Kohlbrügge, Hermann Friedrich - Predigt bei Gelegenheit der Bedienung der Heiligen Taufe

Kohlbrügge, Hermann Friedrich - Predigt bei Gelegenheit der Bedienung der Heiligen Taufe

Gehalten am 5. August 1849.

Gesänge: Psalm 105, Vers 4-6; Psalm 100, Vers 2-4; Psalm 22, Vers 16; Psalm 135, Vers 7.

Die gute Hand Gottes über uns führt uns in dieser Morgenstunde wieder verschiedene Kinder zu, auf dass sie getauft werden. Es tut der Gemeine Not, dass sie bisweilen einen guten und klaren Unterricht von der Taufe überhaupt und namentlich von der Kindertaufe erhalte. Wir sollen unsere Kinder ja nicht aus Gewohnheit oder Zeitgläubigkeit oder aus Aberglauben taufen lassen, als wäre es damit genug, dass unsere Kinder getauft sind, sondern wir sollen wissen, was wir tun, wenn wir unsere Kinder in die Taufe bringen. Wenn wir das Taufwasser nicht unterscheiden, wenn wir nicht unterscheiden, was es mit der Taufe auf sich hat, so taufen wir eben so gewiss uns zum Gericht, als wir uns zu einem Gericht essen und trinken, wenn wir im heiligen Abendmahl nicht unterscheiden den Leib des Herrn. Es liegt am Tage, dass der Teufel alles aufbietet, in den Herzen den furchtbarsten Unglauben zu nähren in Betreff der Taufe der jungen Kinder und Säuglinge, obschon wir in der Schrift lesen können, dass der Herr sich aus solcher Mund eine Macht hat zugerichtet, wie uns bezeugt wird in dem 8. Psalm. Es ist nun mal so, dass Fleisch sich ärgert an Gottes Wort, denn es wird sehen; und da denkt es von den Kindern und Säuglingen: Was sollen die? Woran sieht man bei denen, was vernimmt man von denen, dass der Herr aus ihrem Mund eine Macht sollte zugerichtet haben? Wir sollen aber auf Gottes Wort Acht haben und hören, was dasselbe sagt und befiehlt, und unseren Vorwitz ablegen. Gott der Herr weiß wohl, was er sagt und befiehlt. Dadurch aber dass man dem furchtbaren Unglauben nachgibt, der in Betreff der Taufe der Kinder im Herzen steckt, beraubt man sich sowohl des ewigen Trostes, welchen man aus seiner eigenen Taufe schöpfen könnte, wenn jemand unvermählt oder kinderlos ist, als auch eines mächtigen Trostgrundes in seiner Anfechtung, wenn jemand Kinder hat, welche bis dahin in der Welt stecken bleiben und noch gar keine Lust zeigen den Herrn zu fürchten. Wohlan, diesem Unglauben und dem Teufel, der solchen Unglauben ins Herz wirft, wollen wir entgegentreten mit der Predigt des Wortes von der Taufe, indem wir erst untersuchen:

  1. welchen Trost wir für uns selbst aus der Taufe schöpfen sollen;
  2. sodann: welchen Trost wir aus der Taufe schöpfen sollen in Beziehung zu unseren eigenen Kindern, und zu den Kindern der Gemeine überhaupt.

Ihr alle, meine Geliebten! alle ohne Unterschied, alt oder jung, nehmt denn diese Predigt von der Taufe zu Herzen! Wo hier Kinder zur Taufe gebracht werden, da denke doch keiner in seinem Herzen: Was geht das mich an? denn wahrlich, die Taufe ist eine Tat für unser ganzes Leben.

Text: Kolosser 2, Vers 10-12
„**Ihr seid vollkommen in ihm, welcher ist das Haupt aller Fürstentümer und Obrigkeit; in welchem ihr auch beschnitten seid, der (einer) Beschneidung ohne Hände, durch Ablegung des sündlichen Leibes im Fleisch, nämlich mit der Beschreibung Christi; in dem, dass ihr mit ihm begraben seid durch die Taufe, in welchem ihr auch seid auferstanden durch den Glauben, den Gott wirkt, welcher ihn auferweckt hat von den Toten.“

I.

