Krummacher, Emil-Wilhelm - Tägliche Herzensweide aus Luther's Werken - April

Krummacher, Emil-Wilhelm - Tägliche Herzensweide aus Luther's Werken - April

Am 1. April

Ein Wankelherz, das nicht glaubet, noch gewiß dafür halt, daß es Etwas erlangen werde, das wird nimmermehr gewährt; denn Gott kann ihm Nichts geben, wenn Er gleich gern wollte. Es ist eben wie ein Gefäß, daß man in Händen hält und wills doch nicht stille halten, sondern wägets immer hin und wieder, da wird man Nichts eingießen können; und ob man schon gern darein wollte gießen, so läufts doch darneben hin und kommt vergebens um. Also ists um ein ungläubig, wankend Herz auch gethan. Gott wollte gern geben, was wir bedürfen; aber da stehen wir, wie ein toller Bettler, halten den Hut auf, daß Er uns Etwas drein werfe und wollen doch nicht stille halten. So will unser Herr Gott seine Gaben auch nicht so vergebens hinschütten, daß sie nebenhin fallen und verloren sollen sein. Eben als wenn du eine Kandel oder Flasche in Händen hättest und begehrtest, man sollte dir Wein darein gießen, und wolltest mit der Hand immer hin und her schleudern; das würde einen sehr unwilligen Wirth machen, sondern wenn er dir den Wein schenken und kein Geld dafür nehmen sollte. Er würde sagen: Immer trolle dich, meinest du denn, ich wollte den Wein auf die Erde gießen? Eben so ein Ding ist um ein wankend, ungläubig Herz, da kann Gott Nichts eingießen, wenn Er gleich gern wollte.

Am 2. April.

Wenn wir glauben an Christum und lassen das Wort unsern Trost sein, so spricht denn der Glaube: Ei, der Himmel stehet offen über uns, er ist nicht mehr zugesperret. Denn so wir Gottes Wort groß halten, so werden wir die Gegenwärtigkeit Christi und den lieben Engel in unsern Herzen fühlen und der Glaube es gewiß dafür halten, daß daselbst gewiß Gottes Haus sei. Und wenn gleich die Christen auf dem Felde, oder in einem wüsten Wald wären, so machet der Glaube sie doch zur Kirchen Christi. Denn wo solche Leute sind, die durchs göttliche Wort ihre Herzen erleuchten lassen und den heiligen Geist haben, da muß Gott auch sein; und zwar als unser gnädiger, lieber Vater; und wir haben durch Christum auch einen fröhlichen Zutritt zu Gott, daß wir sagen: Abba, lieber Vater, welches sonst ohne Christo nicht geschehe. Denn zuvor war Gott uns als ein erschrecklicher Stockmeister und Richter, der der Sünde feind ist. Aber wo das Licht des göttlichen Worts aufgehet, da halten wir Gott für unsern Vater, und Christum für unsern Mittler, Bischof und Lehrer, der uns lehret und taufet, und der Glaube weiß gewiß, daß Christus gen Himmel gefahren sei und sitze zur rechten Hand Gottes seines Vaters, daß Er uns gewißlich sehe, auch nach uns frage und wir hinwieder ihn auch sehen. Darnach, daß wir auch in der Gesellschaft und Bürgerschaft der Engel sind im Himmel und mit den Engeln umgeben. Obs uns nun darüber übel gehet in der weltlichen Bürgerschaft, und der Teufel uns feind ist, und uns in seinem Reiche, in der Welt, nicht leiden will; wie sollen wir ihm denn thun? Es liegt nicht viel dran; wir müssen leiden, daß er uns würge durch den Papst, Türken, oder irgend durch eine Pestilenz; so wird uns Gott doch nicht verlassen, wir wollen dagegen eine ewige Herberge und Wohnung im Himmel bekommen. Es wird doch Gott seine Kirche erhalten, ob sie gleich schmal und klein sein wird, wie sie denn allbereit geringe ist, so werden doch etliche Christen bleiben.

Am 3. April.

Meine Lehre ist das Hauptstück, worauf ich trotze, nicht allein wider Fürsten und Könige, sondern auch wider alle Teufel; und habe sonst gar Nichts mehr, das mein Herz erhalt, stärkt, fröhlich und je langer je mehr trotzig macht. Das andere selbst wohl, daß es sündlich und keines Trotzes fähig ist; ich bin ein armer Sünder und lasse meine Feinde eitel Heilige und Engel sein. Wohl ihnen, so sie es können erhalten; nicht, daß ich vor der Welt und den Unchristen solches sein will; sondern vor Gott und seinem lieben Christo. Vor der Welt will ich auch fromm sein und bins so sehr, daß sie nicht werth sollen sein, mir die Schuhriemen aufzulösen; sie sollen mir auch mit der Wahrheit nicht beibringen, daß ich vor der Welt Jemanden zu nahe lebe oder thue, wie ich wohl will ihnen beibringen. Kurz ich bin Niemand zu demüthig und Niemand zu hochmüthig, gleichwie Paulus sagt: Ich kann hoffährtig sein und kann auch demüthig sein, ich kann mangeln und kann auch genug haben, Phil. 2, 3. Meiner Lehre halben bin ich auch dem Teufel, Kaiser, König, Fürsten und aller Welt, viel, viel, viel zu stolz, steif und hoffährtig; aber meines Lebens halben bin ich auch einem jeglichen Kinde demüthig und unterworfen. Wer das nicht gewußt hat, der höre es jetzt.

Am 4. April.

Wenn aber Christus, euer Leben, sich offenbaren wird, dann werdet ihr auch offenbar werden mit Ihm in der Herrlichkeit. (Col. 3, 4.)

Das ist der Christen Trost in diesem Leben auf Erden, da sie wohl hören von Christo, und Ihn im Glauben fassen; aber dagegen nach ihrem Fühlen und vor der Welt das Widerspiel scheinet, da sie müssen mit der Sünde und ihrer eigenen Schwachheit kämpfen, dazu allerlei Trübsal und Unglück unterworfen, daß sie nicht viel Lebens und Freude finden und fühlen, wie sie gerne wollten, sondern vielmehr Tods und Schrecken. Aber dagegen tröstet sie Paulus und zeiget, wo sie ihr Leben suchen und gewiß ergreifen sollen. Seid getrost (will er sagen), denn ihr seid ja gestorben diesem irdischen Leben, deß müsset ihr euch versehen: aber ihr habt hiermit einen köstlichen Wechsel gethan. Denn das ist ein herrliches, seliges Sterben, dafür ihr gar viel ein besseres Leben erlanget; denn ihr seid nun durch den Tod Christi erlöset von der Sünde und ewigen Tod, und ist euch geschenket eine unvergängliche, ewige Herrlichkeit. Aber solch Leben habt ihr noch nicht in euch selbst durchs Fühlen, sondern in Christo durch den Glauben. Und heißt also, Christus euer Leben, das in euch selbst noch nicht offenbar, aber in Ihm gewiß ist, und also versichert, daß es auch Niemand nehmen kann, also daß ihr durch den Glauben seines Lebens auch müsset erhalten werden und den Sieg behalten wider der Sünde, des Todes und des Teufels Schrecken und Plagen, so lange, bis solch Leben auch an und in euch offenbar werde. Denn gewißlich habt ihrs in Christo, und fehlet nichts mehr daran, denn daß die Decke, darunter es noch verborgen ist (weil ihr in diesem sterblichen Fleisch und Blut lebet), hinweggethan werde und sich offenbare; so wird denn alles weltliche, irdische Wesen, Sünde und Tod aufhören, und eitel Herrlichkeit in allen Christen sein. Darum sollen die Christen, so da gläuben und wissen, daß Christus auferstanden ist, sich deß trösten und darnach warten, daß sie sammt Ihm in ewiger Herrlichkeit leben sollen, so sie anders zuvor auch mit Ihm der Welt gestorben sind.

Am 5. April.

