Krummacher, Friedrich Wilhelm - Die apostolische Weisheit.

Krummacher, Friedrich Wilhelm - Die apostolische Weisheit.

Predigt gehalten den 6. Juli 1851.

1. Corinther 2,7-12.
Wir reden von der heimlichen, verborgenen Weisheit Gottes, welche Gott verordnet hat vor der Welt zu unsrer Herrlichkeit, welche keiner von den Obersten dieser Welt erkannt hat: denn wo sie die erkannt hätten, hätten sie den Herrn der Herrlichkeit nicht gekreuzigt, sondern wie geschrieben steht: das kein Auge gesehen hat, und kein Ohr gehöret hat, und in keines Menschen Herz gekommen ist, das Gott bereitet hat denen, die ihn lieben: Uns aber hat es Gott geoffenbaret durch seinen Geist. Denn der Geist erforschet alle Dinge, auch die Tiefen der Gottheit, denn welcher Mensch weiß, was im Menschen ist, ohne der Geist des Menschen, der in ihm ist? Also auch weiß niemand, was in Gott ist, ohne der Geist Gottes. Wir aber haben nicht empfangen den Geist der Welt, sondern den Geist aus Gott, daß wir wissen können, was uns von Gott gegeben ist.

Welch reiches Wort, Geliebte in dem Herrn! Ein ganzer Schacht voll göttlicher Lichtgedanken! Unmöglich ist’s, das was derselben an Schätzen birgt, auch nur zur Hälfte in das enge Gefäß einer kirchlichen Betrachtung auszuschöpfen. Gelingt es, in der uns zugemessenen Zeit euch nur des Wesentlichsten seines Inhalts etwas, und auch dies nur andeutungsweise, zur Anschauung zu bringen, so ist uns viel gelungen. Der Apostel redet von der Weisheit, die er zu verkünden habe, und mit welcher er die Welt und ihren Witz zu überwinden hoffe, und wirklich überwunden hat. Er nennt vorab den Urquell dieser seiner Weisheit: es ist der persönliche und lebendige Gott. Des Apostels Weisheit kommt von Oben. Sie ist „Weisheit Gottes im Geheimniß“. Die “verborgene“ nennt er sie. Sie war es, ehe Gott sie offenbarte, und somit ohne Offenbarung von der sich selbst gelassenen menschlichen Vernunft nimmermehr zu finden. Sie ist’s auch heute noch für Jeden, der in keinem bessern Geleite, als demjenigen seines eigenen Geistes an sie herantritt. Die „Obersten der Welt,“ d.h. die Stimmführer im Bereiche des natürlich menschlichen Wissens und Erkennens, „erkannten sie darum auch nicht.“ – „Hätten sie sie erkannt,“ sagt der Apostel, sie würden den persönlichen Kern, Stern und Mittelpunkt derselben, - „den Herrn der Herrlichkeit, nicht gekreuzigt haben.“ Nachdem der Apostel des erhabenen Zieles gedacht, auf welchen seine Weisheit berechnet sei: „Gott,“ sagt er, „habe sie vor der Welt verordnet“ – wozu? – hört’s und frohlocket! – „zu unsrer Herrlichkeit“; bezeichnet er endlich, - und dabei gebieten wir unsern Gedanken auf einige Augenblicke Halt, - zuerst den Inhalt seiner Weisheit; und dann den Weg, in welchem man zu ihrer Gemeinschaft gelange.

Gefalle es dem Herrn, bei unsrer Betrachtung uns selbst mit seinem Licht vor zu leuchten, und uns die Tiefen unsres großen Textes zu erschließen, in welchem wir nichts Geringeres als die Gründe unsres ganzen Heils und unsrer ewigen Seligkeit entdecken werden.

1.

Wir fragen zuerst nach dem Inhalte der apostolischen Weisheit. Paulus bezeichnet uns denselben mit einem zwar dem Alten Testament entlehnten, aber evangelisch verklärten Worte. „Das kein Auge gesehen hat,“ spricht er, „und kein Ohr gehört hat, und in keines Menschen Herz gekommen ist, nemlich, das Gott bereitet hat denen, die ihn lieben: das hat Gott uns geoffenbart durch seinen Geist.“

