Krummacher, Friedrich Wilhelm - Lebewohl an die Dreifaltigkeits-Gemeine zu Berlin.

Krummacher, Friedrich Wilhelm - Lebewohl an die Dreifaltigkeits-Gemeine zu Berlin.

Abschiedspredigt über Apostelgeschichte 20, 22-32. gehalten den 3. Juli 1853.

Apostelgeschichte 20, 22-32. Und nun siehe, Ich, im Geist gebunden, fahre hin gen Jerusalem, weiß nicht, was mir daselbst begegnen wird ohne daß der heilige Geist in allen Städten bezeuget, und spricht: Bande und Trübsal warten meiner daselbst. Aber ich achte derer keins, ich halte mein Leben auch nicht selbst theuer, auf daß ich vollende meinen Lauf mit Freuden, und das Amt, das ich empfangen habe von dem Herrn Jesu, zu bezeugen das Evangelium von der Gnade Gottes. Und nun siehe, Ich weiß, daß ihr mein Angesicht nicht mehr sehen werdet, alle die, durch welche ich gezogen bin, und gepredigt habe das Reich Gottes. Darum zeuge ich euch an diesem heutigen Tage, daß ich rein bin von aller Blut. Denn ich habe euch nichts verhalten, daß ich nicht verkündiget hätte alle den Rath Gottes. So habt nun Acht auf euch selbst, und auf die ganze Heerde, unter welche euch der heilige Geist gesetzt hat zu Bischöfen, zu weiden die Gemeine Gottes, welche er durch sein eigenes Blut erworben hat. Denn das weiß Ich, daß nach meinem Abschied werden unter euch kommen greuliche Wölfe, die der Heerde nicht verschonen werden. Auch aus euch selbst werden aufstehen Männer, die da verkehrte lehren reden, die Jünger an sich zu ziehen. Darum seyd wacker, und denket daran, daß ich nicht abgelassen habe drei Jahre, Tag und Nacht einen jeglichen mit Thronen zu vermahnen. Und nun, liebe Brüder, ich befehle euch Gott, und dem Wort seiner Gnade, der da mächtig ist, euch zu erbauen, und zu geben das Erbe, unter allen, die geheiliget werden.

Meine Brüder! So ist sie denn wirklich da, die Stunde, die meinem Herzen langem gedroht, und die ich, wie ein thörichtes Kind, dadurch noch ferne halten zu können wähnte, daß ich ihrer vor euch keine Erwähnung that. Sie kam aber nichtsdestoweniger, wie auch andere, ach, noch viel ernstere Lebensstunden uns sicher einmal kommen werden, wie lange auch und mit wie glücklichem Erfolge wir sie uns aus dem Sinne schlugen. Es giebt, noch vor dem dunkeln Schlußmomente unsres Erdenwallens, Zeitpunkte im Leben, in denen sich uns schon etwas wie Sterbensweh zu schmecken giebt. Glaubt's, ein solcher Moment steht heute auch vor mir. Doch wenn diese Stunden nur in der Thurmuhr der göttlichen Gnade, und nicht in derjenigen des Zorns uns schlugen! Ich hoffe aber, daß ich mit gutem Fuge des ersteren mich werde getrösten dürfen.

Was mich bestimmte, die eben verlesene Rede Pauli an die Aeltesten der Gemeine zu Ephesus zu meinem Texte für den heutigen Tag zu wählen, war mehr der Hauch der Abschiedswehmuth, der dieselbe durchzieht, und in dem ich mein eigen Empfinden wiederfinde, als ihr Inhalt, welcher nur eine zeitweise Beziehung auf unser gegenseitiges Verhältniß erleiden dürfte. Denn abgesehen davon, daß ich nicht, wie Paulus, nur zu den Vorstehern der Gemeine rede, sondern zu der Gemeine selbst, darf ich weder deß mich rühmen, was der Apostel von seiner amtlichen Treue aussagt, noch mit ihm besorgen, daß „Kerker“ und „Bande“, wie sie ihn bedrohten, meiner warten werden. Ebensowenig brauche ich, Gottlob! wie er, mit dem Gedanken mich vertraut zu machen, daß ich euer Angesicht, und ihr das meinige, nicht wiedersehen werdet; denn, will's Gott, wird dies wohl manchmal noch geschehen. Anderes dagegen, was des Apostels Wort enthält, trifft auch bei uns zu, und zwar in fast buchstäblichem Sinne. Wir werden uns davon näher überzeugen.

Vernehmt denn mein Abschiedswort an euch! Es wird unter euch verlauten als Geständniß zuerst; als Wächterruf sodann; und endlich als Segenswunsch und Bitte.

Sei der Herr uns nahe, und lasse uns Sein Antlitz freundlich leuchten!

I.