Der Apostel Paulus bekämpft mit diesen Worten die gottlose Lehre, welche damals viele falsche Brüder, Irrlehrer und Widerchristen verbreiteten, dass für die Gläubigen aus den Heiden die Taufe, welche sie empfangen hatten, nicht genüge, und dass sie außerdem noch müssten beschnitten werden. Diese falschen Brüder und Irrlehrer kannten weder die Bedeutung der Beschneidung, noch die der Taufe. Sie brachten ein anderes Geheimnis als das Geheimnis Christi, als das Geheimnis des Glaubens und der Taufe. Was diese Leute durchsetzten, war kein gesunder Glaube, sondern ein krankhafter Zustand der Seele und des Verstands, welcher allen Zunder der Lustseuche und allerlei Laster und Leidenschaft in sich barg. Sie hatten etwas Geheimnisvolles, etwas Besonderes, womit sie die Einfältigen für sich einnahmen, verwirrten, und von dem Glauben Christi abbrachten, was ihnen um so leichter gelang, da sie sich für besondere Träger und Diener der Heiligkeit halten ließen. Doch der Apostel nennt dies ihr Wesen „ein Einhergehen nach eigner Wahl in Demut und Geistlichkeit der Engel, ein ohne Grund Aufgeblasensein im fleischlichen Sinn“. Diese Leute wollten also das, was das Fleisch, was unser aller Herz überhaupt will: den Glauben sehen und messen können; die Heiligkeit und das geistliche Leben und Wesen in der Hand und in eigner Macht haben; und nach dem Augenschein wollten sie an dem Fleisch besehen, in wie ferne Geist da wäre - und was nicht geistlich war nach ihrer Philosophie, das hieß bei ihnen Fleisch und Fleischlich. Vor dem Richterstuhl dieser Irrlehrer war also der Apostel und seine Lehre fleischlich; der Christus welchen Paulus predigte, ein fleischlicher; fleischlich die Taufe, und nicht minder war es in ihren Augen fleischlich, alles von dem Wort zu erwarten, ohne dass etwas vorab gesehen würde. Deshalb wollten sie die Beschneidung hinzufügen: darin stecke erst die wahre Heiligung und Tötung des Leibes der Sünden des Fleisches. Denselben Irrlehrern, welche hier der Apostel Paulus bekämpft, begegnen wir in den Wiedertäufern, wie sie von jeher waren. Ihnen gleich sind Alle, die die Kindertaufe nicht zulassen, und eben so und schlimmer als sie, sind Alle, die ihre eigne Taufe und die Kindertaufe in anderer Weise für nichts achten. Man ist gleichgültig für die höchste Barmherzigkeit Gottes, oder man will dem sterbenden Kind erst dann die Mutterbrust geben, wenn es Beweise des Auflebens gibt; - so sucht man es immerdar in und bei dem Fleisch, was man suchen sollte in und bei dem Wort, welches das Leben schafft aus Toten.

Dagegen sehen wir in unserem Text, welche hohe Bedeutung der Apostel der Taufe beilegt, und dieses sollen wir zu Herzen nehmen, auf dass wir wissen, welchen Trost wir aus unserer Taufe schöpfen können.