Ihr wißt, wie es zur kirchlichen Gewohnheit geworden ist, diesen Ausspruch auf die jenseitigen Dinge, und namentlich auf die Seligkeit der vollendeten Gerechten zu beziehen. Von selig im Herrn Entschlafenen pflegt man zu sagen, daß sie nun schauten und genössen, was kein Auge gesehen habe und in keines Menschen Herz gekommen sei. Aber eine solche Deutung beruht auf Willkür und ermangelt jedes exegetischen Grundes. Nicht ist hier die Rede von etwas, das den noch unverklärten Geistern schlechthin verborgen und unzugänglich sei; - sagt doch der Apostel ausdrücklich: „Uns ist es offenbar“; - sondern hier handelt sich’s von einer Sache, die sich schon hienieden dem Glauben erschließt, und bei Leibes Leben bereits erkannt, erfahren und genossen wird. Was aber ist dies nun? „Kein Auge,“ sagt der Apostel, „sah’s.“ – Keins, meint er, in seiner eignen natürlichen Sehkraft. Beachten wir dies wohl! Vieles, und Großes, wer will es leugnen, sah des Menschen Auge. Wunder hat’s gesehen am Himmel und auf Erden; Erscheinungen und Machterweisungen aus der unsichtbaren Welt traten in seinen Gesichtskreis. Hinab drang’s in die geheimen Werkstätten der Ordnungen und Gesetze der Natur, und beobachtete die Werdungen und Entwickelungen der Dinge. Aber was es in diesen Gebieten auch gewahrte, hoch mag die Wissenschaft es anzuschlagen haben, den Inhalt der apostolischen Weisheit bildet’s nicht: denn diesen sah in eignem Vermögen “kein Auge.“ – „Kein Ohr,“ heißt’s weiter, „hat’s gehört.“ Wir verkennen es nicht: das menschliche Ohr belauschte Manches. Vertieft euch in die Dichter, Geschichtsschreiber, Naturkundigen und Philosophen der Vergangenheit und Gegenwart. Von welchen Mysterien der Außen- wie der Innenwelt huben sie uns nicht den Schleier! Was aber diese Schatzgräber und Fackelträger im Reich des Geistes sinnend, forschend und träumend auch gefunden, dasjenige kann es nicht sein, was der Apostel im Auge hat; und eben darum nicht, weil ihr natürliches Ohr es hörte. – So denkt denn Paulus etwa an die große Wahrheit, daß über der Welt ein heiliger und allmächtiger Wille walte? – O nicht doch, lieben Freunde, denn diese Wahrheit kam auch wohl ohne den Wunderakt einer unmittelbaren göttlichen Offenbarung in eines Menschen Herz. So ist es etwa der erhabene Gedanke persönlicher Unsterblichkeit und Fortdauer nach dem Tode, der dem Apostel vorschwebt, oder derjenige eines zukünftigen, die Loose der Menschen auf ewig entscheidenden Gerichtes? – Auch das nicht! – Es dämmern ja auch diese Gedanken und zwar unabweisbar schon aus den Tiefen der der menschlichen Gemüthswelt angestammten Ahnungen empor. Was Paulus aber im Sinne hat, „das,“ sagt er, „kam noch in keines Menschen Herz.“ Es liege dies, will er sagen, weit über die Grenzen aller menschlichen Ahnungen hinaus. Im ganzen Bereiche dessen, was man mit dem Namen der Philosophie oder der Naturreligion zu bezeichnen pflege, sei, was er meine, nirgends anzutreffen, und überhaupt im Wege eigner nachdenkender Vertiefung nicht zu finden.

Nicht wahr, wir fangen an, zu ahnen, auf was der Apostel in seinem Spruch hinauswill. Wie aus weiter Ferne dämmert Etwas in unsern Gesichtskreis herein, das freilich nur auf der Höhe des biblischen Wortes erschaut wird. Wir lauschen hinab in alle Denkweisen des menschlichen Geistes; auf was Alles wir hier auch stoßen mögen, Eins wird uns nirgends hier begegnen. Wir durchwandern die Heiligthümer und Mysterien der verschiedenartigen Gottesdienste und Religionen, die auf Erden Raum gefunden; aber wie mancher Schimmer der Wahrheit hin und wieder auch durch sie hindurchblitzt: nach Einem sehn wir uns selbst in den reinsten und geistigsten derselben vergebens um. In allen, und ob auch ein noch so geläutertes Gottesbewußtsein sie in’s Dasein rief, erhebt sich der ahnende Geist nur bis zu einem Gott, der, sich dienen lassend, statt zu dienen, vornehm mit einem „fern ihr Profanen!“ auf seinem erhabenen Throne sitzt. In allen kommt der Geist nicht weiter, als daß er endlich zitternd vor einem Herrn steht, der, in seine Ehrfurcht gebietende Majestät gehüllt, fremd und zurückgezogen seine Untergebenen selber sorgen und zusehen läßt, wie sie zu Ihm hinaufsteigen, und durch Leistungen, Opfer und Gaben Ihn sich befreunden möchten. Von einem Gott, der zuerst zu den Sündern sich herniederließ, um mit seiner Befreundung der ihrigen zuvorzukommen, tritt uns nirgends auch nur die leiseste Spur entgegen. Ueber einen nur fordernden Gott, und einen “Bund der Werke“ kommt das arme, sich selbst gelassene Menschenherz nimmer hinaus. Alle Naturreligionen, alle Vernunftweisheit kennt, - die tägliche Erfahrung lehrt es, - für den, der seine Seele retten möchte, keine andere Regel, als die in Geboten verfaßte: „Thue dies und das, so wirst du leben.“ Alles vom Evangelium abgelöste menschliche Gedankenthum ist im besten Falle sinaitisch, und „gebiert“ – der Hagar gleich – „zur Knechtschaft.“