Zum fünften Male in meinem Leben geschieht's, geliebte Freunde, daß ich die Jordanswogen einer Abschiedspredigt durchschreiten muß. Ich meine aber, es sei mir dieser Gang kaum je so schwer geworden, wie diesmal, und es ist mir auch nicht unbewußt, worin dies seinen Grund hat. Bei meinen früheren Abschieden ging ich mit dem Strom und mit dem Winde. - „Und diesmal?“ - Ja, diesmal, ich sage es frei heraus, gehe ich gegen. Nie, Freunde, hätte ich geglaubt, daß ich in den Boden eurer Stadt so tiefe Wurzeln geschlagen hätte, als sich's jetzt, da der Baum verpflanzt werden soll, mir kund giebt. Nie getraute ich mir zu hoffen, daß unter den hiesigen chaotischen Gemeindezuständen so innige Bande mit euch mich würden verknüpfen können, als sie sich nun, da sie gelöst werden sollen, mir wirklich fühlbar machen. Bande der Dankbarkeit sind es zunächst. Ihr habt euch zahlreich um mich geschaart, und durch euern treuen und durchhaltenden Zudrang zu dieser heiligen Stätte unter den Mühen und Sorgen meines Amtes mich sehr ermuthigt. - Bande einer tiefen und wunderbaren Zuneigung ferner, einer Zuneigung, die sich, ich weiß selbst nicht wie, von vorn herein in meinem Innern zu euch erzeugte. Ihr habt mir‘s ja abgefühlt, daß ich meist mit einem eigenen Wallen und Bewegen meines Herzens vor euch auftrat. Ich bin mir, wie gesagt, des Grundes hievon selbst nicht völlig bewußt; aber ich mußte euch lieben, und werde euch immer lieben. - Doch noch heiligere Bande, als die genannten, halten mich mit euch verkettet: Bande väterlicher Zärtlichkeit, indem mir nicht unbekannt geblieben ist, daß gar Manche von euch durch Gottes Gnade unter dem Gehör meines Wortes zum neuen Leben gezeugt, Andere mindestens im Glauben befestigt und gestärkt, wieder Andere in der Heilserkenntniß wesentlich gefördert worden sind; Bande unauslöschlicher Erinnerungen an schwere Zeiten, die wir gemeinsam durchlebt, und in denen wir uns wechselseitig getröstet, ermuthigt, aufgerichtet, und zugleich wunderbare Erhörungen unsrer vereinten Gebete erfahren haben; Bande der Hoffnung überdies. Gar manches Saatkorn, das ich gestreut, ist, wie ich weiß, im ersten Keimen begriffen. Ja, von knospenden Blumenfeldern werde ich abgerufen. Manche Vereine, die ich gründen half, beginnen eben erst zu einem kräftigeren Leben zu erstarken, und nun werde ich aus diesen jungen lieblichen Schöpfungen weggewiesen; und manchen Plan, im Wege der Erfahrung erst gereift, lasse ich in dem Momente, da er sich verwirklichen und zur Frucht entwickeln wollte, als schöne Blüthe hinter mir zurück. Und noch ein Band ists, was mich mit euch verknüpft, ein eigenthümliches, wenn auch ein minder süßes, als die genannten. Es ist das Band unbefriedigten Pflichtgefühls. Ja, trotz aller Hemmnisse und Erschwerungen, die sich in den ungegliederten Gemeinen dieser Stadt der Seelensorgerthätigkeit entgegen stemmen, Hätte ich euch mehr sein sollen, mehr sein können, als ich war. - Herr, gehe nicht ins Gericht mit Deinem Knecht! - Verwirf mich nicht vor Deinem Angesicht! - Ich fühle mich euch tief verschuldet! Doch siehe, indem ich, durch Buße erneuert, meine Schuld euch abtragen möchte, heißt es zu mir: „Nimm dein Wandergeräthe, und zeuch von hinnen!“ - O faßt alles dies erwägend in eins zusammen, und sagt, wie könnte ich doch anders, als mit tiefem Weh, ja mit blutendem Herzen und innerm Weinen von euch scheiden?