(Luthers Gebet auf dem Reichstage zu Worms). Allmächtiger, ewiger Gott! Wie ist es nur ein Ding um die Welt! Wie sperret sie den Leuten die Mäuler auf! Wie klein und gering ist das Vertrauen auf Gott, wie ist das Fleisch so zart und schwach, und der Teufel so gewaltig und so geschäftig durch seine Apostel und Weltweisen! Wie ziehet sie so bald die Hand ab und schurret dahin, lauft die gemeine Bahn und den weiten Weg zur Höllen zu, da die Gottlosen hin gehören; und siehet nur allein bloß an, was prächtig und gewaltig, groß und mächtig ist und ein Ansehen hat. Wenn ich auch meine Augen dahin wenden soll, so ists mit mir aus, die Glocke ist schon gegossen und das Urtheil gefällt. Ach Gott, ach Gott: o du mein Gott! Du mein Gott, stehe mir bei, wider aller Welt Vernunft und Weisheit. Thue es; du mußt es thun, du allein. Ist es doch nicht meine, sondern deine Sache. Habe ich doch für meine Person allhier Nichts zu schaffen, und mit diesen großen Herren der Welt zu thun. Wollte ich doch auch wohl gute, geruhige Tage haben, unverworren sein. Aber dein ist die Sache, Herr, die gerecht und ewig ist. Stehe mir bei, du treuer, ewiger Gott; ich verlasse mich auf keinen Menschen. Es ist umsonst und vergebens, es hinket Alles, was fleischlich ist und nach Fleisch schmeckt. O Gott, o Gott! hörest du nicht, mein Gott! Bist du todt? Nein, du kannst nicht sterben, du verbirget dich allein. Hast du mich darzu erwählet? ich frage dich; wie ichs denn gewiß weiß; ei, so walt' es Gott! denn ich mein Lebelang nie wider solche große Herren gedacht zu sein, habe mir es auch nicht vorgenommen. Ei, Gott, so stehe mir bei in dem Namen deines lieben Sohnes Jesu Christ, der mein Schutz und Schirm sein soll, ja meine feste Burg durch Kraft und Stärkung deines heiligen Geistes. Herr, wo bleibst du? Komm, komm, ich bin bereit, auch mein Leben darum zu lassen, geduldig wie ein Lämmlein. Denn gerecht ist die Sache und dein; so will ich mich von dir nicht absondern ewiglich. Das sei beschlossen in deinem Namen. Die Welt muß mich wohl über mein Gewissen wohl unbezwungen lassen; und wenn sie noch voller Teufel wäre; und sollte mein Leib, der doch zuvor deiner Hände Werk und Geschöpf ist, darüber zu Grund und Boden, ja zu Trümmern gehen; dafür aber dein Wort und Geist mir gut ist. Und ist auch nur um den Leib zu thun, die Seele ist dein und gehört dir zu, und bleibet auch bei dir ewig, Amen. Gott helfe mir, Amen.

Am 6. April.

Nun wir denn sind gerecht worden durch den Glauben, so haben wir Frieden mit Gott, durch unsern Herrn Jesum Christum.
(Röm. 5, 1.)

Lieber Bruder, ich möchte gern wissen, was doch eure Seele mache, ob sie nicht schier einmal ihrer eigenen Gerechtigkeit müde und überdrüssig worden, und lerne in der Gerechtigkeit Christi athmen und getrost sein. - Lernt doch Christum, und zwar den Gekreuzigten, kennen, lernet Ihm ein Loblied anstimmen und euch selbst verzagend zu Ihm sprechen: Du, Herr Jesu, bist meine Gerechtigkeit, ich aber bin deine Sünde. Du hast angenommen, was mein ist, und hast mir geschenkt, was Dein ist. Du hast angenommen, was du nicht warest, und hast mir gegeben, was ich nicht war. Sehet euch ja vor, daß ihr euch nicht in Sinn laßt kommen, hier einst zu einer so großen Reinigkeit zu gelangen, daß ihr euch nicht mehr als ein Sünder vorkommen, oder ein solcher gar nicht sein wolltet; denn Christus nur in Sündern wohnet. Denn derhalben ist Er vom Himmel, wo Er in den Gerechten wohnet, herabkommen, daß Er auch in Sündern möchte wohnen. Dieser seiner Liebe denket fleißig nach, so werdet ihr seinen allersüßesten Trost empfinden. Denn so wir durch unsere Arbeit und Leiden zu des Gewissens Ruhe müssen kommen, wozu ist Er denn gestorben? Darum ihr nur allein in Ihm durch zuversichtliches Verzagen an euch und euren Werken werdet Friede finden.

Am 7. April.

Ob ich gleich muß unter die Erde verscharret und zu Asche werden, so habe ich doch droben den Herrn, der meines Bluts und Fleisches ist, der da nimmermehr stirbt und eitel Leben in Ihm ist, und dazu mein Herr ist worden, daß ich nicht soll unter des Todes, noch Teufels Gewalt bleiben, sondern mit Ihm leben, daß der Tod nicht kann so viel würgen. Christus kann und will noch viel mehr Lebens geben; wie St. Paulus spricht, Röm. 14, 8. 9: wir sind tobt oder lebendig, so sind wir des Herrn; denn darum ist Sr gestorben und auferstanden, daß Er über Todte und Lebendige Herr sei. Darum, ob ich schon sterbe, so will ich doch leben, denn mein Herr lebet, welcher auch im Tode ein Herr ist, und will mich nicht im Tode lassen, sondern wie Er lebt, so will ich auch leben; wie Er selbst spricht, Joh. 14, 9: Ich lebe und ihr sollet leben; item, Joh. 12, 26: wo Ich bin, da soll mein Diener auch sein.

Am 8. April.

Was ist bei unserm Herrn Gott unmöglich, daß wirs nicht getrost auf Ihn wagen wollten? Er hat ja aus Nichts Himmel und Erde und Alles geschaffen. Er macht noch alle Jahre die Baume voll Kirschen, Spillinge, Aepfel und Birnen, und bedarf Nichts dazu. Unmöglich ists unser Einem, wenn im Winter der Schnee liegt, daß er ein einig Kirschlein aus dem Schnee bringen sollte. Aber Gott ist der Mann, der Alles kann zurecht bringen, der da lebendig machen kann, was todt ist, und rufen dem, das nicht ist, daß es sei; Summa, es sei so tief gefallen, wie es wolle, so ists unserm Herrn Gott nicht zu tief gefallen, daß Ers nicht könnte, emporheben und aufrichten. Das ist Noth, daß wir solche Werke an Gott erkennen, und wissen, daß Ihm Nichts unmöglich ist, auf daß, wenn es übel zugehet, wir lernen auf seine Allmächtigkeit unerschrocken sein. Es komme der Türke, oder ein ander Unglück, daß wir denken, es sei ein Helfer und Retter da, der eine Hand habe, die allmächtig ist, und helfen könne. Und das ist der rechte wahrhaftige Glaube.

Am 9. April.

Wir leben oder sterben, so sind wir des Herrn. (Röm. 14, 8.)

Ja, des Herrn sind wir, und ist unser höchster Trost und Freude, daß wir den zum Herrn haben, dem der Vater alle Gewalt im Himmel und auf Erden und Alles in seine Hand gegeben hat. Wer will und kann uns denn nun Schaden thun? Der Teufel mag sehr zornig sein und uns mörderisch in die Fersen stechen; daß er uns aber aus seiner Hand reiße, das soll er wohl lassen. Zudem sind wir, so an Jesum Christum, unsern Herrn glauben und unter seinem Schutz und Schirm leben, auch nun selbst Herren, durch und in Ihm, über Teufel, Sünde, Tod. Denn Er ist um unsertwillen, daß Er uns zu solcher Herrschaft brachte, Mensch worden, hat für uns den Vater gebeten und uns also geliebet, daß Er für uns ein Fluch ist worden, sich selbst für uns gegeben, mit seinem theuern Blut erkauft, und von den Sünden gewaschen und gereiniget. Endlich, Er hat uns auch das Pfand unserer Seligkeit, den heiligen Geist, in unser Herz gegeben, zu Königen und Priestern vor Gott, und in Summa zu Kindern und Erben Gottes und zu seinen Miterben gemacht. Das ist gewißlich wahr. O Herr! stärke unsern Glauben, daß wir daran ja nicht zweifeln.

