Krull, Karl - Die Heilsbedeutung der Taufe

Krull, Karl - Die Heilsbedeutung der Taufe

(Eine biblische Untersuchung von Karl Krull 1) )

Es ist keineswegs überflüssig für uns, die Frage zu untersuchen: welche Bedeutung hat die Taufe für die Rettung des Sünders? Die Kirche lehrt die Wiedergeburt durch die Taufe, d.h. durch die Säuglingsbesprengung. Allerdings sind die Lehrer der Kirche selten, die unter der Taufwiedergeburt die eigentliche Wiedergeburt verstehen. Sie reden meist nur von dem „Keim der Wiedergeburt“, der bei der Taufe in den Menschen gepflanzt werde; es wird die Wiedergeburt als keimende Möglichkeit gesetzt, wie einer von ihnen es ausdrückt. Dieser Keim komme zur Entfaltung, indem der Mensch Buße tue und an Jesum glaube. Diese Art von Wiedergeburt genügt also nicht zum Seligwerden, es muß noch Buße und Glauben hinzukommen! Man braucht nicht gerade Professor der Theologie, sondern nur ein gläubiger Bibelleser zu sein, um zu erkennen, daß die Wiedergeburt der kirchlichen Dogmatik etwas ganz anderes ist als die Wiedergeburt, von der die Schrift redet. Die biblische Wiedergeburt genügt völlig zum Seligwerden. Sie weiß nichts von einer Wiedergeburt, bei der der Mensch eigentlich doch noch nicht wiedergeboren ist, es nur objektiv aber noch nicht subjektiv, nur wesentlich, aber noch nicht persönlich ist. Im Gegensatz zu dieser Lehre der Kirche machen wir mit der Schrift die Wiedergeburt vom Glauben abhängig, mit dem der Mensch überhaupt erst zum Christen wird. So wahr nun dieser Grundsatz auch ist, so stehen wir bei eifriger Betonung desselben doch in Gefahr, die Bedeutung der Taufe aus dem Auge zu verlieren und sie zu unterschätzen. Das ist überhaupt eine Erscheinung in der Bewegung unserer Tage, daß viele Gläubige nichts mit den Verordnungen des Herrn anzufangen wissen. Man macht sie mit, weil sie nun einmal vorhanden sind, aber man könnte sie ebensogut auch entbehren. So kann man die Taufe von den einen als etwas Nebensächliches bezeichnen hören, während sie den anderen eine mehr äußerliche Handlung ist, durch die wir dem Buchstaben der Schrift Genüge tun. Manche treten mit aller Entschiedenheit für die biblische Taufe ein; aber es ist oft nur ein Eintreten für ihre biblische Form, selten für ihren bildlichen Inhalt. Denn wenn ich lehre: Die biblische Taufe ist die Taufe der Gläubigen, so beantworte ich damit nur die Frage: „Wer soll getauft werden?“ Darüber aber, was die Taufe für den Gläubigen beinhaltet, ist damit noch garnichts gesagt. Ohne Frage aber ist es für uns mindestens ebenso wichtig, den Inhalt der Taufe zu kennen und zu haben, wie sie in biblischer Form zu vollziehen.

Die Antwort auf unsere Frage schöpfen wir aus der Quelle aller Wahrheit, der Heiligen Schrift. Wir stellen im Folgenden zusammen, was sich im Blick auf unsere Frage aus den in Betracht kommenden Stellen des Neuen Testamentes ergibt.

Daß die Taufe Heilsbedeutung hat, liegt schon in dem Worte des Herrn: „Wer da glaubet und getauft wird, der soll errettet werden“ (Mk. 16,16). Selbstverständlich meinen wir nicht, daß die Taufe allein den Sünder rettet, sondern der Glaube und die Taufe. Wir können ohne Frage ohne die Taufe allein durch den Glauben selig werden, aber auf keinen Fall ohne den Glauben allein durch die Taufe. Es läßt sich zwar aufgrund des angeführten Schriftwortes sehr wenig sagen über das Verhältnis, in dem Glaube und Taufe zueinander stehen; auch nicht über die Reihenfolge, in der sie einander folgen sollen; nur soviel geht aus diesem Worte klar hervor, daß beide zusammen gehören. An einen Glauben ohne Taufe wird in der Schrift des Neuen Testamentes nicht gedacht; er ist dort eine durch hindernde Umstände bedingte Ausnahme. Und ebensowenig redet sie von einer Rettung durch die Taufe ohne den Glauben.

Daß die Taufe ein Mittel der Rettung ist, geht auch aus Tit. 3,5 hervor, wo es heißt: „Er errettete uns durch ein Bad der Wiedergeburt.“ Wir setzen dabei voraus, daß unter dem Bad der Wiedergeburt die Taufe zu verstehen ist, was wir weiter unten begründen wollen. Näher eingehen wollen wir jetzt auf die Stelle 1. Pet. 3,20, wo es heißt: „welches (Wasser) nun auch uns errettet in der Taufe, die durch jenes bedeutet ist, durch die Auferstehung Jesu Christi.“2) Die Worte: „nicht … bis Gott“ bilden eine Zwischenbemerkung über die Bedeutung der Taufe. Der Apostel vergleicht das Wasser der Sintflut mit der Taufe. Das Haus Noahs ist durch die Flut hindurch gerettet worden; sie war, das liegt im Grundtext, sowohl die Gefahr, durch die Noahs Haus bedroht, als auch das Mittel, durch das es davon gerettet wurde. Durch ihre Wasser wurden jene acht Seelen in der Arche von den Übrigen getrennt, ihrem Gerichtsverderben entnommen und für das Leben in einer neuen Welt aufgespart. Aber es ist zu bedenken, daß dieses nur geschah, weil sie in der Arche waren. So kann auch uns die Taufe nur retten, wenn wir in Christo sind, und das sind wir nur durch den Glauben. So beruht die rettende Kraft der Taufe einerseits auf der Person Christi, in dessen Namen es geschieht, andererseits auf dem Glauben des Sünders, der diesen Namen anruft. Die Taufe allein kann uns nicht retten. Petrus erwähnt an der angeführten Stelle die Auferstehung Jesu Christi von den Toten; wäre Jesus nicht auferstanden, dann wäre in seinem Namen kein Heil, dann könnte auch die Taufe in seinem Namen nicht retten; daher die Worte: „Durch die Auferstehung Jesu Christi.“

