Krummacher, Emil-Wilhelm - Tägliche Herzensweide aus Luther's Werken - März
Am 1. März.
Wie wir Christum anziehen und uns sein annehmen, also zeucht Er auch uns an und nimmt sich unser an, und Alles, was unser ist, als wäre es sein eigen. Nun findet Er in uns nichts Gutes, sondern eitel Sünde, der nimmt Er sich an und treibet sie von uns und tragt sie vor Gott, daß sie nicht ewiglich gestraft werden, wie St. Paulus sagt, Rom. 8: Christus vertritt uns bei Gott; und Ps. 41 sagt er: Ich sprach: Herr sei mir gnädig, heile meine Seele, ich habe an dir gesündiget. Ps. 69: Herr Gott, meine Thorheit weißest du und meine Sünden sind dir nicht verborgen. Solches ist Alles gesagt in unsrer Person, wie der St. Paulus aus demselben Wüsten-Psalm auslegt und sagt, wie Christus unsere Sünde getragen und nicht uns verachtet, noch sich seiner Herrlichkeit gegen uns gebraucht, sondern, wie geschrieben steht, die Lästerung derer, die dich gelästert haben, sind auf mich gefallen.
Nun, daß Er unser Kleid sei und für uns, als seinem Kleid, mittele, hören wir wohl gerne; aber wenn Er sein Kleid reinigen will, das leiden wir gar ungern; wollen wir sein Kleid sein, so müssen wir wahrlich leiden, daß Er's reinige. Er mag und will nicht in einem unreinen Kleide gehen. Zu der Marterzeit, da Er das Kleid hatte neu angezogen, da feget Er gar redlich daran, durch den Tod und allerlei Leiden, da sagt ist, wie Maleachi am 3. sagt, und schmelzte die Rinder Levi, und war wie ein Walkmüller, der die Kleider reiniget. Daran ist es ein gut Zeichen, wo Er viel Leidens hinschafft und lasset auch nicht nach, wo sein Kleid ist, Er reiniget dran mit allerlei Leiden, thut Ers aber nicht, so ist sein Kleid nicht da.
Am 2. März.
Sehet die Vögel unter dem Himmel an; sie säen nicht, sie armen nicht, sie sammlen nicht in die Scheuren, und euer himmlischer Vater nähret sie doch. Als wollte der Herr sagen: Ihr habt noch nie keinen Vogel gesehen mit einer Sichel, der da hatte eingeärntet und in die Scheuren gesammlet, ja, die Vögel arbeiten auch nicht wie wir; noch werden sie dennoch ernährt. Damit will aber der Herr nicht, daß wir nicht arbeiten sollen; sondern will uns mit diesem Exempel der Sorge entnehmen. Denn ein Vogel kann nicht Ackerwerk treiben, wie wir; doch ist er nicht ohne Arbeit, sondern er treibet das, dazu er geschaffen ist, nämlich, daß er Junge zeuge, sie ernähre und singe unserm Herrn Gott ein Liedlein dafür; hätte ihm Gott mehr Arbeit aufgesetzt, so thät es auch mehr; frühe stets auf, fetzet sich auf einen Zweig und singet den Gesang, den es gelernet hat, und weiß von keiner Sorge, sorget auch nicht darauf; darnach, wenn es hungert, so fleucht es dahin und suchet ein Körnlein, da hat ihm Gott irgend eines hingelegt, darauf es nie gedacht, da es sang, und hatte doch Ursach genug gehabt, daß es für die Nahrung gesorget hätte. Ei, schämet euch nun, daß die Vögel frommer und gläubiger sind, denn ihr; die sind fröhlich und singen mit Freude, und wissen nicht, was sie zu essen haben. Das ist uns je zu mächtiger, großer Schande gesagt, daß wir nicht können so viel thun, wie die Vögel thun. Es sollte sich ein Christ schämen für einem Vögelein, welches die Kunst kann, die es nicht erlernet hat (ohne Predigt und Vermahnung Gott vertrauen und ihn sorgen laßt). Wenn du im Lenz (da die Vögel am hübschesten singen) zu einem sprächest: Wie singest du so fröhlich, hast du doch noch kein Getraide in den Scheuren? Es würde deiner spotten und dich anspeien, der du willst ein Christ und Kind Gottes sein, sein Wort und Verheißung so reichlich hörest, und doch nicht vertrauest, daß du ohne Sorgen und Geizen und fröhlichem Muth von Gott gewarten könntest, was du dir selbst nicht geben kannst. Es ist ein gewaltig Exempel, sollte uns wahrlich vor den Kopf stoßen und reizen, Gott mehr zu vertrauen, denn wir thun.
Am 3. März.
Er ist uns von Gott gemacht zur Heiligung und zur Erlösung.
Nicht allein damit, daß Er, wie Joh. 17, V. 19, sich für uns heiliget und zum Opfer gibt, sondern daß Er seinen heiligen Geist uns schenkt, der in uns ein neues Leben anrichtet, der Sünde widerstrebet und uns zum herzlichen Gehorsam gegen Gott treibet. Zur Erlösung. Es falle vor Anfechtung, Noth, Kümmerniß, Verfolgung, wie sie wollen, doch ist Christus bei uns, daß wir endlich siegen und Erlösung spüren, nicht allein hier zeitlich, sondern eine ewige Erlösung solches reichen, ewigen Erbes sollten wir uns ja herzlich annehmen und freuen; denn zu solcher Hoffnung berufet uns Christus weil Er uns seine Brüder nennt. Aber ein Jammer über alle Jammer ist, daß wir mehr Freude darüber haben, wenn uns von einem Menschen 100 Gulden geschenkt und beschieden werden, denn so uns der Sohn Gottes in sein ewiges Erbe einsetzt. Nun ist's je wahr, wir sollten uns an dem lassen genügen, wenn Christus uns seine Jünger, seine Knechte, seine Schüler ließe sein, oder so Er uns seine Freunde hieße; denn wer wollte doch sich so eines großen Herrn und Meisters nicht rühmen? Er hebt uns aber höher, weil Er es bei einem Geringen nicht lassen bleiben kann, und heißt uns seine Brüder. Darum sollte man solches großen Trostes nicht vergessen, sondern immerdar an diese reiche, ewige Brüderschaft denken, und derselben uns in allen Nöthen und im Tode selber trösten. Darum laßt uns dankbar sein für die selige Lehre und sie mit Herzen annehmen, und der Auferstehung Christi also brauchen, daß wir zu Christo, als zu unserm Bruder, ein fest Vertrauen haben, Er werde sein Leben, da Er jetzt innen lebet, zu unserer Seligkeit brauchen und, wie St. Paulus sagt, uns vor allem Zorn behüten. Wer nun solches könnte fest glauben, der würde sich kein Unglück bekümmern lassen. Denn es falle Noth und Mangel vor, wie, und was da wolle, so wissen wir, daß Christus lebet, und wir sollen auch mit ihm leben. Was kann uns denn das bekümmern, daß wir hier zeitlich leiden, so wir das Ewige durch Christum gewiß haben.
Am 4. März.
Merke, wie der Teufel eifert, daß er nur den Glauben angreift. Die Heiden, Ungläubigen und Unchristen ficht er nicht an; die hangen an ihm wie Schuppen. Aber wenn er die sieht, die da Gottes Wort, den Glauben und Geist haben, zu denen kann er nicht; er weiß wohl, daß er nicht gewinnen kann, wenn sie schon straucheln, sieht wohl, wenn gleich Einer in grobe Sünde fallt, daß es damit nicht verloren ist; denn er immer wieder aufstehen kann. Darum denkt er, er muß den Sachen anders thun und das Hauptgut nehmen. Wenn er es denn dahin gebracht hat, daß er zweifelt, ob das Gottes Wort sei, so ist gewonnen Spiel. Darum ist in der ganzen Schrift keine größere Warnung, denn daß man sich hüte vor falscher Lehre. Denn Gott kann Alles für gut halten, wie wir straucheln; allein daß wir bleiben bei dem reinen, lautern Wort Gottes, das da sagt: Dieß ist recht, dieß ist Unrecht. Wenn der Mensch dahin gerissen wird, daß er zweifelt, wird er bald dazu gebracht, daß er Gott lästere und spreche: Gott hat es nicht geboten, oder wenn Er es gleich geboten hat, meint Er es nicht recht.
Am 5. März.
Christus hat ausgetilget die Handschrift, so wider uns war, welche durch das Gesetz entstand und uns entgegen war, und hat sie aus dem Mittel gethan und an das Kreuz geheftet und hat ausgezogen die Fürstenthümer und die Gewaltigen, und sie Schau getragen öffentlich, und einen Triumph aus ihnen gemacht, durch Sich Selbst. (Col, 2, 14. 15.)