„Aber warum scheidest du denn?“ höre ich fragen. Ja, Freunde, so hat schon Mancher mich gefragt. Es ergeht mir, daß ich Geringes Großem vergleiche, wie Paulo, der ebenfalls auf seiner Reise nach Jerusalem, auf der wir ihn in unserm heutigen Texte begriffen sehen, überall aus den Kreisen der Brüder heraus nur abmahnende Stimmen zu vernehmen bekam. Man sagte zu ihm: „Was willst du, der Apostel der Heiden, im jüdischen Lande?“ - Zu mir sprechen ehrwürdige und theure Brüder: „Du, mehr angelegt für das bewegtere Leben der großen Stadt, was willst du in dem stilleren Orte?“ - Und ich muß zugeben, daß mein ganzes bisheriges Leben hindurch das Element, in dem ich mich bewegte, mehr das der Seemöwe als das der Turteltaube war. - Zu Paulus hieß es: „Dort in Macedonien und hier in Asia und auf den Inseln des Meeres umblühen dich deine geistlichen Schöpfungen. Verbleibe bei ihnen, pflege sie, und überlaß für die Gemeine in Jerusalem Andern die Sorge!“ - Zu mir: „Hier hübest du an, Grund zu legen. Baue auf demselben weiter! Schwerlich bahnt und pflanzt man in vorgerückterm Alter noch wieder Neues an!“ - Ich vernehme die Mahnung, und kann nur nachdenklich und gesenkten Hauptes dazu schweigen. - Zu Paulo trat sogar ein Prophet, Namens Agabus, nahm zu einem symbolischen Weissagungsakte des Apostels Gürtel, umwand sich Hände und Füße damit, und sprach: „So sagt der heilige Geist: Den Mann, deß dieser Gürtel ist, werden die Juden also binden zu Jerusalem, und überantworten in der Heiden Hände!“ - Ein solcher Prophet kam zu mir freilich nicht, und noch viel weniger hätte Einer zu mir Aehnliches sagen können, wie jener zu Paulo. Nichtsdestoweniger aber hat auch mir mehr als ein hervorragender Mann im Reiche Gottes brieflich oder mündlich zugerufen: „Auf eitel Rosenguirlanden, womit man dich umziehen werde, wolle auch du dir für die Zukunft deines amtlichen Lebens keine Rechnung machen!“ Und überdies hat man mir wahrschauend auch etwas von noch andern Banden ins Ohr geraunt, als die eisernen seien. Ach, es ist mir jenes Alles wohl zu Gemüthe gedrungen, und ich gehe, zumal wenn ich auch noch an den Kreis edler Freunde gedenke, aus dem ich scheide, sowie an das wissenschaftliche Leben und Streben, das so anregend und erfrischend mich hier umgiebt, mit schwerem, ja, mit recht schwerem Herzen. - „Aber warum gehst du denn?“ fragt ihr nicht ohne Grund mit steigender Nachdrücklichkeit auf's neue. „Ist's etwa irdischer Vortheil, was dich verführt?“ - Irdischer Vortheil? Nein, Freunde, nein! Ein solcher, beiläufig sei es euch gesagt, wird mir nicht einmal. - „So ist's denn Bequemlichkeit, was dich verlockt?“ - Ebenso wenig, lieben Freunde! Wie schwer mir auch mein Amt mitunter in eurer Mitte geworden ist, so werde ich doch auch in meinem neuen Berufskreise nicht Anlaß finden, die Hände in den Schooß zu legen; denn ich glaube nicht, daß die natürlichen Gärten der benachbarten Königsstadt in ihrem Blüthenschmucke einen ganz sichern Maaßstab auch für die Zustände der geistlichen geben werden. - „So übte etwa der Köder eitler Ehre seinen Zauber über dich; und wenn nicht der gegenwärtigen Ehre schon, so doch vielleicht einer insgeheim für die Zukunft erhofften?“ - O, Brüder, wenn irgend wo, so ist hier euer Verdacht ein ungegründeter. Denn fürs erste muß ja dem Titel, den ich künftig führen werde, für das Bewußtsein unsrer Kirche die volle Ehre eigentlich immer noch erst wieder erobert werden. Und sodann habe ich mir wohl die Parabel Jothams im Buch der Richter Kap. 9. zu Herzen genommen, in der die Bäume ein Haupt über sich ersehen und salben wollen, und zu dem Ende zuerst an den Oelbaum sich wenden und zu ihm sprechen: „Sei du das Haupt über uns!“ - Aber der Oelbaum sprach: „Soll ich meine Fettigkeit lassen, die Götter und Menschen an mir preisen, und hingehen, daß ich über den Bäumen schwebe?“ Die Bäume verfügen sich nun zum Feigenbaum, und lassen an ihn dieselbe Aufforderung ergehen. Aber auch dieser weicht ablehnend aus, und erwiedert: „Soll ich meine Süßigkeit und meine gute Frucht lassen, und hingehen, daß ich über den Bäumen schwebe?“ - Endlich stellen sie ihren Antrag an den Weinstock. Aber auch dieser schickt sie weislich mit dem Bescheide weiter: „Soll ich meinen Most lassen, der der Menschen Herz erfreut, und hingehen, daß ich über den Bäumen schwebe?“ - Der Dornbusch war es zuletzt, der die angebotene Würde annahm. - Ach, wäre doch so mancher Pastor ebenso klug gewesen, wie der Weinstock, der Oel- und Feigenbaum, und hätte nicht darnach gegeizt, der sogenannten „höheren Geistlichkeit“ anzugehören! Wie so mildes Oel, wie so erquickliche Frucht, wie so süßen Most reichte er einst dar, als er noch in dem traulichen Grunde und der stillen Niederung stand, wohin der Herr des großen Kirchengartens ihn gepflanzt hatte. Nachmals sah man ihn allerdings „über den Bäumen schweben“; aber ausgewurzelt, als einen dürren Strauch, blätter-, frucht- und blüthenlos, wenn auch mit bunten Bändern schön umwunden.

