Krall, Matthias - Das Werk unsrer Erlösung.

Krall, Matthias - Das Werk unsrer Erlösung.

Morgen-Predigt, gehalten bei der Feier des heil. Abendmahls, am ersten Sonntage in der Fasten (den 1. Februar 1818) über Epheser 3, 10 - 12, von M. Krall, Pastor Emeritus zu Gemarke.

Durch das Erlösungswerk wird den Engeln die Weisheit Gottes an seiner Gemeine kund, und haben die Glieder derselben einen freien, frohen Zugang zu Gott im Glauben an Christum. -

Eingang.

Der Kreuzestod Christi, den wir diesen Morgen im heil. Abendmahl verkündigen und in diesen Wochen nach seiner Veranlassung, seinen Umständen, Folgen und Wirkungen ausführlicher betrachten wollen, ist die wichtigste Begebenheit, die sich je zugetragen hat. Nie ist im Himmel und auf Erden etwas geschehen, das so rühmlich für Gott, so lehrreich für die heiligen Engel und so wohlthätig für uns Menschen wäre, als dieser Tod, der so lange vorher verkündiget und abgeschattet worden, dessen Andenken der Herr namentlich durch die Feier des heil. Abendmahls in seiner Kirche bis ans Ende der Tage will erhalten wissen. Dieser Tod ist auch der Mittelpunct des ganzen Evangeliums, das daher mit Nachdruck „das Wort vom Kreuz“ genannt wird, wie unter andern 1. Kor. 1, 18. Denn alle Gnadenlehren des Evangeliums fließen in dem Kreuzestode Christi zusammen und empfangen Kraft, Trost und Belebung durch denselben. Man nehme nur diese einzige Wahrheit aus der Bibel weg, „daß Christus unsre Sünden durch seinen Tod am Kreuz versöhnt habe:“ so werden alle übrige Wahrheiten, so wichtig und tröstlich sie auch in Verbindung mit dieser Hauptwahrheit sind, uns, die wir gefallene, sündige, schuldige und strafbare Geschöpfe sind, nicht trösten, erfreuen, heiligen und beseligen können. „Nimm mir den Trost, daß Jesus Christ nicht meine Schuld getragen, nicht Gott und mein Versöhner ist: so werd' ich angstvoll zagen.“

Der Kreuzestod Christi ist die Quelle alles Trostes und alles Heils; gegen Alles, was uns beunruhigen und unglücklich machen kann, finden wir in demselben Trost und Schutz gegen Sünde, Gesetz, Welt, Tod und Teufel, wenn wir an ihn glauben; denn Jesus hat durch seinen Tod am Kreuz für die Sünden der Gläubigen bezahlt, den Fluch des Gesetzes abgetragen, die Welt überwunden, dem Tode seine Macht genommen und dem, der des Todes Gewalt hat, das ist dem Teufel. Alles hat er uns auch durch seinen Tod erworben, was wir zu unsrem Heil bedürfen, Gottes Gnade und Gemeinschaft, die Gerechtigkeit, die vor ihm gilt, den heil. Geist und das ewige Leben.

Billig müßte darum auch unser ganzes Herz von dem Kreuzestode Jesu, von den wohlthätigen Wirkungen desselben und der Liebe, die er uns dadurch erwiesen hat, eingenommen, derselbe ein Hauptgegenstand unsres Nachdenkens und Vertrauens sein, damit er uns auch ein beständiger Trost und eine kräftige Erweckung zur Gegenliebe und Dankbarkeit sein könne. - Ist es aber für uns Alle zu allen Zeiten so billig, nöthig und nützlich, daß unsre Seele, wie Pauli Seele, von Jesu, dem Gekreuzigten, eingenommen und mit seinem Tode beschäftigt, mit Glaube, Liebe, Ehrfurcht und Dankbarkeit auf ihn gerichtet sei: wie vielmehr dann bei der Feier des heil. Abendmahls und bei dem Anfang der Passionszeit und durch dieselbe hindurch! Das heil. Abendmahl ist ja von Jesu eingesetzt, sein Gedächtniß, das Andenken an seine Liebe, (die ihn bewogen hat, seinen Leib für uns kreuzigen und sein Blut vergießen zu lassen zur Vergebung unsrer Sünden,) bei uns zu erhalten und zu beleben, seinen Tod zu verkündigen als den einzigen Grund unsrer Hoffnung und Seligkeit, uns ihn zuzueignen als die Bezahlung für unsre Sünden, uns dem für uns gekreuzigten Jesu aufs neue und feierlich zum ewigen Eigenthum zu ergeben, genauer mit ihm vereinigt zu werden und immer mehr von ihm zu genießen. Wie nöthig ist es darum bei der Feier des heil. Abendmahls, unser Herz ganz auf den Kreuzestod Jesu zu richten und uns für die Zeit, wie Paulus, dafür zu halten, nichts anders zu wissen, als allein Christum, den Gekreuzigten. - Die christliche Kirche hat auch die Passionszeit dazu verordnet und die 7 Wochen vor Ostern dazu bestimmt, daß in denselben die Geschichte des Leidens und Sterbens Jesu Christi betrachtet werde, damit wir mit dem gekreuzigten Jesu und seiner unaussprechlichen Liebe zu uns, mit den Absichten, Früchten und Wohlthaten seines Leidens und Sterbens besser bekannt, zum Glauben an ihn erwecket und darin gestärkt, in unsren Gewissen beruhigt und in unsren Herzen gereinigt, ihm zu leben und zu sterben geschickter gemacht werden. - Dazu segne der Herr die Feier des heil. Abendmahls, die Verkündigung von dem Gewicht seines Versöhntodes in dieser Stunde und die Betrachtung seiner Leidensgeschichte in den folgenden Tagen.

