Kohlbrügge, Hermann Friedrich - Neun Predigten - Aarons erstes Opfer - Erste Predigt

Kohlbrügge, Hermann Friedrich - Neun Predigten - Aarons erstes Opfer - Erste Predigt

„Und am achten Tage rief Mose Aaron und seine Söhne, und die Aeltesten in Israel; und sprach zu Aaron: Nimm zu dir ein junges Kalb zum Sündopfer, und einen Widder zum Brandopfer, beide ohne Wandel, und bringe sie vor den Herrn; und rede mit den Kindern Israels und sprich: Nehmet einen Ziegenbock zum Sündopfer, und ein Kalb und ein Schaf, beide eines Jahres alt und ohne Wandel, zum Brandopfer. Und einen Ochsen und einen Widder zum Dankopfer, daß wir vor dem Herrn opfern; und ein Speisopfer mit Oel gemenget; denn heute wird euch der Herr erscheinen. Und sie nahmen, was Mose geboten hatte, vor der Thür der Hütte des Stifts; und es trat herzu die ganze Gemeine und stand vor dem Herrn. Da sprach Mose: Das ist es, das der Herr geboten hat, das ihr thun sollt, so wird euch des Herrn Herrlichkeit erscheinen. Und Mose sprach zu Aaron: Tritt zum Altar und mache dein Sündopfer und dein Brandopfer und versöhne dich und das Volk. Darnach mache des Volkes Opfer, und versöhne sie auch, wie der Herr geboten hat. Und Aaron trat zum Altar, und schlachtete das Kalb zu seinem Sündopfer. Und seine Söhne brachten das Blut zu ihm; und er tunkte mit seinem Finger in's Blut und that es auf die Hörner des Altars und goß das Blut an des Altars Boden. Aber das Fett und die Nieren und das Netz von der Leber am Sündopfer, zündete er an auf dem Altar; wie der Herr Mose geboten hatte. Und das Fleisch und das Fell verbrannte er mit Feuer außer dem Lager. Darnach schlachtete er das Brandopfer; und Aarons Söhne brachten das Blut zu ihm; und er sprengte es auf dem Altar umher. Und sie brachten das Brandopfer zu ihm zerstückt und den Kopf und er zündete es an auf dem Altar. Und er wusch das Eingeweide, und die Schenkel, und zündete es an oben ans dem Brandopfer, auf dem Altar.
3. Mos. Cap. 9. Vs. 1-14.

In dem Herrn Jesu Christo heilige und geliebte Gemeine! Was wir so eben gesungen haben, wollen wir auch aufschlagen in der Bibel. Also lesen wir Ps. 40, Vs. 5-11: „Herr, mein Gott, groß sind Deine Wunder und Deine Gedanken, die Du an uns beweisest. Dir ist Nichts gleich. Ich will sie verkündigen und davon sagen, wiewohl sie nicht zu zählen sind. Opfer und Speisopfer gefallen Dir nicht, aber die Ohren hast Du mir aufgethan. Du willst weder Brandopfer noch Sündopfer. Da sprach ich: Siehe, ich komme, im Buch ist von mir geschrieben. Deinen Willen, mein Gott, thue ich gern, und Dein Gesetz habe ich in meinem Herzen. Ich will predigen die Gerechtigkeit in der großen Gemeine; siehe, ich will mir meinen Mund nicht stopfen lassen, Herr, das weißt Du. Deine Gerechtigkeit verberge ich nicht in meinem Herzen, von Deiner Wahrheit und von Deinem Heil rede ich; ich verhehle Deine Güte und Treue nicht vor der großen Gemeine.“

Das sind Worte unseres Herrn Jesu Christi, der auftritt, um zu sein das einzige Opfer, in welchem allein wir vollendet werden. Durch diese Worte sind Mosis Opfer alle zu nichts gemacht und abgeschafft, und es wird geprediget ohne Decke die Gerechtigkeit, worin ein armer Sünder allein vor Gott gerecht ist. Meine Theuersten, wenn wir das nun gut kennen aus Erfahrung, dann können wir diese Opfer Mosis von einer andern Seite betrachten, nicht mehr als Opfer, die Versöhnung anbringen, sondern als Bilder des einzigen Opfers, das uns versöhnt; und wenn wir diese Bilder betrachten und ausgelegt bekommen, haben wir in denselben ein Evangelium, um zu staunen, im Staube anzubeten und auszurufen: Herr, mein Gott, groß sind Deine Wunder und Deine Gedanken, die Du an uns beweisest.

