Körber, Emil - Ölblatt - Das Pfingstfest der Heiden.
(Pfingsten 1872)
Text: Apostelg. 10,42-48.
Der Herr hat uns geboten zu predigen dem Volk, und zu zeugen dass er ist verordnet von Gott ein Richter der Lebendigen und der Toten. Von diesem zeugen alle Propheten, dass durch seinen Namen Alle, die an ihn glauben, Vergebung der Sünden empfangen sollen. Da Petrus noch diese Worte redete, fiel der heilige Geist auf Alle, die dem Wort zuhörten. Und die Gläubigen aus der Beschneidung, die mit Petro gekommen waren, entsetzten sich, dass auch auf die Heiden die Gabe des heiligen Geistes ausgegossen ward. Denn sie hörten, dass sie mit Zungen redeten, und Gott hoch priesen. Da antwortete Petrus: Mag auch Jemand das Wasser wehren, dass diese nicht getauft werden, die den heiligen Geist empfangen haben, gleichwie auch wir? Und befahl, sie zu taufen in dem Namen des Herrn. Da baten sie ihn, dass er etliche Tage da bliebe.
So, meine Lieben, darf der Glaube singen und triumphieren am heutigen Pfingstfeste. So ist es in der Tat und Wahrheit: lieblich stehen hoch über unsern Häuptern die Himmelshöhn, seit Jesus Christus, unser Herr und Heiland, unser Versöhner und Erlöser, unser König und Hohepriester in Ewigkeit sich zur Rechten des Vaters gesetzt hat in himmlischer Glorie und Majestät auf den Thron der Herrlichkeit, und auf Erden durch die Ausgießung des heiligen. Geistes seine Gemeinde gegründet hat, welche die Pforten der Hölle nicht überwältigen werden. Ja lieblich stehen hoch über unsern Häuptern die Himmelshöhn! Der Himmel ist nun nicht mehr verschlossen, sondern aufgetan! Ein lebendiger, neuer Weg. führt zum Thron des Vaters, zum Thron der Barmherzigkeit und Gnade, zu welchem mit Freudigkeit hinzunahen alle Versöhnten und Erlösten des Herrn. Der Himmel ist aufgetan! Das obere Heiligtum steht offen, vom Vater und Sohn geht aus der Geist der Gnade und des Gebets, der Geist der Kraft, der Liebe und der Zucht auf Alle und in Alle, die darum bitten; die Kräfte und Güter der oberen Welt kommen herab und. himmlischer Friede steigt sanft und mild hernieder in die friedelosen und kummervollen Herzen, die danach dürften. Der Himmel ist aufgetan! Droben ist nun unsere Heimat, droben unser Vaterland, droben unser Bürgerrecht im Land des Lichts; und von allen Seiten, aus allen Völkern und Ländern sieht man nun Pilgrime wandern auf dem schmalen Pfade zum Kleinod der himmlischen Berufung, zum Erbteil der Heiligen. im Licht. Ja es ist so: lieblich stehen hoch über unsern Häuptern die Himmelshöhn.
Aber steht es auch lieblich auf Erden! Sieht es auch lieblich aus bei den Völkern, in den Kirchen, in den Häusern, in den Herzen? Steht es lieblich in deinem Herzen? In meinem Herzen? Ist bei uns der Pfingstgeist eingezogen, ist bei uns ein pfingstliches Leben zu schauen? O Geliebte, wollen wir die Wahrheit sagen, so müssen wir bekennen: im Großen und Ganzen sieht es gar nicht lieblich auf Erden aus. Da ist so. viel Sünde, Jammer, Elend und Not an allen Ecken und Enden; da ist so viel Blutvergießen, Streit und Zwietracht allenthalben, so viel Kampf und Hader auch in der Kirche des Herrn, so viel Unglaube, Feindschaft und Verachtung des göttlichen Wortes. Und auch in unsern Herzen sieht es vielfach gar nicht lieblich aus. O die Sünde hat unsere Gestalt hässlich gemacht, Leib und Seele verderbt; Viele von uns haben sich. noch nicht gründlich bekehrt zu dem Hirten und Bischof ihrer Seelen, und darum sieht es nicht lieblich bei ihnen, sondern recht betrübt und traurig aus. Ach, dass wir das doch recht erkennen möchten und uns die Augen aufgingen, dass wir doch fleißig rufen und schreien möchten um die Gabe des heiligen Geistes, dass es auch in unserem Herzen und Leben pfingstlich werden möchte! Dazu möge die Betrachtung unseres heutigen Textes recht gesegnet sein. Hier wird uns das erste Pfingstfest in einem heidnischen Hause erzählt. Petrus war bei dem Hauptmann Cornelius eingekehrt. Die ganze Familie des Hauptmanns, seine Verwandten und Freunde waren versammelt, um das Evangelium anzuhören. Da tat Petrus seinen Mund auf und hielt eine ernste, gewaltige Predigt. Sein Wort war reich gesegnet. Denn während er noch redete, fiel der heilige Geist auf Alle, die dem Worte zuhörten: sie redeten mit Zungen und priesen Gott hoch.