Inhalt des Gebetes:

  1. Bitte um Gnade, daß die Absicht, wozu wir versammelt sind, erreicht werde;
  2. Bekenntniß, daß wir Sünder sind;
  3. Dank, daß Gott nach seiner unendlichen Weisheit Rath geschafft, worüber die h. Engel verstummt stehen;
  4. Bitte um Begnadigung, um mehr Licht, um Segen und Frucht des Evangeliums und des heil. Abendmahls.

Text: Ephes. 3, 12.

So, g. Z., fährt der Apostel fort, die Vortrefflichkeit des Evangeliums zu preisen, das ihm von Gott geoffenbart worden, dessen Verkündigung, nicht allein unter den Juden, sondern vorzüglich unter den Heiden, ihm aufgetragen war. Das Evangelium enthält ein in Gott verborgen gewesenes, nun aber von Gott geoffenbartes Geheimniß, das Geheimniß von unserer vollkommenen Erlösung durch Christum und von der Gnade Gottes in ihm, die sich über alle Völker erstreckt und einen solchen Reichthum der mannigfaltigen Weisheit Gottes entwickelt, welcher selbst die heil. Engel nicht allein zur Bewunderung und Anbetung reizet, sondern ihnen auch zur Vermehrung ihrer beseligenden Erkenntniß und Freude gereicht.

Das Evangelium zeigt uns Christum, den Gekreuzigten, als den Grund unsrer Seligkeit und in ihm eine unausforschliche Fülle von geistlichem Segen in himmlischen Gütern; - es macht uns ihn als den bekannt, durch welchen wir im Glauben an ihn zu allen Zeiten, an allen Orten und unter allen Umständen einen freien und freudigen Zutritt zu Gott haben. Darum schätzte sich Paulus so glücklich, ein Verkündiger dieses herrlichen Evangeliums zu sein; ob er gleich Schmach und Verfolgung, Gefängnis; und Bande darüber leiden mußte. Er sahe es als eine unverdiente Ehre an, daß Gott ihn dessen gewürdigt hätte; denn je höher ein Gläubiger von Gott erleuchtet und begnadigt wird, je näher er sich und den Werth der ihm widerfahrenen Gnade erkennt und einsieht, desto demüthiger wird er. „Mir,“ sagt der hocherleuchtete und begnadigte Paulus, im 8. und 9. Verse, „mir, dem allergeringsten unter allen Heiligen, ist gegeben diese Gnade, unter den Heiden zu verkündigen den unausforschlichen Reichthum Christi und zu erleuchten Jedermann, welche da sei die Gemeinschaft des Geheimnisses, das von der Welt her in Gott verborgen gewesen ist, der alle Dinge geschaffen hat durch Jesum Christum,“ - und setzt dann in unserm Texte hinzu: „Auf daß jetzt kund würde den Fürstenthümern und Herrschaften in dem Himmel an der Gemeine die mannigfaltige Weisheit Gottes, nach dem Vorsatz von der Welt her, welche er bewiesen hat in Christo Jesu, unserm Herrn, durch welchen wir haben Freudigkeit und Zugang in aller Zuversicht durch den Glauben an ihn.“

Wir sollen uns darum mit Danksagung freuen, daß der köstliche Schatz der evangelischen Wahrheiten, der in den vorigen Zeiten den Völkern unbekannt gewesen, durch das Evangelium in aller Welt verkündigt worden, auch unter den Heiden, von welchen wir herkommen; - daß wir mit zu der Gemeine berufen sind, an welcher den Engeln die mannigfaltige Weisheit Gottes kund wird; - daß uns das versöhnende Leiden und Sterben Christi, wodurch Gott seinen ewigen Gnadenrath von der Erlösung und Seligmachung der Sünder ausgeführt hat, nicht allein im Evangelium ausführlich gepredigt, sondern auch im heil. Abendmahl deutlich vor die Augen gemahlt und allen Gläubigen zugeeignet wird. Von ganzem Herzen sollen wir es uns angelegen sein lassen, von dem Evangelium und dem heil. Abendmahl einen heilsbegierigen Gebrauch zu machen, damit wir im Glauben an Jesum Christum befestigt und immer genauer mit ihm vereinigt werden, damit wir immer zuversichtlicher und freudiger zu ihm und seiner Heilsfülle, und durch ihn zum Vater nahen, um all das Gute und Selige zu genießen, das uns in ihm bereitet ist. - Möchte die nähere Betrachtung unsers Textes und die Feier des heil. Abendmahls dazu gesegnet sein! - Mit diesem Wunsche betrachten wir nach Anleitung des Textes:

  1. Das Werk der Erlösung, als das größte Werk Gottes, und die herrliche Offenbarung seiner Vollkommenheiten, nicht allein für uns Menschen, sondern auch für die h. Engel;
  2. wie wir uns dies Werk zu Nutze machen müssen, damit wir durch den Glauben an Jesum Freudigkeit und Zugang in aller Zuversicht zum Thron der Gnade erlangen und behalten.