Petrus sagt uns auch, was die Taufe ist; sie ist nicht ein Abtun des Schmutzes am Fleisch, keine äußerliche Reinigung; es handelt sich bei ihr vielmehr um eine innere Reinigung. Luther hat übersetzt: „der Bund eines guten Gewissens mit Gott.“ Das würde dann heißen: der Bund, den ein gutes, d.h. versöhntes Gewissen mit Gott macht. Es wird damit die Lehre vom Taufbunde in dieses Wort hineingetragen. Das Wort des Grundtextes hat aber mit dem Begriff des Bundes sehr wenig zu tun. Es ist von einem Tätigkeitswort gebildet, das je nach seinem Zusammenhang entweder „fragen“ (Mat. 10,12) oder befragen (Mk. 7,17) oder nachfragen (Röm. 10,20) oder fordern, verlangen (Mat. 16,1) bedeutet. Dementsprechend wird das fragliche Wort entweder mit „Befragen“ oder „Nachfrage“ oder „Verlangen“ wiedergegeben. Wir übersetzen daher: „das Begehren eines guten Gewissens an Gott“ oder umschrieben: das an Gott gerichtete Verlangen nach einem guten Gewissen. Der erweckte Sünder verlangt nach einem guten, d.h. versöhnten Gewissen; das sucht er in der Taufe bei Gott, der um des Namens Jesu willen, in dem die Taufe geschieht, dem Sünder vergibt und so sein geängstetes Gewissen zur Ruhe bringt. Das gute Gewissen ist nicht die Voraussetzung, sondern das Ziel der Taufe; nicht weil er es hat, sondern weil er es begehrt, läßt sich der Sünder taufen.

Nach anderen Stellen der Heiligen Schrift vermittelt die Taufe die Vergebung der Sünden. - Besonders lehrreich ist in dieser Hinsicht ein anderes Wort des Apostels Petrus, das er in der Pfingstpredigt ausgesprochen hat und das wir in Apg. 2,38 lesen. Es handelt sich hier um jene große „Nachversammlung“, die am Pfingsttage im Anschluß an die gewaltige Predigt des Petrus stattfand. Wir bleiben durchaus im Rahmen unserer Untersuchung, wenn wir das, was dort berichtet wird, unter diesem modernen Gesichtspunkte betrachten. Es wäre zu wünschen, daß wir uns bei unseren Nachversammlungen immer nach jener richteten. Die, welche durch das gehörte Wort erweckt worden waren, wenden sich an die Apostel mit der Frage: „Ihr Männer, liebe Brüder, was sollen wir tun?“ Sie stellen diese Frage aus eigenem, geistgewirktem Antriebe, ohne dazu von den Jüngern veranlaßt worden zu sein; ganz im Gegensatz zu den dem Evangelium widersprechenden Kesseltreiben, mit denen man heutzutage die Seelen zur Entscheidung zu bringen sucht. Und nun gehen die Apostel und die Jünger nicht etwa unter die Erweckten, um mit ihnen zu beten, wie die heutigen Evangelisten zu tun pflegen, sondern Petrus belehrt und ermahnt sie. Und dabei ist sehr zu beachten, daß er an diese Leute, denen das Wort durchs Herz gegangen ist, die Forderung richtet: „Tut Buße!“ Das war also etwas, was diese Leute noch nötig hatten. Das ist ein wichtiger Fingerzeig für die Behandlung erweckter Seelen. Wir sehen daraus, daß Erweckung und Buße auseinander gehalten werden muß, daß jene nicht für diese gehalten werden darf.

Aber Petrus richtet noch eine zweite Anforderung an die Fragenden: „Tut Buße und lasset euch taufen auf den Namen Jesu Christi zur Vergebung der Sünden!“ Ganz klar wird in diesem apostolischen Worte die Vergebung der Sünden als der Zweck der Taufe bezeichnet. Daraus folgt, daß sie nicht ihre Voraussetzung ist, d.h. die Taufe ist nicht für die, welche Vergebung der Sünden haben, sondern für die, welche sie begehren. Dem entspricht es, daß Petrus die Taufe mit der Buße in Verbindung bringt: „Tut Buße und lasset euch taufen!“ Als Bußfertige sollen sich die Fragenden taufen lassen.

Wir haben schon oben gesehen, daß die Taufe nicht für den ist, der da hat, sondern für den, der begehrt. Wenn wir also lehren, daß die Taufe für die Gläubigen sei, so ist das nicht ganz zutreffend; richtiger wäre es, zu lehren, daß die Taufe den Bußfertigen, den zur Buße Bereiten zukomme. Es sei dabei darauf hingewiesen, daß die Johannestaufe von Markus (1,4) geradezu die Taufe zur Buße zur Vergebung der Sünden genannt wird. Wohl unterscheidet sich die Johannestaufe von der christlichen dadurch, daß diese im Namen Jesu Christi geschieht; aber darin sind sie beide gleich, daß sie dem bußfertigen Sünder Vergebung der Sünden vermitteln, so daß wir wohl berechtigt sind, auch die christliche Taufe eine Taufe der Buße zur Vergebung der Sünden zu nennen.