„So wäre also auch die Ehre der Beweggrund deines Gehens nicht?“ - Nein, Brüder, so wahr der Herr lebt, nein! - „Aber so nenne doch dein Motiv!“ - Hört Paulum! „Siehe,“ spricht er, „ich. im Geist gebunden, fahre hin gen Jerusalem!“ - Wisset, in diesem Punkte stehe ich dem Manne, dem ich im Uebrigen mich nicht werth erachte, auch nur die Riemen seiner Schuhe aufzulösen, vollkommen gleich. Zur innersten Gewißheit ist mir's geworden, daß sich bei meiner Berufungsangelegenheit in den Willen meines irdischen Königes und Herrn derjenige des Königes aller Könige für mich verkleidet habe, und im Gehorsam geschieht's, in reinem nacktem Gehorsam gegen den himmlischen Erzhirten der Kirche, dessen ärmster Knecht ich bin, daß ich ziehe. Dies ist der einige, der ganze Beweggrund meines Scheidens. Er war's auch dem Apostel bei seiner Fahrt nach Jerusalem. Sein Herz, ach! wie gerne wäre das bei den lieblich erblühenden Gottesgärten namentlich auf den schönen Eilanden des Archipelagus geblieben! Aber nachdem die Ordre aus den Rath der unsichtbaren Wächter an ihn ergangen war, führte er's, ob sich's darüber auch verbluten sollte, mit allen seinen Wünschen, Neigungen und Lieblingsplänen, wie ein stummes Lamm zum Opferaltare seines Gottes. „Ich, im Geist gebunden, fahre hin,“ blieb seine Losung. Die Brüder beschworen ihn: „Bleibe! bleibe!“ Aber er, unerschütterlich fest, rief darein: „Was machet ihr, Brüder, daß ihr weinet, und brechet mir mein Herz? Ich bin bereit, auch zu sterben zu Jerusalem um des Namens willen des Herrn Jesu!“ - „Da er aber,“ erzählt uns Lukas, welcher dieser Scheidescene selbst mit beigewohnt, im 21. Kapitel unsres Buches, „sich nicht überreden ließ, schwiegen wir, und sprachen: Des Herrn Wille geschehe!“ - So, meine Lieben, sprechet denn auch ihr, und warten wir ruhig ab, warum, (weiß ich doch heute selbst noch nicht, warum?) der Herr mich in den neuen Wirkungskreis gewiesen habe.

II.

Freunde, mein Geständniß habt ihr vernommen. Ich habe mein Herz vor euch ausgeschüttet. - Vernehmt nun auch meinen letzten Wächterruf an euch. Er wird im Wesentlichen mit demjenigen des Apostels in seinem Abschiedsworte an die Aeltesten von Ephesus zusammenklingen. Paulus hatte letztere, weil es ihm diesmal an Zeit gebrach, selbst nach Ephesus zu kommen, nach der Küstenstadt Miletus beschieden. In ihnen aber sah er die ganze Gemeine vor sich vertreten; und so sind seine Worte nach ihrem allgemeineren Inhalt ebensowohl an diese, wie an jene gelichtet. „So bezeuge ich euch denn an diesem heutigen Tage,“ hebt er mit feierlichem Ernste an, „daß ich rein bin von aller Blut! Denn ich habe euch nichts verhalten, daß ich euch nicht verkündiget hätte den ganzen Rath Gottes.“ - Brüder, ich danke meinem Gott, daß ich, versteht sich, in meinem Maaße, mit gutem Gewissen heute ein Gleiches von mir bezeugen darf. Auch ich habe euch nicht „beraubt durch Philosophie und lose Verführung.“ Ich verkündete euch die Wahrheit, und zwar die Wahrheit allein, die Wahrheit jederzeit, die ganze Wahrheit. Nicht habe ich sie vor euch verschleiert, noch verbrämt, noch verkümmert und verkürzt, noch mit menschlichen Einfällen sie versetzt. Mit reinem Wasser, unmittelbar aus dem Brunnen Israels geschöpft, gedachte ich euch zu tränken, und tränkte ich euch durch Gottes Gnade. Meine Posaune gab unter euch deutlichen Ton genug, daß ihr euch darnach rüsten konntet. Meine Theologie unter euch war nicht Ja und Nein, sondern allezeit Ja. Ich redete Niemandem nach dem Munde, noch „nach dem ihm die Ohren jückten.“ Ich ließ euch nicht im Dunkeln weder über den Umfang des Verderbens, der Ohnmacht, der Verdammungswürdigkeit und Hülfsbedürftigkeit der menschlichen Natur, noch über die gottgleiche Person, das Erlösungswerk, und die weltgebietende Majestät des einigen Retters, unsers Herrn Jesu Christi. In scharfer Zeichnung habe ich dieses Alles euch in den Blick gerückt. Die göttliche Heilsordnung mit ihren sieben Stufen: Der Berufung, der Buße, dem Glauben, der Wiedergeburt, der Rechtfertigung, der Heiligung und der Verherrlichung, liegt in heller Beleuchtung vor euch. Ja, auch ich verkündete euch den „ganzen Rath Gottes“ über die Menschenwelt von dem ersten Ringe der Gnadenkette, die sich durch ihn hindurch zieht, an, bis zu dem letzten in dem endlichen Triumphe des Christusreiches über alle seine Widersacher, und in der Erneuerung Himmels und der Erde. Ich lüstete euch nach dem festen, prophetischen Worte die Schleier wie der Vergangenheit und Gegenwart, so der Zukunft der Wege Gottes; und was ich euch predigte, stellte ich nicht blos buchstäblich und nackt wie Katechismussätze vor euch hin, sondern erwies auch zugleich dessen Wahrheit und ewige Begründung aus Geschichte, Erfahrung und den Bedürfnissen eures Herzens. Wo ihr nun dennoch des rechten Weges fehlt, so bleibt euch keinerlei Entschuldigung mehr. Wählt ihr, was Gott verhüten wolle, in Unglauben den Fluch, statt gläubig den Segen und das Heil, dann - Himmel und Erde rufe ich über euch zu Zeugen an, - bin ich „rein von eurem Blute!“