Dieser Spruch fasset 2 Dinge. Erstlich sagt er, daß Christus mit seinem Leiden die Handschrift ausgetilget habe, welche wir des Gesetzes halben von uns haben geben müssen. Das meinet St. Paulus also: Wir alle wissen durch das Gesetz, was Gott von uns fordert, daß wir es thun und lassen sollen. Wo nun wir uns vergreifen, entweder, daß wir lassen, das uns befohlen ist, oder thun, das uns verboten ist, da können wir nicht vorüber; unser Gewissen steht da und überweiset uns, wir haben unrecht gethan. Daß also unser Gewissen gleich als ein Schuldbuch ist, da wir über uns selbst Zeugniß geben, daß wir sein ungehorsam gewesen, und müssen derhalben Gottes Zorn und Ungnade tragen. Die Handschrift, spricht St. Paulus, entsteht durch's Gesetz; denn so das Gesetz nicht wäre, so wäre keine Uebertretung. Also ist es nun beides da, die Sünde und die Handschrift, die uns überweiset, daß wir nicht läugnen können, wir müssen uns schuldig geben; gleichwie ein Kaufmann, dem man seine eigene Handschrift und Siegel vorleget. Da, sagt nun Paulus, genießen wir unsers lieben Herrn Christi; denn Er nimmt solche Handschrift und heftet sie an das Kreuz, das ist, Er macht ein Loch dadurch und zerreißt's, daß sie nicht mehr gelten, noch uns beschuldigen und beschädigen soll. Ursach, Er, der Herr Christus hängt darum am Kreuz, daß Er in unsere Sünde getreten und mit seinem Leibe für unsere Sünde bezahlen will. Das ist das erste. Zum andern hat Christus die Fürstenthümer ausgezogen, das ist. Er hat dem Teufel seine Macht genommen, daß der Teufel die Christen zu Sünden nicht mehr treiben und nöthigen soll, wie zuvor, ehe wir zu Christo kommen sind. Denn sie können durch Hülfe des heiligen Geistes dem bösen Geiste Widerstand thun und sich sein durch das Wort und Glauben erwehren, daß er sie zufrieden muß lassen. Denn darum gibt uns Christus seinen heiligen Geist. Gleichwie nun der Teufel ausgezogen ist, also sind die Gewaltigen auch ausgezogen; das ist, der Tod, der uns Alle dämpfet, den hat Christus auch erwürget, daß also die Christen hinfort aus dem Teufel und Tod ein Gelachter können machen. Denn, ob sie schon beide böse und zornig sind und alle ihre Macht wider die Christen wenden, können sie doch Nichts ausrichten; wie St. Paulus, Röm. 8, 1, sagt: Die in Christo Jesu sind, an denen ist nichts verdammliches. Eben nun, wie der Herr Christus den Tod hat überwunden, also hat Er die Sünde auch überwunden. Denn seiner Person halben ist Er gerecht; aber weil Er sich fremder Sünden annimmt, ist Er zum Sünder worden. Das ist die Ursach, daß die Sünde Ihn angreift. Und Er, der Herr Christus, laßt sich gern greifen und an das Kreuz bringen, daß Er stirbt, nicht anders, denn als hatte Er den Tod selber verwirkt und selbst gesündiget; wie Jesaias 53, 12 sagt: Er ist den Uebelthätern gleich gerechnet, so doch Er nicht gesündiget hat, sondern wir haben gesündiget und Er thut nicht mehr, denn daß Er sich unser annimmt und unsere Sünde von uns auf sich nimmt. Aber da ist die Heiligkeit, die unter fremder Sünde verborgen ist, so groß, daß die Sünde sie nicht kann überwinden. Also lauft die Sünde eben an und trifft den unrechten Mann, wie der Tod, wird derhalben matt und stirbt in seinem Leibe, wie St. Paulus sagt: Also auch der Teufel wollte seine Herrschaft an Christo beweisen, braucht derhalben seine Macht wider Ihn und will Ihn unter sich bringen; aber er findet eine höhere Gewalt, die er nicht kann überwältigen. Denn obwohl der Herr Christus sich schwach stellet und thut nicht anders, denn als müßte Er gar zu Boden gehen und dem Teufel weichen: dennoch ist in solcher Schwachheit eine unüberwindliche Gewalt verborgen. Das sah der Teufel nicht, verleuert also alle seine Macht drob; daß unser Herr Christus rühmen kann, Er sei zugleich unten und obgelegen. Und müssen derhalben diese 3 gewaltigen Feinde, Tod, Sünde und Teufel, Ihm zu Füßen liegen.
Am 6. März
Wir wissen, wo unsere Sünden hingelegt sind. Denn das Gesetz legt sich auf unser Gewissen, scheubt sie uns in Busen; aber Gott nimmt sie von uns und leget sie auf des Lämmleins Schulter. Denn wo sie auf mir und auf der Welt lagen, so sind wir verloren; denn die Sünde ist zu stark und mächtig. Und spricht Gott: Ich weiß, daß dir deine Sünden gar zu schwer sind zu tragen, derhalben siehe, ich will sie auf mein Lämmlein legen und von euch wegnehmen. Dasselbige glaube du, denn so du es thust, so bist du frei von Sünden. Es hat sonst die Sünde nur 2 Oerter, da sie ist; entweder sie ist bei dir, daß sie dir auf dem Halse liegt, oder liegt auf Christo, dem Lamm Gottes. So sie nun dir auf dem Rücken liegt, so bist du verloren; so sie aber auf Christo ruhet, so bist du ledig und wirst selig; nun greif, zu welchem du willst. Daß die Sünden auf dir bleiben, das sollte wohl sein, nach dem Gesetz und Recht; aber aus Gnaden sind sie auf Christum, das Lamm, geworfen, sonst, wenn Gott mit uns rechnen wollte, so wäre es um uns geschehen.
Das sind helle, klare Texte und starke Worte, und sind durch das schöne, herrliche Gemälde bestätiget worden, daß man St. Johannem mit dem Lämmlein gemalet hat, wie er mit den Fingern auf das Lamm weiset. Und ich habe solche Gemälde gerne gesehen. Item, daß man das Osterlammlein auch mit einem Fähnlein gemalet hat. Aber wir habens im Papstthum nicht verstanden, was damit sey gemeinet worden. Denn das hat wollen anzeigen: Siehe, Mensch, deine Sünden hatten nach dem Gesetz und Recht auf dir liegen sollen; aber das Lamm, das ich dir zeige, das trägt aus Gnaden deine Sünden; sie sind auf das Lamm gelegt, auf daß du heilig, gerecht und frei von Sünden, um des Lämmleins willen wärest. Darum wisse, daß du deine Sünden nicht tragest; denn da wärest du verloren, das Gesetz tödtet nicht; sondern siehe dahin, daß Gott die Sünden hat von dir genommen und auf das Lämmlein gelegt; daß du nicht um deinet-, sondern um seinetwillen selig seist.
Am 7. März.
Heiden sorgen, die nicht wissen, daß sie einen Gott haben; wie Christus auch saget, Matth. 6, 31. 32: Sorget nicht für eure Seele, was ihr essen oder trinken sollt, noch für euren Leib, was ihr anthun sollt. Nach solchem Allem trachten die Heiden, aber euer Vater im Himmel weiß, daß ihr solches bedürfet. Darum laß nehmen und Unrecht thun die ganze Welt, du wirst genug haben, und nicht ehe Hungers sterben oder erfrieren, man habe dir deinen Gott genommen, der für dich sorget. Wer will dir aber den nehmen, wo du Ihn selbst nicht fahren lassest? Darum haben wir keine Ursache zu sorgen, weil wir den zum Vater und Schaffner haben, der alle Dinge in seiner Hand hat, auch die, so uns nehmen und beschädigen, mit alle ihrem Gut; sondern immer fröhlich auf Ihn und allen Menschen gelinde sein, als die gewiß sind, daß wir genug an Leib und Seele haben werden, und allermeist, daß wir einen gnädigen Gott haben; welchen, so nicht haben, die müssen wohl sorgen. Unsere Sorge soll sein, daß wir ja nicht sorgen, und nur Gott fröhlich und den Menschen gelinde sein; davon sagt auch der 37te Ps. V. 25: Ich bin jung gewesen und alt worden, und habe nicht gesehen den Gerechten verlassen und seine Rinder nach Brod gehen. Und Ps. 40, V. 18: Der Herr sorget für mich.
Am 8. März.