I.

Das Werk unsrer Erlösung, g. Z., zu dessen Ausführung der eingeborne Sohn Gottes, der wahrer und ewiger Gott ist und bleibet, ein Mensch geworden, da er in seiner angenommenen menschlichen Natur durch sein heil. Leben, sein unschuldiges Leiden und blutiges Sterben, durch seinen Gehorsam bis zum Tode, ja bis zum Tode am Kreuz vollbracht hat, dieses Werk ist unter allen großen Werken Gottes das allergrößte, der hellste Spiegel aller seiner unendlichen Vollkommenheiten, nicht nur für die Menschen, sondern auch für die Engel. Wir dürfen darum nicht denken, es sei Gottes unwürdig, für die Bewohner der Erde, die nur einen kleinen Punct in seiner unermeßlichen Schöpfung ausmacht, so außerordentliche Anstalten zu, treffen, zu ihrer Errettung und Seligkeit die größten Thaten zu thun, eine so große Aufopferung zu machen, als die Gottheit nur zu machen fähig ist; denn wir wissen nicht allein, daß Gott groß im Kleinen ist, sondern hören auch von seinem Apostel in unserm Texte, daß die Erde und die Gemeine Gottes auf derselben, die Schaar der erwählten, berufenen, gläubigen und heiligen Menschen, so wie das Werk der Erlösung, das zu ihrem Heil veranstaltet worden, eine Schule für alle heil. Engel bis zu den allerhöchsten ist, welche Paulus hier unter den „Fürstenthümern und Herrschaften im Himmel“ versteht. (Unter den heil. Engeln giebt es ja nämlich verschiedene Klassen, Stufen und Ordnungen; es giebt unter ihnen Erzengel, Fürsten, denen andere Engel untergeordnet sind, die vor Andern große Gewalt, Macht und Herrschaft haben, wie wir aus dem Worte Gottes wissen und wovon wir im Himmel, wenn wir mit Gottes Gnade hinein kommen, ein Mehreres erkennen werden.) Aber auch für die höchsten Engel ist und bleibt das Werk der Erlösung, und die Gemeine, die Gott mit seinem Blute erkauft hat, eine angenehme und lehrreiche Schule. Die heil. Engel haben eine helle, anschauende Erkenntniß Gottes; sie kommen oft vor seinen Thron und sehen sein Angesicht, sehen seine prächtigen Werke im Himmel und in allen Theilen seiner großen Schöpfung, sehen die Wunder und Beweise seiner Macht und Weisheit und Güte. Aber nirgends sehen sie die vielfache und mannichfaltige Weisheit Gottes so, als an seiner Gemeine, an ihrer Erkaufung durch Christi Blut, ihrer Sammlung aus allen Völkern, an ihrer Rechtfertigung, Heiligung, Regierung, Bewahrung und Vollendung. - Daß der allmächtige und höchstweise Gott erschaffen konnte Alles, was er wollte, das wußten sie; daß er aber aus lauter Liebe und Erbarmen bewogen werden könnte, seinen Gottesthron zu verlassen, sich seiner Gottheit zu entäußern, ein armer Mensch zu werden, als Mensch die allerschrecklichsten, erniedrigendsten und schaudervollsten Leiden an Leib und Seele zu übernehmen und wirklich auszustehen, als ein Verfluchter am Kreuz zu hangen, zu bluten, zu dulden und zu sterben, um das unglückliche, sündige, strafbare und verdammungswürdige Menschengeschlecht von der verdienten Strafe der Sünde und dem Verderben, worin es sich gestürzt hatte, rechtmäßig zu befreien, es ewig selig und herrlich zu machen, - das wußten sie nicht, das hätte keiner von den heil. Engeln vermuthen können. - Den Vorsatz dazu hatte Gott, nach seiner unendlichen Gnade und Weisheit von der Welt her, in den Tiefen der Ewigkeit gefaßt; aber er war den Engeln sowohl, als den Menschen verborgen, bis Gott ihn offenbarte; darum heißt er ein Geheimniß. Zur Zeit der Verheißung und des Gesetzes offenbarte Gott ihnen Einiges davon; dadurch wurden sie begierig, mehr davon zu hören, weil dasjenige, was sie davon wußten, ihnen viel Genuß und Freude gewährte. Dieß sehen wir aus 1. Petri 1, 12., wo der Apostel sagt, daß die Engel gelüstet habe, zu schauen, was uns nun durch das Evangelium verkündigt wird; was auch dadurch scheint abgebildet worden zu sein, daß die Cherubim, die auf der Bundeslade im Allerheiligsten des Tempels standen , ihre Augen auf den Versöhndeckel gerichtet hielten. Durch die wirkliche Menschwerdung des Sohnes Gottes, wurde ihnen da? Geheimniß von dem ewigen Vorsatz Gottes, die Versöhnung und Erlösung der Menschen durch den Tod seines Sohnes zu bewirken, heller aufgeschlossen; darum geriethen sie darüber auch in so frohe Bewegung, daß sie bei seiner Geburt in ganzen Schaaren auf die Erde herabkamen, den Menschen ihre innige Theilnahme an dem großen Glück, das ihnen dadurch widerfuhr, zu bezeigen, und in ihrer Gegenwart Gott dafür zu preisen, wenn sie mit vereinigter Stimme sprachen: „Ehre sei Gott in der Höhe, Friede auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen!“ - Völlig aber wurde ihnen dies große Geheimniß aufgeschlossen durch die Aufopferung Christi am Kreuz, da er, als der versöhnende Hohepriester, den Aaron und seine Nachfolger vorgebildet hatten, durch seinen Tod mit seinem Blut in das Heilige, das nicht mit Händen gemacht ist, zu seinem Vater kam und bald darauf als der vollendete Mittler und verklärte Gottmensch feierlich in den Himmel fuhr. Darum begleiteten sie ihn mit ihren frohen, ehrerbietigen Lobgesängen bis zu dem Throne der Herrlichkeit, der für ihn bereitet war. Hernach hörten sie den Johannes in seiner Entzückung zum Preise des göttlichen Erlösers und seiner gestifteten Versöhnung den Lobgesang der seligen Menschen auf dieselbe bestätigen, wie wir aus Offenbarung 5. sehen. Denn nachdem die selige Menschenschaar das neue Lied gesungen und zu ihrem verklärten Erlöser lobpreisend gesprochen hatten: „Du bist würdig zu nehmen das Buch und aufzuthun seine Siegel, denn du bist erwürgt und hast uns Gotte erkauft mit deinem Blut, aus allerlei Geschlecht und Zungen und Volk und Heiden und hast uns unsrem Gott zu Königen und Priestern gemacht, und wir werden Könige sein auf Erden,“ da hörte Johannes eine Stimme vieler Engel um den Stuhl und um die Thiere und um die Aeltesten her, und ihre Zahl war viel Tausend mal Tausend und sprachen mit großer Stimme: „Das Lamm, das erwürget ist, ist würdig, zu nehmen Kraft und Reichthum und Weisheit und Stärke und Ehre und Preis und Lob!