Krummacher, Friedrich Wilhelm - Ein neuer Kampf und Sieg.

Krummacher, Friedrich Wilhelm - Ein neuer Kampf und Sieg.

Psalm 73, 21 - 28.
Da mir's im Herzen gohr, und mich stach in meinen Nieren, da war ich ein Narr, und wußte nichts; ich war wie ein Thier vor Dir. Dennoch blieb ich stets an Dir; denn Du hieltest mich bei Deiner rechten Hand. Du leitest mich nach Deinem Rath, und nimmst mich endlich mit Ehren an. Wenn ich nur Dich habe, so frage ich nichts nach Himmel und nach Erde. Wenn mir gleich Leib und Seele verschmachten, so bist du doch, Gott, ewiglich meines Herzens Trost und mein Theil. Denn, siehe, die von Dir weichen, werden umkommen; Du bringest um Alle, die von Dir abfallen. Aber meine Freude ist, daß ich mich zu Gott halte, und meine Zuversicht setze auf den Herrn Herrn, daß ich verkünde alle Dein Thun.

Mit Recht, Geliebte, nannte Luther den Psalter „das Herzensbüchlein der Kinder Gottes“, da diese kaum etwas in ihrer innern Welt erleben können, zu dem sie nicht irgendwo in den Psalmen das lebendige Seitenstück, oder doch den entsprechendsten und bezeichnendsten Ausdruck fänden. Ich bin gewiß, daß es den eben verlesenen Worten auch in den Herzen Mancher unter uns an einem kräftigen Wiederhall nicht wird gemangelt haben. Geht doch wol selten nur ein Pilger Gottes durch die Welt hindurch, ohne einmal einen ähnlichen Kampf durchkämpfen zu müssen, wie einst, laut dem in seinem Liede niedergelegten Bekenntnisse, der ausgezeichnete Gottesknecht Assaph so siegreich ihn bestand. - Ihr fragt, was für ein Kampf dies sei? Lauscht unserm Sänger! In seinem Psalme, von dem ich nur die Schlußworte euch verlas, obwohl ich den ganzen meine, hat er ihn uns geschildert. Richten wir denn zuerst den Blick auf die Anfechtung, die er zu besiegen hatte; und beschauen wir uns dann die Waffen, mit denen dieselbe immer sicher zu überwinden ist.

Der Herr aber bekenne sich in Gnaden zu unserm Wort, und lasse es uns zur Ermuthigung, wie zur Wappnung für zukünftige Stürme gesegnet sein!