Die Welt ist mir gekreuziget und ich ihr, Gal. 6, 14. Das ist, die Welt achtet mein gar nicht, und daß ich predige oder lebe, ist ihr ein Gespött: aber wie du mir missest, mit solcher Maaß messe ich dir wieder; verachtest du mich, so verachte ich dich wieder; du hältst nicht viel von mir, ich halte auch nicht viel von dir; was lieget mir dran, ob ich von der Welt gehasset werde, wenn ich Dem droben allein gefalle, wenn es schon ewiglich wahret. Lasset also die Sünde toben, die Welt waschen und plaudern, bis sie müde wird, sie gehe dahin, ist mir eben, als hörte ichs nicht. Siehe, das ist der Welt absterben und ohne Furcht sein, sich um Nichts bekümmern, denn was Gott haben will, Nichts reden, denn was Ihm gefällt, deß ich weiß, daß seine Worte sind, also leben und diese Werke thun, die ich weiß, daß es seine Werke sind, daß ich in allem meinem Leben, was ich innerlich und äußerlich lebe, sicher bin, daß es sein sey, also bin ich von der Welt abgeschieden und bin doch in der Welt. Niemand ist weniger in der Welt, denn ein Christ, und Niemand ist mehr weltlich, denn ein Christ; das ist, die Welt sieht mehr auf ihn, und der Teufel ficht mehr wider ihn, denn wider die Heiden; der Christus und Paulus müssen herhalten, da muß man sich mit zu reißen und beißen, die ganze Welt will mit ihm zu schaffen haben. Wiederum ist er nicht in der Welt; wie gräßlich sie immer wider ihn wüthet und tobet, so spricht er: Herr, ich bin dein, du wirsts mit mir wohl machen, du wirst sie auch wohl finden, es gehe mir, wie du willst, wenn du allein zufrieden bist. Und solches soll wahren (spricht Zacharias) unser Lebenlang, in allem unserm Leben, das ist, ewiglich, das nimmer nicht aufhöret; dazu in Heiligkeit und Gerechtigkeit, die Ihm gefällig ist, die vor Ihm gilt.
Am 9. März.
Unser ganzes Leben ist wahrlich ein recht elend Leben und ein recht saurer Apfel, darin wir beißen müssen. Aber es ist doch gleichwohl noch das rechte Leben dabei. Der andere Apfel der Heva war sehr süße, und war sehr lustig und lieblich dem Scheine nach anzusehen; er brachte aber mit sich den ewigen Tod. Darum ist es besser, Jammer und Elend leiden, mit Hoffnung ewiger Erlösung, denn vor solchem Elende und Trübsal fliehen und in das ewige Verdammniß hinein rennen. Wir sehen, daß die Propheten und Patriarchen auch ebendasselbe gelitten haben, und daß sie sich des Leidens rühmen; gleichwie das die Psalmen und viel Sprüche der Apostel bezeugen, als Rom. 5,11, und an andern Orten mehr. Darum sollen wir nun in unserm Herzen darauf auch gedenken, daß wir uns vor keinem Unglücke also fürchten, daß wir derhalben den Gottesdienst und das Gebet wollten liegen lassen. Denn dieweil ich vor dem ewigen Tode und Verdammniß sicher und davon erlöset bin, so lasse nur immer hergehen Türken und Tartern, Papst und allerlei Unglücke, ich will davon nicht verzagen, dieweil ich die Erstattung und den sehr seligen Wechsel habe, daß ich weiß, daß der Tod in das Leben, das Verdammniß zur ewigen Seligkeit und die Sünde in Gerechtigkeit verändert ist; denn ich weiß, daß den Gottseligen Alles muß zum Besten dienen. Es ist aber zu erbarmen, daß wir so gar undankbar sind, daß wir nicht erkennen, noch Gott dafür danken, daß der Sohn Gottes den ewigen Tod in eine zeitliche Strafe verändert hat. Denn wir wollen gerne in diesem Leben immer unsere Lust haben und in Freuden leben, und erschrecken und fliehen vor einem jeglichen Kreuze, wie geringe das auch sein kann. Nun aber thut dem Fleische vonnöthen, daß es getödtet werde, und solchen Gehorsam sollten wir im Kreuze mit Geduld leisten, auf daß wir Gott dankbar waren, dieweil wir wissen, daß Christus vor unsere Sünde gestorben ist. Und Er saget selbst, daß sein Joch sanft und seine Last leicht sei, Matth. 11, 30.
Am 10. März.
Wenn dein Herz in Christo bestätiget ist und nun den Sünden feind worden bist, aus Liebe, nicht aus Furcht der Pein, so soll hinförten das Leiden Christi auch ein Exempel sein deines ganzen Lebens, nämlich also: So dich ein Wehetag oder Krankheit beschweret, denke, wie geringe das sei gegen der Dornenkrone und Nageln Christi. So du mußt thun oder lassen, was dir widert; denke, wie Christus gebunden und gefangen hin und her geführt wird. Ficht dich die Hoffahrt an; siehe, wie dein Herr verspottet und mit den Schächern verachtet wird. Stößt dich Unkeuschheit und Lust an; denke, wie bitterlich Christo sein zartes Fleisch zergeißelt, durchstochen und durchschlagen wird. Ficht dich Haß und Neid an, oder Rache suchest; gedenke, wie Christus mit vielen Thronen und Rufen für dich und alle seine Feinde gebeten hat, der sich wohl billiger gerochen hätte. So dich Trübsal, oder waserlei Widerwärtigkeit, leiblich oder geistlich, bekümmert; stärke dein Herz, und sprich: Ei, warum sollte ich denn nicht auch ein klein Betrübniß leiden, so mein Herr im Garten Blut vor Angst und Betrübniß schwitzet. Ein fauler, schändlicher Knecht wäre das, der auf dem Bette liegen wollte, wenn sein Herr in Todesnöthen streiten muß. Siehe also wider alle Lust und Untugend kann man in Christo Stärke und Labsal finden. Und das ist recht Christi Leiden bedacht, das sind die Früchte seines Leidens, und wer also sich darinnen übet, der thut besser, denn daß er alle Passion hörete, oder alle Messe last. Das heißen auch rechte Christen, die Christi Leben und Namen also in ihr Leben ziehen, wie St. Paulus sagt, Gal. 5, 24: Die da Christo zugehören, die haben ihr Fleisch mit allen seinen Begierden gekreuziget mit Christo. Denn Christi Leiden muß nicht mit Worten und Schein, sondern mit dem Leben und wahrhaftig gehandelt werden.
Am 11. März.
Die Sünde tritt uns mit Füßen, bis daß die Gnade komme und trete die Sünde mit Füßen und erhebe unser Haupt über sie, daß wir ihr, und nicht sie unser, mächtig sei und regiere. Die aber in Sünden liegen, todt oder allzuheilig sind, fühlen dieser Dinge keines. Darum ist es ein Wunderding, wer da keine Sünde hat, der fühlet und hat sie, und wer da Sünde hat, der fühlet sie nicht und hat keine; denn es wäre nicht möglich, daß er über und wider die Sünde klagte, wenn er nicht in der Gerechtigkeit und Gnade lebte. Denn ein Teufel jagt den andern nicht aus, Luk. 11,18. Sünde verklagt auch ihres gleichen nicht, und ein Wolf beschreiet den andern nicht; und ist doch unmöglich, daß er sollte ohne Sünde sein, der wider sie schreiet; denn er muß ja nicht mit erdichteten Worten vor Gott reden; es muß wahr sein, daß er Sünde hat, als er saget, und doch auch wahr, daß er ohne Sünde sei, und also gleich wie Christus, zugleich lebendig und todt wahrhaftig war; also zugleich müssen sie voll Sünde und ohne Sünde sein, die rechte Christen sind.
Am 12. März.