Am 10. April.

Du hast einen Prediger bei dir, der mit dir isset und trinket, schlaft, wachet, nämlich den alten Adam, den tragest du mit dir ins Bette, stehest mit ihm auf und legest dich mit ihm nieder; der predigt dir ohne Unterlaß, kann dazu meisterlich anhalten, daß er dich herunterziehe, daß du je langer je kalter werdest, und so träge und faul, daß du endlich des Herrn Christi und seines Evangelii gar vergissest und Nichts mehr darnach fragest. Das thut, sage ich, der Prediger, der an deinem Halse hänget, ja, unter dem linken Zitzen liegt; der blauet dir die Ohren voll mit feinem Predigen, daß du Nichts denkest, denn wie du vor der Welt groß und reich mögest werden; daß dich heute, morgen, übermorgen und alle Tage drücket, du habest nicht der Weile, könnest auch nicht gewarten, daß du zum Sacrament gehest. Also geschieht es denn, bist du heute kalt und verdrossen dazu, so wirst du morgen noch kalter. Das thut dein Prediger, der alte Schalk, der zeucht dich davon, daß, ob du wohl alle Tage Gottes Wort hörst, du dennoch an andere Dinge denkest, und dich mit andern Geschäften mehr bekümmerst. Denn sage mir, wo findest du einen Menschen, der des Geizens müde werde und einen Eckel dafür habe? Ja, man wird von Tag zu Tage, je langer, je lustiger, je geschwinder und anschlägiger auf den schändlichsten, verfluchten Geiz und Wucher. Also findet sichs mit andern Lastern auch; ein Buhler kann von der Unzucht ihm nicht genug denken, noch reden, und je langer er davon redet und denket, je hitziger er darauf wird.

Am 11. April.

Daß der Hunger und Durst (nach Gottes Wort) in uns erwecket und getrieben, und das völlige Erkenntniß erlanget werde, da thut Gott sehr wohl bei seinen Christen, daß Er ihnen Anfechtung, Trübsal und Leiden zuschicket, welches sie beide für fleischlichem Ueberdruß bewahret, und lehret Trost und Hülfe suchen; wie Er vorzeiten, zur Zeit der Märtyrer gethan, da Er sie ließ täglich bei dem Kopfe nehmen und hinrichten, durch Schwerdt, Feuer, Wasser, wilde Thiere u. s. w., führte sie also recht zur Schule, da sie mußten Gottes Willen lernen erkennen, und also trotzen: Nein, lieber Tyrann, Welt, Teufel und Fleisch, du magst mir wehe thun, stöcken, plagen, verjagen, Leib und Leben nehmen; aber meinen Herrn Christum, das ist, Gottes Gnade und Barmherzigkeit, sollst du mir nicht nehmen. Also lehret und stärket sie der Glaube, daß dieß wäre Gottes unwandelbarer Wille, so Er über sie beschlossen hätte und nicht könnte ändern, ob Er sich gleich viel anders dazu stellete, gleichwie Er mit Christo selbst auch gethan hat; und durch solche Uebung und Erfahrung des Glaubens wurden sie so gestärkt, daß sie es gleich gewohneten, und gingen zum Tode mit Lust und Freuden. Siehe, solche treffliche, erleuchtete, starke, beherzte Leute hat Er gemacht durch die Uebung des Kreuzes und Leidens; dagegen wir, weil wir solches nicht wollen erfahren, so schwach, ja weich und faul sind, daß wo uns ein wenig der Rauch in die Augen beißet, so ist Freude und Muth dahin, und dieser Gottes Wille unerkannt, und wird ein lauter Zetergeschrei und O weh! daraus.

Am 12. April.

Das ist je eine wunderliche Gerechtigkeit, daß wir sollen gerecht heißen, oder Gerechtigkeit haben, welche doch kein Werk, kein Gedanken und kurz gar Nichts in uns, sondern gar außer uns, in Christo ist, und doch wahrhaftig unser wird durch seine Gnade und Geschenk und sogar unser eigen, als wäre sie durch uns selbst erlanget und erworben! Diese Sprache könnte nämlich keine Vernunft verstehen, daß das soll Gerechtigkeit heißen, da ich Nichts thue, noch leide, ja Nichts gedenke, noch fühle, oder empfinde und gar Nichts in mir ist, um deßwillen ich Gott gefällig und selig werde, sondern außer mir und aller Menschen Gedanken, Werke und Vermögen, mich halte an den Christum, droben zur Rechten Gottes sitzend, den ich doch nicht sehe. Aber der Glaube soll solches fassen und sich darauf gründen und deß trösten in Anfechtungen, da der Teufel und sein eigen Gewissen mit ihm disputirt: Hörest du, was bist du für ein Christ? Wo ist deine Gerechtigkeit? Stehest und fühlest du nicht, daß du ein Sünder bist? Wie willst du denn vor Gott bestehen? - daß er hierwider sich auf diesen Spruch gründe und sage: Ich weiß sehr wohl, daß ich leider Sünde habe und bei mir keine Gerechtigkeit (die vor Gott sollte gelten); ich soll und will sie auch bei mir nicht suchen, noch wissen; denn damit würde ich nimmer vor Gott können kommen. Aber hier höre ich, daß Christus saget, daß meine Gerechtigkeit sei die, daß Er einen Gang zum Vater gethan und gen Himmel gefahren. Daselbst ist sie hingesetzt, da sie mir der Teufel wohl muß bleiben lassen; denn er wird Christum nicht zu einem Sünder machen, noch seine Gerechtigkeit strafen oder tadeln. Bin ich ein Sünder und mein Leben vor Gott nicht bestehet und keine Gerechtigkeit in mir finde: so habe ich aber einen andern Schatz, welcher ist meine Gerechtigkeit, darauf ich rühme und trotze. Das ist dieser Gang Christi zum Vater, welchen Er mir gegeben und geschenket hat. Was mangelt demselben, oder was kannst du daran tadeln? Ja, siehest du doch und fühlest Nichts daran? Antwort: Ja eben also deutet und beschreibt Er selbst die Gerechtigkeit, daß ich sie nicht fühlen, sondern mit dem Glauben fassen soll an dies Wort Christi, da Er spricht: daß ihr mich nicht sehet. Was dürfte ich sonst des Glaubens, wo ich solches gegenwärtig sehen, oder in mir selbst empfinden und fühlen könnte? Darum lerne diesen Spruch wohl, daß du daraus könntest einen dürren Unterschied machen zwischen der Gerechtigkeit, die da heißt Christi, und aller andern, so man mag Gerechtigkeit nennen. Denn hier hörest du, daß die Gerechtigkeit, da Christus von saget, nicht ist unser Werk, noch Thun, sondern sein Gang oder Himmelfahrt. Nun ists ja klar und greiflich, daß die zwei weit und fern von einander sind. Unser Werk ist ja nicht Christus: so ist sein Gang nicht unser Thun, noch Werk. Denn was habe ich, oder ein Mensch dazu gethan, daß Er zum Vater gehet, das ist, daß Er leidet und stirbt und wieder auferstehet und sitzet zur Rechten Gottes?

Am 13. April.