„Dennoch hat Israel Gott zum Trost, wer nur reines (d. i. lauteren und aufrichtigen) Herzens ist!“ So hebt Assaph sein Triumphlied an. Von vorneherein vernehmen wir in diesen Worten den Grundakkord seines ganzen Psalms. Das „Dennoch!“ ist schon Siegesgeschrei des Ueberwinders. Der Sänger taucht damit aus einem Meere tief beunruhigender, ja strafbarer Zweifelgedanken auf. Er spricht mit seinem „Dennoch“ in entschlossenem Trutze alle demjenigen Hohn, was die Zweifel in ihm angeregt, und verdammt damit sein eigen Herz, daß es auch nur einen Augenblick darüber in Ungewißheit habe gerathen können, wer besser daran sei: ob der Gottlose, oder der Fromme; ob der Gläubige, oder der nach Gott nicht frage. Aber was war denn vorgegangen? - Hört ihn! „Ich hätte schier gestrauchelt mit meinen Füßen“, spricht er; „meine Tritte hätten beinah geglitten.“ Wir verstehen. - Beinah, will er sagen, sei er abtrünnig geworden von Gott. Doch nur beinahe. Die einmal gründlich zum Glauben gelangt sind, können wieder straucheln, ja; aber mit ihrem Abfall hat's so leicht nicht Gefahr. Nicht menschliche Bande sind's, die mit dem Herrn sie vereinigen. Der Heilige Geist knüpfte dieselben, und trägt die Gemeinschaft, wie er sie wirkte und besiegelte. „Aber was war es“, höre ich ungeduldig fragen, „das den Glauben Assaphs so tief, ja, bis zum Irrewerden an seinem Gott erschüttern konnte?“ - „Es verdroß mich auf die Ruhmredigen“, (oder, Uebermüthigen,) antwortet er selbst, „da ich sah, daß es den Gottlosen so wohl ging.“ Seht, hier entziffert sich das Geheimniß des Kampfs, den er in seinem Innern zu bestehen hatte. - Assaph schildert uns zunächst das zeitliche Wohlergehen und den Uebermuth so mancher gottvergessener Kinder dieser Welt. „Sie sind“, spricht er, „in keiner Gefahr des Todes“, (buchstäblich: ungebunden, nemlich von ihrem Gewissen und Gottes Gesetz, gehen sie bis an den Tod dahin,) „und stehen fest wie ein Palast. Sie sind nicht im Unglück, wie's andere Leute sind, und werden nicht wie andere Menschen geplagt. Darum ist Stolz ihr Geschmeide, und der Hochmuth ihr Gewand. Ihr Angesicht strotzet vor Fett; sie thun, was sie nur gedenken. Sie höhnen Alles, sie lästern und reden hoch her. Was sie reden, das muß vom Himmel geredet sein; was sie sagen, das muß gelten auf Erden. Darum fällt ihnen ihr Pöbel zu, und Wasser in Fülle werden geschlürft von ihnen. Und sie sprechen: Wie sollte Gott was wissen? Wie Kunde bei dem Höchsten sein? Siehe, das sind die Gottlosen; die sind glückselig in der Welt und häufen Reichthum.“ Nach dieser Schilderung eines im Ueberfluß sinnlichen Wohllebens schwelgenden Geschlechts übermüthiger Materialisten schließt der Sänger tiefer sein Herz uns auf, und berichtet, welcherlei Gedanken Angesichts jener hochfahrenden Menschen und ihres Erdenglückes ihm gekommen seien. Er habe bei sich gedacht, bekennt er: „Ich bemühe mich umsonst, mein Herz zu reinigen, und meine Hände in Unschuld zu waschen; denn alltäglich bin ich geplagt, und meine Züchtigung ist alle Morgen da!“ - Was aber war es näher, das so stark ihn anfocht? Etwa Neid? Oder Mißgunst? Nein, das sei ferne! Ihn gelüstete nach den Dingen nicht, in denen jene ihren Himmel fanden. Aber das Wohlergehen jener Gottlosen drohte ihm das Regiment Gottes wieder zu verdunkeln, und die Existenz einer höheren sittlichen Weltordnung in Frage zu stellen. Er bemerkt jedoch, wie er sich wohl gehütet habe, das, was in seinem Innersten vorging, auch öffentlich kund zu geben. „Ich hätte sonst“, spricht er, den Grund dieser Zurückhaltung selbst bezeichnend, - „das Geschlecht Deiner Kinder verrathen“, d. i. „ich würde dadurch sie, so wie die Frömmigkeit überhaupt, in Verruf gebracht, meinen Brüdern einen Anlaß zu ähnlichem Irrewerden an Gott gegeben, und der Sache der Gottlosen nur Vorschub geleistet haben.“ - Fürwahr, ein schöner, zarter Zug, dem wir hier begegnen! Möchten alle Gläubigen in ähnlicher Lage denselben nie an sich vermissen lassen! Wenn auch sie einmal, wie es geschehen kann, von Zweifeln angefochten werden, warum eilen sie sogleich damit auf den offenen Markt, wo ihre Bekenntnisse den Kindern der Bosheit nur einen Triumph, und den noch Schwachen im Glauben ein Aergerniß bereiten? O wie viel besser thäten sie, wenn sie sich mit den Bedenken, die ihre Seele beunruhigen, still in das „Heiligthum“ vor ihres Gottes Angesicht zurücke zögen, und davon erst sprachen, nachdem sie dieselben durch Gottes Gnade überwunden hätten. So verfuhr unser Assaph, nachdem er sich freilich erst lange, aber erfolglos, den Kopf darüber zerbrochen, wie, was er täglich in den Erdenloosen der Menschenkinder Widersprechendes vor Augen sah, sich mit dem Walten eines heiligen, weisen und gerechten Gottes in Einklang bringen lasse. „Dieses Räthsels Lösung“ bekennt er selbst, „war mir zu schwer!“ Ja, er beichtet uns entsetzliche Dinge. Er sagt, es habe ihm über dem angeschauten Mißverhältnisse zwischen dem Schicksal der Weltkinder und dem der Kinder Gottes lange „in seinem Herzen gegohren“, und „in seinen Nieren ihn gestochen.“ Und mehr noch: einem „Unsinnigen“ gleich, sagt er, habe er rechtend wider Gott sich aufgebäumt, und wie eine unvernünftige Creatur, wie eine rasende Bestie gegen Ihn getobt und gewüthet.