Nicht ohne bange Sorge scheide ich von euch. Glaubt's, trotz der Windstille, die gegenwärtig herrscht, schreiten wir schweren, verhängnißvollen Zeiten zu. Was Paulus dort den Ephesinischen Aeltesten, das möchte ich, nur in großartigerem Sinne noch, auch euch zurufen: „Ich weiß, daß nach meinem Abschiede werden kommen greuliche Wölfe, die der Heerde nicht verschonen werden.“ Nicht, als müßtet ihr befürchten, daß an dieser Stätte künftig statt meiner nicht wieder ein Zeuge der unverfälschten Wahrheit stehen werde. Hierüber dürft ihr außer Sorge sein; denn die Wahl meines Nachfolgers liegt in den allerbesten Händen. Aber es steht ein Kampf bevor, ein großer Entscheidungskampf, ein Kampf zwischen Christus und Belial, dem Gottesreich und dem Reich der Lüge; ein Weltkampf, ein Kampf um den Besitz der Welt. Wo, in welchem Winkel der Erde, und in welcher, vielleicht anfänglich sehr unscheinbaren, Form derselbe zuerst! losbrechen werde, haben wir abzuwarten; aber entbrennen wird er unausbleiblich. Die streitenden Heere stehen, ob auch im Ganzen noch verhüllt, schon auf dem Plan, und Manches klopft bereits an die Pforte des Jahrhunderts, wobei dem, der sich auf die Deutung der Zeichen der Zeit versteht, nicht eben heimlich zu Muthe werden will. Es existiert in der europäischen Welt ein vieltausendköpfiges, von der Wahrheit abgefallenes Geschlecht, verschiedenartig gewandet, kirchlich sogar zum Theil, andern Theils jakobinistisch, heidnisch, ja atheistisch, mit dem kaum etwas Anderes mehr anzufangen ist, als daß der richterliche Gott es als Werkzeug Seines heiligen Zorns gebrauche, und es, zur letzten Sichtung , als Geißel und Scorpion über uns schicke. Wir wissen wohl, nach welcher Seite hin schließlich der Sieg sich neigen werde. Aber nicht minder ist uns bewußt, daß dem Triumphliede eine Noth vorhergehen wird, wie die Welt eine solche noch nicht gesehen hat, und für welche die Losung in dem bekannten: „Hier ist Geduld der Heiligen!“ schon göttlich ertheilt ward. Brüder, salvirt euch, bevor der daherbrausende Sturm Gedanken und Sinne euch verwirrt! Nehmt in dem Heerbann festen Fuß, über dessen Lager prophetisch einst ein Bileam ausrief: „Der Herr sein Gott ist bei ihm und das Trommeten seines Königes ist unter ihm!“ Brecht durch eine rückhaltlose Uebergabe eurer selbst an den Heiligen in Israel, und durch ein entschlossenes und lautes Bekenntniß zu seinem Namen, hinter euch die letzte Brücke ab, die euch in das Lager, über welchem die Fluchwolke schwebt, zurücke führen könnte; und - - so spreche nicht ich, sondern nach Ev. Lucas 21,36 der Herr - „wachet allezeit, und betet, daß ihr würdig werden möget zu entfliehen dem Allen, das da kommen soll, und zu stehen vor des Menschen Sohn!“