Es hat nicht genug daran ein guter Weingartner, daß er einen Weinstock hat und rechtschaffene Reben; sondern wollte gerne solchen Weinstock und Reben, die da viel Früchte tragen. Darum fähret er zu, arbeitet und reiniget immer daran, beschneidet und blattet, hilft und zeucht ihn, daß er groß werde und immerdar zunehme und mehr und mehr tragen könne; wie es denn auch geschieht, wenn er also gebauet und gemartert wird. Also thut auch Gott mit einem jeglichen Christen, so an diesem Weinstock ist, es fei ein Prediger, oder Schüler und Zuhörer; den laßt Er nicht stiren, sondern schicket ihm zu Anfechtungen, die ihn zwingen, seinen Glauben zu üben, hangt ihm den Teufel an den Hals und die Welt mit Verfolgung, inwendig und auswendig; damit feget er die Reben fein rein, zeuchet sie aus, daß sie größer und starker werden. Das geschieht Alles darum, daß sie desto mehr Früchte tragen, also, daß ihr Glauben je langer je mehr geübt, durch Versuchung und Erfahrung gewiß und stark werde; item, daß sie desto mehr Gottes Lob rühmen, beten, predigen, bekennen, damit es allenthalben zunehme, Wort und Kraft des Worts, beide, an den Personen, so da glauben, daß sie für sich selbst stärker werden im Glauben und Geist und dazu auch an dem Haufen, daß durch diese auch viel Andere zum Glauben kommen, und also nicht allein große und völlige Früchte, sondern auch hier viel und reiche Früchte tragen.

Am 14. April.

Wir sind je gar Nichts mit allen unsern Gaben, wie groß sie auch sein mögen, wenn Gott nicht stets für uns hält; wenn Er uns verlasset, so ist unsere Weisheit, Kunst, Verstand u. s. w. Nichts. Wenn Er uns nicht immerdar erhalt, so hilft uns auch die allerhöchste Erkenntniß und beßte Theologia Nichts, so wir erreichen und haben mögen. Denn wenn das Stündlein, die Anfechtung kömmt, so ists in einem Hui und gar bald geschehen, daß uns der Teufel durch seine Teufel hinwegreißet, ja, auch die Sprüche, damit wir uns trösten sollen, und stellet uns vor Augen nur allein die Dräuspüche, mit großen, unzählichen Haufen.

Darum lasset uns wohl lernen und merken, daß, wo der Herr Gott seine Hand von uns abziehet, wir gar bald dahin fallen und zu Boden gehen mögen. Wie St. Petro geschahe, bald nach dem ersten Concilio zu Antiochia, da ihm St. Paulus unter Augen widerstund und strafte ihn öffentlich wegen seiner Heuchelei, damit er die schwachen Heiden ärgerte. Gal. 2, 11 u. s. w. Derohalben darf Niemand hoch einherrühmen und prangen nur seiner Gerechtigkeit, Frömmigkeit, Weisheit und andere Gaben, so er hat; sondern er demüthige sich und bete mit den lieben Aposteln und sage: Ach Lieber, stärke und mehre du uns den Glauben, Luk. 17,5.

Am 15. April.

Wir sind's zwar also gewohnet, daß das Korn jährlich aus der Erde wächset; und durch solche Gewohnheit so geblendet, daß wir solches Werkes nicht achten. Denn was wir täglich sehen und hören, das halten wir nicht für Wunder; und ist doch ja so groß, ja, wenn man recht davon reden soll, wohl größer Wunder, daß er aus Sand und Steinen das Korn gibt, als daß er mit sieben Broden den Haufen speiset. Denn was ist ein dürrer Sand anders, denn eitel zermalmte Steine, oder ein Stein anders, denn zerriebener Sand oder Erde? Wie kann aber aus einem Steine Brod werden, das man essen könne und wächset doch allein aus Sand und Erde? Dergleichen Alles, was da wächset und was alle Thiere uns geben, ein jedes nach seiner Art, wo kommt es her, denn aus Erde und Staub? Das sind aber die Wunder, so von Anfang der Welt gestiftet, und täglich gehen, daß wir damit gar überschüttet sind, ohne das, weil sie so gemein sind daß sie unsere Augen, und Sinne fühlen, so muß Gott zuweilen, nicht ein größeres, aber doch ein sonderlicheres machen, das nicht nach gemeinem Lauf gehet, damit Er uns auferwecke und durch solch einzel sonderlich Wunder weise und führe in die täglichen Wunder der weiten Welt. Kann doch kein Ackerbauer nicht anders sagen, denn daß sein Korn aus lauter Stein wachse, wie auch Moses im 5 83. Kap. 32,13 sagt: Gott habe das Volk in das Land geleitet und gesetzet, daß es Honig saugete aus den Felsen und Oel aus den harten Steinen. Was ist das gesaget, wie kann Honig und Oel aus Felsen und Stein wachsen? Nun geschieht es ja also, daß beide, Korn und Bäume, so die süßesten Früchte tragen, sind gesetzet auf Stein oder Sand und da herauswachsen und nirgend anders her ihren Saft und Kraft empfahen. Wo das jetzt vor unsern Augen geschähe, daß Oel oder Honig aus einem Pfeiler herausflösse, da würde alle Welt von Wunder über Wunder sagen; aber da wir täglich laufen über Land und Acker, das es vor uns wächset, da sehen, noch verstehen wir Nichts. Weil wir nun Gottes tägliche Werke, die eitel Wunder sind, so in Wind schlagen, so muß Er uns mit diesem sondern und dieses gleichen das Maul aufsperren und für sonderliche Wunder lassen predigen; daß doch ein Christ dieselbe lasse seine Schrift und Buch sein, daraus er lerne alle Gottes Werke und Wunder ansehen und sein Herz darauf zufrieden setze und denke: Was soll ich für meinen Bauch und Nahrung mich ängsten und sorgen? Woher gibt Er das Korn auf dem Felde und alle Früchte, da die Welt mit aller ihrer Weisheit und Macht nicht vermöchten ein Hälmlein, ein Blattlein, ein Blümlein herauszubringen? Thut denn Christus, mein Herr und Gott, solches täglich, was will ich denn sorgen oder zweifeln, ob Er mich auch könne oder werde ernähren?

Am 16. April.

Das ist des Glaubens Art, daß der Mensch bei ihm fühlet sein Gebrechen und wollte sein gern ledig werden. Es darf sich Niemand richten, daß er warte, bis Gott ein sonderlich Wunderzeichen mit ihm thun werde und nicht, wie mit Andern, denen Er es durchs Evangelium und durch die Sacramente giebt. Denn darum hat uns Gott den Schatz gegeben und aufgethan, daß man es da soll holen. Darum, wenn du deine Schwachheit fühlest, sollst du hingehen und sprechen: Mein Herr, ich bin gefallen, wollte wohl gerne, daß ich stark wäre, so hast du nun uns das Sacrament darum eingesetzt, daß wir unsern Glauben dadurch anzünden und starken sollen, und uns also geholfen werde, darum bin ich da und wills empfahen, deß soll man sich nun trösten und des Worts und Sacraments fröhlich gebrauchen, wenn wir fühlen, daß es uns am Glauben mangelt und gerne wollten uns lassen helfen, daß wir da Hülfe und Starke suchen, da findet man es inne. Denn du mußt nicht einen Tyrannen aus Christo machen; sondern Ihn, wie Er wahrhastig ist, eitel reiche, überflüßige Gnade sein lassen. Fühlest du im Herzen, daß du es nicht dafür halst, noch glaubest, und doch gerne wolltest, daß du glauben könntest, so mußt du dennoch nicht verzagen und vor dem Sacramente fliehen, sondern eben daselbst Hülfe suchen, daß sich dein Glaube anzünde und zunehme. Denn obgleich Etliche graulich gestrafet sind worden darum, daß sie das Sacrament unwürdig und ohne Glauben empfangen haben, so sind es doch allein die verstockte und ruchlose Herzen. Also sollst du aber thun und denken: Herr, siehe, da ist das Wort, hier ist mein Gebrechen und Krankheit; so hast du selbst gesagt: Kommt her zu mir Alle, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken, Matth. 11, 28. Meinest du, daß Er solches denen habe gesagt, so da schon brennen und stark sind im Glauben? Sein Reich ist nicht dahin gestellt, daß Er die Gerechten fördere, sondern, daß Er den Sündern helfe und dieselbigen auch fromm mache; darum, wer gebrechlich ist und fühlet es, der gehe hinzu und lasse ihm helfen. Aber hier ist noch ein Geschwürm, das auch nicht auf der rechten Bahn ist; wir haben Propheten im Lande hin und her, die lehren die Leute allzufrei trotzen und reden mit der hohen Majestät, als mit einem Schusterknecht; den frechen und stolzen Geistern soll man auch beileibe nicht folgen. Denn gut ist es, daß du blöde seist und verzagt, daß du erschreckest und zappelst; solche Furcht gefallet mir nicht übel und da bleibe bei und gehe also hinzu, daß dein Gewissen gestärket werde. Aber solche stolze Geister und ungebrochene Köpfe, die so trotzig herfahren und wollen mit Gott pochen, als Er sich vor ihnen fürchte, will Er nicht haben.