Solches bekennt der heilige Assaph, der aufrichtige, lautere Gottesknecht, in tiefer, tiefer Reue und Beschämung. Ja, - fühlt ihr's seinen Worten nicht ab? - mit feuchtem Auge spricht er es aus, und mit bebender Lippe. Ich denke aber, seine Beichte wird Manchem unter uns zur Beruhigung gereichen. Oder ist's nicht in hohem Grade tröstlich, einen Mann, wie Assaph, zum Leidensgefährten zu haben? Unzweifelhaft widerfährt auch heute noch gar Manchem, der den Weg des Herrn wandelt, ganz dasselbe, was unserm Sänger einst. Wenn ein Solcher in seiner Armuth und Niedrigkeit, und aus seinen tausendfältigen Mühseligkeiten und Nothständen heraus so Viele, die niemals nach Gott gefragt, ja, Gottes und seines Wortes spotten, mit hochgeschwellten Segeln des Glücks und der Ehre daherfahren sieht, und wahrnimmt, wie diesen Menschen, die Niemandem etwas verdanken wollen, als sich selbst. Alles, was sie unternehmen, immer gelingt, während ihm kaum jemals etwas gerathen will; wie jenen gleichsam im Schlafe zuströmt, was ihr Herz begehrt, während ihm der Acker seines Lebens trotz alles Arbeiterschweißes, mit dem er ihn düngt, nur Dornen und Disteln tragt; wie an ihren stolzen Palästen jede drohende Wetterwolke vorüberzieht, um über seiner armen Hütte sich zerschmetternd zu entladen; wie sie um neugehäufte Berge blinkender Schätze rauschende Jubelfeste feiern, bei denen Gottes und Seiner Güte nicht einmal gedacht, und nur der menschlichen Kunst und Klugheit das Knie gebeugt und der Weihrauch entzündet wird, während er, der sich in allen Treuen dem Herrn verschrieb, und auf Ihn seine ganze Hoffnung setzte, fast an Allem darben muß, und die Erde nur als ein Thränen- und Jammerthal kennen lernt: - wenn er diese Contraste ins Auge faßt, wie, daß dann nicht auch an ihn die Versuchung zu der Frage herantreten sollte, ob sich's denn wirklich wol der Mühe lohne, den Weg des Herrn zu wandeln? O wie leicht geschieht es, daß dann auch sein Glaube eine bedenkliche Erschütterung erleidet, und er sich plötzlich wieder mit zweifelbestürmtem, ja wankendem Herzen an den Scheideweg zwischen dem Weltdienst und dem Dienste Gottes zurückversetzt erblickt! - Ach, mein Bruder, befindest du dich etwa schon in dieser Lage? Gährt's bereits, wie einst dem Assaph, auch dir in deinem Herzen, und sticht auch dich's, wie jenen, darüber in deinen Nieren, daß es denen, die unbekümmert um Gott und Gottes Reich die breite Straße ziehn, so wohl ergeht, während du dich aus einem Prüfungsfeuer ins andere hinein geschleudert siehst? Nun, so wisse vorab, daß meine Sorge um dich doch nur eine mäßige ist; denn auch dir wird später unbezweifelt Anlaß werden, Gott die Ehre zu geben, und mit Assaph zu bezeugen: „Dennoch blieb ich stets an Dir: denn Du hieltest mich bei Deiner rechten Hand!“ Gottesfürchtige kommen von ihrem Gott so leicht nicht wieder los; und wiederfährt es ihnen auch einmal, daß sie in einem Anfall von Ungeduld, ja Verzweiflung, mit Ihm zu hadern und zu grollen beginnen, so geschieht dies doch mit einer so unaussprechlichen Wehmuth in der verborgensten Herzenstiefe, und mit solch' einem innerlichen Weinen, ja Heulen, daß es grade jetzt erst recht offenbar wird, wie unauflöslich stark und fest das Band sei, das sie mit ihrem Gott verknüpft. Doch, Freund, erspare dir die gallenbittere Reue, die auch der leiseste Anfing solch' eines innern Zerwürfnisses mit dem ewig Treuen in der Höhe zur Folge hat. Vernimm, was du zu thun hast, so oft wieder ein Grollen, wie das bezeichnete, dich überkommen will. Assaph sagt dir's durch seinen Vorgang. Zu seinen Waffen greif', in seine Fußtapfen tritt, und du gehst sicher.