Doch Pauli Besorgniß bei seinem Abschiede von den Gemeinen in Asia, beschränkte sich nicht auf die „Wölfe“, die entschiedenen Feinde der Sache Christi, die er im Geiste kommen sah. „Auch aus euch selbst“, hören wir ihn weiter sagen, „werden aufstehen Männer, die da verkehrte Dinge reden, die Jünger an sich zu ziehen.“ Und o, daß ich nicht Grund finden möchte, auch diese Worte des Apostels zu den meinigen zu machen! Aber leider! bietet sich mir solcher Grund in Fülle. Ich will hier nicht reden von den schwarmgeisterischen und sectirerischen Bewegungen, die täglich mehr Ueberhand nehmen in der Kirche, und bei denen es jederzeit nur auf Fälschung oder Verkümmerung des Evangeliums abgesehen ist. Nicht will ich gedenken der zunehmenden Verführungen zur Separation von der evangelischen Mutterkirche, die ja unstreitig auch heute noch die Verheißung hat, und zu der sich der Herr an vielen Enden in mächtigen Belebungswundern neu zu bekennen anhebt. Ich beabsichtige nur, vor den Gefahren euch zu warnen, die unserer Kirche aus ihrem eigenen Schooße, ja sogar aus der Mitte eines Theils ihrer gläubigen Glieder, sonderlich der kirchlich beamteten, heraus zu drohen angefangen haben. Warnen will ich auch vor den, wenngleich mitunter wohlgemeinten, Bestrebungen, die Herrlichkeit römischen Kirchenthums, die doch nicht aus dem Geist geboren, sondern eine menschlich gemachte ist, aber Manchem gar sehr zu imponieren scheint, auf unsre Kirche zu übertragen! Hütet euch vor dem Schlummerlieds das schon von nicht wenigen unsrer Kanzeln ertönt, als brauchtet ihr nicht erst noch wiedergeboren zu werden, indem ihr's durch die Taufe längst schon wäret! Hütet euch vor dem Sirenengesange, der auch bereits nicht vereinzelt mehr euch anklingt, als ob schon die äußere Beigehörigkeit zu einer orthodoxen Kirche der Reformation für das Siegel der Gnadenwahl und die Bürgschaft eurer zukünftigen Seligkeit gelten dürste! Hütet euch vor der trüglichen Vorspiegelung, als setze, sobald ihr nur das Bekenntniß der Kirche unterschriebet, auch die Hand Gottes sich in Bewegung, um euren Namen in das Buch des Lebens einzutragen! O wisset, daß Gott seine Kinder an ganz andern Zeichen erkennt, als an solchem. - Hütet euch vor der Ueberredung, als wäre die Absolution des Pastors, so oft sie nur ertöne, mit derjenigen Gottes und Seines Gesalbten ein und dieselbe! O, an der Quelle holt euch die Versicherung der Gnade! Keine menschlichen Mittler mehr! Verhandelt mit dem Herrn Jesu selbst! Ihr seid ein priesterlich Geschlecht; werdet nicht der Menschen Knechte! - Hütet euch vor dem Wahne, als ob liturgische Andachtsopfer schon euch angenehm machen könnten vor Gott dem Herrn! Wir sind Gott nur angenehm in dem „Geliebten“, und durch lebendig gläubige Aneignung des einen Opfers, „mit welchem Er in Ewigkeit vollendet hat, die da geheiliget werden.“ - Hütet euch, vor der greulichen Verblendung, als bestehe das wahre Christenthum in einem in Bruderhaß getauchten und den Leib Christi zerreißenden Feuereifer für den Buchstaben des kirchlichen Sonderbekenntnisses, dem man angehört! O Brüder, „Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; aber die Liebe ist die größeste unter ihnen!“ - Ob von diesem oder jenem Artikel unsres Glaubens Luther am schriftmäßigsten gelehret habe, oder Calvin; ob der reinste Ausdruck der Bibellehre in der Augsburgischen Confession zu finden sei, oder im Heidelberger Katechismus; ob die Verfassung der reformirten Kirche der apostolischen am nächsten stehe, oder die der lutherischen: dies sind wesentliche, schwerwiegende und um keinen Preis zu vergleichgültigende Fragen. Aber einer Frage sind sie doch sämmtlich untergeordnet, derjenigen nemlich, ob wir für unsre Personen wirklich bekehrt, durch den heiligen Geist von neuem geboren, im wahren, lebendigen Glauben mit Christo vereiniget sind, und den Geist haben, von welchem geschrieben steht: „Wer Christi Geist nicht hat, der ist nicht sein;“ oder nicht? Diese Frage stehe denn auch euch immerdar im Vordergründe eurer Interessen, und jederzeit sei euer erstes und vornehmstes Trachten dahin gerichtet, stets neuen und tiefern Grundes euch bewußt zu werden, auf welchen hin ihr dieselbe freudig vor Gott und Menschen bejahen könnt.

III.