Am 17. April.

Paulus sagt: Christus sei auferwecket um unsrer Gerechtigkeit willen. Da nimmt St. Paulus meine Augen, wendet sie von meinen Sünden und wendet sie auf Christum; denn, wenn ich meine Sünden ansehe an mir, so erwürgen sie mich; darum muß ich auf Christum sehen, der hat meine Sünde auf sich geladen und der Schlange den Kopf zertreten und ist der Segen worden. Da liegen sie nun nicht mehr auf meinem Gewissen, sondern auf Christo, den wollen sie erwürgen. Laß uns sehen, wie gehen sie mit Ihm um? Sie werfen Ihn zu Boden und tödten Ihn. Gott, wo bleibt mir mein Christus und Seligmacher? Ja, da kommt Gott und reißet den Christum hervor und machet Ihn lebendig und nicht allein lebendig, sondern setzt Ihn in den Himmel und laßt Ihn jetzund regieren über Alles. Wo ist nun die Sünde blieben? Da liegt sie unter seinen Füßen. Wenn ich daran hange, so habe ich ein fröhlich Gewissen, wie Christus hat, daß ich ohne Sünde bin. Trotz nun dem Tode, Teufel, Sünde und Hölle, daß sie mir ein Leid thun! Weil ich Adams bin, können sie mir wohl thun, da ich muß kurzum sterben; nun aber Christus meine Sünde hat auf sich geladen und ist darum gestorben und hat sich um der Sünde willen lassen erwürgen, so können sie mir nicht schaden, denn Christus ist ihnen zu stark, sie können Ihn nicht behalten, Er bricht hervor und drücket sie zu Boden, fährt gen Himmel und regieret da über Alles in Ewigkeit, da hab ich denn ein gut Gewissen, bin froh und selig, fürchte mich nicht mehr vor diesem Tyrannen; denn Christus hat meine Sünde genommen und auf sich geladen. Nun können sie nicht wohl auf Ihm bleiben. Wo kommen sie denn hm? Sie müssen verschwinden und zu Boden gehen. Also wirket der Glaube, daß, wer da gläubet, daß Christus habe die Sünden hinweggenommen, ohne Sünde sei, wie Christus und daß ihm Tod, Teufel und Hölle überwunden sei und Nichts mehr schaden können.

Am 18. April.

Wer sind die Kranken? Es sind, die äußerliche Gebrechen haben in seltsamen Werken. Das erste trifft das Gewissen, wenn das schwach ist; das andere den äußerlichen Wandel, daß Einer daher schnurret und wunderlich ist und hier und dort fehlet, übertritt mit Zorn und andern närrischen Werken; wie auch die Apostel zuweilen gestrauchelt haben in groben Stücken. Die also außen in Werken vor den Leuten gebrechlich sind, daß man sich an ihnen ärgert und sagt: sie sind wunderlich und seltsam, die will Er auch nicht hinwegwerfen; denn sein Reich ist nicht diesmal also geordnet, daß eitel Starke und Gesunde darinnen sind, denn das gehört in jenes Leben; sondern Christus ist darum dahin gesetzet, daß Er sich solcher Leute annehme und ihnen helfe. Darum, wenn wir gleich also schwach und krank sind, sollen wir dennoch nicht verzagen und sagen: Wir sind nicht in Christi Reich; sondern je mehr wir unsere Gebrechen fühlen, je mehr und mehr sollen wir herzu treten; denn Er ist darum da, daß Er uns heile und gesund mache. Bist du nun krank und ein Sünder und fühlest deine Noth, so hast du desto mehr Ursache,, daß du zu Ihm sagest: Lieber Herr, ich komme eben darum, daß ich ein Sünder bin, daß du helfest und mich fromm machest; also treibet dich die Noth dahin. Denn je größer dein Gebrechen ist, jemehr ist es dir vonnöthen, daß du dich lassest heilen. Das will Er auch haben, und also locket Er uns, daß wir fröhlich zu Ihm treten. Jene aber, die nicht solche Hirten sind, meinen, sie wollen die Leute fromm machen, wenn sie feindlich schreien und treiben und machens damit nur immer arger; wie man siehet, daß es jetzt gehet, daß es dahin ist kommen durch das verkehrte Wesen, daß es Alles so jämmerlich zerstreuet ist.

Am 19. April.

Dein Wille geschehe!

Nun merkest du, daß Gott in diesem Gebet uns hilfet wider uns selbst bitten, dabei Er uns lehret, daß wir keinen größern Feind haben, denn uns selber. Denn unser Wille ist das größte in uns und wider denselben müssen wir beten: O Vater, laß mich nicht dahin fallen, daß es nach meinem Willen gehe, brich meinen Willen, wehre meinen Willen; es gehe mir, wie es wolle, daß mirs nicht nach meinem, sondern allein nach deinem Willen gehe. Denn also ist es im Himmel, da ist kein eigener Wille; daß dasselbe auch so sei auf der Erden! Solches Gebet oder auch Geschichte thut der Natur gar wehe, denn der eigne Wille das allertiefeste und größeste Uebel in uns ist und uns Nichts lieberes ist, denn eigner Wille. Darum wird in diesem Gebet nichts Anders gesucht, denn das Kreuz, Marter, Widerwärtigkeit und allerlei Leiden, das da dienet zu Verstörung unsers Willens. Darum, wenn es die eigenwilligen Menschen recht bedächten, wie sie wider allen ihren Willen bitten, würden sie dem Gebete feind werden, oder ja darüber erschrecken.

Nun laß uns diese drei ersten Bitten zu einander ziehen. Die erste ist, daß Gottes Name geehret werde und seine Ehre und Lob in uns sey.

Aber darzu mag Niemand kommen, er sei denn fromm und in dem Reiche Gottes. Denn die Todten und Sünder mögen Gott nicht loben, als David sagt, Psalm. 6, 6. Nun mag Niemand fromm sein, er sei denn von Sünden ledig. Von den Sünden wird man ledig, wenn unser Wille ausgewurzelt wird und allein Gottes Wille in uns ist. Denn wenn der Wille, der das Haupt und oberste in allen Gliedern, nicht mehr unser und böse ist, so sind alle Glieder auch nimmer unser und böse. Darum greift dieß Gebet die Bosheit bei dem Kopf an, das ist, nicht bei der Hand oder Fuß, sondern bei unserm Willen, der das Haupt der Bosheit ist, der rechte Hauptschalk.

Am 20. April.

Fürchtet euch nicht, ich weiß, daß ihr Jesum suchet, den Gekreuzigten; Er ist nicht hie, sondern von den Todten auferstanden.

Dieses ist je so viel gesagt, als spräche der Engel: Was seid ihr doch für alberne, einfältige Leutlein, daß ihr euch entsetzen und fürchten wollt? Lebt doch Christus und ist von den Todten auferstanden! Derhalben gebühret euch, daß ihr fröhlich seid und euch gar nicht besorgen sollt. Denn das Christus lebt, das lebt Er euch zu gut, daß ihr sein genießen und von Ihm beschützet und vor allem Jammer soll behütet werden. Denn das gibt je der Sprache Art, wer sich nicht fürchten soll, der soll fröhlich und guter Dinge sein, das Beste hoffen und gewarten; wer sich aber fürchtet, der muß eines Aergeren gewarten, deß er lieber entrathen wollte. Also siehet man, wer sich vor dem Henker, vor dem Tode, vor Sünden und dem Zorne Gottes fürchtet, da ist keine Freude, keine Hoffnung, sondern eitel Klagen und Trauren, Sorge und Unruhe. Solches soll nicht mehr sein bei euch, spricht der Engel, weil Christus ist erstanden. Will damit anzeigen, wir sollen der Auferstehung Christi uns trösten wider den Teufel, Sünde, Tod und Hölle; denn wo diese Feinde sollten, oder könnten weiter Schaden thun, wäre es unmöglich, daß wir uns nicht fürchten sollten. Das ist der erste Befehl nicht allein an die Weiber, sondern an alle getaufte und gläubige Christen, die da wissen und glauben, Christus sei auferstanden, daß sie sich nicht sollten fürchten.