Assaph erzählt, daß er, als sich die Unruhe seiner Seele über das undurchdringliche Geheimniß der göttlichen Weltregierung und mit diesem Anfechtungssturme sich für ihn zugleich die Gefahr des Abfalls von Gott auf's äußerste gesteigert habe, an aller menschlichen Lösung des dunkeln Räthsels verzagend in das „Heiligthum“ Gottes gegangen sei. Daß er hier nicht den steinernen Tempel zu Jerusalem meine, liegt am Tage. Er berichtet einen geistlichen Vorgang. Seine Worte sind dahin zu deuten, daß er sein armes von wüsten Zweifeln zerfleischtes Herz zu Gott getragen habe. Er betete, und versenkte sich forschend in die Tiefen des festen, prophetischen Worts. Als er dies that, begann es zu dämmern vor seinen Augen, und aus der Dämmrung brach bald das volle Licht des Aufschlusses hervor.

Zuerst sah er sich angewiesen, auf das Ende der Gottlosen sein Augenmerk zu richten. Er that's, und was da in seinen Gesichtskreis getreten, deutet er uns in seinem Psalme an: „Du setzest sie“, spricht er, „auf's Schlüpfrige“; ihre Herrlichkeit steht auf schwachen Füßen; sie hat nicht Bestand. „Du stürzest sie zu Boden“; - ehe sie sich umseh'n, verwandelt sich ihr Trotzen und Jubeln in Klage. - „Wie so plötzlich werden sie zu nichte.“ Hier dachte Assaph wohl an Nebukadnezar, an Belsazer; - wir denken an den großen Welteroberer unsres Jahrhunderts, und an wie manche Andere und an ihre Endkatastrophen! „Sie gehen unter, und nehmen ein Ende mit Schrecken!“ Ja, „mit Schrecken“ schon, weil sie ihr Alles auf dieser Erde hinter sich zurücklassen müssen; „mit Schrecken“ zumal, weil sie ohne Gott und ohne Hoffnung, schuldbeladenen Gewissens, trostlos und friedelos von hinnen scheiden. - „Wie ein Traum beim Erwachen erlischt, so machst du, Herr, ihr Bild in der Stadt vergehen.“ - Sie sind vergessen, sobald der Hügel sie deckt. Keine heilige Thräne salbt ihren Stein. Kein hoffnungsvolles „Auf Wiedersehn!“ tönt ihnen nach. Und bleibt auch ihr Angedenken eine Weile noch; in Segen bleibt es nicht. So erschaute der fromme Sänger in dem Erdenglück der Gottlosen nur ein Schattenbild, ein flüchtiges Phantom, eine hohle Maske, und weiter nichts. Er fand, daß das Gericht Gottes schon bei Leibes Leben an ihnen anhebe, sei es auch, daß sich dasselbe nur erst in der ewigen Furcht und Sorge offenbare, die um die Wahrung und unablässige Steigerung ihres Glücksstandes an ihrem Herzen nagt; oder daß es bestehe in dem nicht zu überwindenden geheimen Zusammenschaudern ihrer Seele, so oft sie an den nahenden und unvermeidlichen Tod gedenken; oder darin, daß kein Mensch in weiter Welt mit dem Zuruf des Dankes für irgend eine Wohlthat, die über das Erdenleben hinausreicht, sie begrüßt, und in ihrer Sterbensnoth kein Prediger Muth zu finden weiß, mit einem: „Gehe du hin mit Frieden!“ sie einzusegnen.

