind alle leidige und flüchtige Tröster, darauf wir in der Welt uns verlassen; Noch und Tod erprobt die Freunde, deren gehen ihrer wohl hundert auf einen rechten. Es giebt viel Freunde in guten Tagen, aber in der Noth halten sie nicht aus, Sir. 6. V. 8. Ein Freund liebet allezeit, Sprüche 17. V. 17. Aber David und Jonathan sind todt, 1 Sam. 18. auch Ruth und Naemi dahin, Ruth 1. V. 17. Was übrig, ist weder kalt noch warm. Der hat den besten Theil und den getreusten Freund erwählt, der sich mit Maria an Christum hält. Wer Glauben und gut Gewissen nicht verliert und wenn er sonst von allem, was in der Welt ist, verlassen würde, hat Beistands genug. Des Herrn Auge stehet nach dem Glauben. Wo der ist, ist Christus, und wo dieser, alles; das Andere können wir leicht entbehren. Betet kindlich:

Freundlichster HERR JESU! Ich verlasse mich nicht auf die Welt, denn sie ist hinfällig, nicht auf Menschen, denn sie sind unbeständig; nicht auf Geld und Gut, noch weniger auf Ehre und Glück, denn es hat alles seine Tücke und es ist alles gebrechlich wie ein Rohrstab, darauf ich mich stützen würde. Darum verlangt meine Seele allein nach dir. Bleibe du mein Beistand in der Noth, so frage ich nichts nach Himmel und Erde und allem, was darin ist; wo du bist, da ist Mein Himmel. Hilf mir aber, mein Hort! daß ich dich nimmer lasse, bis du mich gesegnet mit deinem Reich, auch in aller Trübsal beständig an dir bleibe , dein Kreuz willig auf mich nehme und das meinige dir zu Ehren mit Freuden trage. Das hilf mir, o JESU! durch dein Kreuz und deinen Tod, jetzt und in der letzten Noth. Amen.

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