Am 21. April.

Der Tod ist verschlungen in den Sieg. Tod, wo ist dein Stachel? Holle, wo ist dein Sieg? Gott aber sei Dank, der uns den Sieg gegeben hat, durch unsern Herrn Jesum Christum. (1 Cor. 15, 55. 57.)

Christus ist wahrhaftiger Gott und wahrhaftiger Mensch, wahrhaftiger Gottes und der Jungfrauen Sohn, größer, denn Himmel und Erde. Dazu ist Er unschuldig und ohne alle Sünde, wie der Prophet Jesaias (53, 9) und der Apostel Petrus (1. Brief 2, 22) spricht: welcher keine Sünde gethan hat, ist auch kein Betrug in seinem Munde erfunden. Solches ist größer, denn alle Sünde und größer, denn alle Teufel sammt dem Tode; denn Christus, wahrer Gott und Mensch, ohne alle Schuld und Sünde, wieget tausendmal mehr. So nun ein Christ diese Größe der Person fasset, so erkennet er auch die Größe der Frucht, wie gering ist Sünde, Tod und Teufel gegen Christus. So aber Christus größer ist, denn Himmel und Erde, größer, denn Sünde, Tod und Teufel, so muß auch Alles sehr groß sein, was Er leidet und thut. Groß muß sein Leiden sein; groß muß auch sein seine Auferstehung von den Todten und groß die Kraft, Frucht und Nutz desselbigen Leidens und Auferstehung. Davon wird gepredigt durch das ganze Jahr, wie unser Herr Jesus Christus durch seinen Sieg, welchen Er begangen hat in sich selbst, Sünde, Tod und Teufel überwunden und geschlagen hat; den Teufel hat Er erwürget in seinem eigenen Leibe, den Tod ersaufet in seinem eigenen Blute, die Sünde ausgelöschet in seiner Marter und Leiden.

Solches hat Er allein und in sich selbst ausgerichtet, aber für sich allein und für sich selbst hat Er's nicht behalten; denn Er, als wahrhaftiger, ewiger Gott und Herr über Alles, hat solches Sieges für sich selbst nicht bedurft, vielweniger hat Er bedurft, daß Er Mensch würde, noch viel weniger, daß Er litte unter Pontio Pilato. Daß aber eine so große hohe Person solches ausgerichtet hat, das gilt mir und dir und uns allen. Und das ist die Kraft und Frucht des Leidens und der Auferstehung Christi.

Nach der Historie müssen wir wissen und glauben, daß Christus eine hohe, treffliche Person sei, wahrhaftiger Gott und Mensch, und daß sein Leiden und Sterben groß und hoch und seine Auferstehung von den Todten herrlich und sieghaftig sei. Aber nach der Kraft und Frucht muffen wir wissen und glauben, daß sein Sieg und Triumph ausgetheilt und geschenkt sei Allen, die an Ihn glauben; also, daß wir nicht allein glauben, daß Christus gestorben und von den Todten auferstanden sei in seiner Person, sondern auch, daß wir uns desselbigen Leidens und Auferstehung annehmen (getrösten), als eines uns gegebenen und geschenkten Schatzes, und rechten Trost davon haben; wie wir im Osterliede singen: Deß sollen wir Alle froh sein, Christus will unser Trost sein. Es gilt uns, Christus will mit seiner Auferstehung uns trösten. Das ist recht wohl gesungen und sind sehr tröstliche, ja eitel geistliche Worte; denn sie lehren, daß der Sieg und herrliche Auferstehung dieser hohen, trefflichen Person allen Glauben geschenkt und zu eigen gegeben sei, also, daß ich wider meinen, du wieder deinen, und ein jeglicher wider seinen Tod haben soll Christi Auferstehung, welche größer ist, denn Himmel und Erde, und in welcher der ganzen Welt Sünde und Tod verschlungen ist. Meine Heiligkeit solls nicht thun, kann's auch nicht thun, noch mich von einiger Sünde, schweige denn von der Sünden Last und vom Tode erlösen; aber das thut es, daß diese Person, wahrhaftiger Gott und Mensch, in und durch sich selbst einen ewigen, herrlichen Sieg wider Sünde, Tod und Teufel erlanget hat, und derselbige Sieg soll mein sein, wenn ich nur an Ihn glaube und Ihn erkenne für die Person, welche mir und allen Gläubigen zu gut solches ausgerichtet hat. Wer das. nicht glauben will, der lasse es; wir predigen für die, so es gern hören, und so es bedürfen.

Am 22. April.

Gott selbst wassert und tränket das Land beide, von oben herab mit Regen, unten mit Quellen und Strömen aus der Erden, als eine sonderliche Gabe und Segen; wie es auch ist, sintemal ohne Wasser Nichts auf Erden wachsen, noch leben kann. Daher auch alle Städte und Dörfer müssen am Wasser liegen, oder zum wenigsten Brunnen haben, und doch nicht scheinet, noch geachtet wird, weil man es hat. Denn was ist gemeiner in der Welt, denn Wasser, und wer hat je gedacht, einmal Gott dafür zu danken? Aber wie nöthig und köstlich es ist, das würden wir wohl müssen sagen, wenn wir sollten eine Stunde kein Wasser haben. Und daß es Gottes Gabe sei vom Himmel, das kann Er uns auch wohl lehren, wenn Er uns einen Monden oder zwei nicht regnen laßt, da beide, Brunnen und Bäche, vertrocknen, daß beide, Menschen und Viehe, um Wasser schreien müssen. Solche Erfahrungen zeugen und zeigen uns fein, daß Er es selbst thun muß, und mit keinem menschlichen Vermögen und Fleiß Nichts darzu geholfen sei, daß ein Halm oder Körnlein aus der Erden wachse u. s. w., und müsse unserthalben Alles, was da lebet, verschmachten und alle Gewächse vergehen. Aber wo Er Wasser gibt, da nimmt es Alles zu und züchtiget sich und tragt Früchte, daß sich Alles erholen und gedeihen kann.

Am 23. April.

Paulus spricht, Röm. 8, daß wir, die an Christum gläuben, sollen nicht seine Knechte und Mägde, sondern seine eigne Söhne und Töchter und Erben sein. Wer will das genug preisen und aussprechen? Ist es doch nicht auszureden, noch zu begreifen. Aber hier findet sich die große, menschliche Schwachheit in uns; denn wenn wir das recht und ungezweifelt glaubten, wofür wollten wir uns fürchten und wer wollte und könnte uns Schaden thun? Denn wer da kann von Herzen sagen zu Gott: Du bist mein lieber Vater und ich dein Kind, der wird freilich allen Teufeln aus der Hölle Trotz bieten und aller Welt Dräuen und Pochen fröhlich verachten, denn er hat ja an diesem Vater einen solchen Herrn, dafür alle Creaturen erzittern müssen und ohne seinen Willen Nichts vermögen; so hat Er auch solch Erbe und Herrschaft, daran Ihm keine Creatur kann Schaden, noch Abbruch thun.

Am 24. April.