Vorgestern frug mich ein Theologe nach der Bedeutung etlicher dieser mosaischen Bilder. Ich legte ihm dieselben gestern aus, dachte aber, das kann und muß auch der ganzen Gemeine zu Nutzen und Trost gereichen, auf daß die Hausväter und Hausmütter beim Lesen des Alten Testamentes Antwort geben können, wenn die Kinder fragen: „was bedeutet das?“ oder daß ein Jeglicher, wenn es ihm gedeutet wird, beim Lesen der Schrift Trost und Stärkung habe. Schlagen wir diesmal auf 3. Mose Cap. 9. Wir haben daselbst Aarons erstes Opfer. Der Herr wollte dem Volke Israel seine Herrlichkeit erscheinen lassen, seine Herrlichkeit, d. i. seine Gnade, sein Wohlgefallen an Menschen. Wir ermangeln der Ehre oder der Herrlichkeit, welche wir vor Gott haben sollten; nun kommt aber Gott mit seiner Herrlichkeit zum Trost, um solche Herrlichkeit auf sein Volk zu legen, wie der Herr Jesus sagt: „Ich habe ihnen die Herrlichkeit gegeben, die Du mir gegeben hast.“ (Joh. 17, Vs. 22.) Diese Offenbarung der Herrlichkeit Gottes muß einen Grund und Boden haben, worauf Gott seine Herrlichkeit seinem Volke offenbaren und demnach auf das Volk legen kann. In diesem 9. Capitel nun haben wir diesen Grund. Der Grund ist dieser: Der Hohepriester versöhnt sich und sein Volk durch ein Opfer, ein Sündopfer und ein Brandopfer, darin ist dann das Volk vollendet. - Dieses wünschen wir in der Morgenstunde zu behandeln. In der Abendstunde aber behandeln wir das Opfer, welches der Hohepriester für das Volk brachte und was dann die Folge und die Frucht von all diesem ist, nämlich die Offenbarung des Herrn, und daß ein Jauchzen entsteht im Lager der Ebräer und Alle anbeten im Staube.

Was nun das Opfer des Hohenpriesters angeht, um sich und das Volk zu versöhnen, so wird uns dasselbe in den Worten unseres Textes, Vs. 1-14 vor Augen gehalten.

Ich bitte euch, meine theure Gemeine, daß ihr das Bibelblatt vor Augen halten wollet. Ich kann nur kurz andeuten, was diese Bilder, die uns der Text vor Augen führt, - denn es sind alles Bilder - sagen wollen.

Der achte Tag, Vs. 1, ist der Tag des Neuen Testamentes, der Tag der Erfüllung alles dessen, was die Propheten von Christo zuvor gesagt haben. Moses ist ein Bild des Mundes Gottes, das Wort der Gnade, das aus dem Munde Gottes geht, der Offenbarung des ewigen Rathschlusses Gottes. Dieser Mund redet zu Aaron, d. i. zu dem Hohenpriester Christus, wovon Aaron der Hohepriester ein Bild war. Die Söhne Aarons, das sind die Söhne Christi, die Kinder Christi, wie der Herr Jesus sagt bei dem Propheten: „Siehe, ich und die Kinder, die mir der Herr gegeben hat,“ also alle Kinder Gottes, alle Gläubigen des Herrn Jesu, welche aus ihm geboren sind. Die Aeltesten in Israel sind die Vorgänger der Gemeine. - Das Wort spricht zu Aaron, Gott der Vater spricht zu Christo: „Nimm zu Dir“ (Vs. 2) d. i. nimm an Dich, nimm auf Dich das Opfer, das Du in dem ewigen Friedensrathe freiwillig auf Dich genommen hast.