“ - Aus dem Werk der Erlösung, aus der Erkaufung der Gemeine durch das Blut des Sohnes Gottes, strahlt den heil. Engeln die große und mannigfaltige Weisheit Gottes im hellsten Lichte entgegen, wonach er Zweck und Mittel aufs Beste mit einander zu verbinden weiß, wonach er Rath zu schaffen weiß, wo sonst Niemand Rath finden kann, und seine Gnade zum Preise aller seiner Vollkommenheiten verherrlichet. - Nach dem Vorsatz seiner Gnade wollte er gefallenen sündigen Menschen ihre Sünden vergeben, sie von ihrer Schuld und Strafe freisprechen, sie aus dem Abgrund ihres Verderbens erretten und in seiner Gemeinschaft vollkommen selig machen; aber er konnte sich selbst nicht verläugnen, seiner Gerechtigkeit, Heiligkeit und Wahrheit nicht entgegen handeln. Diese seine Vollkommenheiten, die ihm eben so wesentlich sind, als seine Gnade, Liebe und Barmherzigkeit, durften durch die Begnadigung des Sünders nicht verletzt, noch verdunkelt, das Ansehen und die Kraft seines Gesetzes durfte nicht geschwächt werden. Allein seine unendliche Weisheit wußte einen Weg dazu auszufinden, worauf alle seine Vollkommenheiten ohne Ausnahme in der Erlösung des Sünders auf's höchste verherrlicht wurden, indem er seinen ewigen Gnadenvorsatz durch seinen Sohn, Jesum Christum, durch dessen Menschwerdung und Aufopferung ausführte. Denn, nun sein Sohn Gott und Mensch in einer Person ward, konnte er in seiner angenommenen menschlichen Natur an der Menschen Statt das Gesetz erfüllen und die Strafe leiden, welche sie mit ihren Sünden verdient hatten; seine göttliche Natur konnte dabei die menschliche stärken und ihrem Leiden eine unendliche Würde und Glückseligkeit geben. Seine Dahingabe für uns Menschen ist die höchste Offenbarung der Gnade, Liebe und Barmherzigkeit Gottes, wie die Engel sonst keine gesehen hatten, wovon unser Heiland selbst voll Verwunderung ausruft: „Also hat Gott“ u. s. w. Joh. 3, 16. Sie ist zugleich die höchste Erweisung der Gerechtigkeit Gottes, denn alle Forderungen derselben und alle Drohungen des Gesetzes sind dadurch aufs Vollkommenste erfüllt worden. Gott hat seinen Haß gegen die Sünde hinlänglich offenbart und sie nach Verdienst bestraft an unsrem Bürgen, hat ihn, „der von keiner Sünde wußte, für uns“ rc. 2. Kor. 5, 21. Wenn nun Gott um Christi willen die Sünder begnadigt: so erscheint er eben so gerecht und heilig und wahrhaftig, als gnädig, gütig und barmherzig. Er bleibt gerecht, wenn er den Gottlosen gerecht macht, der da ist des Glaubens an Jesum Christum. Die ganze Gemeine der gläubigen Sünder und ein jedes Glied derselben, das durch den Glauben gerecht geworden, ist daher ein größeres Denkmal der Weisheit Gottes, ein hellerer Spiegel aller seiner Vollkommenheiten, als die ganze Schöpfung. An der Gemeine und ihrer Erlösung und Erkaufung durch Christi Blut sahen daher die heil. Engel die mannigfaltige Weisheit Gottes deutlicher, als sonst. - Nicht allein in der Erkaufung der Gemeine durch Christi Blut sahen die Engel die mannigfaltige Weisheit Gottes, sondern sie sahen sie auch und sehen sie noch in der Sammlung der Gemeine aus dem verlornen Sünderhaufen, aus Juden und Heiden, zwischen denen der Herr im N. T. die Scheidewand abgebrochen und aus beiden ein Volk gemacht hat. Nicht durch weltliche Gewalt sammelt sich der Herr die Gemeine, sondern durch ein gering scheinendes Mittel, wie die Predigt des Evangeliums ist, die der Welt thöricht scheint und doch eine Kraft Gottes ist, selig zu machen Alle, die daran glauben. Was menschliche Weisheit und Lehre, Zwang und Drohungen, Gebote und Verbote nicht bewirken können, das richtet die Predigt des Evangeliums durch die mitwirkende Kraft des heil. Geistes aus, indem sie den verfinsterten Verstand des Menschen erleuchtet, sein schlafendes Gewissen weckt, sein böses Herz ändert. Unwissende zum Himmelreich gelehrt und Gottlose gerecht und fromm macht, göttliches Licht und Leben in ihre Seele bringt. Der Sohn Gottes findet Alle, die ihm der Vater gegeben und die er mit seinem Blute erkauft hat, in einem tiefen Verderben und in einem Stande der Widerspenstigkeit; aber er macht sie zu einem gnadenhungrigen und willigen Volk. Seine Weisheit weiß sie an den Ort zu führen, in die Verbindungen zu bringen und in die Umstände zu versetzen, worin er sich ihrer annehmen kann; er weiß sie so durch sein Wort und Geist von allen Seiten zu ergreifen, daß sie zu 'hm kommen wollen und können, daß sie ihre Bande mit Schmerzen fühlen und sich nach Erlösung sehnen. Und solch' eine Reue über die Sünde, solch eine Beugung und Zerknirschung über die Entehrung und Beleidigung Gottes, solch' ein Rechtgeben an Gottes Wort, so eine Selbstanklage und Demütigung, so ein Trauern und Sehnen nach Gnade, so ein Weinen und Flehen um dieselbe, wie sich bei den Sündern zur Verherrlichung Gottes und Jesu Christi findet, wenn sie in der Ordnung der Buße und des Glaubens zur Gemeine Gottes gesammelt werden, so etwas können die heil. Engel sonst nirgends sehen, - aber auch solche Gott preisende Thränen der Liebe, der Dankbarkeit und Freude nicht sehen, wie sie in der Gemeine Gottes zu den Füßen Jesu von seinen Erlösten geweint werden, wenn sie ihrer Begnadigung versichert werden, wenn sie in das Geheimniß ihrer Erlösung recht hineinschauen, wenn sie sich Jesum am Kreuze hangend, blutend, sterbend vorstellen und im Glauben annehmen können: „Das Alles that er für mich, meine Sünden zu versöhnen; so hat er mich geliebet und sich selbst für mich dahin gegeben und mich gewaschen von Sünden mit seinem Blut.“ Darum freuen sich die heil. Engel über einen Sünder, der Buße thut, weil Gott dadurch so sehr verherrlicht wird und weil dem Sünder ein so unaussprechlich großes Heil wiederfährt.

