Kohlbrügge, Hermann Friedrich - Das Amt der Presbyter - Fünfte Betrachtung

Kohlbrügge, Hermann Friedrich - Das Amt der Presbyter - Fünfte Betrachtung

Der Erzhirte und die Krone.

1. Petri 5, v. 4. „So werdet ihr, (wenn erscheinen wird der Erzhirte) die unverwelkliche Krone der Ehren empfangen.“

Diejenigen Aeltesten, welche die Heerde Christi recht weiden, und die ihr Aufseher-Amt über dieselbe so führen, wie der Apostel Petrus es ihnen vorhält, finden hienieden wahrlich nicht die Anerkennung, welche billig für sie zu erwarten wäre. Wenn sie auch von allen Aufrichtigen wirklich geliebt und geehrt werden, so müssen sie doch erfahren, daß ihre uneigennützige Arbeit und ihr Wachen Tag und Nacht für die Seelen von Vielen mit Undank gelohnt wird. Menschen können von Hause aus die heilsame Lehre nicht vertragen, und folgen lieber Solchen nach, nach dem ihnen die Ohren jucken. Und Aelteste, die, was sie thun, gezwungen thun, die dabei zeigen, daß sie das Amt für ein Gewerbe halten, und die herrschsüchtig und ehrgeizig sind, werden dem Sichtbaren nach mehr Glück haben, mehr Anerkennung finden; es wird ihnen mehr geglaubt und gehorcht werden, als denjenigen, welche vom Herrn gesandt sind. Denn der Mensch ist von Hause aus ein Götzendiener, und so werden ihm, so lange er kein Bedürfniß hat nach Gottes Gnade, die Vorgänger am liebsten sein, welche auch Götzendiener und Diener des Bauchs sind; und wie er nur sein Verderben lieben kann, so wird er auch die vorziehen, die ihn in dem Dienst der Eitelkeit und des Verderbens lassen.

Es haben aber Aelteste, die da treu sind, gegen alles was ihnen für ihre Treue hienieden abgeht, eine köstliche Verheißung, wovon die Erfüllung dann angeht, wenn alle Diener des Bauchs, alle Diener des Widerchristen verschlungen werden sammt ihrem Erwerb in den Pfuhl des Abgrunds, wie dereinst die Rotte Korah. - Also lautet die Verheißung: So werdet ihr, wenn erscheinen wird der Erzhirte, die unverwelkliche Krone der Ehren empfangen. Von dieser Wahrheit war auch der Apostel Paulus ganz eingenommen, darum nennt er den Herrn Jesum Christum „unsere Hoffnung“ (1. Tim. 1, 1). Darum schreibt er an Titus (Cap. 2, 13): Und warten auf die selige Hoffnung und Erscheinung unseres großen Gottes und Heilandes Jesu Christi. Und an die Thessalonicher (1 Thessal. 2, 19): Wer ist unser Ruhm und unsere Krone? Seid ihr es nicht am Tage Christi? Und an Timotheus: „Daß du haltet das Gebot ohne Flecken, untadelig, bis auf die Erscheinung unseres Herrn Jesu Christi; welche wird zeigen zu einer Zeit der Selige und allein Gewaltige, der König der Könige und Herr aller Herren“ (1 Tim. 6, 14. 15). Und wiederum: „So bezeuge ich nun vor Gott und dem Herrn Jesu Christo, der da zukünftig ist zu richten die Lebendigen und die Todten, mit seiner Erscheinung und mit seinen Reich.“ Und nochmal: „Hinfort ist mir beigelegt die Krone der Gerechtigkeit, welche mir der Herr an jenem Tage, der gerechte Richter, geben wird, und mir nicht allein, sondern auch Allen, die seine Erscheinung lieb haben.“ (2 Tim. 4, 1. 8) „Viele,“ heißt es in demselben Sinne bei dem Propheten Daniel, „Viele, so unter der Erde schlafen liegen, werden aufwachen, etliche zum ewigen Leben, etliche zur ewigen Schmach und Schande. Die Lehrer aber werden leuchten wie des Himmels Glanz, und die so viele zur Gerechtigkeit weisen, wie die Sterne immer und ewiglich.“ (Dan. 12, 23) Der Apostel Paulus schreibt auch noch: „Dulden wir mit, so werden wir auch mit herrschen.“ Und er nennt die zukünftige Seligkeit eine Seligkeit in Christo Jesu mit ewiger Herrlichkeit. (2. Tim. 2, 12. 10) Auch schreibt er: „So Jemand auch kämpfet, wird er doch nicht gekrönet, er kämpfe denn recht.“ (2 Tim. 2, 5). Und noch mal: wisset ihr nicht, daß die, so in den Schranken laufen, die laufen alle, aber Einer erlanget das Kleinod? Laufet nun also, daß ihr es ergreifet. Ein Jeglicher aber, der da kämpfet, enthält sich alles Dinges: Jene also, daß sie eine vergängliche Krone empfangen; wir aber eine unvergängliche. Ich laufe aber also, nicht als aufs Ungewisse. (1. Cor. 9, 24-26) Endlich: „der Herr aber wird mich erlösen von allem Uebel und aushelfen zu seinem himmlischen Reich, welchem sei Ehre von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen. (2 Tim. 4,18).