Ihr seid in ihm vollkommen, oder völlig, so schreibt er; das heißt: ihr seid in Christo nach dem Maß des Gesetzes. Soll das Gesetz euch aufs Maß nehmen, um zu sehen, ob ihr das richtige Maß habt, so geht ihr mit Christo an den Maßstab, und so habt ihr ein übervolles Maß. Das eben wollten die, welche die Beschneidung hinzufügten, nicht verstehen, sie gingen vielmehr darauf aus, sich durch die Beschneidung, das ist, durch Werke des „Tue das“, das ist, durch selbsterwählte Heiligkeit, völlig zu machen. Der Apostel will sagen: Wenn ihr in Christo seid, so sind alle guten Werke in euch; deshalb braucht ihr nicht mehr beschnitten zu werden; ihr seid bereits beschnitten, und zwar seid ihr in Christo beschnitten. Das ist aber keine Beschneidung gewesen, welche mit Händen geschieht, keine Beschneidung des „Tue das“. Das ist kein Werk gewesen der eigenen Macht, des eigenen Wollens, und Laufens, wobei große Gerechtigkeit vorgespiegelt wird, aber wehe! es kommt lauter Schlechtigkeit zum Vorschein. Es ist kein Werk gewesen, bei dem der Mensch nach seinem Gefallen den Leib tötet und schwächt, den Sünden des Fleisches umso mehr Nahrungsstoff zuzubringen. Es ist ein Werk gewesen, welches der Herr allein getan hat, und was er euch zurechnet, wovon auch die Kraft und Wirkung lediglich bei ihn, bei der Gnade des Geistes steht. Das Werk ist ohne eure Hände geschehen. Den Leib der Sünden des Fleisches hat er in sich ans Kreuz gebracht. Da er für uns in der Person von uns Sündern an diesem Kreuz litt, da hat er diesen Leib abgelegt, da habt ihr diesen Leib in ihm abgelegt. Das war die rechte Beschneidung, womit Christus beschnitten wurde, und in dieser seiner Beschneidung zogt ihr den ganzen Leib der Sünden des Fleischer, der Sünden eures von Gott Abgekommenseins, völlig aus, und legtet denselben ab.

Christus ging an unserer statt, er als das heilige und unbefleckte Lamm, als Gott alle unsere Sünden auf ihn geworfen, mit dem ganzen Leib der Sünden des Fleisches in den Tod; und das nicht allein, sondern sein Leben wurde auch so völlig abgeschnitten von der Erde, dass er mit dem Leib der Sünden des Fleisches, das er an seinem Leibe trug, begraben und also von der Erde weggenommen wurde. So ist denn der Leib der Sünden des Fleisches getötet und begraben in Christi Tod und Begräbnis - und ist vor Gottes heiligen Augen von der Erde ganz weggenommen.

Wie ist nun solche Wohltat uns angeeignet worden, ich meine die Wohltat, dass wir mit ihm begraben sind, das ist: dass unser Leib der Sünden des Fleisches, oder die Gesamtmasse unserer Verdrehtheit und Verkehrtheit, welche unserem Fleisch, unserem von Gott Abgekommensein eigen, und durch diesen unseren an und für sich guten Leib wirksam ist, mit ihm begraben ist? Sie ist uns angeeignet als wir mit Christi Beschneidung beschnitten worden, das ist, als wir getauft worden sind; wie der Apostel schreibt: Ihr seid mit ihm begraben in der Taufe.

Und diese Wohltat ist nicht die einzige, welcher wir in der Taufe teilhaftig worden sind, es kommt noch eine andere hinzu. „In der Taufe“, schreibt der Apostel, „seid ihr auch auferstanden durch den Glauben, welchen Gott wirkt, welcher ihn hat auferweckt von den Toten.“ Denn es ist nicht genug vor Gott und vor seinem Gesetz, dass wir in Christo den Leib der Sünden des Fleisches abgelegt haben, wir sollen auch, und das ist der Hauptzweck, in Neuheit des Lebens gewandelt haben. Die Herrlichkeit des Vaters, - denn mit unserer Herrlichkeit ist es aus -, die Verherrlichung aller seiner Tugenden und Vollkommenheiten, welche er an den Tag gelegt in dem Rat unserer Seligkeit, hat uns, wie die Schrift bezeugt, auch diese Wohltat verschafft, dass wir mit Christo und in Christo auferweckt seien am Glauben zu dem neuen Leben, welches Gott, der alle Dinge schafft, gewirkt hat in Christo, als er ihn durch seine Herrlichkeit aus Toten hat auferweckt. Christus ist der Erbe des Lebens, und was er geerbt hat, sollten wir miterben, dass wir möchten ewig in einem heiligen Leben mit ihm erfunden sein. So war es des Vaters Wille, dazu wirkt er den Glauben, dass wir dies für wahr und gewiss halten, und die Wohltat dieses seines Willens ließ er uns zukommen in der Taufe.