Das erste Opfer ist ein Sündopfer, das andere ein Brandopfer. Im Hebr. steht einfach statt Sündopfer: Sünde, und statt Brandopfer: Etwas, das ganz in die Höhe geht. Also nimm an Dich die Sünde, und nimm an Dich, daß Alles verbrannt werde, Alles auffahren in den Flammen. -

Ein junges Kalb ist ein unglückliches Thier, für so viel es von der Mutter weggenommen ist, wie wir von dem Bilde Gottes weg sind. Ein solches junges Kalb will Nichts, kann Nichts, vermag Nichts, kennt Nichts und taugt zu Nichts. Also ist das Kalb ein Bild der menschlichen Natur, wie sie durch den Sündenfall geworden ist. Sie will Nichts, kann Nichts, kennt oder weiß Nichts, ist unvermögend, ist Nichts werth, es ist alles Sünde. Also nimm diese Sünde an Dich, auf Dich.

Das Brandopfer ist ein Widder. Der Widder ist ein Bild der menschlichen Kraft, welche wir meinen zu haben. Also nimm diese vermeinte menschliche Kraft, sie ist auch Sünde; denn sie thut nicht den Willen Gottes und kann nicht den Willen Gottes thun, sie ist im Geistlichen doch unvermögend, für wie stark sie sich auch hält, und taugt daher zu Nichts. Nimm diesen Widder, laß diese menschliche Kraft an Dich kommen und in Dir hinauf gehen in den Flammen.

„Ohne Wandel“ sollen die Thiere sein, nicht blind, nicht lahm, sondern geschickt, wozu Gott sie haben will. Die Thiere an sich sind nicht Sünde, sind ohne Schuld; das junge Kalb und der Widder haben Nichts gethan, das Strafe verdiente, sie sind ohne Schuld, wie Christus ist ein schuldloses, unbeflecktes Lamm; aber sie sollen hier Bilder sein der menschlichen Unbeholfenheit, welche Sünde ist, und der menschlichen Kraft, welche von Gott soll zu nichte gemacht sein.

So heißt es ferner Vers 3, - „rede mit den Kindern Israels,“ d. i. predige es ihnen, daß sie es hören und vernehmen, was ihre Sünde ist: greuliche, schmutzige, stinkende Wunden und Beulen; das bedeutet der Ziegenbock. Das sollen sie bekennen und ihn annehmen zum Sündopfer, daß er als Sünde soll verbrannt werden. -

Dann kommt ein Kalb und Schaf, beide eines Jahres alt. also in dem Alter, da sie Etwas vom Leben sollten genießen können; ohne Wandel, wie ich das schon ausgelegt habe. Das Kalb ist wiederum das unbeholfene Thier, das Nichts kann, das nicht zum Pfluge taugt und keine Milch gibt, das Nichts weiß, sondern geführt werden muß, es ist dumm und unbeholfen in jeder Hinsicht. Das Schaf aber ist ein Thier, das ewig in der Irre geht, wenn es ohne Hirte ist; wie wir singen im 119. Psalm: „Ich bin wie ein verirrtes und verlornes Schaf.“ Also Deine Sünde, o Volk, daß Du so unbeholfen bist und zu keiner Arbeit taugst und Dein Irrsal, daß Du stets mit Deinem Herzen auf dem Irrwege bist und von Gottes Wege abweichst, das soll in Flammen hinaufgehen als ein Brandopfer.