Der Apostel Petrus nennt unsern Herrn Jesum den Erzhirten, d. i. einen solchen Hirten, unter dessen unmittelbarem Befehle alle übrigen Hirten stehen. Das ist ein wunderbarer Name! Man fühlt es dem Namen ab, daß darin eine Würde, eine Herrlichkeit und Macht liegt, welche über Alles geht. Man fühlt es ihm darum auch ab, daß es unter dem Himmel keine Würde, keinen Namen geben kann und geben darf außer diesem Namen, welchem die Hirten in ihrem Amte sich unterzuordnen oder wovor sie sich zu scheuen brauchen. Es liegt in diesem Namen ausgesprochen, daß alle, welche der Herr gesandt und die ordentlich von der Gemeine berufen sind um Gottes Wort zu predigen, die heiligen Sacramente zu bedienen, oder die Kirche zu regieren und die Zucht aufrecht zu erhalten, untereinander gleich sind und Niemanden über sich anerkennen dürfen als diesen Erzhirten, und daß alle, die sich eine Macht anmaßen über die Hirten, sich auflehnen gegen den Erzhirten. Man fühlt es dem Namen ab, daß es ein lebendiger Name ist, daß dieser Erzhirte lebt, daß die Hirten von ihm allein sich abhängig wissen sollen; daß sie es zu begreifen haben, daß sie nur von ihm Befehle zu erwarten haben; dagegen auch ihm Rede zu stehen haben, und für alles was ihres Amtes und dessen Ausführung ist, ihm verantwortlich sind. Ein Erzhirte ist der alleinige Oberaufseher, der alleinige Machtinhaber über die ganze Heerde oder über alle Schafe eines ganzen Landes und Königreiches. Wenn er Hirten stellt die unter seinen Befehlen die Schafe weiden, so geht es ihm um das Wohl der Schafe. - Hätte er nicht Schafe, er hätte keine Hirten. Die Hirten sind um der Schafe willen da. Er heißt der Erzhirte: seine Macht und Herrlichkeit steht in seinen Schafen, davon sind die übrigen Hirten nur Diener. Um der Schafe willen hat er sie berufen, um der Schafe willen gibt er ihnen die Berufung und die Mittel um auszukommen. Die Schafe haben sie zu weiden als sein Eigenthum, als seine Schafe, und nach einem ausdrücklichen Befehl. So haben sie denn ihn allein zu ehren und zu fürchten, und dürfen nicht darnach fragen, was andere Hirten setzen oder wollen, wo sie nicht wollen, was der Erzhirte will; - und es wäre eine Verachtung der Hoheit des Erzhirten, wenn Hirten zwischen ihm und sich einen oder mehrere Hirten als Vermittler oder Verwalter anerkennen wollten; aber nicht weniger verachtet und verhöhnt ein Hirte die Hoheit des Erzhirten, wenn er meint, weil er in solchem Amte ist, habe er das Recht herrisch mit den Schafen zu verfahren, und die Schafe seien unter ihm wie Unterthanen unter einem Könige. Es wird für die Hirten. Alles davon abhangen, ob sie es für wahr und gewiß gehalten: die Schafe seien nicht ihr sondern des Herrn Jesu Eigenthum, und nicht sie seien Herren der Schafe, sondern er allein der Herr und sie eine Diener für die Schafe. Wir wissen aus dem Evangelio von diesem Erzhirten, was er thut um ein einziges Schaf, was von der Heerde abgekommen und verloren ist, wieder zurecht zu bringen. Daraus können wir abnehmen, wessen