Der allmächtige Gott, der da überschwänglich tut, habe es gegeben, dass ihr, nun ihr dieses vernommen, eure Taufe anders betrachten mögt, als Viele von euch bis dahin getan haben.

Als ihr getauft worden seid, habt ihr die Verheißung empfangen, dass ihr mit Christi Blut und Geist von der Unreinigkeit eurer Seelen, das ist, von allen euren Sünden gewaschen seid, so gewiss ihr äußerlich mit dem Taufwasser besprengt worden.

Als ihr getauft worden seid, habt ihr die Verheißung empfangen eurer Erneuerung durch den Geist Christi; die Verheißung, dass ihr seid umgeschaffen in Christo, wiedergeboren zu einer lebendigen Hoffnung durch die Auferstehung Jesu Christi aus den Toten; die Verheißung, dass ihr in Christo geschaffen seid in allen guten Werken, auf dass ihr möchtet erfunden sein an seinem Tage als Solche, die darin gewandelt haben.

Als ihr getauft worden, du seid ihr mit Christo in seinen Tod und in sein Grab hineingegangen, da habt ihr in ihm den alten Menschen abgelegt, und seid sodann mit ihm aus Toten hervorgegangen und auferweckt „ein neuer Mensch“ ihm zu leben und ihm zu dienen in wahrer Gerechtigkeit und Heiligkeit ein ewiges Leben lang.

Als wir getauft worden sind, haben wir von Gottes wegen das Zeugnis bekommen, dass Gott in Ewigkeit unser Gott und gnädiger Vater sein wird.

Als wir getauft worden sind, da hat uns das Blut Christi besprengt und gereinigt von unseren Sünden; da wurden wir durch seinen Geist umgeschaffen aus Kindern des Zornes zu Kindern Gottes, und seitdem stehen wir nicht mehr auf unseren Namen, sondern auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.

So ist uns denn die Taufe wie die Wasser der Sündflut, welche den Noah erhielten in dem Kasten: Christo; sie ist uns das rote Meer, durch welches wir hindurchkommen, errettet zu sein von dem höllischen Pharao und aus der Dienstbarkeit Ägyptens; sie ist uns die Wolke, welche uns umgibt und uns leitet als des Herrn Volk von den Ägyptern als des Teufels Volk.

So triefen in der Taufe allerlei unsichtbare Gnaden und Gaben auf uns herab von dem einzigen Menschen in Gnade Jesu Christo, als da sind: Waschung und Reinigung von aller unserer Unreinigkeit, Erneuerung des Geistes, ewiger Trost und Vergewisserung der göttlichen Güte über uns, - das Gestorben- und Begrabensein des alten Menschen, so dass wir ihn abgelegt haben mit allen seinen Wirkungen, und das Hervorgekommensein eines neuen Menschen, der nach Gott geschaffen ist in allen Werken, welche gut sind, weil sie in Gott getan werden.

Seht, meine Geliebten! das ist in kurzen Worten der Trost, den ihr aus eurer Taufe schöpfen sollt.

Nicht als ob dies in dem Taufwasser an und für sich liege, als könnte das Wasser solche große Dinge tun, als da ist: Vergebung von Sünden schenken, dazu Gerechtigkeit des Lebens. Das Wasser tut gar nichts, und in dem Wasser steckt auch nichts von allen diesen geistlichen Gütern. Christi Blut und Geist tun es, und das Wort bezeugt es klärlich, dass Christi Blut und Geist es tun; aber das Wasser hat Christus befohlen, damit es uns zum Zeichen und Siegel sei, dass oben auf dem Thron der Gnade unsere Ungerechtigkeit von uns genommen und uns die Gerechtigkeit des Lebens zugerechnet und geschenkt wird in der Taufe.