Dann kommt weiter ein Dankopfer. Das ist, als wenn ich denke: ich möchte Gott Alles geben, was ich habe, ich bin ihm Alles schuldig, ich habe Alles von ihm und gebe es ihm wieder, ich nehme es aus meiner Hand und lege es in Gottes Hand. Das ist ein Dankopfer. Zum Dankopfer soll das Volk bringen einen Ochsen und einen Widder. Der Ochse ist ja ein Thier voller Kraft; damit kann man was ausrichten; damit kann man arbeiten, pflügen. Was kann man nicht alles mit einem Ochsen thun! Auch der Widder ist ein Bild der Kraft. Also alle Kraft, welche wir meinen zu haben sollen wir in die Flammen werfen, Gott wiedergeben, daß wir bekennen:

Mit unsrer Kraft (wie stark wir auch meinen zu sein) ist Nichts gethan,
Wir sind gar bald verloren.
Es streit't für uns ein andrer Mann,
Den Gott hat auserkoren.
Fragst du, wer er ist?
Der Mann heißt Jesus Christ,
Der Herr Zebaoth,
Und ist kein andrer Gott,
Das Feld muß er behalten.

Nochmals: das Volk ist wie ein Ziegenbock, ein stinkender geiler Bock, ist um und um Sünde. Auf den Altar damit. Das Volk ist ein unbeholfenes Kalb, ein junges Kalb, es soll in die Flammen, auf den Altar. Das Volk ist wie ein verlornes, irregehendes Schaf, das soll auch auf den Altar in die Flammen. Du Volk meinst, du habest Kraft und wollest arbeiten, wollest sein wie ein Ochse, fleißig, gelehrig, gehorsam in allen Dingen, du meinst, du könntest der Sünde widerstehen, seiest wie ein Ochse, ein Widder im Bilde. Der Ochse und Widder auf den Altar, und danke Gott, er wird deine Kraft sein und deine Stärke, dein Arbeitgeber und dein Arbeiter; er wird dich stärken, daß du, so schwach wie du dich erkennst, dennoch sagen kannst: In dem Herrn Herrn habe ich Gerechtigkeit und Stärke; und: wenn ich schwach bin, dann bin ich stark.

Es soll das Volk weiter ein Speisopfer bringen, d. i. ein Geschenk, dem Herrn, um es anzuerkennen, wenn wir am Tische sitzen: daß der Tisch gedeckt ist. das ist alles Gottes gnädige Gabe; „aller Augen warten auf Dich, o Herr, und Du gibst ihnen ihre Speise zu seiner Zeit.“ Aber das anerkennst du gewöhnlich nicht, sondern du denkst an's Essen und Trinken, wo nicht an's Fressen und Saufen, und verstehst nicht, daß der Herr und seine heiligen Engel mit am Tische gegenwärtig sind, auf daß du die Gabe Gottes heiligest; vielmehr du. schlingst die Speisen hinunter, verdirbst dir den Magen und erkennst es nicht an: ich bin nicht das Schwarzbrod, nicht einen Tropfen Wassers Werth um meiner vielen Sünden willen, du murrest über das Essen, wenn nach deinem launigen Geschmacke nur Etwas daran fehlt, und verstehst nicht, wer dich nährt und erhält in seiner Güte. Bring das Alles vor Gott und anerkenne es im Heiligen Geiste, der bezeichnet wird durch das Oel, womit das Speisopfer gemengt wird, und lege so deine Speise auf den Altar, in die Flammen, so will ich dich speisen. Aber thue es in Geist und Wahrheit, daß du demüthigen Geistes es anerkennst: ich bin es nicht Werth; es ist Alles die Gnade Jesu Christi, daß ich als ein Kind aus seiner Hand esse und trinke.