sich die Hirten von ihm dem Erzhirten zu versehen haben, die nach den Schafen nicht fragen, fordern nur darauf aus sind, sich mit der Wolle zu bereichern. Wir können aber auch daraus abnehmen, mit welcher Liebe der Erzhirte die Hirten umfaßt, die treulich nach seiner Vorschrift die Schafe weiden und die nur suchend, was den Schafen gut ist, für dieselbigen das Leben lassen, auch sich gar nicht daran kehren was etliche Hirten ihnen Leides anthun, weil sie den Erzhirten allein ehren und fürchten und dessen Wert bewahren. Dieser Erzhirte wird erscheinen. Er wird einmal kommen, er wird sich einmal offenbaren. Solches ist den treuen Hirten zum Trost gesagt, auf daß sie nicht laß werden, sondern beharren. Solche Verheißung erhebt den gesunkenen Muth, stärkt den schwachen Glauben und macht wieder beherzt, fröhlich und unverzagt. Ist doch die Zahl der falschen Hirten, der Miethlinge, der Diebe, die da kommen um zu fehlen und zu schlachten: Legio. - Diese Hirten thun sich hervor als wären sie Diener des Erzhirten und in der Heerde läßt sich mancher Wolf erblicken, der sich verkleidet hat in ein Schaf. So werden denn treue Hirten von allen Seiten bedrängt; sie wissen indes, wer sie gesandt hat, aber in dem harten Kampf um den Glauben ist es, als sei der Erzhirte nicht mit, er hält sich wenigstens verborgen und läßt seine treuen Hirten gleichsam allein auf den Plan. Es scheint den Feinden, die die Schafe für sich erbeuten und sie schlachten wollen auch wirklich schlachten, zu gelingen; dagegen sind die treuen Hirten geachtet wie Verführer und wie Schlachtschafe und werden um des Erzhirten willen getödtet den ganzen Tag, und sind nur angewiesen auf des Erzhirten Wort. Diesem Worte glauben sie, es wird aber nichts gesehn eine Zeit lang als das Gegentheil; nun sagt aber der Apostel, daß er sich offenbaren wird. Er wird also kommen zu einer Zeit und Stunde, welche die Feinde nicht vermuthet haben, sogar für die Stunde ihres vollkommenen Sieges halten werden. - Und wenn er sich offenbaren wird, bringt er für seine treuen Hirten die Krone mit, die Krone dafür, daß sie mit ihm hienieden gelitten und geduldet haben. Falsche Hirten krönen hienieden sich selbst und sich untereinander und die Krone Derer, die da wirklich herrschen mit dem Wort, wird von ihnen in den Staub getreten. Treue Hirten tragen hier durchweg eine Dornenkrone und Ketzermütze; aber wenn der Erzhirte kommt, bringt er für sie die Krone mit, die er für sie gekauft mit seinem Blut; die unverwelkliche Krone - das ist die ewige Seligkeit, die ewige Freude des Herrn mit allen seinen Auserwählten. Was haben denn die falschen Hirten gewonnen, die sich unter einander gekrönet haben - und wäre es auch mit einer dreifachen Krone? Oder was haben alsdann die treuen Hirten verloren, die Alles in die Schanze geschlagen und Alles verlassen haben, die ihre Hälse dran gewagt und ihr eigen Leben nicht geliebt aus Ehrfurcht vor ihrem Erzhirten und seinen Befehlen und aus Liebe zu dem Wohle der Schafe? Was ja sichtbar ist, was