Eben so sehen auch die Fürstenthümer und Herrschaften im Himmel die mannigfaltige Weisheit Gottes in der Regierung und Erhaltung seiner Gemeine; diese ist mitten unter mächtigen und listigen Feinden und in sich schwach; sie muß durch alle die Wehen und Drangsale durchgehen, welche dem Johannes auf Patmos geoffenbart wurde und die den heil. Engeln bekannt sind, - und doch weiß der Herr sie gnädig zu erhalten, mächtig zu beschützen und seinen ganzen Gnadenvorsatz an ihr auszuführen. Es hat immer mit ihr durchs Gedränge gegangen; sie ist von Anfang an bis auf diesen Tag von Juden, Heiden, Muhamedanern und falschen Christen verfolgt worden; unter Kampf und Kreuz ist sie entstanden und ausgebreitet worden. Sie ist dem brennenden Busch gleich, den Moses sahe, der brannte und doch nicht verzehrt wurde, so daß sie mit Paulo sagen konnten: „Wir haben allenthalben Trübsal, aber wir ängsten uns nicht; uns ist bange, aber wir verzagen nicht; wir leiden Verfolgung, aber wir werden , nicht verlassen; wir werden untergedrückt, aber wir kommen nicht um.“ 2. Kor. 4, 8. 9. Wenn es auch zuweilen schien, als ob der Herr seine Gemeine verlassen hatte und sie unter dem Druck ihrer Feinde umkommen würde: so zeigte sich doch bald, wie wahr es ist und bleibt, was der Herr seinem klagenden Zion verheißt: „Kann auch ein Weib“ n. Jes. 49, 15. Wer denkt aber nicht an die Zeit des ersten christlichen Kaisers, Constantin, an die gesegnete Reformation und an die gegenwärtigen Bibel- und Missionsanstalten!