Wir fragen nun: Inwiefern erlangt der bußfertige Sünder durch die Taufe Vergebung? Erstens, insofern sie auf den Namen Jesu Christi geschieht. Damit wird die Taufe auf Jesum Christum bezogen. Diesen hatte Petrus in seiner vorausgegangenen Predigt seinen Zuhörern bezeugt als auferstanden von den Toten, erhöht zur Rechten Gottes, als Urheber der Ausgießung des Heiligen Geistes, deren Zeuge sie gewesen waren, als gemacht von Gott zu einem Herrn und Christ. Sein Name ist der, von dem Joel geweissagt hat, daß er angerufen werden soll zur Rettung aus dem Gerichte des jüngsten Tages. Bei ihm sollen auch sie Rettung suchen, indem sie sich taufen lassen auf diesen Namen. Das gilt nicht nur für jene Erweckten am Pfingsttage, das gilt auch uns. Doch ist der Name Jesu nicht etwa eine Art von Zauberformel, die dem Wasser der Taufe irgend eine wunderbare Wirkung verschafft; sondern es ist der erhöhte Heiland selber, dessen Name bei der Taufe von dem Täufer genannt und von dem Täufling angerufen wird, durch den dem bußfertigen Sünder in der Taufe Vergebung zuteil wird.

Das geschieht zweitens insofern, als sie der Ausdruck seines Glaubens an Jesum ist. Der Glaube ist die sittliche Voraussetzung für die Erfahrung des Heils. Da der Mensch ein persönliches Wesen ist, kann er nicht auf mechanische oder magische Weise, d.h. ohne oder gegen seinen Willen gerettet werden; seine Rettung muß sittlich vermittelt sein, d.h. aufgrund seiner persönlichen Entscheidung geschehen. Gewiß wird diese Entscheidung von Gott gewirkt, sie muß aber doch von Menschen getroffen werden. Diese Entscheidung vollzieht der Sünder, indem er Jesum als seinen Heiland im Glauben ergreift; dieser innere Vorgang soll nach außen hin kund werden, nicht, indem der Bußfertige in der Versammlung aufsteht oder seine Hand hochhebt, wie neuerdings geschieht, sondern indem er sich taufen läßt. Daß die Taufe der Ausdruck des Glaubens sein soll, geht daraus hervor, daß Petrus die Taufe da nennt, wo sonst der Glaube gefordert wird. Als der Kerkermeister zu Philippi an Paulus und Silas die bange Frage richtete: „Was soll ich tun, daß ich gerettet werde?“ ward ihm die Antwort: „Glaube an den Herrn Jesum Christum!“ Auch die Verbindung, in der Glaube und Taufe oft genannt werden, läßt das erkennen. Die Leute von Samaria glaubten des Philippus Predigten und ließen sich taufen (Apg. 8,12); auch Simon ward gläubig und ließ sich taufen (V. 13); viele Korinther wurden gläubig und ließen sich taufen (18,8); auch Galater 3,25-26 ist hier zu beachten: „Ihr seid alle Gottes Kinder durch den Glauben an Jesum Christum, denn wieviel euer getauft sind, die haben Christum angezogen.“ Auf Grund dieses Wortes reden manche Lutheraner von einer Gotteskindschaft durch die Kindertaufe, wobei sie natürlich die Verbindung der Taufe mit dem Glauben übersehen.

Daß die Taufe Vergebung der Sünden vermittelt, zeigt auch der seelsorgerliche Rat, den Ananias dem Saulus von Tarsus in seiner Sündennot gibt: „Stehe auf, laß dich taufen und abwaschen deine Sünden und rufe an den Namen des Herrn!“ (Apg. 22,16). Hier wird der Taufe das Abwaschen der Sünden ausdrücklich zugeschrieben. Auch hier erscheint die Vergebung der Sünden als der Zweck, nicht als die Voraussetzung der Taufe; und die Forderung des Glaubens, dessen Ausdruck die Taufe sein soll, liegt in den Worten: „Rufe an den Namen des Herrn!“

Dann gibt es andere Stellen des Neuen Testamentes, nach denen die Taufe die Wiedergeburt vermittelt. Dazu gehört vor allem das Wort des Herrn an Nikodemus (Joh. 3,5). Darin wird die neue Geburt eine Geburt aus Wasser und Geist genannt. Einerseits der Gegensatz zu der kirchlichen Lehre von der Wiedergeburt durch die Säuglingsbesprengung und die Furcht vor der biblischen oder baptistischen Taufe (wie man sich auszudrücken beliebt) andererseits, hat den Versuch geboren, unter dem Wasser, von dem der Herr hier redet, das Wort zu verstehen. Der Versuch, diese Ansicht aus der Schrift zu beweisen, muß als völlig mißlungen bezeichnet werden. 3)