irdisch ist, was hienieden glänzt und schimmert, sei es auch vor den Augen noch so begehrlich - es verwelkt wie des Grases Blume, wenn die Sonne aufgeht mit ihrer Hitze. Vor dem Zorn des Erzhirten, vor seinem Glanz, vor seiner Herrlichkeit schwindet. Alles dahin, wenn er erscheinet. - Nichts von allem dem, womit man in dieser Welt beehrt wurde, geht mit hinüber; von den Würden, wie hoch sie auch gewesen, wird nichts Geltung haben vor dem Erzhirten. Dieser wird nur eine Schafe kennen und keine anderen Hirten, als wie er sie gemacht, die Hirten gewesen sind nach seinem Wort, und nur auf Eine Krone ihr Augenmerk gehabt haben auf die Krone, die er für sie mitbringt, die Krone der Gerechtigkeit, das ist die Krone der Ehre. Und ob nun treue Hirten um des Erzhirten willen und weil sie die Schafe und die Weide nicht haben verrathen wollen um irdischer Ehre willen, von falschen Hirten also geschmäht und geschändet worden sind, daß sie betrachtet wurden als aller Leute Fegopfer, was thut es zur Sache? Wenn der Erzhirte erscheint, werden alle beschämt stehen und mit ewiger Schande bedeckt werden, die die Ehre der Menschen lieber hatten, denn die Ehre Gottes; dagegen geht alsdann für die treuen Hirten wie auch für alle treuen Bekenner die ewige Ehre an, welche wir am liebsten beschreiben mit den hehren Worten, womit unser Glaubensbekenntniß schließt: „Dann werden die Bücher (das ist die Gewissen) aufgethan und die Todten gerichtet werden nach dem sie in dieser Welt gethan haben, es sei gut oder böse. Ja, die Menschen werden Rechenschaft geben von einem jeglichen unnützen Wort, daß sie werden geredet haben (was die Welt freilich für Scherz und Zeitvertreib hält) und dann wird alles Verborgene der Menschen und alle ihre Unlauterkeit offenkundig vor Allen aufgedeckt werden. Und darum ist das Gedächtniß dieses Gerichtstages mit Recht schrecklich und furchtbar für die Bösen und Gottlosen, aber sehr erwünscht und trostreich für die Frommen und Auserwählten; denn als dann wird ihre Erlösung vollkommen zu Stande gebracht und fiel werden davon tragen die Frucht ihrer Arbeit und Mühsal, die sie erduldet, ihre Unschuld wird öffentlich anerkannt werden und sie werden schauen die schreckliche Rache Gottes über die Gottlosen, die sie mit Uebermuth behandelt, gedrückt und gequält haben in dieser Welt. Der Sohn Gottes wird ihre Namen bekennen vor seinem Gott und Vater und vor seinen auserwählten Engeln - alle Thränen wird er abwischen von ihren Augen. Ihre Sache, die in dieser Zeit von vielen Richtern und Obrigkeiten als ketzerisch und gottlos verdammt wird, wird anerkannt werden als die Sache des Sohnes Gottes. Und zur gnädigen Vergeltung wird der Herr ihnen eine solche Herrlichkeit zu eigen geben, wie sie nie in eines Menschen Herz und Gedanken aufgekommen ist. Darum sehnen wir uns auch nach diesem großen Tage mit großem Verlangen um völlig zu genießen die Verheißungen Gottes in Christo Jesu unserm Herrn. Ja, komm Herr Jesu!“

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