Die Sünde ist des Teufels Waffen und Spieß, oder Schwerdt. Denn weil ein Mensch hingehet und die Sünde nicht fühlet, noch achtet, so fühlet und fürchtet er auch den Tod nicht; kömmt aber das Stündlein, daß er zappelt und sterben soll, so ist die Sünde vor Augen, die ihm saget: O weh! was hast du gethan, wie hast du Gott erzürnet? Wenn nun das recht im Herzen trifft, so kann der Mensch nicht bleiben und muß verzweifeln, und dazu, wo es zu lange wahret, in dem Verzweifeln sterben. Denn es ist nicht möglich zu tragen ein böses Gewissen, wenns den Menschen recht ergreift, daß er beginnet Gottes Zorn zu fühlen, wie man sieht etliche Leute plötzlich dahin fallen, oder sich selbst umbringen aus solchem Schrecken und Zagen. Denn es ist eine Stachel oder Spieß, der durchs Herz gehet, daß sich Seele und Leib darüber scheiden müssen. Das meint St. Paulus, wenn er von der Sünde redet, nämlich, die rechte Sünde heißet nicht allein das Werk, das gethan oder vollbracht ist; sondern, die da lebendig ist, schrecket im Herzen und Gewissen. Denn weil sie da liegt als schlafend und nicht beißet, noch drücket, so ist es keine Sünde; wenn sie aber sich reget und das Herz rühret, so schneidet sie und gehet durch, daß kein Mensch den Stachel erdulden kann (ob es gleich von einer geringen Uebertretung ist), wo er nicht durch das Evangelium getröstet und wieder geheilet wird. Wenn du nun fragest: Woher der Tod komme, oder wodurch er doch die Leute so leichtlich schrecke und hinrichte? so hörest du hier, daß nicht Anderes thut, denn die Sünde; die ist Nichts, denn eitel Spieß und Büchsenstein, ja, Donner und Blitz des Todes, dadurch der Tod sein Werk ausrichtet.
Am 13. März.
Christus selbst hat sterben müssen; darum müssen wir ihm Alle nachfolgen, müssen Alle daran gehen, Alle diesen Weg treten in den Tod; aber wir folgen ihm nicht Alle nach. Das ist aber das Nachfolgen, daß wir mit dem Herrn Christus gleich gesinnet seien, daß wir also hindurch gehen und sterben, wie er den Tod hat auf sich genommen. Wenn Gott kommt und spricht: du mußt sterben, so mußt du bereit sein ohne alle Widerrede und sagen: Ja, Herr, hier bin, mache es mit mir, wie du willst. Aber das wird hart zugehen, da wird dich denn ein Andrer führen, da du nicht gerne hingehest. Darum hat er hie ausgedrückt, daß wir Alle daran müssen; es sei denn Jemand sonderlich ausgenommen, wie Christus hier von Johanne sagt zu Petro, da er fragte: Herr, was soll aber dieser? Da sprach der Herr: So ich will, daß er bleibe, bis ich komme, was gehet es dich an? Wiewohl Er nicht öffentlich saget, daß er nicht sterben soll. Sauer wird es uns in die Nase gehen; aber das soll dafür helfen und uns trösten, daß sich Christus selbst hat dafür entsetzet, wie Er es am Oelberge wohl beweiset, da Er blutigen Schweiß dafür schwitzte und herzlich mit ganzem Ernst bate, wenn es möglich wäre, Gott der Vater wollte solch Leiden und Sterben von Ihm nehmen, Luk. 22, 42. Es kam Petro auch sauer an; aber Er hat es Petro geschenket; wie Er es auch uns schenken will aus Gnaden, ob es gleich uns hart ankommt. Wir sollten wohl nicht so schwach sein; aber solche Schwachheit halt uns Christus zu gut, denn Er weiß, wie es uns geht; Er hat es auch versucht; darum kann Er wohl durch die Finger sehen, ob wir uns gleich nicht gern dahin führen lassen, und wehe thut und sauer wird. Doch, daß wir die Hände ausstrecken und gehorsam seien, wie Er ist gehorsam gewesen seinem himmlischen Vater; aber das kann Niemand thun, er habe denn ein Stück vom Glauben.
Am 14. März.
Der verzweifelte Unglaube steckt noch tief in uns, daß wir immerdar Sorge haben, wir werden nicht ernährt; das macht allein, daß wir gewiß wissen wollen, wie uns Gott ernähren wolle; also daß wir das Haus voll Korns und die Kasten voll Geldes haben; wollen Gott also anbinden an Haus und Kasten, so will Er frei und ungebunden sein, weder an Zeit, Person, Stätte, noch dieses oder jenes. Man lasse Ihn dafür sorgen, wie Er uns ernähren werde; Er wird wohl Korn und Geld geben, die Zeit und das Maaß wohl treffen; daß du nur denkest, ich will heute arbeiten, werde wohl sehen, woher es giebt; morgen wider also - so würdest du inne werden, daß Er dich ohne deine Sorge ernähre. Denn Er laßt Niemand Hungers sterben, der sich auf Ihn verlaßt. Darum soll man das Sorgen lassen. Die Arbeit und Mühe, die du thust, ist nicht wider den Glauben, sondern ist nütze, das Fleisch zu zähmen; die Sorge aber ist wider Gott. Das Weib soll der Kinder warten, das Haus regieren und warten, was Gott mit ihr schaffe. Der Mann soll deßgleichen arbeiten und sich Gott befehlen; der wird ihn nicht lassen; Er hat es stark genug verheißen; darum thun wir nicht mehr mit unserm Sorgen, denn daß wir Ihn hindern und im Wege liegen.
Am 15. März
Es kann keine andere Hoffnung oder Weise, selig zu werden, irgend sein, als wenn man auf Christum, den Ueberwinder siehet, in welchem der Tod zu Boden getreten, die Sünde überwunden, der Satan darnieder gelegt ist. An dessen Kreuze hangen die Siegeszeichen von unsern überwundenen Feinden und Tyrannen. Also kann das Herz den Tod sicher ansehen und es erschrickt vor dem Gespenste nicht. Sonst, außer Christo den Tod ansehen und mit demselben streiten, ist gleichsam mitten im Meere schwimmen. Je so steige doch lieber in das Schiff und bleib auf dem Mastbaume, an welchem die Siegszeichen aufgehängt sind, und siehe nicht entweder auf dich, oder auf deine Verdienste; sonst wirst du ersaufen: sondern gehe von dir aus und gehe zu Christo, welcher das Lamm Gottes ist und das Opfer für unsre Sünden, so unsrer Aller Sünden auf sich genommen und an seinem Leibe überwunden hat, in welchem der Teufel und der Tod gekreuziget ist. Das ist die wahre und einige Art und Weise, den Tod zu verachten. Denn welche die Sterbenden also trösten, daß der Tod allen Trübsalen und Gefährlichkeiten dieses Lebens ein Ende mache, derselbige Trost ist nicht stark und kann das Herz im Kampfe nicht aufrichten; denn es deucht ihnen; es wären noch größere Uebel nach dem Tode übrig.
Am 16. März.
Gottes Lamm, welches der Welt Sünde trägt.
Das ist ein christlicher Prediger, der nichts Anders, denn was Johannes predigt und beständig darauf bleibet. Nämlich, daß er zuerst das Gesetz wohl predige, daran die Leute lernen sollen, wie große Dinge Gott von uns fordere, der wir keines thun können, aus Unvermögen unserer Natur, durch Adams Fall verderbet, und also mit dem Jordan taufe. Denn das kalte Wasser bedeutet die Lehre des Gesetzes. Die zündet nicht an die Liebe, sondern löschet sie vielmehr. Denn durchs Gesetz erkennet der Mensch, wie schwer und unmöglich das Gesetz sei. Darüber wird er ihm feind und erkaltet seine Lust zu demselben, daß er fühlet, wie gar er dem Gesetze aus Herzensgrunde zuwider ist. Das ist denn gar eine schwere Sünde, daß man Gottes Geboten feind ist. Da muß er denn sich demüthigen und bekennen, daß er ein verlorner Mensch ist und alle seine Werke Sünde seien, mit seinem ganzen Leben. Damit ist denn Johannis Taufe geschehen, und ist recht wohl, nicht allein begossen, sondern getauft. Da sieht er denn, was Johannis Wort will. Da versteht er denn, daß Johannes recht sage und Jedermann Noth ist, sich zu bessern und Buße zu thun. Aber zu dem Verstand kommen sie nicht, lassen sich auch nicht taufen, die Pharisäer und Werkheiligen meinen, sie bedürfen keiner Buße; darum ist Johannis Wort und Taufe vor ihren Augen ein Narrenwerk.
Zum andern wenn also die erste Lehre des Gesetzes und die Taufe vollendet ist, daß der Mensch gedemüthiget durch sein Selbsterkenntniß an ihm selbst und allem seinem Vermögen muß verzagen. Da geht nun das andere Theil der Lehre an, daß Johannes die Leute von sich auf Christum weiset und spricht: Sehet da, das ist das Lamm Gottes, das der Welt Sünde auf sich nimmt. Das ist so viel gesaget: ich habe euch zuerst durch meine Lehre Alle zu Sündern gemacht, alle eure Werke verdammt und gesagt: daß ihr an euch selbst müsset verzagen; aber, auf daß ihr auch nicht an Gott verzaget, sehet da, ich will euch zeigen, wie ihr eure Sünden sollt los werden und die Seligkeit erlangen. Nicht könnt ihr eure Sünde ablegen, oder euch durch Werke fromm machen, ein anderer Mann gehört dazu; ich kanns auch nicht thun, doch zeigen kann ich Ihn.