Die einzige Stelle, in der dem ersten Anschein nach das Wasser als ein Bild des Wortes gebraucht wird, ist Eph. 5,26. Wir wollen sie näher betrachten. Sie lautet: „auf daß er sie (die Gemeinde) heiligte, indem er sie reinigte durch das Wasserbad im Wort.“ Das scheint zu bedeuten: das Wasserbad, das in dem Worte besteht oder das Wort ist. Aber es liegt nahe, unter dem Ausdruck „das Bad“ oder „die Waschung“, wie überall, wo er sonst vorkommt, so auch hier, noch dazu mit der näheren Bestimmung „des Wassers“ die Taufe zu verstehen. Dem entspricht auch der Zusammenhang. Paulus will den Männern an dem Beispiele der Liebe Christi zur Gemeinde zeigen, wie sie ihre Weiber lieben sollen. Er tut „das mit nicht zu verkennender Anspielung an das bei den Juden und Griechen übliche Reinigen und Schmücken der Braut.“ Wie die Braut mit Baden und Schmücken, auch unter Anwendung von Schönheitsmitteln sich auf die Hochzeitsfeier bereitet, so muß auch die Gemeinde, die Braut Christi, geheiligt, d.h. gereinigt und verherrlicht werden, um ihres hohen Bräutigams würdig zu sein. Damit dies aber geschehen könne, hat Christus sich selber für sie dahingegeben, worin sich die Größe seiner Liebe zur Gemeinde zeigt, und diese Reinigung wird vermittelt durch die Taufe. Paulus bezeichnet das Wasserbad näher als „im Worte“. Das griechische Verhältniswort en (in) drückt hier aus, daß die Taufe mit dem Worte verbunden ist. Es hat hier dieselbe Bedeutung wie 6,2, wo Luther dem Sinne entsprechend übersetzt hat: „das erste Gebot, das Verheißung hat“; im Grundtext steht: „das erste Gebot in Verheißung“. So nennt Luther auch im kleinen Katechismus die Taufe „das Wasser mit Gottes Wort verbunden“. Auf die Frage: „Welches ist denn solch Wort Gottes?“ nennt er, und mit ihm viele andere Ausleger, den Taufbefehl Matthäi am letzten. Auf Grund von Röm. 10,8, wo der Ausdruck „rhema“ (Wort) ebenso wie hier ohne nähere Bestimmung steht, verstehen andere darunter das Wort der Heilsverkündigung. Mag dieser Punkt auch fraglich sein, so viel ist doch klar, daß auch in dieser Stelle unter dem Wasser nicht das Wort zu verstehen ist.

Wir kommen jetzt auf das Wort des Herrn an den Nikodemus, in welchem er von der Wiedergeburt aus Wasser und Geist redet, zurück. In diesem Worte nimmt der Herr Bezug auf die Predigt Johannes des Täufers. Dieser predigte „die Taufe der Buße zur Vergebung der Sünden“ (Mk. 1,4). Es war die Taufe mit Wasser, die er vollzog; zugleich aber predigte er von der Geistestaufe durch den Messias: „Ich taufe euch mit Wasser, der aber nach mir kommt … der wird euch mit dem Heiligen Geist und mit Feuer taufen“ (Mat. 3,11). Von beiden aber, von der Wassertaufe und der Geistestaufe, redet Johannes als von den Mitteln zur Teilnahme an dem Himmelreich; denn der Hauptsatz seiner Predigt lautet: „Tut Buße, denn das Himmelreich ist nahe herbeigekommen!“ Dieselben Bestandteile wie in der Predigt des Johannes finden wir auch in dem Worte Jesu an Nikodemus: Das Himmelreich, hier das „Reich Gottes“ genannt, dann Wasser und Geist als die Mittel zur Teilnahme daran. Nur stellt Johannes eines dem andern gegenüber, der Herr hingegen faßt beides zusammen; Johannes redet von einer Taufe mit beiden, Jesus von einer Geburt aus beiden; jener redet von der Handlung, die an dem Sünder vollzogen werden soll, nämlich der Wasser- und Geistestaufe, Der Heiland nennt die Wirkung derselben, die Wiedergeburt.

Dieser Auffassung wird entgegen gehalten: Welche Taufe sollte es denn sein, die der Herr mit dem Wasser meint? Die Johannestaufe könne es doch nicht sein, denn sie war noch kein Mittel der Wiedergeburt, und die christliche könne es nicht sein, weil sie noch nicht eingesetzt war. Darauf ist zu antworten:

Es war nicht nur die christliche Taufe noch nicht eingesetzt, sondern auch die Wiedergeburt selber war noch nicht möglich, denn ihre Voraussetzung ist die Verklärung Jesu und die Ausgießung des Heiligen Geistes (Joh. 7,39); sie konnte also noch gar nicht erfolgen. Von den beiden Faktoren der Wiedergeburt, die Jesus dem Nikodemus gegenüber nennt, war zu der Zeit erst das Wasser gegeben, nämlich in der Taufe des Johannes. Diese aber war die Vorbereitung auf das Himmelreich, damit auch für die Wiedergeburt oder, wie Johannes sich ausdrückt, für die Geistestaufe. Es ist zu bedenken, daß Johannes es nicht bei der Taufe bewenden ließ; er taufte vielmehr mit Wasser, indem er auf die Geistestaufe hinwies. Damit bezeichnete er seine Taufe als etwas Vorläufiges, Vorbereitendes, dessen Vollendung erst mit der Geistestaufe gegeben würde. So innig steht die Johannestaufe in Beziehung zur Geistestaufe, daß jene ohne diese zwecklos war; und ebenso ist bei all denen, die Johannes tauft und die dann seinem Zeugnis folgen und Jünger Jesu werden und als solche am Pfingsttage den Heiligen Geist empfangen, die Johannestaufe so gleichwertig, daß sie nicht mehr auf den Namen Jesu getauft zu werden brauchen. Aber auch nur bei diesen; diejenigen, die bei Johannes bleiben, ohne Jünger Jesu zu werden, gehen am Pfingsttage leer aus. Wollen sie die Gabe des Heiligen Geistes empfangen, dann müssen sie noch einmal auf den Namen Jesu getauft werden. Ein solcher Fall wird Apg. 19,1-7 berichtet.