Vers 5 lesen wir: „Und sie nahmen es.“ - Streiche das „sie“ aus, und schreibe dafür: ich, ich nehme es. Nimm es so an als Gottes Verordnung. Sie nahmen, was Mose geboten hatte, was also Gottes Wort lehrt, vor der Thür der Hütte des Stifts, d. i. in der Gemeine, der christlichen Kirche, außer welcher kein Heil ist, das ist die Gemeine, wo Gott sich offenbart; denn dazu kommt die Gemeine zusammen, um gemeinschaftlich auf Grund dieses Opfers zu harren auf die Erscheinung der Herrlichkeit des Herrn. Und da stand nun die Gemeine vor dem Herrn, Alles Alt und Jung, Eltern und Kinder, so schuldig, sündig und unheilig wie sie waren; denn sie hatten gehört: du bist ein Kalb, ein Schaf, ein Ziegenbock, und dein Ochs und dein Widder soll nicht vor Gott leben. Wie geschieht es, daß sie so kommen? Der Heilige Geist treibt sie, um in dem Opfer des Hohenpriesters den Grund zu erkennen , daß der Herr ihnen nun erscheinen werde in seiner Gnade. Es stand die Gemeine vor dem Herrn als vor ihrem Richter und hoffte auf Erbarmen, wie wir lesen und singen:

Ich hoff' auf Dein Erbarmen
Und meine Seele harrt.
O Gott, Du hast den Armen
Dich oft geoffenbart.
Ach! bleib mir nicht verborgen!
Im Finstern sehn' ich mich
Wie Wächter nach dem Morgen!

Vers 7 lesen wir: „Und Mose sprach zu Aaron“ Gottes Befehl und Wort zu dem Hohenpriester Jesus Christus - „Tritt zum Altar und mache dein Sündopfer und dein Brandopfer.“ Das lautet wie wir singen:

Er sprach zu seinem lieben Sohn:
Nun ist Zeit zum Erbarmen.
Fahr hin, mein's Herzens werthe Kron',
Und sei das Heil der Armen!

Das ist: Tritt zum Altar! Komm herab aus dem Himmel, aus Deiner Freude, und mache Dich an das Kreuz, daß Du nunmehr meinen Willen thust und stirbst für das Volk am verfluchten Holz des Kreuzes, und gen Himmel fahrest in den Flammen meines Zornes und meiner Liebe. - Dann lesen wir weiter in diesem Verse: „und versöhne Dich und das Volk.“ Erst also: versöhne Dich. Das gilt nur von dem Hohenpriester des Alten Testamentes; denn da Alles, die ganze Einrichtung des Gottesdienstes Sünde war, mußte er es Alles, eines nach dem Andern versöhnen; aber da er nicht Hoherpriester war nach der Ordnung Melchisedek, mußte er endlich aufhören und blieb selbst übrig als Sünde. So mußte er versöhnt werden. Von Christo aber bedeutet dieses „versöhne Dich“: Schlage Dich in der Person des Volkes, welches ich Dir gegeben habe, durch meinen Zorn, durch alle Gewalt des Teufels, durch die Verdammung des Gesetzes hindurch, nimm so Dein Volk auch mit hindurch. Daher sind es liebliche Worte: „Darnach mache des Volkes Opfer, und versöhne sie auch, d. i. nachdem Du im Großen und Ganzen Alles im Opfer wiedergebracht hast, alsdann wollest Du als Bürge, Stellvertreter und Fürsprecher auf ewige Zeiten sein und bleiben des Volkes Hoherpriester, wie Du es wärest auf Golgatha.

Vers 8 lesen wir: „Und Aaron trat zum Altar und schlachtete das Kalb zu seinem Sündopfer.“ Also Aaron gehorcht, Christus gehorcht. Wie Aaron zum Altar tritt, so geht Christus an's Kreuz, wie wir singen:

Der Sohn darauf gehorsam ward,
Er kam zu uns auf Erden,
Von einer Jungfrau rein und zart,
Mein Bruder wollt' er werden.
Gar heimlich führt er sein' Gewalt,
Er ging in armer Knechtsgestalt,
Den Teufel wollt' er fangen.

Also Aaron trat zu dem Altar und schlachtete das Kalb, d. i. diese ganze Menschlichkeit und Unbeholfenheit: - „ich kann Nichts, ich will Nichts, ich weiß Nichts, ich vermag Nichts, ich tauge zu Nichts,“ nimmt er an sich, und mit dem Schwert des Glaubens und des Gehorsams haut er durch, tödtet er an sich und in sich, daß er lauter Schwachheit gewesen ist, wie wir lesen bei dem Apostel, daß er gekreuziget ist in der Schwachheit.