Er ist dieser Christus, das Lamm Gottes. Der, der, und sonst Niemand, weder im Himmel, noch auf Erden, nimmt die Sünde auf sich, so gar, daß auch du nicht die allerkleinste Sünde könntest bezahlen. Er muß allein auf sich nehmen, nicht deine Sünden allein, sondern der Welt; und nicht etliche Sünden der Welt, sondern alle Sünden der Welt, sie seien groß, klein, viel, oder wenig. Das heißt denn das lautere Evangelium geprediget und gehöret und den Finger Johannis erkennet, damit er dich Christum, das Lamm Gottes, lehret erkennen, daß es deine Sünde auf Ihm trage: - so hast du gewonnen: so bist du ein Christ, ein Herr über Sünde, Tod, Hölle und alle Dinge, da muß dein Gewissen froh werden und dem zarten Lamm Gottes aus Herzen hold werden, und den himmlischen Vater über solchem abgründlichen Reichthum seiner Barmherzigkeit, durch Johannen geprediget und in Christo gegeben, lieben, loben, danken und aufs allerwilligste werden, seinen göttlichen Willen zu thun, was du kannst aus allen Kräften. Denn was kann tröstlicher und liebreicher werden gehöret, denn daß unsere Sünden nicht mehr unser, noch auf uns liegen, sondern auf dem Lamm Gottes? Wie kann die Sünde ein solches unschuldiges Lamm verdammen? Sie muß auf Ihm überwunden und vertilget werden, so muß gewißlich der Tod und die Hölle, auch mit der Sünde (als der Sünden Verdienst) überwunden werden. Da siehe, was uns Gott, der Vater, in Christo gegeben hat. Darum hüte dich, hüte dich, daß du nicht dich vermessest, deine geringste Sünde durch dein Thun abzulegen vor Gott, und Christo, dem Lamm Gottes, solchen Titel nehmest. Denn Johannes bezeuget wohl und spricht: Bessert euch, oder thut Buße, daß er aber damit nicht meine, du solltest dich bessern und durch dich selbst eine Sünde ablegen, bezeuget er mächtig mit dem andern Theil, da er spricht: Sehet da das Lamm Gottes nimmt weg aller Welt Sünde; sondern er meinet, wie droben gesagt ist, daß ein Jeder sich selbst erkennen soll, daß ihm Besserung Noth sei; doch nicht bei ihm selbst solches suchen, sondern bei Christo allein. Zu solcher Erkenntniß Christi helf uns Gott, der Vater, nach aller seiner Barmherzigkeit, und sende in die Welt die Stimme Johannis mit vielen Schaaren der Evangelisten.
Am 17. März.
Darum denke und richte dich darnach, willst du ein Christ sein, so sei es. Denn es wird doch nichts Anders draus, du wirst den Weg nicht breiter machen, und mußt zusehen, daß hier Wenig, und dort der große Haufen gehen. Aber das lasse deinen Trost sein: Erstlich, daß Gott bei dir stehet. Darnach, wenn du hindurch gangen bist, daß du in einen schönen, weiten Raum kommst. Denn wo du nur am Wort hättest und darnach richtest, nicht nach den Augen, so ist Er gewiß bei dir, und so stark, daß dein Geist das Fleisch, Welt und Teufel überwindet, daß er Nichts schaffen kann durch dein Fleisch, noch durch die Welt, noch durch sich selbst. Denn das Wort, daran du hangest durch den Glauben, ist ihm zu stark, obs gleich geringe scheinet, und wirs nicht sehen. Er weiß es aber wohl, was es vermag, als der es oft versucht und gefühlet hat, was es für eine Gewalt und Heereskraft ist, wo man daran glaubt. Daher trotzet der Prophet so hoch, Psalm 118, 6. 12. 13: Der Herr ist mit mir, darum furchte ich mich nicht; was sollte mir der Mensch thun? Sie umgeben mich wohl, wie die Bienen, und brennen wie Feuer in Dornen; aber im Namen des Herrn will ich sie zerhauen. Man stößt mich wohl, daß ich fallen soll, aber der Herr hilft mir rc. Siehe, der hat auch Nichts, denn das Wort und Glauben, daß der Herr bei ihm ist, den er doch nicht siehet; fühlet aber wohl die Welt und Fleisch, die ihm den Weg enge und das Leben sauer machen. Doch stehet er fest, laßt ihm genügen an dem, daß der Herr bei ihm ist und mit ihm hält und ist sicher, daß er vor ihnen bleiben und siegen wird, obgleich alle Welt wider ihn ist. - Deß Trostes müssen wir auch gewöhnen, daß wir uns aus der engen Pforte und schmalen Wege einen weiten Raum machen lernen und aus dem kleinen Haufen eine große Menge, so daß wir nicht den Augen nachgaffen, sondern durch den Glauben und Wort nach dem Unsichtbaren richten, nämlich, daß Christus selbst und alles himmlische Heer bei mir sind und eben den Weg gegangen sind und mit einer schönen, langen Prozession mir vorgegangen gen Himmel und noch die ganze Christenheit bis am jüngsten Tag dieselbe Straße wandelt. Denn wo er gehet und bleibt, da müssen sie Alle gehen und bleiben. Also wird uns der Weg leicht und sanft, daß wir getrost hindurch gehen.
Am 18. März.
Das Wort Gottes ist die rechte Kriegswaffe, dadurch wir den Teufel schlagen und siegen müssen. Denn es ist nicht genug (wie ich droben gesagt habe), daß man sich vor dem Feinde wohl verwahret habe und könne ihm vorsetzen, wenn er uns angreifet, daß wir nicht geschlagen werden; welches heißt eine Schutzkraft; sondern gehört auch darzu die Wehrkraft, damit man dem Feind nachjage und in die Flucht schlage. Also ist hier nicht genug, sich wider den Teufel wehren mit Glauben und Hoffnung, als Schild und Helm; sondern muß auch das Schwerdt zucken und wieder nach ihm schlagen und damit nachdrücken, daß er müsse zurücke fallen und fliehen und also den Sieg an ihm behalte. Solch Schwerdt ist nun (sagt der Apostel), das Wort Gottes. Denn es muß nicht leiblich Stahl und Eisen, sondern ein geistlich Schwerdt sein, damit man den Teufel schlagen solle. Das geschieht nun vornehmlich, wenn man das Wort treibet öffentlich auf dem Predigtstuhl; darnach auch ein jeglicher Christ bei ihm selbst ist, oder mit Andern, mit Hören, Lesen, Singen, Reden, Betrachten. Denn die Kraft hat es, wo man es lauter und rein predigt und handelt, mit Fleiß lernet, mit Ernst daran denket, da kann der Satan noch kein Teufel bleiben. Denn es offenbaret seine Lügen und Schalkheit, damit er die Leute betrügen, auf falsch Vertrauen, oder in Mißglauben, Traurigkeit oder Verzweiflung treiben will lt. und zeiget den Herrn Christum, den er gekreuziget, aber an Ihm angelaufen und sich verbrannt hat, daß Er ihm seinen Kopf zertritt, darum fürchtet er sich und fleucht davor. Dazu thut es ihm trefflichen Schaden, daß man damit viel Seelen ihm abschlaget und sein Reich schwächet und zerstöret, und keine Lügen noch Irrthum kann aufkommen, wo es im Schwange gehet, daß, wenn wir es mit Augen sehen, solltest du manchen Teufel geschlagen sehen und hier einen und dort einen darnieder liegen, wo es recht und mit Ernst getrieben wird. Denn ob wir wohl schwach sind in unserer Vernunft und Kräften gegen diesen Geist, doch sind wir allen Teufeln zu stark, wenn wir mit dieser Wehr und Waffen gerüstet sind, welches heißt, nicht unsere, sondern Gottes Macht und Kraft. Er heißet es darum ein Schwerdt, daß er anzeige, wie man des Worts brauchen müsse, wenn man den Teufel schlagen will, nämlich, daß man es muß treiben und üben mit predigen, hören, lernen. Nicht unter der Bank, oder allein in Büchern lasse liegen (gleich als wenn man lasset das Schwerdt in der Scheide stecken und verrosten); denn also kann es keine Kraft beweisen, noch dem Teufel Schaden thun; sondern daß man vom Leder ziehe, das Schwerdt zucke und fasse und stäts damit um sich schlage, das ist, durch das Predigtamt und sonst mit Mund und Herzen treibe, daß es fein scharf und glatt bleibe. Darum sollen wir vor allen Dingen zusehen, daß wir es rein und lauter behalten, mit Fleiß und Sorgen lernen und Gott anrufen, daß Er es durch rechte wackere Prediger und treue Arbeiter im Schwange erhalte. Denn, wo die. nicht sind, da folget auch der mörderische Schaden, daß der Teufel einreißet und seine Lügen anstatt der Wahrheit, doch auch unter demselbigen Schein und Namen, auf den Predigtstuhl bringet und Alles voll Rotterei machet, damit er die Kirche zertrennet und verderbet; wie wir bisher wohl erfahren haben im ganzen Papstthum, da er so gar regieret hat, daß nicht ein Predigtstuhl gewesen, da man ihm gewehret hatte, ob man wohl die Schrift im Buch gehabt, darzu in allen Kirchen gelesen und gesungen hat, aber gar ohne Herz und Verstand und als ein Schwerdt in der Scheide verrosten lassen; denn da ist Niemand gewesen, der es gezückt und geschärfet hatte.