Ich eile zum Schluß. Mein letztes Wort an euch, was kann es Anderes sein, als Bitte und Segenswunsch. So bitte ich denn zuerst, vergeht mein nicht, wie auch ich eurer nie vergessen werde. Gedenket meiner vor dem Herrn, wie auch ich nicht aufhören werde, betende Hände für euch zum Gnadenthron empor zu heben. Was das Gebet vermag, wenn es ernstlich ist, erfuhr Paulus. Der Geist hatte ihm gezeuget, die Freunde in Asien würden sein Angesicht nicht wiedersehen. Nichtsdestoweniger sahen sie es nachmals wieder. Wie ging dies zu? Die Brüder hatten weinend und betend das Herz des allmächtigen Gottes darum bestürmt, und der Herr vermochte ihrer Bitte nicht zu widerstehen, sondern gönnte ihnen noch einmal das Antlitz ihres Vaters in Christo. - Brüder! unter sehr günstigen Vorbedeutungen und Verhältnissen trete ich mein künftiges Hirtenamt an. Nichtsdestoweniger dürfte dasselbe doch auch sein eigenthümlich Schweres und Bedenkliches haben. Freilich, der Wahrheit des Evangeliums ist, Gott sei ewig dafür gepriesen! in unserm Lande ein weiter und freier Raum gewährt, und was einst mir widerfuhr, könnte mir heute nicht mehr widerfahren. Nicht viel weniger nemlich, als dreißig Jahre sind es hin, als ich als junger, angehender Prediger zu Frankfurt am Main eine Gast- und Reisepredigt über die Enthauptung Johannis hielt, (Marc. 6, 10-30) und darin unter Anderm arglos und ohne persönlichen Seitenblick bemerkte, Hofprediger, wie jener Täufer gewesen sei, seien in unsern Tagen seltene Perlen in der Welt geworden. Diese Aeußerung wurde mir sehr verargt, und nachmals aus dem geistlichen Ministerium zu Berlin heraus ernstlichst verwiesen. Wie wäre es möglich, daß Solches in unsern Tagen geschähe? Aber ist's nicht, als nähme jetzt der Herr der Kirche mich nachträglich bei meinem Wort, und spräche zu mir, ob ich gleich in eine Lage, wie die des Johannes, Gott sei gedankt, niemals kommen werde: „So zeige hinfort, wer du denn bist?“ O große Gnade, daß wir unter einem Regimente leben, welches will, daß in keinerlei Weise die Wahrheit verleugnet werde! Unaussprechlicher Vorzug, dessen wir uns erfreuen, daß nicht blos aus der Schrift heraus, sondern selbst von unserm Gottgesegneten Thron herab der Zuruf an uns ergeht: „Predige das Wort, halte an, es sei zu rechter Zeit oder zur Unzeit; strafe, drohe, ermahne mit aller Geduld und Lehre!“ Dennoch, betet, lieben Brüder, daß mein Fuß in keinerlei Weise jemals gleite. Ich bin, trotz all' des Guten, dessen wir uns zu rühmen haben, eurer Fürbitte immer doch sehr bedürftig. - Um was ich euch ferner bitte, ist, daß ihr mit regerem Eifer, als es bisher geschehen ist, die christlichen Vereinsthätigkeiten in der Gemeine in Armen- und Krankenpflege, Warteschule, Kindergottesdienst u. s. w. unterstützen und fördern wollt. Ihr Vornehmen und Reichen insonderheit, laßt euch zu euren dürftigen und geringen Brüdern und Schwestern herzlicher herab. Versöhnt sie durch werkthätige Leutseligkeit mit ihrem Stande, und tilgt in ihnen durch die Liebe die heimliche Erbitterung und Verstimmung, auf daß das Evangelium in ihrem Innern leichter Raum gewinne. Ihr liefet in diesem Stücke einst so fein; wer und was doch hat euch aufgehalten? Ihr habt seit dem Jahre 48 viel Heilsames, was der Herr euch damals an das Herz gelegt, wieder vergessen und verlernt. O, ruft es in eure Erinnerung zurück, damit Gott nicht genöthigt werde, mit noch empfindlicheren Geißeln es euch aufs neue einzuschärfen. Ihr pflegt zu sagen: „Das Bajonett und das Evangelium müssen die große wüste Masse in Zaum und Zügel halten!“ O ja; aber auch hier sind der guten Dinge drei. Den beiden genannten Mächten muß sich als dritte die demüthig dienende Liebe beigesellen, sonst - glaubt es, - taugt es auf die Dauer dennoch nicht! Endlich, suchet oft die Stille, und stärket euern innern Menschen im Gebet und durch Vertiefung in Gottes Wort. Es hält so schwer, im Geräusche dieser Stadt sich zu besinnen, und unsre Lebenstage jagen dahin wie rauschende Blätter im Windeswehen. Wie Manchem widerfährt's, daß zu seiner Bestürzung urplötzlich der letzte derselben da ist, bevor er auch nur erst ernstlich angefangen hat, sein Haus zu bestellen. Daß Solches Keinem unter euch widerfahre! Gedenket darum fleißig an das, was der Herr von dem „Kämmerlein“ geredet hat, und - übet es.