Nun steckt aber der Wiedertäufer oder der Baptist in unser Aller Herzen; in unser Aller Herzen steckt dieser Vorwitz, diese Naseweisheit, dass wir erst die Frucht sehen wollen, bevor gesät wird, dass wir erst den Baum haben wollen und dann den Samen, woraus der Baum wächst.

Die apostolischen Worte unseres Textes wollen wir nicht gerne in unserem Herzen aufkommen lassen, weil wir so eigengerecht sind, dass wir alles verdrehen, was Gott nach dem Rat unserer Seligkeit recht geschaffen hat. Wie der Erwachsene des nicht eingedenk ist, dass er einst unter mütterlichem Herzen lag als ein ungestalteter Klumpen, als ein Knäuel, und durch das Herzblut der Mutter ernährt und gebildet wurde, ebenso wenig sind wir dessen eingedenk, dass das Wort Gottes alles darstellt, und wir möchten die Worte des Apostels „in der Taufe“ schon gelten lassen, wären wir als Erwachsene getauft. Das macht, wir wollen etwas Besonderes sein, und etwas Besonderes soll es sein, was mit uns vorging; wodurch aber dieses Besondere geschaffen und dargestellt worden, nämlich durch das Wort, vergessen wir, weil wir nicht wissen wollen, dass wir alles, was wir sind, durch das Wort sind. Das Wort aber erst und dann die Folgen des Wortes: - darum die Taufe erst und dann die Folgen der Taufe. Gott der Herr schreibt Briefe eines ewigen Erbteils, bevor wir geboren werden, klebt sie an unsere Herzens-Wand bei unserer Geburt und besiegelt sie bei unserer Taufe. Weil aber diese Briefe uns erst leserlich werden, wenn wir in Not Leibes und der Seelen, in Anfechtung, Kreuz und Trübsal kommen: sollen wir nun Gott meistern, er hätte sie erst schreiben sollen, als wir in die Not gerieten? Ist es nicht in Sündennot ein überraschender Fund, es zu lesen: „Ich kannte dich von Mutterleibe an, ich habe dich je und je geliebt; solches habe ich an deinem Leibe bereits versiegelt in der Taufe, womit ihr getauft seid nach meinem Befehl.“

II.

Aber für diesmal genug von dem Trost, welchen ihr aus eurer eigenen Taufe schöpfen könnt, darüber wird die Gemeine Gottes eine Ewigkeit lang einander Vieles mitteilen; gehen wir über zu dem Trost, welchen wir aus der Taufe der Kinder, der Kinder der Gemeine, schöpfen können.