Am 19. März.
Der Apostel saget, wer die Leute seien, die die Schrift fühlen und erfahren, daß sie sei Gottes Wort, das sind die, die ihre Sünden und Elend fühlen, vor dem Tod und der Hölle erschrecken und an sich selbst und aller Menschen Trost und Hülfe verzagen und nach der Gnade, Vergebung der Sünden und Gottes Trost gleich hungrig und begierig sind. - Laß hertreten alle Lehrer, laß hervortragen alle Bücher, ob sie so viel vermögen, daß sie eine Seele mit vernünftigen Ursachen trösten !in den allergeringsten Anfechtungen. Es ist ja nicht möglich, eine Seele zu trösten, sie höre denn Gottes Wort. Wo ist aber Gottes Wort in allen Büchern außer der Schrift? Daraus stehet und erkennet die Seele ihres Gottes gnädigen Willen in Christo, der ihre Sünde und Tod durch sein Leiden, Sterben und Blut weggenommen hat; daran hanget sie dann im Leben und Sterben und fahret in solchem Glauben und Anhangen an das Wort aus diesem Leben in jenes Leben, gleich als in einem sichern Schiffe.
Darum ist die heilige Schrift der armen und elenden Sünder Lehr- und Trostbuch. Es muß Noth da sein, soll die heilige Schrift als Gottes Wort erkannt, geschmeckt und empfunden werden im Herzen durch die Erfahrung; denn wo Gott selbst nicht gibt in's Herz einen Spruch', der zur Sache dienet und der heilige Geist nicht zeuget, daß die Schrift Wahrheit ist, so findet es der Mensch nimmermehr und bleibet ein unfruchtbarer und todter Buchstabe und so ist sie allen klugen und weisen, sichern und stolzen Geistern, die ihre Sünde und Noth nicht fühlen und satt sind in eigener Vernunft und falscher Tugend. Das Geheimniß des Herrn ist nur allein unter den armen Sündern, die Ihn fürchten und auf seine Gnade trauen.
Am 20. März.
Welche Menschen nicht im Glauben leben, die werden des Lebens nimmermehr müde; je langer sie leben, je langer sie leben wollen, und je heiliger sie scheinen, je schrecklicher wird ihnen der Tod; sonderlich denen, so da zärtliche Gewissen haben, und sich feindlich mit Werken treiben und ängstigen. Denn es ist nicht möglich, den Tod zu überwinden mit menschlichen Kräften; wo nicht Glaube ist, da muß das Gewissen zappeln und verzagen; wo der Glaube stark ist, da kömmt der Tod zu langsam; wiederum kommt er den Ungläubigen immer zu bald; denn da ist Aufhören der Begierde und Lust zu leben.
Am 21. März.
Der ist wahrlich recht selig, der in der Anfechtung also gesinnet ist, daß er es bei sich selbst dafür halten kann, wenn schon das Oberste unten gekehrt, und die Welt krachen und über einen Haufen fallen sollte, ja wie heftig die Welt mit ihren Fürsten und allen höllischen Pforten tobt und wüthet, was geht es mich an? Ich weiß mich hier unschuldig; denn ich trage anderer Leute Kreuz, von welchem ich unbilliger Weise geplagt werde; ich thue Niemand leid; sündige damit nicht. Es gebührt Christen, daß sie nicht zürnen oder ungeduldig werden, wo ihnen Leid widerfahrt, wiewohl das Fleisch nach seiner Art und Weise immer pflegt zu murren. Aber der Geist zürnt nicht, denkt viel lieber also: Wehe dir, du hast mir es nicht gethan, du hast dir es gethan, hast nicht mich, sondern dich selbst am allermeisten beleidigt. Das ist der Christen Theologie und Weisheit, und wiewohl wir dieselbige noch nicht gar erreicht haben, sollen wir doch täglich darein geübt werden, und uns gewöhnen, daß wir in geistlichem Kampf und Trübsal, so wir leiden, mit einem beständigen und stillen Herzen sagen können: Du kannst mir keinen Schaden thun, ich bin ein Christ, du schadest mir Nichts, du förderst mich; siehe dich vor! Denn die Gottlosen thun Gutes, auch wenn sie Böses thun.
Am 22. März.
Kein Mönch wird wegen seiner Regel und gestrengen Lebens selig. Ich werde auch dadurch nicht selig, daß ich Christum treulich und fleißig predige; einem Fürsten und Regenten hilft das auch nicht zur Seligkeit, daß er seines Amts fleißig wartet, wohl regiert, noch seine Unterthanen beschützt und beschirmt. Daß aber den Mönch sein Werk und Leben nicht selig mache, ist daraus leichtlich zu beweisen, daß der ganze Mönchsstand ohne das Wort Gottes von Menschen erfunden und erdacht ist. Die Gemeine Gottes aber lehren, und derselbigen recht vorstehen, Land und Leute da regieren, das sind wohl köstliche, heilige Werke; aber doch sind es Werke des Gesetzes, welche wir Menschen entweder in Verzweiflung, oder in Vermessenheit und Hoffahrt führen. Derohalben, wenn schon solche Werke vorhanden sind, so überkommen wir doch gleichwohl nicht durch dieselbige die Seligkeit, sondern allein dadurch, daß bei Gott die Vergebung ist, daß man ihn fürchte. Ware der menschlichen Natur Etwas gelassen, wodurch man um Gott Was verdienen könnte, so würde Niemand Gott fürchten, noch ehren, sondern der Mann, welcher, so er Alles aufs fleißigste thut, nicht sehe, wie noch so viel Unreinigkeit und Gebrechen in seinen Werken und seinem Leben vorhanden sei, sonderlich so er mit seinem Thun und Leben vor Gottes Angesicht kommen soll? Darum steht es Alles auf der Barmherzigkeit Gottes, welche wir allein durch den Glauben an Christum empfangen, und die wir durch unsere Werke unnütze Knechte sind, werden durch die Gnade, die uns im Herrn Christo gegeben ist, zu Kindern Gottes. Also verlaßt sich die wahrhaftige Furcht, der wahrhaftige Dienst, und die rechte Erkenntniß Gottes allein auf die Barmherzigkeit, daß wir verhoffen, durch Christum einen gnädigen Gott und Vater zu haben. Mit diesem Dienste Gottes vereinigt sich die Verzweiflung und Vermessenheit so wenig, als Wasser und Feuer vereinigt werden mögen.
Am 23. März.
Wenn die Gottlosen uns heftig bedräuen mit dem Tode, Galgen, Feuer und Schwerdt, damit sie uns gedenken zu todten und gar zu verscharren, sollen wir gewißlich wissen, daß Gott, der da gesagt hat: Ich will dein Schutz sein, ihrer Thorheit lachen, und das Widerspiel vornehmen werde. Denn so haben die Brüder Josephs gedacht: Kommt, lasset uns ihn erwürgen; dargegen saget aber Gott also: Lasset mir ihn leben, und bewahret ihn, daß er unverletzt bleibe. Sie haben gesagt: Wir wollen ihn in die Grube verscharren. Gott aber sagt: Ihr sollet mir ihn von den Todten auferwecken. Sie verhoffen damit, das Lob der Gerechtigkeit und Unschuld zu erlangen; Gott aber saget dargegen also: Verklaget euch selbst, und stürzet euch in die ewige Verdammniß hinein. Denn also ändert und verkehret Gott den Menschen ihre Rathschlage. Und das verstehen allein die, so den heiligen Geist haben und ehemals göttliche Hülfe und Rettung aus der Noth empfunden und erfahren haben.
Am 24. März.
Er ist um unserer Missethat willen verwundet, und um unserer Sünde willen zerschlagen. Jes. 53.