Außer der Taufe des Johannes kommt vor Einsetzung der christlichen Taufe auch die Taufe in Betracht, die Jesus oder, wie der Evangelist Johannes berichtigt, seine Jünger vollzogen (Joh. 3,26; 4,1). Diese Taufe hatte an und für sich dieselbe Bedeutung, wie die des Johannes. Wie die Predigt beider in ihrem Hauptsatze übereinstimmte (Mat. 3,2; 4,17), so war auch die Taufe, die mit ihrer Predigt verbunden war, von gleicher Bedeutung. Höhere Bedeutung hatte die Taufe Jesu nur insofern, als sie in unmittelbarere Verbindung mit dem brachte, der einst mit dem Geiste taufen sollte, worauf beide Taufen vorbereiten sollten. - Beide Taufen, die johanneische und die der Jünger Jesu, wurden dann durch die Einsetzung der christlichen abgelöst. Von da an war die gottgeordnete Taufe die im Namen Jesu.

Aus diesem Befunde ziehen wir den Schluß, daß der Herr in seinem Worte an Nikodemus mit dem Wasser die Taufe meint. Das ist für Nikodemus die Johannestaufe, für uns die Taufe im Namen Jesu.

Wir wollen nun darüber nachdenken, auf welche Weise die Taufe die Wiedergeburt vermittelt. Es ist festzuhalten, daß die Taufe nur der eine Faktor der Wiedergeburt ist; der andere ist der Geist. Es handelt sich also darum, zu erkennen, welchen Anteil jeder dieser Faktoren an der Wiedergeburt hat. Es müssen in der Wiedergeburt zwei Momente, ein negatives und ein positives, unterschieden werden. Jenes besteht in der Vergebung der Sünden, dieses in der Erneuerung. Die Vergebung der Sünden wird durch die Taufe vermittelt, die Erneuerung durch den Geist gewirkt. Beides aber erfolgt nur da, wo die Taufe zum Ausdruck bringt, daß der bußfertige Sünder sein Vertrauen auf Jesum setzt. Wir können also sagen: die Taufe vermittelt die Wiedergeburt, weil sie das negative Moment derselben, nämlich die Vergebung der Sünden vermittelt, und wie das geschieht, haben wir oben ausgeführt.

Es möchte hier eingewendet werden, daß Vergebung der Sünden und Wiedergeburt, wenn auch nicht zu trennen, so doch begrifflich auseinander zu halten seien. Es ist aber der Ausdruck Wiedergeburt als eine Art von Generalnenner anzusehen, mit dem mehrere zusammengehörende Gnadenerfahrungen zusammenfassend benannt werden. Es ist ein Ausdruck, der besonders dem Johannes eigentümlich ist und dem die Rechtfertigung bei Paulus entspricht. Was Johannes Wiedergeburt nennt, das nennt Paulus Rechtfertigung. Beide Ausdrücke schließen Vergebung der Sünden und Erneuerung durch den Heiligen Geist in sich; nur wiegt bei dem Ausdruck Rechtfertigung mehr der Gedanke an die Vergebung vor, während bei der Wiedergeburt mehr der Gedanke an die Erneuerung vorwiegt.

Zu den Schriftworten, in denen die Wiedergeburt mit der Taufe in Verbindung gebracht wird, rechnen wir auch Tit. 3,5. Über die Bedeutung des dort gebrauchten Ausdruckes „Bad der Wiedergeburt“ gehen zwar die Auffassungen der Ausleger auseinander. Etliche sagen, der Apostel rede hier von einem geschichtlichen Ereignis, das die ganze Gemeinde betreffe, nämlich von dem, was am Tage der Pfingsten geschah. Da erfolgte die Ausgießung des Heiligen Geistes, der in den gläubigen die Wiedergeburt und Erneuerung bewirke, und diese Wirkung des Geistes werde von dem Apostel bildlich als ein Bad, wörtlich: „Waschung“ bezeichnet. Dann wäre also unter der „Waschung“ die Wiedergeburt selber zu verstehen. Von den meisten Auslegern aber wird unter dem „Bad der Wiedergeburt“ die Taufe verstanden. Wir schließen uns ihnen an und fassen den Sinn dieser Worte folgendermaßen: Gott hat uns gerettet, indem er am Pfingsttage den Heiligen Geist über die Gemeinde ausgoß, von welchem die Wiedergeburt und Erneuerung herkommt, die durch die Taufe vermittelt wird. Mit Pfingsten ist die Möglichkeit der Wiedergeburt gegeben; sie wird zur Wirklichkeit durch den gläubigen Empfang der Taufe. Wie in dem Worte des Herrn an Nikodemus, so sind also auch hier Wasser und Geist die Faktoren der Wiedergeburt. Die Taufe wird hier ein Bad oder eine Waschung genannt im Hinblick auf die Reinigung oder Vergebung der Sünden, d.h. also das negative Moment der Wiedergeburt, das sie vermittelt. Das geschieht auch an anderen Stellen der Schrift. Wir weisen hin auf das schon besprochene Wort des Ananias an Saulus Apg. 22,16 und auf Heb. 10,22: „Lasset uns hinzugehen … gewaschen am Leibe mit reinem Wasser.“