Was aber hatte Assaph, nachdem er sich in's Heiligthum zurückgezogen, noch weiteres Einsehn gelernt? Hört ihn! „Du“, hebt er freudig an, „leitest mich!“ - Beglückendes Bewußtsein! „Du“, will er sagen, „hast mich Armen nicht, wie jene Verirrten, mir selbst gelassen! Du gabst mich nicht in meinen Weg dahin, wie sie! Vielmehr gehe ich auf Schritt und Tritt an Deiner Hand! O, du mein Führer, mein Geleitsmann, mein treuer Hirte: welch' Glück, in Deinen Gängelbanden gehen!“ - „Nach deinem Rathe“, spricht der Sänger, „leitest du mich! - „Und“ - dies ist sein Gedanke, - „Dein Rath ist ein Noth der Weisheit und der Liebe! Was mich treffen mag, das trifft mich nach diesem deinem Rath. Sind's Leiden, so weiß ich: der Vater züchtigt sein geliebtes Kind, damit es wohl gerathe, und nach Oben schauen lerne. Sind's Freuden, so grüßt Er mich in Huld, damit ich ja glauben möge, daß Er mir gut und gewogen sei!“ - In solchem tröstlichen Lichte schaut Assaph jetzt alle Erlebnisse der Kinder Gottes an. Luther sagt einmal: „Wem Gott sonst nichts Besseres mehr geben kann, dem wirft er im Zorn das Gold in Haufen zu“, und gibt damit zu verstehen, daß auch er weit davon entfernt sei, einen ununterbrochenen irdischen Glücksstand für ein untrügliches Merkmal der Lieblinge des Höchsten zu erachten. Es mochte ihm der „reiche Mann“ im Evangelium, und wie mancher Purpurträger sonst, vor Augen schweben. - Assaph vollendet den Ausdruck seines wiedergewonnenen erleuchteteren Bewußtseins mit den Worten: „Du nimmst mich endlich zu Ehren an!“ Seht, da schwebt er über den Höhen der Erde, und sieht im Geiste das Nachtstück seines Pilgerlebens mit allen seinen Wechselfällen tief unter sich. Was war's, als ein Leben von Anfang bis zum Schlusse in göttlicher Glaubensschule zugebracht? - Alles, - so erscheint's seinem innern Auge, - ist siegreich durchgekämpft und weit überstanden. Alles hat ihm zum Besten gedient, und sein Heil befördern müssen. Er küßt seinem Herrn die Hände für den Weg, den Er ihn geführt, und seine Seele jauchzt schon mit dem Apostel: „Die Leiden dieser Zeit sind nicht werth der Herrlichkeit, die an uns soll geoffenbaret werden!“ So hat er die Anfechtung, die aus der Wahrnehmung des stolzen Glücks der Gottlosen ihm erwuchs, weit überwunden. Er gönnt den letzteren ihre zeitliche Herrlichkeit. Nicht Schadenfreude empfindet er, nein, inniges Mitleid nur, wenn der Sturm darüber hinbraust, und sie darniederreißt. Aber tausendmal lieber will er mit den Kindern Gottes Schmach und Ungemach leiden, als mit den Kindern der Welt auf den Polstern alles erdenklichen irdischen Wohlseins in Gottvergessenheit dem ewigen Tode entgegenreifen.