Unser Apostel sieht sich in eine Welt wesentlich andrer Anschauungen hineingerückt; in eine Welt, wo die Retterthätigkeit auf Seiten Gottes anhebt, nicht auf der der Menschen; ja, wo die Liebe zuerst in des Königes Herzen brennt, und an ihrem Feuer dann die Gegenliebe der Untergebenen sich entzündet; wo die göttliche Gabe der göttlichen Forderung voraneilt, und nicht erst die Erfüllung dieser zu ihrer Bedingung hat, und wo die Ordnung des Heils mit einem Herniedersteigen Gottes zu dem Sünder sich eröffnet, und nicht umgekehrt mit einem Hinaufsteigen des Sünders zu Gott. In dieser Welt lichtheller und hochheiliger Offenbarung beginnt die Rettungsgeschichte der gefallenen Menschheit nicht mit einem Entschluß der letztern, sich wiederum zu Gott zu kehren, sondern mit einem Rathschlusse Gottes, sie zu erlösen. Während die Feindschaft der Sterblichen wider Gott noch in hohen Wogen geht, braust in höhern Wogen schon über ihnen der unergründliche Ocean der ewigen Erbarmung. Während die Kinder des Staubes dem Allerhöchsten noch als Widersacher und Rebellen gegenüberstehn, und von einem „Kommt, wir wollen wiederum zum Herrn!“ in ihrem Herzen noch nichts verlautet, heißt’s über ihren Häuptern schon dort Oben: „Ich will nicht ewig zürnen. Wer will unser Bote sein?“ und die Stimme eines Gottgleichen erwidert freudig: „Hier bin Ich; deinen Willen, mein Gott, thue ich gern, und dein Gesetz habe ich in meinem Herzen.“ Nach dem Gesichte Hesekiels liegen die Sünder noch „auf das Feld geworfen in ihrem Blute,“ und ihre Missethaten schreien um Fluch und Tod für sie gen Himmel; da rauschen schon heilige Füße an ihren Todeslagern hin, und zum Erstaunen des Himmels und zum Schreck der Hölle ergeht aus dem Munde des dreimal Heiligen an das erstorbene Volk der Ruf der Gnade: „Du sollst leben, ja leben sollst du!“ Brüder, was Gott der sündigen Welt in seinem Sohn bereitet hat, mütterlich bereitet vor Grundlegung der Welt hinter dem Schleier der Ewigkeit, thatsächlich bereitet durch die Dahingabe seines Eingebornen an unsrer Statt, forderungslos, unentgeltlich und unveräußerlich bereitet: das ist es, was der Apostel uns als den Inhalt seiner Weisheit bezeichnen will. Dergleichen kam freilich niemals in eines Menschen Herz. Denke nur, ehe du dich darum bemühtest, sprach der Ewige: „Ich will helfen, heilen und erretten;“ und bevor du ihn darum angingst, legte er für dich den Grund zu einem neuen und ewigen Gnadenbunde. Ohne daß du selber es erlitten, ward in wunderbarer Weise deine Sünde gebüßt; und ohne daß du es empfunden, wurde der Fluch, den du auf dich geladen, voll ausgekostet, damit er dich nicht mehr verderben müsse. Ohne daß du selbst eine Hand anlegtest, ward dir die Gerechtigkeit erwirkt, die vor Gott gilt; und ohne daß du es erbeten, ließ der Hochherrliche in der Höh’ dir Feuerbrand eine Stätte der Seligkeit in seinem Himmelreich errichten. Wie über Nacht warf er dir statt des Todesurtheils einen Wechselbrief auf das ewige Leben und alle seine Wonnen in den Schoß; und noch wider Ihn unter den Waffen stehend siehst du dich plötzlich, statt, wie du es verdient, zerschmettert, mit Armen zärtlichster Liebe von ihm umschlungen. Schaue dort den blutigen Mann an seinem Kreuze. In Ihm brachte der Ewige jenes Alles zu Stand und Wesen. Ihn gab er zu dem Ende dahin, daß er in Zahlung fremder, schauerlicher Schuld deine Seele löse; und der also Hingeopferte war Sein Liebling, Sein anderes Ich, Seiner Augen Lust, Seine Wonne und Seine Seligkeit. Was Er einst einem Abraham zuzumuthen Abstand nahm, das behielt er sich selber vor. O Abgrund der Liebe, der über dem Kreuze sich vor uns aufthut! O unergründliches Meer der Erbarmung, das hier am Brausen ist! Nein, seit Anbeginn der Welt schwang bis zu dieser Höhe göttlicher Liebe keine menschliche Ahnung sich empor. Daß ein solches das Herz des Allerhöchsten sei: wie kühn auch immer die Menschen von der Güte Gottes träumen mochten, nie, - der Apostel redet Wahrheit, - kam das in eines Menschen Herz. Es war ein siebenfach versiegeltes Geheimniß, ehe es Gott gefiel, es zu enthüllen.

2.