Der Teufel wirft gegen die Kindertaufe allerlei Zweifel ins Herz, und es gibt deren zu viele, welche solchen Zweifeln in ihrem Herzen Raum geben. Man entblödet sich nicht, die Geschichte mit der Lüge ins Angesicht zu schlagen, die erste Christenkirche habe um die Kindertaufe nicht gewusst, da man doch recht gut weiß, dass Justin der Märtyrer, der zur Zeit des Apostels Johannes geboren wurde, versichert, er habe viele alte Christen gekannt, die als junge Kinder getauft waren. Ist das eine Bedenken widerlegt, alsbald hat man ein anderes zur Hand. Das ist des Fleisches Undank gegen Gottes Güte. Die jungen Kinder sollen nicht an die Mutterbrust, weil sie noch nicht an die Mutter glauben können, sie sollen erst zu ihrem Verstand gekommen sein! Aber woher ist denn der Verstand in seiner Entwicklung, woher die Lebenskraft, das Wachstum, die Liebe zu der Mutter, wo nicht aus der Muttermilch? - Und woher hast du denn deine Wiedergeburt, deinen Glauben, wo nicht aus dem Worte? „Aber“, sagt man, „die Kinder verstehen nichts davon, sie können nicht glauben“ -: soll Gott auf deinen Glauben warten mit der Taufe, so lass dich jeden Tag von Neuem taufen. Aber warum hast du dich noch nie gründlich vor Gott gedemütigt zu bekennen mit zerbrochenem Herzen, dass, wenn du auch allen möglichen Glauben gehabt, du noch nie recht geglaubt hast? Denn wer recht glaubt, glaubt nicht als ein Frommer an Gott, sondern als ein Gottloser und Verlorener, weiß auch nichts von seinem Glauben, sondern lediglich von der Gnade Jesu Christi. Und diese Gnade soll nicht auf die jungen Kindlein kommen? Hat doch der Herr gesagt: Lasst sie zu mir kommen. Du antwortest: „Der Herr segnete sie, er taufte sie aber nicht“. So soll denn das, was der Herr segnet, nicht mit dem Siegel dieses Segens besiegelt werden? Du sagst weiter: Philippus sprach ja zu dem Kämmerer, als er die Taufe begehrte: „So du von Herzen glaubst, so kann es geschehen.“ Recht so. Und da spricht Philippus dasselbe aus, was der Herr seinen Jüngern sagte: „Wenn ihr nicht umkehrt, und werdet wie die Kinder, so werdet ihr gewiss nicht in das Himmelreich kommen“; und wiederum sprach er von den Säuglingen und Kindlein, die er herzte: „Solcher ist das Königreich Gottes“. Das ist also von Herzen glauben: Das Reich Gottes empfangen als ein Kindlein; und wer es so nicht empfängt, der wird gewiss nicht hinein kommen.

Ich, nach der Gnade Gottes, welche auf mir ist, ziehe in einem Hause, wo Erwachsene und ganz junge Kinder sind, mit meinem Geist manchmal die Säuglinge und Kindlein vor. Warum? In den Erwachsenen lebt und regt sich, bei allem Bekennen, dass ich aus Gott bin, Widerstand wider die Gnade mit allerlei Hinterlist und Tücke des Stolzes der Eigengerechtigkeit; damit steht man Gott im Wege. Das ist aber so in den Kindlein nicht. Darum wohl dem, der dem Gott aller Gnade danksagt, dass er sich seiner als eines Kindleins erbarmt hat, ja erbarmt hat als einer abgetriebenen Leibesfrucht. Das Blut und der Geist Christi, welche es uns im zarten Säuglings-Alter in der Taufe besiegeln, dass wir gewaschen sind von allen unseren Sünden, wirken auch, wo und wann sie wollen, dass Glaube und Wiedergeburt, wahrhaftige Bekehrung und Gerechtigkeit des Lebens an den Tag kommen, so gewiss an den Tag kommen, als sie in der Taufe, obschon es nicht gesehen wird, den Täuflingen das alles zurechnen und schenken, was in dem Himmel der Himmel für die Verlorenen und im Tode Liegenden bereitet ist vor ihrer Geburt, auf Golgatha, von Ewigkeit her. Was davon gesehen werden wird, bleibe der ewigen Erbarmung anheimgestellt, welche eben das selig macht, was Fleisch für verloren hielt.

Und hier nun der Trost für euch, die ihr Kinder habt, seht aber nichts aufkommen; hier der Trost, Gemeine Gottes! für euern Samen.