Assaphs Entschluß ist gefaßt. Unter keiner Bedingung lasset er je mehr von seinem Gott. Es widerfahre ihm, was da wolle, er behauptet hinfort den neu gewonnenen Standpunkt und den in Gebet und forschender Vertiefung errungenen Trost. Er hat genug fortan an Gott und dessen Liebe. „Wenn ich nur Dich habe“, spricht, ja frohlockt er mit großer Zuversicht, (er will sagen: „Wenn ich nur Deiner Huld und Nähe mich getrösten darf, und das darf ich ja, da ich aufrichtig begehre, nur Dir zu leben,) dann frage ich nichts nach Himmel und nach Erden“, (buchstäblich: „dann suche ich im Himmel und auf Erden weiter nichts“; oder: „Ohne Dich, was ist mir der Himmel, was mir ohne Dich die Erde? Du bist mir Alles!“) „Wenn mir gleich Leib und Seele verschmachten, so bist Du doch ewiglich meines Herzens Trost und mein Theil“, („ja, Du, der Du mich niemals über Vermögen wirst versuchet werden lassen, und endlich aus allem Jammer, und selbst aus der Todesnacht mir aushilfst zu deinem himmlischen Reich!“) „Denn, siehe! die von Dir weichen, werden umkommen. Du vertilgest Alle, die bundbrüchig an Dir werden. Aber das ist meine Freude, daß ich mich zu Gott halte, und“ (des glücklichen Ausgangs aller Wege, die Er mit mir geht, gewiß,) „meine Zuversicht setze auf den Herrn; daß ich verkündige, (öffentlich rühme, preise und verherrliche, wie in diesem Psalme,) „Dein Thun“, ja, alle Deine Werke!

So sei denn der Vorgang Assaphs unser Leitstern! Kein Räthsel der göttlichen Vorsehung, ihr lieben Mitpilger nach dem Jerusalem da droben, mache uns mehr irre an der tausendfach bestätigten Wahrheit, daß allewege wohl fahre, wer sich Gott dem Herrn zu Dienst ergeben hat. Was immer Er über uns verhängen mag: halten wir aus im Vertrauen zu Ihm, und in der Unterwerfung unter seinen heiligen Willen. Welche Kreuzträger auch: wir sind doch die Gesegneten: denn wir haben Frieden, wir gehen unter des Allmächtigen Schirm und Schutz, und die Hoffnung, diese Zukunftsverklärerin, ist unsre Gefährtin. Wohlan, wagen wir es denn nur mit dem Herrn, und ziehen still und fest die Straße, die Er uns zeigt und führt: und ein um das andere Mal werden auch wir auf unserm Lebensgange Anlaß finden, freudig in den triumphirenden Ausruf unsres Sängers einzustimmen: „Israel hat dennoch Gott zum Trost, wer nur lauteren Herzens ist!“ -

Ja, Herr, Dir weih ich mich auf's neu.
Weh', daß ich wieder wanken konnte,
Nachdem ich einmal kummerfrei
In Deiner Liebe Strahl mich sonnte! -
Vergieb und führe mich fortan
Wie immer Dir's gefallen möge!
Du leitest mich auf ebner Bahn,
Ob ich durch lauter Wüsten zöge.

Nie mehr berücke mich der Trug,
Daß ich umsonst Dir dienen müsse!
Arm, oder reich, - mir sei's genug
Daß ich in Deiner Huld mich wisse!
Das Glück der Welt ist eitel Schein,
Und nur bei Dir die wahren Güter.
Drum bleib ich ewig, ewig Dein;
O bleibe Du mein Hirt, mein Hüter! - Amen.

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