Und so wie die Weisheit Gottes den Engeln an der wunderbaren Führung und Erhaltung der ganzen Gemeine kund wird, so wird sie es ihnen auch an der wunderbaren, oft widrig scheinenden und doch so heilsamen Regierung und Bewahrung ihrer einzelnen Glieder. Wenn der Herr sie zu sich gezogen, sie in seinem Blute gereinigt, durch seinen Geist erneuert und tüchtig gemacht hat zu dem Erbtheil im Lichte, so nimmt er sie nicht gleich zu sich in seine himmlische Freude, sondern läßt sie noch in dieser argen Welt, wo sie immer im Streit sein müssen, oft verwundet werden, und, zu ihrer Betrübniß, mannigfaltig straucheln, wo sie oft in Noch kommen und viel leiden müssen. Aber auch dann offenbart sich die mannigfaltige Weisheit Gottes; denn er braucht sie nicht nur als Werkzeuge, Andere in sein Reich zu sammlen, sondern unter den Kämpfen, Prüfungen und Leiden, worin es ihnen oft vorkommt, als bekümmere sich der Herr nicht um sie, weiß er sie zu üben und zu fördern in ihrem Christenthum, zu läutern, zu bewähren und zu demüthigen, und „wenn er sie demüthigt, so macht er sie groß.“

Vorzüglich werden die Fürstenthümer und Herrschaften im Himmel an der Vollendung der Gemeine Gottes dort oben die mannigfaltige Weisheit Gottes durch alle Ewigkeiten hindurch sehen, (Ephes. 5, 27.), an den vollendeten Gerechten mit frohem Erstaunen sehen, was Gottes Weisheit durch das Werk der Erlösung aus den ganz verderbten und verlornen Sündern für selige Menschen und Erstlinge seiner Kreaturen gemacht hat, wenn sie alle leuchten wie die Sonne in ihres Vaters Reich, wenn sie den heil. Engeln alle die Wunderwege erzählen, welche der Herr sie hier geführt, aus der Finsterniß Licht, aus dem Sündengift Arznei bereitet und es gut zu machen gewußt, wo ihre Feinde es böse zu machen gedachten; wenn sie ihren mächtigen und gnädigen Erlöser, der sie mit seinem eigenen Blut erkauft und durch alle Gefahren glücklich hindurch gebracht bis vor seinen Thron, mit brennender Liebe lieben, mit unermüdetem Eifer loben, sich voll Dank und Freude mit seiner Verherrlichung beschäftigen.

Dieß sind einige Züge und Beweise davon, wie den Fürstenthümern und Herrschaften im Himmel an der Gemeine, an ihrer Erlösung durch Christi Blut, an ihrer Sammlung, Regierung, Bewahrung und Vollendung, als Folge der Erlösung durch Christum, die mannigfaltige Weisheit Gottes kund wird.

II.

Uns, g. Z., muß dieß Alles noch weit wichtiger sein, als den heiligen Engeln, unsre Aufmerksamkeit und unser Nachdenken noch weit mehr beschäftigen; denn uns geht das Geheimniß der Erlösung, der Vorsatz Gottes davon und seine Ausführung durch' Christum, die Erkaufung der Gemeine mit seinem Blut, ihre Sammlung, Regierung, Bewahrung und Vollendung weit näher an, als. die heil. Engel. Ihnen, welche „dienstbare Geister sind, ausgesandt zum Dienste um rc.“ Ebr. 1, 14., ihnen gibt sie nur Gelegenheit,, ihre Einsichten in die göttlichen Vollkommenheiten zu vermehren; aber unsre ganze Seligkeit beruhet darauf. Nie müsse uns daher der Kern des Evangeliums, die Lehre von unserer Erlösung und Versöhnung durch Christi blutiges Leiden und Sterben alt und unser Herz dagegen kalt werden; nein! auch bei uns müsse das Verlangen zunehmen, immer hellere Einsichten in das große Werk der Erlösung und Versöhnung zu bekommen, damit unsere Freude darüber und unsere Dankbarkeit dafür immer größer, unser Herz seines Antheils daran immer gewisser, unsre Beruhigung aller unserer Sünden wegen immer gründlicher, unsre Zuversicht zur Gnade Gottes und unsre Freimüthigkeit im Hinzunahen zu ihm und in der Gemeinschaftsübung mit ihm immer völliger und kindlicher werde. Zu dem Ende müssen wir anhalten am Gebet um die erleuchtende Gnade des h. Geistes, so daß wir in seinem Lichte das Geheimniß der Erlösung heller einsehen; so betend müssen wir die Passions-Geschichte und -Predigten sorgfältig erwägen und einen heilsbegierigen Gebrauch vom heil. Abendmahle machen, welches ja auch dazu verordnet ist, unsre Herzen immer völliger in dem großen Gnadenwerk unserer Erlösung und Versöhnung durch den blutigen Tod Christi am Kreuz einzuführen, unsern Glauben daran zu stärken und uns unsres Antheils daran je mehr und mehr zu versichern. - Die heiligen Engel sind nur Freunde der Gemeine Gottes, die Jesus mit seinem Blute erkauft hat, durch sein Wort und Geist aus dem verlorenen Sünderhaufen sammelt und zur Seligkeit leitet. Wir aber sind zu Gliedern dieser Gemeine berufen und sollten ihr auch durch wahre Buße und Glauben einverleibet sein. Ueber unsere Buße und Bekehrung zu Christo und seiner Gemeine sollte im Himmel vor den Engeln Gottes Freude gewesen sein; auch von uns sollten ihnen die mächtigen Thaten der Gnade Gottes, die heilsamen Wirkungen des Todes Jesu kund geworden sein; wenigstens an denen unter uns, die sich zum Genuß des heil. Abendmahls einfinden wollen, daß sie auch von Christo Jesu, unserm Herrn, dessen Tod sie verkündigen wollen, sagen könnten: „Durch welchen wir haben Freudigkeit und Zugang in aller Zuversicht durch den Glauben an ihn,“ wie Paulus am Schluß unsres Textes von sich und seinen gläubigen Mitchristen bezeuget.