Jetzt steht’s, wie Gott so unendlich viel „größer“ sei, „denn unser Herz,“ in diesem Buche geschrieben, und doch reicht der bloße Buchstabe noch nicht aus, es nun auch unserm Bewußtsein einzuprägen. Allzuweit läßt das erhabene Gnaden- und Liebesgeheimniß die engen, werkbündischen Begriffe des armen Menschenherzens hinter sich zurück, als daß dieses, sich selbst gelassen, etwas mehr, als eine kühne Phantasie darin erblicken könnte. So mancher andern Zweifel nicht zu gedenken, deren der aus dem Bereiche göttlicher Anschauungen so weit verschlagene Mensch, jenem Geheimnisse gegenüber, sich schwer wird erwehren können, läßt schon, falls nicht eine göttliche Einwirkung dazwischen tritt, die ihm angestammte knechtische Gesinnung die Ueberzeugung nicht in ihm wurzeln, daß die Liebe Gottes eine so unendlich freie und überschwänglich große sei. Seht nur die Gläubigen des alten Bundes, wie sie stutzen, so oft ein leiser Klang von diesem Geheimniß göttlicher Erbarmung sie antönt. Sie vernehmen die Botschaft; jedoch als Solche, die nicht wissen, ob sie ihren Ohren trauen dürfen; und kosten sie einmal einen Tropfen ihrer Süßigkeit, so sehen wir sie doch alsbald wieder, unvermögend, wie sie sind, die große Sache in ihrem Bewußtsein festzuhalten, in die Sphäre des Gesetzes und der Knechtesfurcht zurück sinken. – Wie geschah, vor dem Hereintritt des großen Pfingsttags selbst, noch den Jüngern des bereits erschienenen Friedensfürsten, wenn dieser ihnen von jenem seligen Geheimnisse in etwa die Schleier lüftete? Mit dem größten Befremden hörten sie ihm zu, und ahneten kaum, wovon die Rede war, und waren in ihrer Verblendung gar fähig, dem Herrn, ihrer eigenen Seligkeit widerstrebend, mit Unwillen ein: „das und das widerfahre dir ja nicht!“ zuzuherrschen. Ja, als der heilige Geist bereits gekommen war, mußten bekanntlich die galatischen Christen noch vom Apostel darum gescholten werden, daß sie wieder vergessen hätten, wie „Gott Alles frei durch Verheißung schenke“: ein schlagender Beweis, wie schwer es dem armen Menschenherzen wird, in die Thatsache sich zu finden, welche den Kern des ganzen Evangeliums bildet, und dieses erst zur frohen Botschaft macht. Wie Manche mögen auch in dieser unsrer Versammlung sich befinden, die, obwohl auch sie die unvergleichliche Botschaft von der Liebe Gottes in Christo unablässig hören, nimmer doch dahin gelangen, dieselbe in ihr Glaubensbewußtsein aufzunehmen. Sagt selber, ob es nicht also ist? Ihr Armen wohnt gleichsam in einem Paradiese, aber blind und taub geboren. Die Palmen einer himmlischen Sabbathruhe umblühen euch; aber ihr hört das Säuseln nicht, das durch ihre Zweige geht. Es umrauschen euch die Brunnen eines Friedens, der „höher ist, als aller Menschen Vernunft;“ ihr aber zieht friedelos, ja unstät eure Straße. Die Sonne „mit Heil und Genesung unter ihren Flügeln,“ ging am Horizont der Erde leuchtend auf; ihr wandelt nach wie vor in Nacht und Dunkel. Ein ewig grüner Lebensbaum treibt unaufhörlich seine goldnen Wunderfrüchte, und es werden Tausende im Genuß derselben tagtäglich seliglich gesättigt, während ihr bei den „Träbertrögen“ darbt, und in Mangel umkommt. Ohne Hoffnung, ohne Lust in Gott, ohne Trost im Leben und im Sterben geht ihr dahin, obwohl jenes Alles, und wie Vieles sonst noch, gleich einem himmlischen Erntefelde euch umwogt. Was aber frommt es euch? Für euch ist, „was Gott denen bereitet hat, die Ihn lieben,“ gar nicht da; wie denn dessen Niemand wahrhaft froh wird, dem es Gott nicht „offenbart durch seinen Geist!“

“Uns,“ spricht der Apostel, „hat es Gott geoffenbart!“ Im Himmel und auf Erden gibt es Begehrenswertheres nichts, als in das Bündlein mit eingebunden sein, das der Apostel mit diesem “Uns“ bezeichnet. Unser Friede für Zeit und Ewigkeit ist dadurch bedingt, daß jenes Geheimniß der Gnade Gottes in Christo von uns lebendig erkannt und ergriffen wird. Hiezu aber bedürfen wir nach des Apostels Versicherung einer göttlichen Bewirkung. Der „heilige Geist“ muß das Geheimniß uns entsiegeln, verklären und innerlichst zu eigen machen. So lange dies nicht geschieht, „scheint das Licht in die Finsterniß, und die Finsterniß begreift es nicht.“ Es verhält sich mit den Wahrheiten des Wortes Gottes wie mit den Lieblichkeiten der Natur: die einen wie die andern werden erst erkannt, nachdem sie von Oben her ihre Beleuchtung empfingen.