Ihr, die ihr mit Gott ringt um Bekehrung der Kinder, und auch dabei hinaufseufzt: „Gedenke nicht der Sünde meiner Jugend“, nehmt doch die Lehre zu Herzen, welche Gott in seiner großen Barmherzigkeit von der Taufe geoffenbart hat. Der Eine von euch hat ein frommes Kind, das sich gut benimmt, aber es ist bis dahin tot in seinen Sünden, zeigt auch noch gar keine Spur von Bekehrung. Der Andere hat ein gottloses Kind, es macht den Eltern graue Haare! Was sollen nun diese toten Kinder? Ach, mein schwaches Herz fragt es auch manchmal in der Kinderlehre. Bleiben wir des eingedenk, auf welchem Namen sie stehen, und halten wir an mit Bitten und Flehen zu dem allmächtigen Heiland und großen Erbarmer. Kommen die Kinder um in ihrem unbekehrten Sinn, - Gott hat das Seine getan, hat ihnen Alles gegeben. Auch von euch Erwachsenen kommen nicht alle in den Himmel; Gott wird dennoch gut und gerecht bleiben. Aber wir, Gemeine, haben große und köstliche Verheißungen für uns und für unseren Samen. Denn der Herr Gott im Himmel hat es gesagt: „Ich will dein Gott sein und deines Samens Gott nach dir - das ist mein Bund, ein ewiger Bund“ und da gefällt es ihm wohl, manchen um ihrer Kinder ewiges Heil bekümmerten Eltern, es mit Macht zuzurufen: „Alle deine Kinder sollen vom Herrn gelehrt sein“; und: „Deine Nachkommen haben viel Gutes zu gewarten“; und: „Wer ist der den Herrn fürchtet? Er wird ihn unterweisen den besten Weg, seine Seele wird im Guten wohnen und sein Same wird das Land besitzen“. Von diesem Bund gab er uns und unserem Samen ein Zeichen und Siegel: die Beschreibung Christi, das ist, die heilige Taufe.

Dass die Taufe dasselbe Sakrament ist wie die Beschneidung, und an die Stelle der Beschneidung gekommen ist, ist offenbar aus unseren Textworten; dass man dies nicht sehen kann, daran trägt die Kirche nicht schuld. Indem nämlich Paulus in diesen Worten die Beschneidung, welche mit Händen geschah, geradezu verwirft, tut er das eben deshalb, weil die Taufe an deren Stelle gekommen war. Das Sakrament, das Geheimnis blieb dasselbe, die Form wurde verändert. Das Sakrament, sage ich, blieb dasselbe. Wer beschnitten wurde, war, insofern die Beschneidung rechter Art war, in Christum beschnitten; er ging mit Christo in den Tod und in das Grab, das Fleisch war abgeschnitten und mit demselben aller Wandel nach dem Fleisch, und das Wort: „Ich will dein Gott sein“, erweckte den Beschnittenen zu einem neuen Leben der Gerechtigkeit und der Kraft im Herrn Herrn, eben da, wo es mit ihm eine abgeschnittene Sache war geworden. Genau dasselbe geschieht in der Taufe. Das sagt der Apostel in unseren Textworten.

Wir aber werden nicht mehr beschnitten, sondern getauft. Denn die Beschneidung war bloß für die Männlein, ein Bild des Lammes für die Sünde, welches ein Männlein sein musste, ein Bild dessen, wovon Jesaias spricht: er heißt Wunderbar, Rat, Kraft, Held; und wiederum: Der sich gemacht hat ist dein Mann. Die Beschneidung war sodann eine blutige Handlung, und das vergossene Blut war ein Bild des Blutes Christi zur Vergebung der Sünden. Seitdem Christus wesentlich sein Blut vergessen für unsere Sünden, hat alles andere Blutvergießen ein Ende. Nunmehr gießt er aber seinen erworbenen Geist aus auf alles Fleisch, auf Weiblein wie auf Männlein 1). Denn wir sind allzumal Einer in Christo; er gießt Wasser aus auf die Dürre, Ströme herab in die Wüste, dass daselbst sei in des Herrn Augen ein wasserreicher Garten. So ist denn das Sakrament eins; die jetzige Form der Erfüllung aller Verheißungen entsprechend. Die Täuflinge der Gemeine sollen aber Kinder sein, wie zu der Beschneidung Kinder von acht Tagen genommen worden sind, das war an einem Tage des Alters, entsprechend dem Tage der Auferstehung Christi.

