Lambs, Jean-Philippe - Die Jung St. Peter-Kirche in Straßburg. - §. 2. Orgel.
Die erste Meldung von der im Schiff der Kirche befindlichen Orgel fällt in das Jahr 1591, wo die damals vorhandene auf Kosten des Capitels renoviert und mit einem Register vermehrt wurde. Diese Reparatur kostete das Stift 400 Pfund, und der Orgelbauer, welcher die Arbeit übernommen hatte, hieß Hans Klein von Donauwerth1).
Im Jahr 1608 wurde sie abermals repariert; die Stadt machte die Auslage für die Kosten, weil das Capitel sich der Reparation wegen weigerte. Bald darauf aber ersetzte es der Stadt Straßburg Pfenningthurm die Kosten, mit 246 Pf. 14 Sch. 1 D.2)
Im Jahr 1642 hatte dieselbe abermals einige Reparaturen nothwendig, welche durch „Hanß Jakob Baldner,“ Bürger und Orgelmacher allhier zu Straßburg ausgeführt wurden 3).
Die gänzliche Unbrauchbarkeit dieses Werkes veranlaßte endlich den Kirchenvorstand im Jahr 1707 bei der Stadt um eine neue Orgel anzuhalten, was aber verweigert wurde. Man begnügte sich mit der alten bis zum Jahr 1719. Da wandte sich der Kirchenvorstand an das Capitel und hielt um eine neue Orgel an. Dieses weigerte sich förmlich, ungeachtet der frühern Friedensverträge, nach welchen es ihm oblag, „die evangelische Kirche zum Jungen St. Peter in Gebäu, Dach, Mauren, Fenstern, Orgel und vielem Andern, zu erhalten,“ und ungeachtet einer gerichtlichen Aufforderung, die an dasselbe ergangen war.
Dieser förmlichen Weigerung wegen, reichten nun die Oberkirchenpfleger, Pfarrer und Gemeinde-Mitglieder, ein auf die frühern Verträge und Friedensschlüsse gegründetes Memoriale an den königlichen Gerichtshof in Colmar (Conseil souverain d'Alsace) ein, welcher den Ausspruch that; „daß das Capitel in die lutherische Kirche von Jung St. Peter eine neue Orgel müsse machen lassen.“4)
Nach diesem Erlaß schloß, Namens des Capitels vor Notar und Zeugen, Jean Francois Riccius, Chanoine écolàtre de l'insigne église collégiale de S'-Pierre-le-jeune, mit Joseph Walerin5), Orgelbauer in Straßburg, einen Contrakt, nach welchem derselbe eine neue Orgel in das Schiff der Kirche zu verfertigen hatte. Dieses Werk dauerte bis 1779. Nach abermaliger Unbrauchbarkeit desselben schloß der Kirchenvorstand mit Johann Andreas Silbermann6) einen Akkord für ein neues Werk, für die Summe von 6000 Livres, wozu das Capitel 4600 Livres schoß; für die alte Orgel bezahlte die Hohe Schule 1000 Livres und den Rest der Summe trug die Kirchenkasse. Außerdem wurden 400 Livres an den Bildhauer Malade für die Zierrathen und Bildhauerarbeiten daran, bezahlt. Dieses im Jahr 1780 errichtete Werk ist das letzte von Johann Andreas Silbermann, und ist auch die bis auf den heutigen Tag in unserer Kirche gebrauchte Orgel. Es bestund damals das Werk in einem Manuel- und einem Pedal-Clavier, mit 16 Registern, 680 Pfeifen und 3 Blasbälgen7).
Im Jahr 1819, ließ der Kirchenvorstand, um das Werk zu vervollständigen, ein Positiv mit 6 Registern und 306 Pfeifen dazu machen. Conrad Sauer, Sohn, dessen Vater Silbermanns Schüler gewesen war, hatte die Arbeit übernommen, welche die Kirche etwa 1500 Franken kostete. Das ganze Werk hat jetzt 22 Register, 1286 Pfeifen und 3 Blasbälge.
Im Jahr 1827 wurde die Kirchenstube vermittelst Durchbrechung der Mauer, und durch Hinzunahme einer offenen Capelle vergrößert und zum Gottesdienste eingerichtet, in welchem bei großer Kälte die Nachmittagsgottesdienste können gehalten werden; auch dient dieser Kirchensaal zu Abhaltung von Leichen, Taufen und andern kirchlichen Akten8). Der Mangel einer Orgelbegleitung beim Gesang in diesem Kirchensaale wurde aber immer fühlbarer. Da beschloß der Kirchenvorstand, dem längst gefühlten Bedürfniß durch Errichtung einer Orgel abzuhelfen, und übertrug das Werk dem Orgelbauer Martin Wetzel allhier, der nach einem mit ihm am 14. Juli 1837 abgeschlossenen Akkorde, das Werk für 1800 Fr. zu liefern versprach. Diese kleine Orgel hat ein Manuel- und Pedal-Clavier, mit 54 Claves, 8 Registern, 415 Pfeifen und 2 Blasbälgen.
Gleich den übrigen protestantischen Kirchen hatte auch unsere Jung St. Peter Kirche, von frühern Zeiten an bis zur Revolution, ihre sonntägliche Vokal- und Instrumentalmusik, ihre Musikalien und Instrumente. Zur Beförderung der Musik wurden durch wohlthätige Personen Legate vermacht, unter andern durch den Rathsherrn Johann Daniel Steinbock, zufolge Testament vom 5. Februar 16459), wodurch jeder der 7 Pfarrkirchen ein Kapital von 200 Gulden zugewiesen wurden; ferner legierte Anton Cuvelier, Handelsmann10), zufolge Testament vom 20. Mai 1626, 100 Gulden zur Figural-Musik11). Eben so wurde das in die Kirchensäcklein an den Festtag-Abendpredigten eingelegte Geld, laut HHrn. Räth u. XXI Decret vom 23. Juli 1697, für die Musik angewendet12). Außerdem wurden auf Erkenntniß der HHrn. Räth u. XXI zur Erhaltung der Musik von folgenden Stiftern beigetragen: 1) vom Pfennigthurm 24 fl.; 2) vom Frauenhaus 24 fl.; 3) vom Stift St. Nicolai in undis 6 fl.; 4) vom Blatterhaus 4 fl. und 5) vom Stift zu St. Mary 24 fl.
Allein die Revolution von 1789 raubte unserer Kirche den größten Theil ihres Vermögens und die auf löblicher Stadt Pfennigthurm angelegten Capitalien, worunter die meisten für die Armen, gingen alle verloren, und somit waren auch die Ausgaben für die Musik die ersten, welche unterblieben. Bis zu jener Zeit wurde die Musik durch Choragen geleitet, welche zugleich auch Schullehrer waren.
An musikalischen Instrumenten besaß zur Zeit die Kirche: 4 Violinen, 2 Hautbois, 2 Bratschen, 2 Fagotte, 1 Baß-Violinen und 1 Posaune13). Geschriebene und gedruckte Musikalien14) waren ebenfalls in Menge vorhanden, die theils geschenkt, theils angekauft wurden. Instrumente und Musikalien sind aber alle spurlos verschwunden.
Gleich ausgezeichnet war Silbermann auch als Litterator und Alterthumsforscher. Seine Lokalgeschichte der Stadt Straßburg, seine Beschreibung von Hohenburg oder Odilienberg sind bekannt. Außerdem hat er viele handschriftliche Sammlungen hinterlassen, die sich auf der Stadtbibliothek befinden.