Vers 9 lesen wir: „Und seine Söhne brachten das Blut zu ihm, das Blut des Sündopfers.“ Seine Söhne sind alle seine Kinder, die Gläubigen. Sie kommen zu ihrem Hohenpriester - womit? Was bringen alle Kinder des Herrn ihrem Hohenpriester? Sie bringen, was allein vor Gott gilt, das Blut des Opfers. Das bringen alle seine Kinder, mehr haben sie nicht zu geben und zu bringen, etwas Anderes wollen sie nicht und etwas Anderes nimmt er auch nicht an, einen andern Grund will er nicht haben. Also die Söhne bringen dem Hohenpriester Jesu Christo das Blut des Opfers, das ist, sein eigenes Blut, und der Hohepriester tunkt mit dem Finger in das Blut, d. i. unser Hohepriester Jesus Christus nimmt in Kraft des Heiligen Geistes - denn der Finger bezeichnet den Heiligen Geist - von seinem Blut und sprengt siebenmal damit auf den Altar, an die Hörner des Altars, daß der Altar um und um geheiligt und versöhnt werde mit seinem Blut, was uns zu gut kommt, auf daß wir die Gnade, Barmherzigkeit, Treue, den Ruhm und die Ehre Gottes ergreifen, und da unsere Rettung finden. Und weiter goß er das Blut an des Altars Boden. Also gießt Christus sein ganzes Leben, und darnach Wasser und Blut aus seiner Seite aus an den Boden des Kreuzes, daß die Erde sein Blut trinkt und Alles versöhnt wird. -

Nun Vers 10. Meine Lieben, ich hoffe, ihr sehet nach in der Bibel, auf daß es auch ein ewiger Trost sei für euer ganzes Leben und bis zum letzten Stündlein! Da kommt nun also das Fett. Darin ist die Kraft alles Denkens und alles Handelns; dann ist es auch das Gegentheil vom Heiligen Geist.

Ferner kommen die Nieren, diese sind Sitz aller Begierden und aller Gesinnung, sie sei gut oder böse. In den Nieren steckt Verstand zu unterrichten, alles Gefühl, feines und grobes. Die Leber ist der Sitz der Wärme, und demnach der Sitz der Lust, sei es Fleischeslust oder Lust nach Gott hin. Diese Leber wird gedeckt und zusammengehalten durch ein Netz. Unser Hohepriester hat ohne Sünde an sich genommen unser Fett, unsere Nieren, unsere Leber mit dem Netz, das ist: alles was in uns ist von Gottlosigkeit und Fleischesfrömmigkeit, all' unser Dichten, Denken und Thun, unsere Lust und unsere Begierden, worauf wir so hoffärtig sind, das Alles nimmt er an sich, wirft es Alles sammt und sonders in's Feuer. Er will nicht Fett haben, will nicht fett sein, sondern will vom Heiligen Geiste getragen werden; Er will Nichts begehren, Nichts wissen - „wer ist so blind wie mein Knecht, und so taub wie mein Auserwählter?“ - Er will von dem Vater gelehrt und geleitet sein. Er will nicht Wärme haben; alle seine Wärme soll in der Liebe des Vaters liegen. Also in's Feuer damit! -

Nun kommt Vers 11: „Das Fleisch und das Fell.“ Das ist der äußerliche Mensch, wie er äußerlich in die Erscheinung tritt. Dieses Fleisch und Fell verbrannte der Hohepriester mit dem Feuer, und zwar außer dem Lager. Christus läßt sein Fleisch und Fell, läßt sich wie er äußerlich in die Erscheinung tritt, in den Tod gehen, in den Flammen des Zornes Gottes aufgehen, und zwar außer dem Thor, auf Golgatha, da er gelitten und unsere Schmach auf sich genommen hat.