Und nun „befehle auch ich euch Gott und dem Worte seiner Gnade, der da mächtig ist, zu erbauen, und euch zu geben das Erbe unter Allen, die geheiliget sind! Sein reichster Segen zunächst über Sie, geehrte Amtsgenossen und Glieder des Kirchencollegiums, mit denen ich sechs Jahr e hindurch in Eintracht und Liebe dieser theuren Gemeinde dienend vorgestanden. Auf Sie sieht ja sonderlich das Wort in unserm Texte: „So habt nun Acht auf euch selbst, und die ganze Heerde, unter welche euch der heilige Geist gesetzt hat zu Bischöfen, zu weiden die Gemeine Gottes, welche Er durch Sein eigenes Blut erworben hat.“ Es ruhe auf Ihnen und Ihrem Werke täglich und stündlich das Auge des Herrn mit Huld und Wohlgefallen, und Ihre Arbeit sei nicht vergeblich in dem Herrn! - Heil und Friede von Dem, der zu dem Schönsten, womit wir Ihm dienen können, die Treue im Kleinen zählt, auch Ihnen, geliebte Herren Schulvorsteher und Lehrer dieser Parochie. Fahren Sie ohne Ermüden fort, die Ihnen anvertraute Jugend, wie bisher, dem einigen Retter wie der Seelen, so der Gesellschaft zuzuführen; und zum Lohn für Ihr mühevolles Werk erblühe vor Ihren Augen ein neues Gottgeweihtes Geschlecht unter Ihrer treuen Gärtnerpflege! - Und nun mein herzlicher, segnender Scheidegruß der lieben Dreifaltigkeitsgemeinde selbst; und auch denjenigen ihrer Glieder, die niemals diese Stätte betraten, noch, wie es scheint, sie zu betreten Willens sind! Erbarme sich Gott über diese verirrten und verlorenen Schafe! Er nahe ihnen mit himmlischer Augensalbe, und entreiße auch sie durch die Allmacht Seiner Gnade dem Verderben, dem sie in schauerlicher Verblendung entgegentaumeln! - Doch mein Auge wendet sich wieder freundlicheren Bildern zu. - Lebt wohl, ihr theuren Söhne und Töchter, die ich in das Heiligthum der ewigen Wahrheit eingeführt, und denen ich am Altare des Herrn den heiligsten aller Fahnenschwüre, den Fahnenschwur zu Christo, dem Könige aller Könige, abgenommen. O haltet Ihm Treue, der ja auch euch mit Seinem Blute erkaufte! Bewahret euch in der Festung des allerheiligsten Glaubens, den ihr einst feierlich an dieser Stätte mit Mund und Hand bekanntet, und gönnt mir die Freude, von der Johannes sagte, daß er keine größere kenne, daß ich nämlich „meine Kindlein wandeln sehe in der Wahrheit!“ - Lebt wohl, ihr Ehepaare, auf welche ich den Segen Isaaks, Abrahams und Jakobs legen durste! O möge dieser Segen auf euch ruhen bleiben, und es jederzeit von euren Häusern heißen dürfen: „Siehe da, eine Hütte Gottes bei den Menschenkindern!“ - Lebt wohl, ihr mir vor Andern an's Herz Gewachsenen, die ihr unter meinen Zeugnissen durch Gottes Herzerneuernde Gnade zu dem neuen und unvergänglichem Leben, das aus Gott ist, hindurch gebrochen seid! Dem Paulus war's auf seiner Jerusalemsfahrt ein sonderlich süßer Trost, sieben Männer aus den Heiden, die er zur Kreuzstandarte geworben, als seine Begleiter mit sich führen, und sie in der heiligen Stadt als lebendige Denkzeichen aufweisen zu können, daß es dem Herrn gefallen habe, zu seiner Werbethätigkeit sich zu bekennen. In gleicher Weise nehme ich euch mit mir, wenn auch nur in meinem Herzen, und werde mich gleichfalls auf euch berufen, als auf lebendige Empfehlungsbriefe für mein Amt, „geschrieben nicht mit Tinte, sondern mit dem Geiste des lebendigen Gottes, welche erkannt und gelesen werden von allen Menschen.“ - Lebet wohl Alle, Alle, Groß und Klein, Alt und Jung, Vornehm und Gering! Wie freue ich mich, nicht mit dem Apostel sagen zu müssen: „Ich weiß, daß ich euer Angesicht nicht wiedersehen werde.“ Ich hoffe vielmehr zu Gott, daß ich euch noch öfter grüßen werde, indem ja die beiden Residenzen - und dies ist mir ein süßer Trost - fast wie zu einer Stadt vereinigt sind. Ja ich werde, fristet Gott das Leben, wohl auch noch manchmal in Zukunft von dieser mir so theuer gewordenen Stätte her wieder meinen Mund zu euch aufthun. Ob ich aber dann euch sämmtlich wiederfinden werde, steht dahin. Der Tod mäht alle Tage auf dem großen Acker dieser Gemeine, und wer weiß, wie bald der Eine und der Andere auch von uns unter seiner Sichel hinsinkt. - Nun, für diesen Fall, lebt wohl auf Wiedersehn in den ewigen Hütten der Friedensstadt da droben, da kein Leid und kein Geschrei mehr ist, und auch kein Abschiedsweh uns mehr betrüben wird!

O daß dort einst Keiner und Keine von uns fehlen möchte! Daß wir einst Alle dort in höherem Chore das Lied des Lammes mit einander sängen! Es kann geschehen. Der Weg ist dahin geöffnet und gezeigt. „Kindlein,“ ruft Johannes, „bleibet bei Ihm, auf daß, wenn Er geoffenbaret wird, wir Freudigkeit haben und nicht zu Schanden werden vor Ihm in Seiner Zukunft!“ - Dies ist der Weg. O lehre uns Alle der Herr ihn wandeln! Dem aber, der euch behüten kann ohne Fehl, und stellen vor das Angesicht Seiner Herrlichkeit unsträflich mit Freuden, dem Gott, der allein weise ist, unserm Heilande, sei Ehre und Majestät, Gewalt und Macht, nun und in alle Ewigkeiten! Amen.

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