Wir wollen nun sehen, was uns Paulus sonst noch über die Taufe zu sagen hat. Nach ihm verbindet die Taufe mit dem Tode Jesu (Röm. 6,3-4). In dieser Stelle will Paulus den Gläubigen ihr Verhältnis und ihr Verhalten zur Sünde zeigen; das ist also derselbe Gesichtspunkt, unter dem auch Petrus (1. Pet. 3,21) von der Taufe redet. Er weist sie darauf hin, daß sie der Sünde gestorben sind; das sei eben der Sinn ihrer Taufe. Die Taufe geschieht in Christum Jesum hinein; wie der Täufling in das Wasser hineingetaucht wird, so wird er in die Lebensgemeinschaft mit Christo hineingetaucht. Bisher war er in Adam, dem Haupte der alten Menschheit; sein Leben kam von Adam her und war dasselbe, das Adam nach dem Fall hatte, nun ist er in Christo, dem anderen Adam, dem Haupte der neuen Menschheit. Der Ausdruck „in Christum Jesum hinein“ wird uns noch klarer, wenn wir bedenken, daß wir das Leben Christi anders haben, als wir das Leben Adams haben. Adam ward zu einer lebendigen Seele. Daher konnte er wohl Kinder zeugen nach seinem Bilde, aber er konnte sie nicht lebendig machen, sie nicht beleben, nicht in ihnen leben. Sie haben ihr Leben wohl von ihm, aber nach ihrer Geburt haben sie es ohne ihn, getrennt von ihm; sie leben in völliger Unabhängigkeit von ihm. Christus aber ward zum Geiste, der lebendig macht. Daher haben die Gläubigen das neue Leben nur in Verbindung mit Christo; von ihm geht es beständig aus; er belebt sie, indem er in ihnen lebt. Wie der Fluß sein Wasser aus der Quelle hat und beständig aus ihr empfängt, so hat und empfängt der Gläubige sein Leben von Christo. Wir sind also als Gläubige in einem viel tieferen Sinne in Christo, als wir in Adam sind. Deswegen kann Paulus wohl sagen, wir seien „in Christum hineingetaucht“. Die Taufe hinein in das Wasser ist sowohl das Sinnbild als auch die Vermittlung dieser Lebensgemeinschaft mit Christo; selbstverständlich nur, wenn sie im Glauben geschieht. Zum lebendigmachenden Geiste ist Christus aber nicht durch seine Menschwerdung, sondern durch seinen Tod und seine Auferstehung geworden; er war es noch nicht in den Tagen seines Fleisches, sondern er ist es erst seit seiner Erhöhung. In dieser Stellung glauben wir an ihn. Wir sind verbunden mit dem erhöhten Christus, der das Gebiet des adamitischen Lebens, wo die Sünde, das Übel und der Tod herrscht, in das er durch seine Menschwerdung eingegangen war, durch Tod und Grab hindurch verlassen und nun hinter sich hat. Er steht nun als der lebendigmachende Geist jenseits dieses Gebietes, ist der Welt gestorben. Wer nun sein Leben empfängt, befindet sich damit in demselben Verhältnis zur Welt; die Stellung Christi ist die seinige geworden. So ist denn die Taufe in Christum hinein auch die Taufe in seinen Tod. Wir sterben der Welt, indem wir sein Leben empfangen. Darauf beruht unsere Freiheit von der Macht der Sünde und das bestimmt auch unser Verhalten gegen sie. Wenn der Apostel die Gläubigen vor der Sünde warnt, dann weist er sie nicht hin auf das Gesetz, sondern darauf, daß sie mit Christo gestorben und auferstanden sind. Deswegen können wir nicht der Sünde leben. Weil wir durch die Taufe mit Christo zu gleichem Tode gepflanzt werden, kann Paulus auch sagen, daß wir durch sie mit ihm begraben seien in den Tod. Dieses Begrabenwerden wird durch die Taufe nicht nur vermittelt, sondern auch veranschaulicht. Das kann natürlich nur von der Taufe durch Untertauchen gesagt werden. Das Wasserbad ist für Paulus ein Bild des Grabes.

Die von uns besprochenen Stellen des Neuen Testamentes scheinen uns die wichtigsten zu sein, soweit es sich um Aufschluß über das Wesen und die Heilsbedeutung der Taufe handelt. Vielleicht vermißt noch jemand dieses oder jenes bekannte Wort, z.B. den sogenannten „Taufbefehl“ (Mat. 28). Wir sind auf dieses Wort nicht näher eingegangen, weil es unserer Meinung nach nur die Erforderlichkeit der Taufe schlechthin feststellt, aber nicht von ihrer Heilsbedeutung redet.

Indem wir nunmehr aus unsern Ausführungen die Schlußfolgerungen ziehen, möchten wir zunächst feststellen, daß die Taufe im Sinne des Neuen Testaments mit zu den Vorgängen gehört, deren Ergebnis die Rechtfertigung und Wiedergeburt ist; sie gehört sozusagen zu dem Geburtsakt des neuen Menschen, zu dem Prozeß der Wiedergeburt. Sie setzt ein erwachtes Gewissen, ein dem Wort geöffnetes Herz, Buße und gläubiges Heilsverlangen voraus, und sie vermittelt, gewissermaßen in Gemeinschaft mit dem Glauben, die Gewißheit der Sündenvergebung und die Wiedergeburt. Die Taufe nach der Schrift hat also ihre Stelle weder vor den Anfängen der Bekehrung noch nach der erfolgten Bekehrung, sondern in der Bekehrung. Wo man ihr eine andere Stellung zuweist, wird man den Aussagen des Neuen Testaments über die Taufe nicht gerecht. Natürlich läßt sich der Zeitpunkt, wann in einer Bekehrung die Taufe einzutreten habe, nicht mit mathematischer Exaktheit festlegen; das ist auch nicht nötig. Es genügt, wenn wir die Stellung und Bedeutung der Taufe im allgemeinen erkennen und zu verwerten wissen.

Ganz klar scheint es zu sein, daß der Taufbegriff, wie wir ihn als den schriftgemäßen entwickelt haben, sich nicht auf die Kindertaufe ziehen läßt. Bei dem Säugling und dem unmündigen Kinde fehlen die inneren Voraussetzungen für den Empfang der Taufe, nämlich Buße und gläubiges Heilsverlangen, die nach unsern Ausführungen im Neuen Testament von dem Täufling gefordert werden. Deshalb kann die Kindertaufe der neutestamentlichen Taufe nicht entsprechen. Wo man die Kindertaufe vertritt, ist man vor eine doppelte Möglichkeit gestellt: entweder nimmt man der Taufe die Heilsbedeutung, die sie nach der Schrift hat, und gibt ihr bewußt oder unbewußt einen anderen Sinn, oder aber man macht die Taufe zu einem mechanischen, ja magischen Heilsmittel, durch welches man dem Kinde die göttlichen Gnadengüter ohne dessen eigene sittliche Mitwirkung vermitteln will und auch glaubt, daß sie es empfängt. In diesem letzteren Falle redet man dann von den getauften Kindern als von „wiedergeborenen Gotteskindern“.