Siehe, wie er dieß Wort „unser“ immerdar wiederholet und treibet. Denn er will es reichlich und klar genug ausstreichen, daß man ja nicht überhinlaufe, oder verkehre mit falschem Deuten. Und hier setzet der heilige Prophet Jesajas unsers lieben Herrn Jesu Christi eigentliche Contrafaktur, Ebenbild und Definition, damit er Ihn gar lieblich und tröstlich beschreibet und abmalet; welches man fleißig merken und zu Herzen nehmen soll, und also gebrauche, daß man sie erhebe, vorziehe und setze wider alle andere Lehre und Gottesdienste, so in der Welt sein mögen. Denn was ist das anders, so er sagt, daß Christus um unserer Missethat willen verwundet sei, denn als wollte er sagen (wie die Apostel Petrus und Paulus auch sagen): Wir konnten durchs Gesetz und unsere guten Werke nicht gerecht werden vor Gott? Denn unsere Sünde bleibet für und für über uns; so bleibet auch die Schuld und Verdammniß und die ewige unvermeidliche Strafe allezeit in unsrem Gewissen; Christus aber allein tragt unsere Schuld.
Und ich bin diesem Text sonderlich hold, daß er so dürre und gewaltig diesen Artikel setzet: Christus hat unsere Sünde getragen, und damit das ganze Neue Testament einsetzt und bekräftigt; ja der einige Grund und Hauptpfeiler ist, darauf das ganze Evangelium gesetzet und gebauet ist, daß, wo dieser Artikel stehet, so stehen sie alle. Denn so wir das glauben und halten, daß Er für uns gestorben ist, so muß auch das andere folgen, daß Er uns den heiligen Geist gibt, und also wahrhaftig der christlichen Kirche Gliedmaßen und Heilige machet, daß wir täglich Vergebung der Sünden und ewiges Leben haben. Darum hat auch der Teufel mit keinem Artikel so viel als mit diesem zu schaffen, daß er ihn umstoße. Denn er weiß, daß es Alles darauf lieget. Und dieß ist allein der Artikel, welcher einen großen und ewigen Unterschied machet zwischen aller andern Menschen Religion auf Erden und zwischen der unsern. Denn allein die Christen glauben diesen Spruch und heißen allein daher Christen; nicht darum, daß sie Werke thun, wie die Andern; sondern darum, daß sie diesem Artikel glauben, daß Christus für uns gestorben, und an dem Werke, so Christus gethan hat, hangen und dasselbige ihnen zueigne.
Am 25. März.
Was ist Wahrheit? Joh. 18, 38.
Das weiß ich nicht, ob es Pilatus mit Ernst, oder spöttisch meinet, doch verstehe ich es, daß es ein lauter Spott und höhnische Rede sei; denn Pilatus war ein kluger, weiser Heide, darum verachtet er Christum und spricht: O, willst du mit Wahrheit umgehen, so bist du verloren! Willfahrt macht Freunde, Wahrheit macht Feinde. Bist du der Mann, der mit Wahrheit umgehet, so ist es kein Wunder, daß du gefangen und gebunden hieher geführt worden bist. Willst du auf Erden leben, so mußt du dich der Wahrheit äußern. Also verstehe ich es, daß es ein heidnischer Posse sei, geredet aus einem frechen Gewissen. Gleichwohl ist damit angezeigt, daß es der Welt Lauf ist, daß man die Wahrheit nicht leiden kann. Wer in der Welt leben will, der schweige die Wahrheit, lüge und trüge. Willst du aber die Wahrheit bezeugen, so richte dich darnach, daß du wider dich habest den Teufel mit seinen Engeln, die Welt mit ihrer Weisheit und höchsten Vernunft; ja, daß du wider dich habest deine Eltern, Vater und Mutter, und deine besten Freunde; da wird nichts Anders aus. Wenn sie dich nun Alle hassen und verfolgen um der Wahrheit willen, so sprich: Das habe ich gesuchet, das habe ich wollen haben, Gott sei gelobet, es gehet recht, wie es gehen soll. So ich die Wahrheit schweige, so waren diese Alle meine lieben Freunde; weil ich aber die Wahrheit nicht schweigen kann, so sind sie mir ungnädig und zuwider. Doch ist unser Evangelium die Wahrheit, es zürne wer da wolle. Und da hüte man sich vor, daß man es nicht spotte, wie Pilatus thut und höhnisch spricht: Was ist Wahrheit? Da sollen wir nun aus diesem Text lernen, daß Niemand auf sich soll liegen lassen eine falsche Auflage, sondern soll es auf seine Widersacher treiben. Darnach, daß wir beständiglich die Wahrheit bekennen, unangesehen, wie es uns auch darüber gehe. Und zuletzt, daß die Wahrheit nichts anders ist, denn das Evangelium von Christo Jesu.
Am 26. März.
Nun siehe, was soll dir dein Gott mehr thun, daß du den Tod willig annehmest, nicht fürchtest und überwindest? Er weiset und gibt dir in Christo des Lebens, der Gnade, der Seligkeit Bilde, daß du vor der Sünde, des Todes, der Höllen Bilde nicht entsetzest. Er leget dazu deine Sünde, deinen Tod, deine Hölle auf seinen liebsten Sohn, und überwindet sie dir, machet sie dir unschädlich. Er laßt dazu deine Anfechtung der Sünde, des Todes, der Hölle auch über seinen Sohn gehen, und dich darinnen zu halten lehret, und sie unschädlich darzu träglich machet. Er gibt dir deß Alles ein gewiß Wahrzeichen, daß du ja nicht daran zweifelst, nämlich die heiligen Sacramente. Er befiehlet seinen Engeln, allen Heiligen, allen Creaturen, daß sie mit Ihm auf dich sehen, deiner Seelen wahrnehmen und sie empfahen. Er gebeut, du sollst solches von Ihm bitten und der Erhörung gewiß sein; was kann, oder soll Er mehr thun?
Am 27. März.
Zacharias sagt, dieser arme und bettlerische König habe eine andere Macht, denn sonst alle Kaiser und Könige gehabt haben, die jemals auf Erden kommen sind; sie seien gleich so große und mächtige Herren gewest, als sie immer gekonnt haben, denn Er heißt Justus et Salvator: nicht ein reicher, prächtiger, herrlicher König vor der Welt, sondern ein Gerechter und ein Heiland, der Gerechtigkeit und Seligkeit mit sich bringen, und Sünde und Tod angreifen, und ein Sündenfeind und Todeswürger sein soll, der allen denen von Sünden und ewigem Tod will helfen, die an Ihn gläuben und Ihn als ihren König aufnehmen, und sich den armen entlehnten Esel nicht ärgern lassen. Die solches thun, denen soll die Sünde vergeben sein und der Tod nicht schaden, sondern sollen das ewige Leben haben (und nicht sterben); und ob sie schon leiblich einmal sterben und begraben werden, so soll es doch nicht ein Tod sein und heißen, sondern nur ein Schlaf. Solches will der Prophet von diesem König uns lehren, mit dem, daß er Ihm diese zwei Namen gibt, und heißet Ihn gerecht und ein Heiland, als sollte er sagen: Dieser König soll sein und heißen ein Sündenfresser und Todverschlinger, der die Sünde tilgen, der dem Tod die Zähne ausbrechen, dem Teufel den Bauch zerreißen, und also uns, die wir an Ihn glauben, von Sund und Tod frei machen soll, und unter die Engel führen, da ewiges Leben und Seligkeit ist. Den andern Königen laßt er ihre Pracht, Schlösser, Häuser, Geld und Gut; laßt sie köstlicher essen, trinken, kleiden, bauen, denn andere Leute. Aber diese Kunst können sie nicht, die der arme Bettelkönig, Christus, kann, denn da kann weder Kaiser, König, noch Papst, mit all ihrer Macht, von der geringsten Sünde helfen, noch mit ihrem Geld und Gut die geringste Krankheit heilen; ich geschweige, daß sie wider den ewigen Tod und die Hölle sollten helfen. Aber dieser Bettelkönig Christus, welcher gerecht und ein Heiland ist, ob Er wohl arm und elend einher reitet auf einem Esel, hilft nicht allein wider eine Sünde, sondern wider alle meine Sünde; und nicht allein wider meine Sünde, sondern auch wider der ganzen Welt Sünde. Er kommt, daß Er will wegnehmen, nicht allein meine Krankheit, sondern auch meinen Tod, und nicht allein meinen Tod, sondern auch der ganzen Welt Tod.
Am 28. März.