Bei diesen Gedanken wollen wir noch länger verweilen und unter Gottes Segen betrachten
das Pfingstfest der Heiden im Hause des Cornelius,
- die Pfingstpredigt,
- die gesegnete Wirkung derselben.
Herr Jesu, du erhöhtes und verklärtes Haupt deiner Gemeinde, lass das Wehen deines Geistes recht kräftig in uns sein, und schenke uns Allen ein reich gesegnetes Pfingsten! Amen!
I.
Die Predigt, welche der Apostel Petrus im Hause des Cornelius hielt, ist vor allem eine ernste, gewaltige, in Herz und Gewissen einschneidende Predigt, eine Predigt des Gerichtes zur Buße. „Der Herr hat uns geboten zu predigen dem Volk und zu zeugen, dass er ist verordnet von Gott ein Richter der Lebendigen und der Toten.“ So heißt es gleich im Anfang unseres Textes. Das sind ernste und erschütternde Worte, Worte, die durch Mark und Bein dringen und ganz dazu angetan sind, die Menschen aus ihrer Sicherheit und Gleichgültigkeit, aus ihrem Leichtsinn aufzuwecken. Aber, könnten wir sagen, passen denn auch solche Worte, passt solche Predigt des Gerichts und der Buße auf das Pfingstfest, das liebliche, schöne, freundliche Fest? Da möchten wir am liebsten Lauter Gutes und Süßes, lauter Liebliches und Freundliches, lauter Himmel und Seligkeit, lauter Trost und Erquickung hören: das wäre unsern Herzen angenehm. Ja freilich! Aber Gott wäre das nicht wohlgefällig! Der Herr verlangt von seinen Knechten die Predigt des Gerichts zur Buße. Hat nicht gerade am ersten Pfingstfeste in Jerusalem Petrus auf die Frage der Leute: was sollen wir denn tun? die ernste Antwort gegeben: tut Buße! so werdet ihr empfangen die Gabe des heiligen Geistes. Und heute wieder, in unserem Texte, da die Heiden Pfingsten feiern im Hause des Cornelius, heute wiederum predigt derselbe Petrus das Gericht und die Buße: der Herr hat uns geboten, spricht er, zu predigen dem Volk und zu zeugen, dass er ist verordnet von Gott ein Richter der Lebendigen und der Toten.
Was bedürfen wir weiter Zeugnis? Da seht ihr ja klar und deutlich, dass die Prediger, wenn sie Knechte des Herrn sein wollen, Buße predigen müssen, das heilige Gericht Gottes zur Buße und Bekehrung, auch wenn es ihnen ganz gegen das Herz ist. Das ist des Herrn heiliger und ausdrücklicher Wille: „Er hat es uns geboten.“ Wir können den Weg des Lebens nicht leichter und breiter machen, wenn wir nicht als falsche Zeugen wider Gott erfunden werden wollen. So will ich denn auch heute als ein gehorsamer Knecht meines Herrn es also halten mit der Predigt, ich will laut rufen, und bezeugen einem Jeden mit feierlichem Ernste, ohne Menschenfurcht und Menschengefälligkeit, mit Freimütigkeit und herzlicher Liebe: O Seelen, tut Buße und bekehrt euch zum Herrn! Ihr alle, die ihr den Herrn noch kennt und liebt, kehrt euch doch einmal ab von der Sünde, von der Welt mit ihrer vergänglichen Lust und Eitelkeit; wandelt nicht länger auf dem breiten Wege, der zur Verdammnis abführt. Lasst eure Herzen auch nicht länger geteilt sein zwischen Gott und Welt, zwischen Christus und Belial, sondern schenkt eure Herzen ganz und ohne Rückhalt dem, der euch bis in den Tod geliebt hat. O lasst doch nicht einen Sonntag um den andern, ein Pfingstfest um das andere vorübergehen ohne Buße und ohne Bekehrung von den Sünden. Lasst uns am heutigen Feste vor den Thron des Vaters treten und recht herzlich und demütig bitten um den Geist der Buße und des Glaubens. Wir wollen es ja nicht hinausschieben! Wer weiß, ob wir das nächste Pfingstfest noch erleben? Unsere Zeit ist kurz, unser Leben fließt dahin, unsere Tage vergehen wie ein Traum. Bald schlägt die Stunde, da wir vor den Richterstuhl Christi treten müssen; denn „Er ist verordnet von Gott ein Richter der Lebendigen und Toten!“ O Mensch! es gibt ein Gericht! Es gibt einen Tag des Gerichts, an welchem Gott richten wird das Verborgene der Menschen durch Jesum Christum. Dein Geiz, deine Habsucht, deine Unreinheit, deine Fleischeslust, deine Wollust, deine Unmäßigkeit im Essen und Trinken, deine Kleiderpracht, deine Eitelkeit, deine Augenluft, deine Hoffart, dein stolzes, übermütiges, absprechendes Wesen, deine Gefallsucht, dein eitles Gerede und Geschwätz, dein Hader, Zank, Neid und Streit, deine Bosheits- und Schwachheitssünden, deine offenbaren und geheimen Sünden - Alles, Alles wird, o Mensch! ans Licht gezogen und gerichtet werden an dem Tage des Zorns und der Offenbarung des gerechten Gerichtes Gottes, welcher geben wird einem Jeglichen nach seinen Werken. O das ist ernst!