Auf Grund unserer Befunde über die Heilsbedeutung der Taufe nach der Schrift müssen wir aber auch die Anschauungen mancher Vertreter der biblischen Taufe als unzureichend und ungenügend erkennen. So ist es z.B. unzureichend, wenn man die biblische Taufe in taufgesinnten Kreisen hauptsächlich als einen „Akt des Gehorsams“ hinstellt und dabei noch gar auf die äußere Form der Taufe das Hauptgewicht legt. Daß dieses geschieht, bezeugt die Gegenwart vielfach. Man betont, daß die rechte Form der Taufe die durch Untertauchen und daß die Taufe Sache der Gläubigen sei; dies wird dann mit vielen Gründen bewiesen und so dem Gläubigen die Verpflichtung auferlegt, sich dieser Form und Art der Taufe zu unterziehen. Dabei tritt dann, wie die Erfahrung zeigt, die biblische Heilsbedeutung der Taufe entweder ganz zurück, oder aber, sie bekommt auch hier stillschweigend eine andere Bedeutung, als sie nach der Schrift hat; sie wird zu einer Art öffentlichen Glaubensbekenntnisses, ja sie wird zum Mittel der Aufnahme in die Gemeinde, zur Türe, die in die Gemeinde führt.

Was diesen letztgenannten Punkt besonders angeht, so kann gar nicht genug darauf hingewiesen werden, daß die Taufe im Sinne der Schrift keinesfalls eine Gemeindeangelegenheit ist. Wie wir gesehen haben, bezieht sich die Taufe auf das Verhältnis des Menschen zu Gott - nicht auf sein Verhältnis zur Gemeinde. Sie betrifft sozusagen eine Privatangelegenheit zwischen dem erweckten, bußfertigen, heilsverlangenden Sünder und Gott, und die Gemeinde hat dabei keinen andern Anteil als den der brüderlichen Zustimmung des Interesses und der Fürbitte seitens ihrer Glieder. Ist somit die Taufe keine Gemeindehandlung, sondern eine persönliche Sache, wo nur der Täufer und der Täufling in Betracht kommen, so ist sie auch nicht als Aufnahmebedingung in die Gemeinde anzusehen. Im Gegenteil, auch dem Getauften gegenüber hat die Gemeinde die Pflicht der Prüfung, wenn er sich zur Aufnahme meldet. Als jener Simon, der später den Beinamen Magus erhielt, die Taufe begehrte, wurde er getauft (Apg. 8,9-13); Petrus aber trug kurz hernach kein Bedenken, öffentlich festzustellen, wohin dieser Getaufte gehöre (Apg. 8,20ff.) Dieser Fall zeigt deutlich, daß der Getaufte nicht deshalb, weil er nun getauft ist, auch wirklich dem Herrn angehört und es somit wert ist, ein Glied der Gemeinde zu sein. Die Gemeinde hat das Recht und die Pflicht, auch dem Getauften gegenüber sich freie Hand zu behalten; sie darf die Taufe nicht als die Gewähr dafür ansehen, daß jemand auch der Gemeinde angehören könne.

Zu unserer Zeit stehen wir nun vor der Tatsache, daß viele Gläubige Vergebung der Sünden und Wiedergeburt erlangt haben ohne getauft zu sein, oder besser gesagt: ohne daß die Taufe in ihrer Bekehrung den Platz gefunden hat, den sie nach der Schrift eigentlich haben müßte. Wir dürfen somit sagen: Gott hat sich bei der Verleihung seiner Heilsgüter nicht an die Taufe gebunden. Es gibt Tausende und Abertausende von Gläubigen, die Vergebung ihrer Sünden und Wiedergeburt erlangt haben allein durch den Glauben, ohne in biblischer Weise getauft zu sein. Sie verdanken ihr geistliches Leben weder der Kindertaufe, die sie einst empfingen, denn diese kann es nicht vermitteln, noch der biblischen taufe, denn diese haben sie nicht empfangen. Ja, auch viele Hunderte und Tausende, die in biblischer Weise getauft sind, haben ihr geistliches Leben nicht dieser Taufe zu verdanken, denn sie waren schon lange gläubig, als sie getauft wurden, die Taufe war also bei ihnen nur eine nachträgliche Korrektur, sozusagen, nicht aber ein Mittel zur Erlangung der Wiedergeburt.4) Bei diesen allen hat also der Glaube genügt, um sie des Heiles teilhaftig zu machen. Und sie haben dieses - ohne Taufe - auch unverkürzt empfangen. Sie stehen, was Licht und Kraft, was Frucht und Erfolg der Arbeit angeht, keineswegs hinter denen zurück, die getauft sind. Der Herr hat sie nicht zurückgesetzt; er bekennt sich zu ihnen nicht weniger, er steht zu ihnen nicht anders als zu den Getauften. Sie haben die Gaben der Taufe empfangen, haben ihre Gnadenwirkungen erfahren, obschon sie nicht getauft sind. Darf ich nun meine Gemeinschaft mit ihnen davon abhängig machen, daß sie die biblische Taufwahrheit erkennen und sich taufen lassen? Sie haben alles, was sie durch die Taufe empfangen, sie sind alles, was sie durch die Taufe werden könnten, darf ich ihnen die Gemeinschaft verweigern? Ich würde den Herrn meistern, biblischer sein als er, wenn ich das täte. Wenn der Herr seine Gemeinschaft mit einer Seele nicht von der Taufe abhängig macht, darf ich es auch nicht tun.