Allerdings kann, - daß ich menschlich rede, - durch obwaltende Zeitverhältnisse dem h. Geiste das Erleuchtungswerk erschwert, aber auch erleichtert werden; und wenn ich die Constellation der Gegenwart in dieser Beziehung als eine günstige bezeichne, so fürchte ich den Widerspruch nicht, der sich etwa andrerseits dawider erheben möchte. Es trägt unsre Zeit in der That eine starke Bekräftigung der göttlichen Offenbarung in ihrem Schoße, und zwar vor Allem darum, weil die großartige historische Heilsvergangenheit, die unsern Glauben in Anspruch nimmt, in mehr als einer Beziehung wieder lebendig in unsre Zeit hereinragt, und in tausend Erscheinungen sich derselben wieder vergegenwärtigt oder verjüngt. Unser ganzes Heil ruht ja, wie ihr wißt, auf geschichtlichem Boden. Vor achtzehn Jahrhunderten ist es geschehen, daß die untrügliche Wahrheit ein für allemal in die Welt hereintrat, die Gerechtigkeit, die vor Gott gilt, uns erwirkt, und was irgend unsre Wiederaufnahme in des Vaters Haus bedingte, vollkommen erledigt ward. – An uns ist es seitdem nicht mehr, weder die Leiter der Speculation an die Wolken zu setzen, um das Licht erst von dort herabzuholen, noch an das Gesetz uns zu verdingen, um in dessen Diensten etwa den zum Gerichtstage erforderlichen Schmuck uns zu beschaffen. Wir haben nur hinzunehmen, was längst uns bereitet ward, und der Bitte: „Lasset euch versöhnen mit Gott“ willig und dankbar Ohr und Herz zu öffnen! In den Begebenheiten, denen die Hügel und Gethale des alten Canaan den Schauplatz liehen, ruht der geistliche Felsengrund, auf dem das Schloß unsres Friedens gegründet steht. Ja, wir hören sie, die schrillenden Stimmen, die uns mit großer Dreistigkeit versichern, unser Grund wanke, und Phantasterei sei unser Glaube, indem eine unfehlbare Offenbarung an die Welt niemals ergangen, ein erlösender Gottmensch nie auf Erden erschienen, und die Sage von einem für alle Zeiten gültigen und alleinseligmachenden Evangelium eben nur eine Sage, und ein Wahn sei; aber wir lächeln zu diesem verneinenden Gerede, und bemitleiden innig, die dasselbe führen, und zeigen, statt auf weitläufige Entgegnungen uns einzulassen, einfach auf neue Thatsachen hin, zum Beweise für die angefochtenen und bestrittenen alten. – Es durchwandelten jene heilige Vergangenheit Propheten, und redeten, ihrem ausdrücklichen Bezeugen nach, „getrieben vom heiligen Geiste.“ Längst haben ihnen und ihren Worten wie die Trümmer Ninive’s, Babels und Jerusalems, so insonderheit die Erscheinung und die Thaten des von ihnen vorherverkündigten großen Davidssohnes das thatsächliche Siegel der Bestätigung aufgedrückt; aber immer noch schlummerten seit vielen Jahrhunderten her nicht wenige ihrer Vorherverkündigungen unverwirklicht auf dem altersgrauen Pergament, und der Kleinglaube gedachte schon, sie als erblaßte Kinder eines zwar lieblichen, aber leeren Traumes zu Grabe tragen zu müssen. Da kommt durch Gottes Erbarmung mit ihrer Bibelverbreitung, ihrer Mission, und so manchen andern Veranstaltungen und Thätigkeiten die neueste Zeit, und ehe wir’s uns versehen, fahren, durch sie geweckt, die alten Verheißungen aus den tausendjährigen Lagern des biblischen Buchstabens heraus, und begegnen uns eine nach der andern verkörpert in der Geschichte des Tages. Könnten sie heute wiederkommen, die alten Seher, wie würde es sie freudig überraschen, Tausende von seligen Gesichten, die einst in stillen Stunden der Weihe an ihrem entzückten Geiste vorüberschwebten, jetzt in handgreiflicher Wirklichkeit vor sich zu erblicken. Ich meine, ich sähe sie, die Dolmetscher Jehovas, wie ihnen die Augen strahlen, und hörte sie jauchzen, den Jesaias: „Seid mir gegrüßet, ihr Inseln weit und breit, denen ich kündete, daß auch ihr einst dem Gotte Israels Geschenke bringen würdet;“ – den Jeremias: „Wie gehest du jetzt auf, du Tag der Gnaden und des Heils, den ich fern, durch Thränen, auch über Mohrenland, Saba und Ophir dämmern sah;“ – den Hesekiel: „Siehe da, mein Todtenfeld! Wie rauscht’s, wie reget sich’s unter deinen Gebeinen;“ – den Daniel: Da bist du ja, du großer Stein, vom Berge losgerissen ohne Hände! – Rolle, rolle weiter, bis du die Welt erfüllest;“ – den Sacharja: „O mein Serubabel, vor welchem auch der große Berg eine Ebene sein muß, wie herrlich führest du auf den Hauptstein! – Glück zu! Glück zu!“ – und den Königlichen Sänger, samt dem Chore der vielen andern: „Seht, da kommt’s ja, wie’s unser Mund geredet! Es werden allerlei Leute in Zion geboren, und der Herr bauet die Stadt; und Könige sind die Pfleger seines Reichs, und Fürstinnen dessen Säugammen!“ – So würden sie jubeln, die heiligen Alten, wenn sie wieder erschienen. Wir aber jubeln nicht minder, und rufen den edlen Sehern zu: „Haltet eure Beglaubigungsbriefe nur zurück. Wir lesen eure höhere Sendung in den Wundern der Geschichte. Der Gott, der so pünktlich nach euern Worten that und thut, muß nothwendig auch der Urquell dieser Worte sein. Ihr lebt in der ununterbrochenen Erfüllung eurer Orakel fort. Was bedürfen wir weiter Zeugniß, daß ihr in des Herrn Namen gekommen seid?“ - - Vor achtzehnhundert Jahren erschien der Mann auf Erden, der sich als denjenigen ankündigte, der mit dem Vater eins sei, und mit seines Reiches Grenzen die Welt umspannen werde. Redete er Wahrheit? Ein hufe frecher Lästerer ruft in unsern Tagen: „Nein!“ Erst vor wenigen Jahrzehnten noch hätte vielleicht dies dreiste “Nein“ uns imponiert; denn in der That schien der Hüter Israels zu schlummern, und seine Sache auf der Neige. Heute kommt das “Nein“ zu spät. Großartige Thatsachen erwarten es, um, wie das Felsenriff im Meer die schäumende Woge, es zu zerbrechen. Ja, wenn er noch wirkungslos hinter den Wolken thronte, der Herr; wenn er sein Wort nicht hielte: „Die Pforten der Hölle sollen meine Gemeine nicht überwältigen;“ wenn er nicht thäte, wie er gesagt: „Ich habe noch andere Schafe, nicht von diesem Stelle, und auch sie muß ich herbeiführen,“ wenn er nicht durch sein Wort die Wüsten blühen machte; noch wo sein Name ertönt, neue geistliche Schöpfungen ins Dasein riefe, noch sich lebenskräftig darstellte in tausend und aber tausend armen Sündern, noch seine Liebe und seinen Haß wider die Finsterniß, und seine Geduld unter des Lebens Mühsal, und seinen Todesmuth und Sterbens-Frieden ausgösse in ihr Herz; - mit einem Worte: wenn er nicht immer noch dem Wesen nach dieselben Wunder thäte, von denen die evangelische Geschichte meldet, daß er sie einst verrichtet habe: - dann freilich stände es bedenklich um die Sache unsres Glaubens. – Was besäßen wir alsdann, um die Lästerer zu entwaffnen? Aber steiget jetzt auf die Warte der neusten Geschichte seines Reichs, und schauet euch um, und wie manche Erscheinungen werdet ihr gewahren, die euch an den „brennenden Busch“ erinnern, und aus denen euch vernehmlich sein Ruf entgegentönt: „Hier bin Ich! Hier bin Ich!“ – Ja, thatsächlich erwiesen steht er heute noch da, wie er gestern dastand, und dastehen wird in Ewigkeit, als der Immanuel, d.i. der „Gott mit uns“, und als der “Held“, der der Schlange den Kopf zertrat, und als der „Fürst des Lebens“, außer welchem kein Heil; und Niemand versagt Ihm ungestraft die Huldigung und den Glauben! - - Mit Ihm trat in jenem altersgrauen Vormals sein Evangelium in die Welt, und führte sich ein als die Wahrheit, und zwar als die allein frei, rein und selig machende. Ihr wißt, welch wüster Einspruch in den neusten Tagen auch hiegegen sich erhoben hat. Die alte Weisheit soll verbraucht und abgestanden, ja, was man überhaupt von ihrer Kraft gerühmt, nur ein Mährlein sein. Und doch, nachdem die menschliche Vernunft in Erfindung philosophischer Lehrsysteme sich erschöpft, und die natürliche Wissenschaft und Bildung heut zu Tage ihren höchsten Gipfelpunkt erreicht hat, gelangt bis zur Stunde noch, wie die tägliche Erfahrung lehrt, kein Sünder, der zu gründlicher Selbsterkenntniß erwachte, zum Frieden, kein in Missethat Verstrickter zu wahrer Heiligung, kein Egoist zur reinen Liebe, und kein Sterbender zum Triumphe über den Tod, bis die Sonne des Evangeliums ihn anstrahlt, und mit ihrem wunderthätigen Lichte ihn durchdringt. Schaut euch nur um! Wo sitzt, bis heute, die Selbstsucht auf dem Thron? Wo walten der Unfriede und das Mißbehagen? Wo kehren die Trostlosigkeit und das Verzagen ein, wann Noth an Mann geht? und wo verwittern die Zügel der Zucht und Sitte? Ist es nicht auf den kahlen nackten Eisesspitzen der sogenannten modernen Weisheit, wo der Unglaube unter unheimlichen Einwirkungen bis zur entschiedensten Verneinung der letzten christlichen Idee sich gegipfelt und vollendet hat? Und wie heißt dagegen die stille, holde Mutter, die in immer neuen Veranstaltungen der Liebe unausgesetzt über Land und Meer ihre hülfreichen Arme ausstreckt, und nur darüber aus ist, Thränen zu trocknen, Wunden zu heilen, und ihren Frieden zu allen Hütten hin zu tragen, und keinen Lohn dafür begehrt, sondern sich darin schon reichlich belohnt fühlt, daß sie nur Barmherzigkeit üben kann? - “Jerusalem“ heißt diese herrlichste Erscheinung der Welt; und das Evangelium erzeugte sie und gab ihr das Leben. Und dieses Evangelium, dieser unablässig treibende Same des Edelsten, Schönsten und Herrlichsten, was die Erde aufzuweisen hat, soll “veraltet“ sein? – O Wahnsinn, Solches zu behaupten! Wer Augen hat, zu sehen, der sehe doch, wie es schon die alltägliche Erfahrung, ich möchte sagen in den Gesichtskreis selbst der leiblichen Sinne rückt, daß das Evangelium ein „ewiges Evangelium“ sei; ein ewiges, weil das Evangelium Gottes! –