Die allerhöchste Kunst und rechte Weisheit der Christen ist diese, daß man für gewiß, wahrhaftig halten und glauben kann, daß Christus in den Tod gegeben sei, nicht um unserer Gerechtigkeit oder Heiligkeit, sondern schlechts um unserer Sünden willen, welche rechte, große, grobe, viele ja, ja unzählige, und unüberwindliche Sünden sind. Darum darfst du dir nicht träumen lassen, als wären sie gering und klein, daß wir sie mit unsern eigenen Werken könnten tilgen. Dagegen sollst du aber auch nicht verzweifeln, ob sie wohl so überaus groß sind, welches du erst recht erfahrest, wenn es dermaleins, es sei gleich im Leben oder Sterben, darzu kommt, daß du sie recht fühlest; sondern lerne das glauben, wie St. Paulus sagt, Gal. 1, v. 4, daß Christus sich selber gegeben hat, nicht für erträumte und gemalete Sünden, sondern für wahrhaftige, nicht für kleine, geringe, sondern für überausgroße und grobe, nicht für eine oder zwo, sondern für alle, nicht für überwundene und getilgte, sondern für unüberwundene und starke, gewaltige Sünden. Denn freilich kein Mensch, ja auch kein Engel, eine einige, auch die allergeringste Sünde überwinden kann. Und wo du nicht in der Zahl (so da sagen, für unsere Sünden) auch gefunden wirst, das ist, unter denen, so diese Lehre des Glaubens haben, lehren, hören, lernen, glauben und lieben, so magst du dich dessen wohl frei erwägen, daß es um deine Seligkeit geschehen und denn allerdings gar aus ist.
Am 29. März.
Weil ich meiner Sünden halben verdammt bin, und mir weder selbst, noch einiger Creatur helfen kann, kommt mein Herr Christus daher und spricht zu mir, wie zu Petro: Du bist mein lieber Bruder. Denn das heißt nicht eine Vermessenheit oder Hoffahrt, wenn Einer sich deß annimmt, was ihm geschenket wird, sondern vielmehr eine Dankbarkeit; denn damit bekennet er, daß ers von einem Andern hat, und nicht von ihm selbst. Also nimmt ein Bettler von einem reichen Mann einen Rock, und ist dennoch keine Hoffahrt; es mag aber wohl eine Noth sein. Das ist denn die rechte Demuth, wenn ich sehe und fühle, daß ich gar verloren bin, so gibt es mir eine Vermessenheit, die nicht auf mir steht, sondern auf Christi Wort; darauf wir denn pochen dürfen, wie er saget im Evangelio Luca (12, 32): Ihr geringes Häuflein fürchtet euch nicht, es hat eurem Vater so wohl gefallen, daß ihr euch das Reich gebe. Er will euch das Reich geben (spricht Er). So sehet nicht, was euch zusteht, eures Verdienstes halben; sondern haltet den Sack auf und nehmet, das Er euch gibt und gerne geben will. Dieß ist nun eine gute Vermessenheit, die ich nicht von meinen Werken, noch von mir selbst habe; sondern davon, daß ich eben die Güter habe, die Christus hat, daß ich auch weiß, daß St. Peter keinen andern Christum hat, denn ich und du. Und wollte nur Gott, daß wir also vermessen könnten sein. Der Bettler soll ja nicht davon laufen, wenn man ihm einen Rock, oder sonst ein reich Almosen will geben; so ist es auch keine Hoffahrt, wenn er etwas um Gottes willen nimmt. Die Hoffahrt aber, die in deinem Herzen steckt, magst du wohl fahren lassen, als da ist deine eigene Weisheit, Gerechtigkeit, große Kunst rc.
Am 30. März.
Siehe, das ist Gottes Lamm, welches der Welt Sünde trägt. Joh. 1, 29.
Es ist aus der Maaßen fein und tröstlich von Christo, unserm Heiland, gepredigt; wir können's mit Worten, ja auch mit unsern Gedanken nimmermehr erlangen. In jenem Leben werden wir in Ewigkeit unsere Freude und Lust daran haben, daß der Sohn Gottes sich so tief herunterlaßt und nimmt meine Sünde auf seinen Rücken; ja nicht allein meine Sünde, sondern auch der ganzen Welt, die von Adam an bis auf den allerletzten Menschen gethan ist, die will Er gethan haben und auch dafür leiden und sterben, damit ich ohne Sünde sei und das ewige Leben und Seligkeit erlange. Wer kann doch nach Nothdurft davon reden oder denken, nämlich, daß die ganze Welt mit aller ihrer Heiligkeit, Gerechtigkeit, Macht und Herrlichkeit unter die Sünde geschlossen sei und gar vor Gott Nichts gelte, und wo Jemand wollte selig und seiner Sünde loswerden, daß er wisse, daß seine Sünde alle auf des Lammes Rücken geleget sind?
Derhalben weiset Johannes seinen Jüngern dies Lamm und spricht: Willst du wissen, wo da sind die Sünden der Welt hingelegt, daß sie vergeben würden? Siehe nicht auf das Gesetz Mosis, noch laufe sonst zum Teufel; denn da wirst du Sünde finden, davor du erschreckst, und verdammt wirst. Aber willst du wissen und finden einen Ort, da die Sünden der Welt getödtet und weggenommen worden sind, so siehe an das Kreuz und auf den Rücken dieses Lammes hat der Herr alle unsere Sünde gelegt, und sonst auf Niemand anders. Das Lamm hat Er dazu geordnet, daß es der ganzen Welt Sünde tragen sollte.
Auf diesem Spruch soll ein Christ einfältig bleiben und ihm denselbigen nicht nehmen lassen. Hierauf stehet der Grund aller christlichen Lehre; wer die glaubt, der ist ein Christ, wer's nicht glaubt, der ist kein Christ, der wird sein Theil auch finden. Es ist ja klar genug gesagt: Dies ist das Lämmlein Gottes, das da tragt die Sünde der Welt, und ist der Text Gottes Wort und nicht unser Wort, noch von uns erdacht, daß Gott dies Lamm darum habe geschlachtet, und das Lämmlein aus Gehorsam gegen den Vater, der ganzen Welt Sünde auf sich geladen hat. Aber die Welt will nicht hinan, sie will dem lieben Lämmlein die Ehre nicht gönnen, daß wir alleine selig würden darum, daß es unsere Sünde tragt. Sie will auch etwas sein, und je mehr sie thun will und Sünde büßen, je arger sie es macht. Denn außer diesem Lämmlein ist kein Sündenbüßer nicht, Gott will sonst von keinem wissen.
Am 31. März.
Wo die Sünde nicht wäre, hätte der Tod keinen Stachel. Dieser Tyrann, sage ich, rennet nun mit aller Gewalt auf Christum zu, will Ihn verschlingen, inmaaßen wie er andern Menschen zu thun pfleget. Er meinet aber nicht, daß er eine solche Person angreife, die da eine unüberwindliche und ewige Gerechtigkeit habe. Darum kanns nicht anders sein, noch werden, denn es muß in diesem Kampfe der grausame Tyrann, nämlich die Sünde, überwunden und erwürget werden, und dagegen die Gerechtigkeit überwinden und lebendig bleiben. Wird derohalben also in Christo die Sünde der ganzen Welt überwunden, erwürget und allerdings begraben und zugescharret, und dagegen die Gerechtigkeit, die als eine Heldinn überwunden und gesieget hat, bleibet Herrscherin und Kaiserinn ewiglich. Also auch der Tod, der da ein allmächtiger Herr der ganzen Welt ist; denn er würget Könige, Fürsten und ohne alle Unterschied dahin alle Menschen, leget sich mit aller Macht wider das Leben, will es überwinden und verschlingen, richtet es auch aus, wie ers ihm vornimmt. Weil das Leben unsterblich war, eben indem es sich den Tod überwinden und würgen ließ, wandte es sich wiederum um und überwand und erwürgete den Tod. Von solchem wunderlichen Kampf singet die heilige Christenheit ganz fröhlich und tröstlich: Mors et vita conflixere duello mirando etc. Tod und Leben haben zugleich in Christo gestritten wunderlich; der Tod das Leben überwand, doch behielt das Leben den Sieg zu Hand, daß nun erwürget liegt der Tod, das Leben ewig herrscht in Gott. - So ist nun der Tod durch Christum überwunden und vertilget in der ganzen Welt, daß er fortan nach Christi Sieg nichts Anders ist, denn ein gemalter Tod, der den Stachel verloren hat; darum kann er denen, so an Christum glauben, weiter Nichts schaden, wie der Prophet Hoseas (13, 14), saget, daß Christus des Todes Tod geworden sei. Und Paulus (1 Cor. 15,55): Der Tod ist verschlungen in den Sieg; Tod, wo ist deine Stachel? rc.