Der Apostel nennt das nicht, wozu wir durch Christum und dem Glauben an ihn Freudigkeit und Zugang haben in aller Zuversicht; aber es ergibt sich von selbst aus dem Vorhergehenden und dem Inhalt unseres Textes, daß es Gott selbst, seine Gnade und Gemeinschaft, die Fülle des Heils ist, welche er uns armen Sündern in Christo bereitet hat. Der Mensch hatte anfangs Gemeinschaft mit Gott, trug sein Bild und war sein Freund. Er war dabei zu der ewigen und näheren Gemeinschaft mit Gott im Himmel bestimmt, wozu er auf dem Wege eines vollkommenen Gehorsams gegen Gottes Gebote gelangen sollte. Aber durch seinen Ungehorsam hat er diesen Weg verlassen und ihn für sich unwandelbar gemacht; er ist von Gott abgewichen und seine Untugenden scheiden ihn und Gott von einander; durch die Sünde hat er das Bild und die Gemeinschaft Gottes, die Liebe zu Gott und die Kraft zum Guten verloren. Er geht nun von Natur in der Irre und entfernt sich durch sein sündliches Leben immer weiter von Gott; Gott ist ihm als ein heiliges und gerechtes Wesen unzugänglich, wie ein verzehrendes Feuer, ohne Mittler und Versöhner kann er nicht wieder zu ihm kommen, sondern muß von seinem Angesicht verstoßen bleiben. Dieser Versöhner und Mittler zwischen Gott und den Menschen ist der Sohn Gottes, Jesus Christus, geworden. Er hat alle Hindernisse unserer Gemeinschaft mit Gott gehoben und uns Alles erworben, was zur Wiedervereinigung mit Gott und zu unserer vollkommenen Seligkeit erfordert wird. Unsere Sünden, Schulden und Verdorbenheiten hinderten uns, zu Gott zu kommen. Aber diese große Kluft, die zwischen Gott und uns war, hat Jesus durch seinen vollkommenen Gehorsam, durch sein versöhnendes Leiden und Sterben ausgefüllt, hat die Sünde zugesiegelt, die Missethat versöhnt und eine ewige Gerechtigkeit zu Wege gebracht, hat uns den Geist der Gnade und des Lebens erworben, wodurch wir zum lebendigen Glauben an ihn gebracht und nach dem Bilde Gottes erneuert werden können.- Wenn nun dem Menschen in seinem verlorenen Zustande die Augen aufgehen, daß er seine traurige Entfremdung von Gott, die Gefahr und das damit verbundene Elend erkennt, wenn er von der Menge und Strafbarkeit seiner Sünden, von der damit beleidigten Heiligkeit und Gerechtigkeit Gottes Gesicht und Gefühl bekommt, wenn er nun, wie jener Zöllner, von ferne steht und seine Augen nicht ausheben darf zu dem beleidigten Gott, sondern voll Mißfallen an sich selbst wegen seiner Sünden, rathlos und verlegen an seine betrübte Brust schlägt: wie angenehm und tröstlich muß es dann für ihn sein, wenn er vernimmt, daß Jesus sein Mittler sein will, und aus seinem holdseligen Munde die tröstliche Wahrheit vernimmt: Ich bin der Weg, wodurch du wieder zum Vater kommen, ihm versöhnt und mit ihm vereinigt werden kannst, - der Weg, Vergebung deiner Sünden, Gnade und Barmherzigkeit, Zugang und Freudigkeit zu Gott zu erlangen, - der Weg, worauf du aller Angst und Noth, allem Elend und Verderben, aller Strafe und Verdammniß entrinnen und zu den ewigen Wohnungen des Friedens im Himmel kommen und der Engel Mitgenosse in der Seligkeit und Herrlichkeit werden kannst. „Ich tilge deine Sünde und Missethat wie eine Wolke und den Nebel; kehre dich zu mir; denn ich erlöse dich.“ Jes. 44, 22. Nicht anders kann uns auch das im Evangelium geoffenbarte Geheimniß von unserer Versöhnung und Erlösung durch Christi Leiden und Sterben wichtig und tröstlich sein, noch uns unsere Gemeinschaft daran im h. Abendmahl versichert werden, als wenn wir unsere traurige und strafbare Entfernung von diesem Gott durch die Sünde mit Scham und Reue erkennen, uns nach Gottes Gnade und Gemeinschaft sehnen, Anliegen für unsre Selig? werden haben und wissen, daß wir uns selbst nicht dazu verhelfen können. Darum müssen wir auf die Erkenntniß unsrer Sünden und die Entfremdung von Gott durch dieselben, auf die Erkenntnis der Nothwendigkeit des Herrn Jesu und seiner Genugthuung, auf die Erlangung und Stärkung des Glaubens an ihn vor allen Dingen bedacht sein, und alle dazu von Gott verordneten Mittel heilsbegierig brauchen. Denn wie unverantwortlich wäre es, wenn wir gleichgültig blieben gegen die größten Erlösungsanstalten, welche Gott in Christo gemacht hat, da die heil. Engel einen so großen Werth darauf legen, ob sie gleich nicht für sie, sondern für uns gemacht sind? Wie wollten wir dann der verdienten Strafe unsrer Sünden entgehen? und wie gewiß, wie gerecht wäre dann unsere Verdammniß?