Keine Entschuldigung denn für die, welche dem Evangelium des Friedens heut zu Tage noch ihr Herz verschließen. Was indeß von Außen her den Glauben anräth und empfiehlt, schafft und erzeugt ihn darum noch nicht. – Nur innere Vorgänge weihen in das Geheimniß der Liebe Gottes in Christo ein. Bis an die Schwelle des Heiligthums führt die Apologie; durch die Pforte hindurch nur, wie der Apostel bezeugt, der heilige Geist. Dieser Geist ist dazu in der Welt, daß er Christum in Armesünderherzen verkläre; und daß uns ein trefflicherer Ausleger und Zueigner dessen, „was Gott uns bereitet hat,“ als er ist, nicht hätte bestellt werden können, wird wohl ein Jeder zugestehen. “Der Geist“, sagt unser Text, “erforschet alle Dinge, auch die Tiefen der Gottheit.“ Wie in dem Verborgensten deines Innern, so ist er im Herzen Gottes, in Gottes Rathschlüssen, Plänen und Gedanken zu Hause. Der Apostel vergleicht das Verhältniß des Heiligen Geistes zur Gottheit mit demjenigen unsres menschlichen Geistes zu uns. „Welcher Mensch,“ fragt er, „weiß, was im (buchstäblich: des) Menschen ist, ohne den Geist des Menschen, der in ihm ist?“ – und fährt dann fort: „Also auch weiß Niemand was in Gott – oder: Gottes – ist, ohne der Geist Gottes.“ – Der Sinn dieser Worte ist klar. Was ich denke, sinne und begehre, ist dir ein Geheimniß, bis ich es dir offenbare. Es weiß es nur mein eigner Geist; nur dieser lies’t in dem dir siebenfach versiegelten Buche meiner Gedanken. Gleichermaßen ist’s der Geist Gottes, der Gottes Innerstes ergründet, und darum auch allein vermag, aus dem Bereiche Seiner Willensakte und Rathschlüsse uns Gewisses mitzutheilen. Ihr bemerkt hier wieder, wie bestimmt der Apostel sich bewußt ist, daß er sein religiöses Erkennen aus göttlicher Offenbarung habe, und ich hoffe, nach einem Ausspruche, wie er heute wieder von seinen Lippen uns anklang, wird fortan wohl Keiner unter euch mehr in Abrede stellen, daß wenigstens er sein Evangelium mit nüchternem Sinne und klarsten Bewußtsein nicht aus einer eignen Denkvertiefung, sondern aus einer übernatürlichen und unmittelbaren Eingebung durch den heiligen Geist hergeleitet habe.