Waren die Kinder damals dem Herrn nicht zu jung, um von seinetwegen das Siegel seines ewigen Bundes zu empfangen, so möge derjenige sich vorsehen, der jetzt dem Herrn in den Weg tritt mit der Behauptung: Sie sind noch zu jung. Der Heilige Geist lässt es uns vernehmen durch Christi Apostel: „Eure Kinder sind heilig“. Wie sind sie heilig, wo nicht dadurch, dass sie in Christo geheiligt sind? Was also in Christo geheiligt ist, folglich in den Bund Gottes und seine Gemeine gehört, ist von Gottes wegen berechtigt, das Zeichen und Siegel dieses Bundes zu empfangen. Es ist dazu nicht allein berechtigt, sondern es darf ihm dieses Siegel durchaus nicht vorenthalten werden, kraft des Befehls Gottes: „Wes Seele nicht beschnitten wird - also das Sakrament, für die Kinder sowohl als für sich, verachtet - der soll ausgerottet werden aus seinem Volk.“

Darum, ihr Erwachsenen, sei es euch ein Stab in der Hand, und lasst euch von dem Teufel diesen Trost nicht nehmen: dass ihr also von Mutterleibe an, in der Taufe, das Zeichen und Siegel von Gottes wegen habt bekommen, dass er euch ein gnädiger Gott sein und bleiben will. Es reize euch aber dazu, dass ihr aller Herrschaft der Sünden den Dienst aufsagt, und euch ganz begebt mit Leib und Seele unter die Herrschaft solcher Gnade, welche euch rief zu dem Erbteil des Lichts, da ihr sie noch nicht kanntet. Es erwecke euch, Eltern! anzuhalten bei dem Herrn, er wolle solche Verheißung, wovon ihr Zeichen und Siegel an euern Kindern empfangt, bei euren Kindern wahr machen und erfüllen.

Ihr Kinder aber, ihr Jünglinge und Jungfrauen, die ihr nunmehr zu eurem Verstand gekommen seid, ihr sollt es wissen, dass ihr Gottes und Christi geworden seid in eurer Taufe, dass ihr mit dem Geist der Gnade in dieser Taufe besiegelt seid. Darum, insofern ihr noch in dem Schlaf eures Todes liegt - wacht auf aus dem Strick des Teufels, beugt eure Knie im Verborgenen, und betet also: Ach mein Herr und Heiland, wenn ich so bleibe wie ich jetzt noch bin, so bin ich verloren, denn ich habe kein Herz für deine Gnade, welche du, wie ich höre, bereits in meiner Jugend an mir hast besiegeln wollen; mache du mich wie ich sein soll, bekehre du mich, so werde ich bekehrt sein, denn du bist mein Gott!

Der Gott aller Barmherzigkeit, der uns nicht allein sein Wort gegeben, uns seine Gnade kund zu tun, sondern auch noch, um unseren Schwachheiten aufzuhelfen, die Siegel und Unterpfänder seiner ewigen Gnade gibt, habe durch seinen Heiligen Geist in unser Aller Herzen gewirkt um seines lieben Sohnes willen, dass wir ihm die Ehre geben für alles, was er für und an uns getan hat und tut zu unserer ewigen Errettung, dass wir es doch glauben, dass Er der Erste und der Letzte ist, dass wir es suchen in seinem Wort und Befehl und nicht in unserer Frömmigkeit. Es sei dem Reiche des Teufels an allen Enden Abbruch getan und sei gekommen das Reich unseres großen Königes, der für uns und unseren Samen als ein kleines Kind in der Krippe lag und beschnitten wurde am achten Tage. Er habe die Gemeine und ihren Samen getauft mit heiligem Geist und Feuer! Amen.

1)
Gal. 3, 28. Diese Wahrheit „auf Weiblein wie auf Männlein“ erkannten die Gläubigen zu Samaria, nach Apgesch. 8, Vers 12 (sie fiel ihnen aber erst auf); und ist das der richtige Sinn dieser Worte, welche man fälschlich anführt, um die Kindlein von der Taufe auszuschließen.
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