Wem es unter uns noch an der lebendigen Erkenntniß seiner Sünden und Entfremdung von Gott fehlt, der suche sie ja bald zu erlangen, der denke doch über die verkündigten Wahrheiten nach und erflehe sich von Gott das Gnadenlicht seines Geistes, daß er bekehrt werde von der Finsterniß zu Gottes wunderbarem Licht. Wenn euch die Augen über euer Sündenelend aufgegangen sind und ihr euch nach Vergebung und Erlösung, nach Gottes Gnade und Gemeinschaft sehnet: so suchet sie doch ja auf keinem andern Wege, als allein durch Christum; „denn Niemand kommt zum Vater, als durch ihn.“ Nehmt ihn doch auf das Zeugniß des Evangeliums als den einzigen, aber auch allgenugsamen Mittler, Versöhner und Seligmacher an; wendet euch nur mit Gebet und Flehen zu ihm, haltet bei ihm um seine Fürsprache und Vermittlung beim Vater an, übergebt euch ihm zu seinem ewigen Eigenthum, bittet ihn, daß er euch annehme, euch durch sein Blut reinige, durch seinen Tod versöhne, in seiner Gerechtigkeit gerecht mache, durch seinen Geist erneuere, heilige, tröste, mit Glaube, Liebe und Hoffnung erfülle. - Durch Christum müssen wir denn auch zum Vater nahen, auf Christum, auf seine Vorrechte und Verheißungen uns berufen, ihn bitten, daß er uns die Gerechtigkeit Christi zurechne, uns um seinetwillen unsre Sünden vergebe, uns seinen Geist schenke, uns zu seinen Kindern annehme und alles Wohlgefallen seiner Güte an uns erfülle. Im Glauben müssen wir zum heil. Abendmahl kommen, in dem Glauben, daß Jesus auch uns geliebet und sich selbst für uns dahingegeben, daß sein Leib so gewiß auch für uns geopfert und sein Blut auch für uns vergossen sei zur Vergebung unsrer Sünden, als wir von dem gesegneten Brot und Wein essen und trinken. - Unter diesen Uebungen des Glaubens wird derselbe gestärkt, und je mehr der Glaube gestärkt wird, je heller und höher uns das Licht über das Geheimniß von der Versöhnung und der Liebe Gottes, welche es veranstaltet hat, aufgeht, je besser wir es einsehen, wie durch Christum alle Forderungen der Gerechtigkeit und des Gesetzes erfüllt und wir in der zugerechneten Gerechtigkeit Christi vollkommen gerecht und dem Vater angenehm sind in dem Geliebten, - je mehr dieses Alles der Fall ist, desto größer wird auch unsre Freudigkeit und Zuversicht im Zugang zu Gott. (Von Fr. Ad. Lampe's Lied: „O, Fels des Heils, am Kreuzes-Stamm“ rc. Vers 9: „Von dir hab' ich das Priesterthum“ rc.) Darum richtet in diesen Wochen eure ganze Aufmerksamkeit auf das Leiden Christi, hört die Erklärung desselben mit erneuerter Begierde, mit mehr Sehnen, Seufzen und Flehen um die erleuchtende Gnade des heil. Geistes. Genießt das heil. Abendmahl, um im Glauben gestärkt, näher mit Christo vereinigt zu werden, damit ihr desto freudiger und zuversichtlicher zu Gott, als eurem Vater, nahen und euch seine Verheißungen und Bundesgüter zueignen könnt. Und ist es euch von Herzen um das Heil in Christo zu thun: so dürft ihr auch bei der Feier des heiligen Abendmahls mit Freimüthigkeit und Zuversicht zu Christo nahen, euch sein Leiden und Sterben mit allen seinen Früchten zueignen; denn er ladet alle Gnadenhungrige zu sich ein; er ruft euch Allen zu: „Kommt, zehret von meinem Brot;“ „wen da dürstet, der komme zu mir und trinke!“ „Die Elenden sollen essen, daß sie satt werden.“ Ps. 22, 27. „Selig sind, die da hungert und dürstet nach der Gerechtigkeit; denn sie sollen satt werden.“ - Der Geist des Glaubens, der freudige Geist der Kindschaft belebe und begleite euch dabei. Ihm sei Ehre in der Gemeine, heut' und in Ewigkeit. Amen.

Quelle: Rheinische Missionsgesellschaft - Evangelische Zeugnisse aus dem Wupperthale

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