Derselbe Geist nun, der, was Gott uns bereitet hat, zuerst im Buchstaben des Evangeliums aussprach, muß dies nun auch, wenn es uns ein Wirkliches und Eignes werden soll, uns auf’s neue kundthun und verklären. Fragt ihr, wie dies geschehe, so werden die Antworten der Erfahrenen zwar mannigfaltig, aber dennoch einig klingen. „Ehe man sich’s versieht,“ so etwa wird der Eine sprechen, „hebt uns der Geist die Decke von jenem Stuhle, der in eitel Feuerflammen brennet. Händeringend stehn wir davor, schlagen an unsre Brust und schreien um Hülfe. Da läßt er das Wort von der Erlösung vor unserm Ohr ertönen. Wir verstehen es, werden seines Inhalts froh, und jauchzen selig: Kommt und sehet, was Gott uns armen Sündern in seinem Sohne bereitet hat!“ – „Nein, also nicht,“ wird ein Andrer sprechen; allmäliger pflegt der werthe Tröster zu verfahren. Er legt das göttliche Gesetz uns aus und auf, und ruft: Gehorsam oder Fluch! Wir vernehmen’s, und wollen gehorchen, und lenken mit allem Ernste in die Straße der Gesetzeswerke ein. Aber nun werden wir uns unsrer Armuth und Ohnmacht erst recht bewußt, fühlen uns täglich sündiger und verdammungswürdiger; und, wie köstlich wird uns nun das Wort vom Kreuz, wie theuerwerth die Botschaft von der Gnade!“ – „Auch so nicht!“ fällt ein Dritter ein. „Noch stufenweiser wird man in das Geheimniß eingeweiht. Erst eine geheime Unruh in des Herzens Tiefe; man weiß nicht, woher sie kommt, noch wohin sie treibt. Eine wundersame Wehmuth gesellt sich ihr zu, die um Alles, was uns umgibt, einen Flor uns breitet. Ein stilles Sehnen nach etwas Unerkanntem geht damit Hand in Hand. Man sucht es hier, man sucht es dort; aber in keinem Dinge diese Welt wird’s gefunden. Nun ein Blick des Schmachtens zur Himmelshöhe; ein verstohlner Seufzer: Ach, daß ich Flügel hätte! Aber in demselben Augenblicke ein Geisterruf von Oben: Hier geht nichts Unreines ein! Fern ihr Profanen! – und nun ein träumendes Versinken in uns selbst, ein stilles Trauern durch manche lange Nacht hindurch, ein zunehmendes Zerschmelzen in heiligem Sündenschmerz, und ein mehr und mehr sich klärendes Bewußtsein: Was dir fehlt, nichts Andres ist es, als das Zeugniß, daß Gott der Herr dir gnädig und gewogen sei! – Jetzt ist man auf der Schwelle des Licht- und Friedenstempels angelangt. Der Geist hilft weiter. Die Pforte des Heiligthumes thut sich auf und nun - - wer beschreibt die Wonne, die über die erlöste Seele jetzt hereinrauscht?!“ – So sagt ein Vierter. Ihr seht, verschieden und auf mannichfachen Wegen führt der Geist dem einen Ziele zu. Das letzte Pförtlein für Alle aber ist – die Buße. Dann spricht der Geist noch einmal über unser innres Auge sein “Hephata“, - und die neue Welt der Liebe Gotte in Jesu liegt offen vor uns. Das Vergangene wird uns jetzt ein Gegenwärtiges, das Ferne ein lebendig Nahes, das Alte ein ewig Neues und das Fremde ein für uns Vorhandenes. Ein – Wagen gilt’s zwar noch. Wir sollen glauben, was der fleischlichen Vernunft nur Thorheit dünkt. Aber es drängt die Noth. Wir wagen’s, und rufen mit dem blinden Bartimäus: „Herr Jesu, du Sohn Davids, erbarm dich unser!“ – Jetzt ergibt sich, daß wir in Wahrheit nichts gewagt, als wir, ohne lange vorzudenken, von der Noth gedrängt, Sein blutiges Kreuz umfaßten; denn ohne Vordenken von unsrer Seite zuerst von Christo ergriffen, ergreifen nachdenkend wir nun Christum in seinem Werk und Wort, und entdecken dann mehr und mehr in fortschreitender Vertiefung, daß, was wir gleichsam blindlings als letzten Nothanker ergriffen, eitel Gotteskraft und Gottesweisheit sei. Wir finden, der göttliche Erlösungsrathschluß in Christo gereiche zur höchsten Verherrlichung Gottes, befriedige die tiefsten Bedürfnisse des menschlichen Herzens, löse alle Räthsel unsres Daseins, und sei allein, aber auch überschwänglich im Stande, die Menschheit dem Ziele ihrer hohen Bestimmung sicher entgegenzuführen. Wir können nicht aufhören, die Tiefe der Gedanken Gottes in jenem Rathschlusse zu bewundern, und sprechen aus seliger Innewerdung heraus mit dem Apostel: „Wir haben nicht empfangen den Geist der Welt, sondern den Geist aus Gott, daß wir wissen können, was uns von Gott geschenkt ist.“