Christen sind andere Leute, die nicht mehr irdisch leben, noch reden, sondern himmlisch als Gottes Kinder und der Engel Gesellen; so müssen sie auch andere Sprache führen. Darum haben sie auch einen andern Meister, den heiligen Geist, der sie durch Gottes Wort lehret die Sprachen verstehen und reden, die man im Himmel redet. Wenn ich nun sehe meinen Vater, Mutter, Bruder, Schwester, Kind oder Freund begraben und unter der Erde liegen, da muß ich als ein Christ nicht sagen, da liegt ein verfaultes Todtengebein, sondern da liegt mein lieber Vater, Mutter, Kind, Freund, Fürst und Herr u. s. w., und ich liege heute oder morgen auch bei ihnen. Was sind sie? Eitel Körnlein, 'die da sollen bald daher wachsen unsterblich und unverweslich, viel schöner, denn die grüne Saat auf dem Felde, wenn es Sommer wird. Das ist auch recht himmlisch deutsch davon geredet, wie Gott und seine Engel reden. Darum, ob die Welt solche Sprache nicht kann, noch verstehet, so müssen wir doch so lernen die Zunge schaben, daß wir's nach Gottes Wort ansehen und davon reden können.

Am 25. April.

Da finden sich mancherlei Anfechtungen, die zur Ungeduld und Unwillen Einen erregen können. Auch schlagt endlich dieß zu, wenn es Einem so übel darüber gehet, daß er denkt: Was zeihe ich mich doch, daß ich das Wort gepredigt und öffentlich bekannt habe? Hatte ich doch wohl schweigen und für mich glauben können, was mir Gott hätte gegeben; es würden wohl Andere aufgetreten sein, die mehr Glücks dazu gehabt hätten; nun stecke ich, und richte nicht allein Nichts oder ja Wenig aus, sondern soll wohl um Leib und Leben dazu kommen? Da folget denn Ungeduld daraus, daß man anhebt zu murren und spricht: Solls denn also fein sein, so predige ein Anderer auch, und stehe in der Gefahr, so lange als. ich gestanden bin, ich habe des Predigens genug. Soll man solche Anfechtung ausstehen und nicht darunter zu Boden gehen, sondern fest am Wort halten, so gehöret dazu, wie der Herr saget, daß man Ihn lieb habe und wir zuvor ein herzlich Wohlgefallen an Ihm haben, auf daß ein Prediger und ein jeder Christ möge sagen: Es gehe mir darüber, wie der liebe Gott will, so will ich feste halten und meinen lieben Herrn Jesum Christum nicht verleugnen; ists doch allein Ihm zu Ehren angefangen, und nicht den Leuten, darum muß es ausgestanden sein.

Am 26. April.

Wenn du auf dem Felde einen Bauer oder Ackersmann stehest dahergehen und in seinen Sack greifen, und um sich werfen und streuen, da hast du ein schön Bild und Gemälde, wie Gott die Todten auferwecken wird. Du mußt aber zuvor dieser Predigt glauben; demnach, kannst du dir so vormalen und denken, daß Gott ein solcher Ackersmann und du sein Körnlein bist, das Er in die Erde wirft, auf daß es wieder viel schöner und herrlicher hervorkomme. Er ist viel ein besserer und größerer Ackersmann, denn ein Bauer auf dem Felde, und hat einen viel köstlichern Samen; das sind wir Menschen, in die Welt gekommen, von Adam an bis an den jüngsten Tag; dieselben streuet Er um sich in die Erde, wie Er sie ergreift, Weib, Mann, Groß, Klein, Jung und Alt. Denn es ist Ihm Einer, wie der Andere, und die ganze Welt nichts Anders, denn wie einem Bauern das Tuch, das Er am Halse tragt. Darum, wenn Er die Leute läßt sterben, sonderlich durch Haufen mit Pestilenz, Krieg oder sonst, das heißet Er in den Sack gegriffen und eine Hand voll um sich gestreuet. Nun was thut oder denkt ein frommer Ackersmann, wenn er sein Korn so dahin streut, daß es scheinet, als sei es eine lauter verlorne Arbeit und Schade, und müsse ein thörichter Mann sein, daß er muthwillig sein Korn verteuert? Aber frage ihn selbst, so wird er bald sagen: Ei Lieber, ich werfe es nicht darum hinweg, daß ich's will verlieren und verderben lassen, sondern daß es soll auf's schönste herfürwachsen und vielmehr tragen und geben, wie diese Hand voll. Jetzt scheint's wohl, als sei es vergebens im Wind zerstreuet für die Vögel und Würmlein, aber laß es heraus kommen daß es Sommer wird, so sollst du sehen, wie es wird daher wachsen, daß aus einer Hand voll zehn, aus einem Scheffel sechs andere werden. Das sind seine Gedanken, die sehen nicht dahin, wie das Korn in die Erde fällt und verderben muß, daß es dabei bleiben solle, sondern er siehet und wartet auf den Sommer, der's ihm reichlich und völlig wiedergeben soll. Und ist desselben Korns so sicher und gewiß, das wachsen soll, als sähe ers bereits da stehen; ja viel sicherer, denn das er da vorhanden hat; sonst wäre er ja nicht so toll, daß er's wollte umsonst und vergeblich wegwerfen. Siehe, demnach sollten wir auch lernen und uns gewöhnen, also gedenken, daß es von Gott ebenso sei, wenn Er hier Einen, dort auch Einen auf den Kirchhof schleudert, oder heute mich, morgen einen Andern ergreifet, und also immer Einen vor, den Andern nach, als sein Körnlein oder Samen in die Erde wirft. Das sieht uns nicht anders an, als wäre es nun gar aus, und sollte ewiglich verderben. Aber Er siehet und denket viel anders, und thut's allein dadrum, daß solche, seine Körnlein, auf den schönen, künftigen Sommer, nach diesem elenden Wesen, sollen auf's aller- , schönste wieder hervorkommen, und ist bei Ihm eben so gewiß, als wäre es bereits geschehen und ausgerichtet. Das aber wird es darum geschrieben und so lieblich vorgemalet, daß wir auch dieselben Gedanken fassen sollen, wenn wir daliegen auf dem Todtenbette, und uns nicht daran kehren, ob wir wohl Nichts sehen, noch fühlen, denn daß man uns soll in die Erde scharren, und nichts hören, denn heulen und weinen, als sei es gar mit uns aus; sondern solche menschliche Gedanken aus dem Herzen reißen und die himmlischen, göttlichen Gedanken darein pfropfen, daß es nicht heißt begraben und verdorben, sondern gesäet und gepflanzet von Gott selbst als ein Körnlein oder Saamen. Denn es gilt hier nicht nach unserm Sehen, Fühlen und Richten, sondern nach Gottes Wort. Gleich wie wir von dem leiblichen Körnlein, das gesäet wird, nicht denken, wie wir's sehen in die Erde geworfen und verwesen, sondern nachdem wir wissen, was künftig draus werden soll, ob wohl noch gar Nichts zu spüren ist. Denn solche Gedanken sind nicht unser eigen Gedicht, sondern gleich wie wir in dem zeitlichen Wesen unsere Gedanken schöpfen und fassen aus Gottes Werk, das wir täglich vor Augen sehen, also reden wir hier auch von dem zukünftigen Wesen aus und nach Gottes Wort, welches auch wahrhaftig und gewiß ist und eben so wenig fehlen muß, wenn die Zeit kommen wird, so wenig sein jetziges Geschöpf und Werk auf Erden fehlet. Darum ist St. Paulus ein köstlicher Meister, daß er diesen Artikel so fein und lieblich fürbilden kann. Denn solch Gemälde hätte kein Mensch nimmermehr können treffen, daß er aus dem, so alle Welt für todt achtet ein Bild des Lebens machete, und dasselbe vermalete in so gemeinen und geringen Dingen, nämlich in allerlei Samen oder Körnlein auf dem Felde, daß man's nicht anders müsse ansehen, wenn der Mensch stirbt, denn das Körnlein, so man in die Erde wirft, welches, wenn es sehen und fühlen könnte, was ihm wiederführe, müsse es demselben nach auch denken, daß es damit ewig verdorben wäre. Aber der Ackersmann würde es ihm viel anders sagen, und so einbilden und malen, als stehe es schon da und wachse daher mit einem schönen Halm oder Aehren auf's allerfeinste. Also müssen wir uns auch hier lassen malen und ins Herz bilden, wenn man uns unter die Erde bescharret, daß es nicht muß heißen gestorben und verdorben, sondern gesäet und gepflanzet , daß es eben soll in dem aufgehen und wachsen in einem neuen unvergänglichen Wesen und Leben, und müsse hinfort eine neue Rede und Sprache lernen, von Tod und Grab zu reden, wenn wir sterben, daß es nicht gestorben heißet, sondern auf den zukünftigen Sommer gesäet, und der Kirchhof oder Begräbniß nicht ein Todtenhaus, sondern ein Acker voll Körnlein, die da heißen Gottes Körnlein, die jetzt sollen wieder hervorgrünen und wachsen, schöner, denn kein Mensch begreifen kann. Das ist nicht eine menschliche, irdische Sprache, sondern eine göttliche, himmlische Sprache. Denn solches findet man in keinen Büchern aller Gelehrten und Weisen auf Erden.