Es möchte nun ein Gläubiger die Frage aufwerfen: wenn die Taufe nach der Schrift in die Bekehrung hineingehört, soll auch ich mich dann noch taufen lassen, der ich doch schon lange gläubig bin? Ich habe das ja, was mir die Taufe geben oder vermitteln soll, soll ich mich trotzdem noch der biblischen Taufe unterziehen? Diese, unseres Erachtens sehr berechtigte Frage, möchten wir getrost bejahen. Es ist allerdings die Taufe für einen längst Bekehrten nicht mehr das, was sie an sich im Sinne der Schrift ist; sie kann ihm, da er ja schon länger oder kürzer gläubig ist, weder Sündenvergebung noch Wiedergeburt mehr vermitteln. Die Taufe kann bei ihm nichts anderes sein als eine nachträgliche Ergänzung, eine Korrektur, oder wie man es sonst ausdrücken will; den ursprünglichen Sinn kann sie bei ihm nicht mehr bekommen. Dennoch, wir wiederholen es, möchten wir dem Gläubigen, der -vielleicht nach Jahr und Tag - die biblische Taufe erkennt und begehrt, raten, sich taufen zu lassen. Wer erkannt hat, daß er es einstens an der Wahrheit hat fehlen lassen, ist verpflichtet, der Wahrheit immer noch zu gehorchen, wenn er sie erkennt; er ist verpflichtet, den begangenen Fehler nachträglich, so gut es eben geht, wieder gut zu machen. Wer einer solchen, obschon nachträglichen, Erkenntnis sich entschlägt, wird auch dieses als Ungehorsam an seinem inneren Leben büßen müssen. Andererseits ist gewiß auch mit einem nachträglichen Gehorsam ein bestimmter, geistlicher Segen verbunden, in der Tauffrage ebensowohl wie in andern Fragen.

Vor allem aber bejahen wir die frage, ob ein Gläubiger auch nachträglich sich taufen lassen solle, wenn ihm darüber Licht geworden ist, deshalb, weil er, indem er sich taufen läßt, ein Zeugnis der Tat ablegen kann für die eigentliche, der Schrift entsprechende Bedeutung der Taufe. Indem er sich taufen läßt, hilft er stillschweigend mit, daß der rechten Auffassung über die Taufe der Weg gebahnt werde und daß andere den ursprünglichen Sinn der Taufe an sich selber erfahren können; er hilft mit, daß sie bewahrt bleiben vor dem Mangel, den er an sich selber geschmeckt hat. Sein Tun trägt dazu bei, eine verkehrte Entwicklung abzubrechen und eine neue einzuleiten, die dem Worte Gottes gemäß ist. Die, die nach uns kommen, werden es erleben können, daß Glaube und Taufe bei ihnen von vornherein in dem gottgewollten Verhältnis stehen. Angesichts der furchtbaren Zerfahrenheit, die gerade auch in der Tauffrage sich geltend macht, und der greulichen Verirrungen, die daraus gekommen sind, dürfen wir jedem Gottes Segen wünschen, der mithilft, der Taufe ihre reine, ursprüngliche Bedeutung und Stellung wiederzugeben. - Soviel über den Segen und die Bedeutung der Taufe bei den schon Gläubigen.

Möge unsere Untersuchung dazu dienen, daß viele angeregt werden, über diesen Gegenstand weiter nachzudenken und in der Schrift zu forschen, damit auch inbetreff der Taufwahrheit die Gemeinde immer mehr ihrem biblischen Urbilde entgegengeführt werde!

Quelle: Gärtner - Eine Wochenschrift für Gemeinde und Haus 1907

1)
Wir empfehlen den nachfolgenden Artikel allen Lesern zum sorgfältigsten Studium. Er ist nach unserer Meinung geeignet, die wahre Bedeutung der Taufe nach der Schrift in's Licht zu stellen, wie sie weder die Kirche noch ihrer Lehre von der Kindertaufe noch der Baptismus mit seiner sehr wenig gründlichen Auffassung von der Taufe bisher gegeben haben. Es ist aber an der Zeit, daß wir das unsere tun, um die große Verwirrung und Oberflächlichkeit, die gerade hinsichtlich der sogenannten Sakramente herrscht, zu beheben.
2)
Die dem Wortlaut des Grundtextes mehr entsprechende Übersetzung der Elberfelder Bibel ist dem Sinne nach gleich. - Jellinghaus' Versuch, das rückbezügliche Fürwort „ho“ V. 21 auf den Geist V. 18 zu beziehen und zu übersetzen: „Welcher (der Geist) auch euch, ein Gegenbild, jetzt errettet als (Geistes-) Taufe,“ ist erwähnenswert, um zu zeigen, wie man sich zu helfen weiß gegen die biblische Taufe. Vgl. Jellinghaus, Völliges Heil, 4. Aufl. S. 313
3)
So läßt sich z.B. bei keiner der Stellen, die Jellinghaus dafür anführt, der Ausdruck „Wasser“ durch „Wort“ erklären; a.a.O. S. 298
4)
Ob es wohl heute überhaupt viele Gläubige gibt, die von der schriftgemäßen Heilsbedeutung der Taufe aus Erfahrung reden können? Wir glauben, daß sie auch in taufgesinnten Kreisen selten sind; die meisten, die die biblische Taufe empfingen, erhielten sie als eine nachträgliche Ergänzung. Es ist eben eine Aufgabe, die noch vor uns liegt, der Taufe die ihr zukommende Bedeutung und Stellung auch praktisch zu geben, und werden wir dazu ein großes Maß Gnade und Glaube bedürfen. - Auf diesen Punkt hoffen wir, so Gott will, an anderer Stelle zurückkommen zu können.
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