O werdet Alle befähigt, dieses Wort zu dem eurigen zu machen. Erfaßtet ihr aber bereits das Geheimniß der Erbarmung Gottes in Christo, so freuet euch sein, und beutet’s mit beherztem Glauben aus. Es ruhn auf seinem Grunde neben dem Frieden, der höher ist, als aller Menschen Vernunft, alle Kräfte zur Ueberwindung der Sünde, der Hölle und des Todes. Lebendig angeeignet macht es uns tüchtig, schon in der Dornenkrone mit Christo zu herrschen, und über die Höhen aller unsrer Feinde triumphierend einherzugehen. Es ist aber „noch nicht erschienen, was wir sein werden.“ Wenn es aber erscheinen wird, Brüder, was gilt’s? so werden wir bekennen müssen, daß es bei unsres Leibes Leben auch nicht einmal als Ahnung „in unser Herz“ kam, auf was alles Großes die apostolische Eröffnung hinüberwinkte, daß die „Weisheit Gottes im Geheimniß vor der Welt zu unsrer Herrlichkeit verordnet“ sei. – Amen.

Cookies helfen bei der Bereitstellung von Inhalten. Diese Website verwendet Cookies. Mit der Nutzung der Website erklären Sie sich damit einverstanden, dass Cookies auf Ihrem Computer gespeichert werden. Außerdem bestätigen Sie, dass Sie unsere Datenschutzerklärung gelesen und verstanden haben. Wenn Sie nicht einverstanden sind, verlassen Sie die Website.Weitere Information
autoren/k/krummacher_f.w/krummacher_f.w_die_apostolische_weisheit.txt · Zuletzt geändert: von 127.0.0.1
Public Domain Falls nicht anders bezeichnet, ist der Inhalt dieses Wikis unter der folgenden Lizenz veröffentlicht: Public Domain