Am 27. April.

Alles Jammers und Unglücks ist die Sünde eine Ursache, welche uns von unserm ersten Alter angeerbet ist, und bedarf mancherlei Mittel und Hülfe des Kreuzes, damit sie von Tage zu Tage in uns möge getödtet werden. Denn die Heiligen, wenn sie am wenigsten Anfechtung haben, werden sie am meisten in Gefahr gesetzt, und unser Fleisch, wenn es nicht in täglicher Anfechtung geübet wird, so fällt es bald in Sicherheit und hebt an zu sündigen. Derowegen Gott, als ein Vater, der seine Kinder lieb hat, die Seinen stäts anfechten laßt, auf daß sie den Glauben durch das Gebet üben, und in ihrem Unglück lernen geduldig sein. Aber du möchtest sagen: Wie ein harter Stand ist der Christen Stand, wenn sie auf solche Weise mit stäter Gefahr des Kreuzes und Unglücks in der Welt sein müssen? Fürwahr, wäre es ein harter Stand, wenn sie, wie St. Paulus zu den Corinthern sagt, 1 Epist. 15, 19: Nichts mehr, denn die Hoffnung dieses zeitlichen Lebens hätten.

Am 28. April.

Wir sollen unsere Herzen mit den Sprüchen aus der heiligen Schrift als: Christus hat sich selbst für unsere Sünde gegeben, Galater 1, 4, und dergleichen wohl rüsten und geschickt machen, auf daß wir dem Teufel, wenn er dermaleins kommt und uns anklagt und spricht: Siehe, du bist ein Sünder, darum mußt du verdammt sein, begegnen, und antworten können: Ja, lieber Teufel, eben darum, daß du mich für einen Sünder anklagest und verdammen willst, darum will ich gerecht und fromm sein, nicht verdammet, sondern vielmehr selig werden. Und ob er schon anhält und sagt: Kurzum, du mußt verdammt werden; daß du wissest dich aufzuhalten und fest zu bestehen und zu sagen: Nein, nicht also, denn ich halte mich an Christum, der sich selbst für meine Sünde dargegeben hat. Darum, wirst du, leidiger Satan, gar Nichts schaffen damit, daß du mir die Größe meiner Sünde vorhältst und mich also damit schrecken, bekümmern, in Verzweiflung führen, und machen willst, daß ich Gott feind werden, ihn verachten und lästern soll. Denn eben mit dem, daß du mir sagest: Wie ich ein armer, großer Sünder bin, gibst du mir Schwerdt und Waffen in die Hand, damit ich dich gewaltiglich überwinden, ja, dich mit deiner eigenen Wehre erwürgen und darnieder legen kann.

Denn kannst du mir sagen, daß ich ein armer Sünder sey: so kann ich dir wiederum sagen, daß Christus für die Sünder gestorben ist. Zudem, so verkündigest du selbst mir Gottes Ehre und Herrlichkeit, in dem, paß du mich erinnerst der väterlichen Liebe Gottes, so Er gegen mir armen, großen und verdammten Sünder trägt, nämlich daß Er die Welt also geliebet hat, daß Er seines eingeborenen Sohnes nicht verschonet, sondern denselben für unsere Sünde gegeben hat, Joh. 3, V. 16.

Weiter vermahnest du mich auch an die Wohlthaten meines Heilandes Jesu Christi, auf welches allein, nicht auf meinen Schultern, alle meine Sünden liegen. Denn der Herr hat alle unsere Sünden und Ungerechtigkeit auf Ihn gelegt und um der Sünde willen, die sein Volk gethan hatte, hat Er Ihn geschlagen, Jes. 53, 4. 5.

Derhalben schreckest du mich gar Nichts damit, daß du mich einen Sünder heißest, sondern tröstest mich vielmehr.

Am 29. April.

Wie Gott den Glauben durchs Wort anfänglich in uns schaffet und wirket; also auch übet, mehret und vollendet Er ihn gleicher Weise durchs Wort. Darum ist dieses auch der allergrößte Gottesdienst und allerheiligste Sabbath, daß man sich darinnen wohl übe, das ist, daß man das Wort mit Fleiß handele und höre; und wie darum ist auch kein gefährlicher Ding, denn daß man des Worts überdrüssig und müde werde. Wer nun also gar kalt wird, daß er meinet, er habe das Wort so wohl gefasset, daß er sein gnug habe, und fähet so fein einzehlig an, das Wort zu verachten, der hat schon bereits an beide, Christum und sein Evangelium, verloren, und dasjenige, das er sich dünken laßt, daß ers wisse und könne, ist kein recht eigentlich und gewiß Erkenntniß, sondern vielmehr ein eiteler, trüglicher Traum.

Am 30. April.

Tit. 1, 2: Gott, der uns das ewige Leben verheißen hat, ist wahrhaftig und leugnet nicht rc. Welches Wort ist des Glaubens, der das Leben schon in sich hat; wiewohl es verborgen ist: Denn der Glauben fähet in uns das Leben an, und hat das Leben in sich selbst. Und die wir glauben, haben diesen Anfang, daß, wenn wir auch jetzt den Tod fühlen, uns doch vor ihm nicht fürchten; gleichwie die Andern, die vom bösen Gewissen geplagt werden, auch bleich werden und erschrecken, wenn sie nur den Tod nennen hören. Aber die gottseligen und heiligen Märtyrer verachten und verspotten den Tod. Gleichwie St. Agnes, da sie hingerissen ward in den Kerker, und gepeiniget werden sollte, gesaget: Es wäre ihr nicht anders zu Muth, als würde sie zum Tanz geführt. Lieber, woher mag doch das Mägdlein solchen Muth gehabt haben, daß sie sich so gar nicht gefürchtet, noch erschrocken ist, sondern ist fröhlich und guter Dinge, gleich als setzte man sie zu Tische, da man ihr sehr gütlich thun wollte? Es ist zwar nicht eine epicuräische Verachtung des Todes gewesen, sondern rechte Weisheit und rechter Verstand, daraus sie hat schließen können und es dafür halten, daß ihr das Leben ganz nahe wäre. Darum hat sie des Teufels und Todes gespottet und ihrer gleichsam gelachet; denn der Tod war in ihr verschlungen durch das Leben.

Cookies helfen bei der Bereitstellung von Inhalten. Diese Website verwendet Cookies. Mit der Nutzung der Website erklären Sie sich damit einverstanden, dass Cookies auf Ihrem Computer gespeichert werden. Außerdem bestätigen Sie, dass Sie unsere Datenschutzerklärung gelesen und verstanden haben. Wenn Sie nicht einverstanden sind, verlassen Sie die Website.Weitere Information
autoren/k/krummacher_e/luther/krummacher_e_taegliche_herzensweide_luther_april.txt · Zuletzt geändert: von 127.0.0.1
Public Domain Falls nicht anders bezeichnet, ist der Inhalt dieses Wikis unter der folgenden Lizenz veröffentlicht: Public Domain