Vers 12 lesen wir weiter: „Darnach schlachtete er das Brandopfer.“ Alles was von Kraft ist, soll aufgehen in den Flammen. Ich kann eine merkwürdige Kraft entwickeln in einer Werkstätte; aber wenn ich nicht weiß, wie das Ding soll behandelt werden, dann werde ich mit meiner großen Kraft Alles schön verderben. Also meine Kraft muß weg, Alles soll verbrannt werden, und die Kinder Gottes erkennen es an, daß alle Kraft Jesu Christi, die Kraft seiner Auferstehung von Gott dem Vater ausgeht auf den Hohenpriester, um Alle zu heiligen, welche der Vater zu ihm bringt. - Aaron's Söhne bringen das Blut des Brandopfers zu ihm. Die Kinder Gottes bringen zu ihrem Hohenpriester das Blut, worin sie anerkennen, wie Er für sie gelitten hat und wie Er für sie gekreuziget worden ist in der Schwachheit, und wie allein in seinem Blute Kraft liegt für die Schwachen, die in sich selbst Nichts können noch vermögen. Darum bringen sie auch zu ihm das Brandopfer zerstückt, daß also alle Kraft zerbrochen da liegt. Ferner bringen sie den Kopf, worin die Regierung ist des Ganzen. Also die Kraft soll zerbrochen werden und in Flammen aufgehen, und der Kopf auch; denn alles Regieren soll der Souverainität Gottes anheimfallen, daß Gott souverain ist und bleibt, Christus unser Haupt, Christi Haupt aber Gott. -

„Und er wusch das Eingeweide und die Schenkel, nämlich des Brandopfers“. In dem Eingeweide, dem edlen Eingeweide, - ja, was liegt da nicht in! Das sind die zartesten Dinge; daraus geht hervor alles Mögliche von Liebe und Erbarmen, von guten und von schlechten Begierden. Das Eingeweide wird getragen von den Schenkeln, worin also die Kraft ist, um stehen zu bleiben. Das wird beides gewaschen. - Der Herr Jesus sagt: „Ich habe Dein Gesetz in meinem Herzen;“ das ist nach dem Hebräischen: in meinem Eingeweide. Das Eingeweide bedeutet die zarten und zartesten Gefühle und Empfindungen. Dennoch taugen sie nicht, sondern sie sollen gewaschen werden mit dem Heiligen Geist, sie sollen durch den Heiligen Geist geheiligt werden, um dann aufzugehen in den Flammen. An's Kreuz also schlägt unser Hohepriester Alles, was wir nicht für Sünde, sondern was wir für schöne Gestalt und Tugend halten; an's Kreuz schlägt er Alles, was der Herr Jesus Christus seine Güte nennt, wie er sagt Ps. 16: „Meine Güte reicht nicht an Dich,“ das ist: damit kann ich Dich nicht erreichen.

Also der Kopf, Eingeweide und Schenkel, Fett, Nieren und Leber, sammt dem Netz auf der Leber, so wie der Widder, - das ganze Brandopfer, geht auf in den Flammen. Christus brachte Alles, was Er ist, vor Gott den Vater, um vor Gott zu sein ein solches Opfer, das in sich Nichts hat, und dennoch Alles hat durch den Befehl Gottes: verbrenne es! schlachte es! laß es sterben und zu Nichte werden! Wie das denn? Ja, -ich will euch erscheinen mit meiner Gnade. Also das Eure alles muß fort. Der Herr Jesus nimmt es auf sich, all' eure Sünden, und was ihr Gerechtigkeit nennt, und geht damit an's Kreuz und von dem Kreuze in den Himmel, und so kommt dann von dem Himmel die Offenbarung ewiger Herrlichkeit. - Wohl uns, wenn Gott uns die Gnade seines Geistes gibt, Solches in einem ehrlichen Herzen aufzubewahren, daß wir uns des Herrn und seiner Gnade freuen mit herzlicher Freude!

Amen.

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