Aber freilich die Welt glaubt das nicht, sie will das nicht erkennen, denn sie will nicht Buße tun. Sie lacht und spottet lieber, sie tändelt und scherzt und tanzt im Bunde mit der Sünde auf dem breiten Wege; sie bläht sich auf in Selbstgerechtigkeit und meistert Gott und dünkt sich eine Königin zu sein, die Alles richtet und von Niemand gerichtet wird; sie rühmt ihre Tugend und ihren Fortschritt, sie weist ihre Adelsbriefe vor, die doch zerrissen, beschmutzt und befleckt sind von der Sünde. O meine Lieben, wollen wir es auch so machen? Ach nein! Lasst uns Buße tun und uns beugen vor Gott im Staub und in der Asche, und demütig fliehen zu seinem Sohn, bei welchem Vergebung aller Sünden zu finden ist. Wer auf Erden sich selbst richtet in der Bekehrung, der wird nicht gerichtet, der hat das Gericht Gottes nicht zu fürchten; wer aber beharrt in Unbußfertigkeit, über dem bleibt der Zorn Gottes, und schrecklich ist es, in die Hände des lebendigen. Gottes zu fallen.
Die Pfingstpredigt ist eine ernste Predigt des Gerichts zur Buße; aber sie ist auch für Alle, die Buße tun, eine liebliche Predigt der Gnade zum Leben. Der Apostel Petrus hat in dem Hause des Cornelius nicht bloß das Gericht Gottes verkündigt, nicht bloß zur Buße gerufen, nein, er hat auch die Gnade und das Erbarmen seines Herrn und Heilandes verkündigt. Von diesem zeugen alle Propheten, dass durch seinen Namen Alle, die an ihn glauben, Vergebung der Sünden empfangen sollen.“ O was ist das für ein köstliches, herrliches, seliges Zeugnis der Propheten von Christo! Und alle stimmen zusammen und bezeugen dasselbe! Und zu dem einstimmigen Zeugnis der Propheten kommt der Apostel einstimmiges Zeugnis, dass in Christo Vergebung der Sünden zu finden ist. Freue dich, mein Herz! Sei fröhlich, meine Seele, über dieses Zeugnis der Propheten und Apostel und aller evangelischen Prediger zu allen Zeiten! Lobt und preist den Namen des Herrn! Barmherzig und gnädig ist der Herr, geduldig und von großer Güte; Er will nicht den Tod des Sünders, sondern dass er sich bekehre und lebe, dass er erlöst und versöhnt sei. durch das Blut seines lieben Sohnes. Also hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingebornen Sohn gab, auf dass Alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben. Das ist je gewisslich wahr und ein teures, wertes Wort, dass Christus Jesus gekommen ist in die Welt, Sünder, reuige, bußfertige, leidtragende, weinende Sünder selig zu machen. Ja Vergebung der Sünden sollen empfangen durch Seinen Namen Alle, die an ihn glauben. Habt ihrs gehört, ihr bußfertigen, bekümmerten und leidtragenden Seelen, dass wir Vergebung der Sünden, aller Sünden, auch der schwersten Sünden empfangen! Vergebung der Sünden! was liegt doch in diesem kostbaren Worte für eine Fülle seligen Gottestrostes und himmlischer Erquickung für unsere armen, franken Herzen? Wo Vergebung der Sünden ist, da ist Leben und Seligkeit. Wie köstlich ist es doch, Vergebung der Sünden haben, besprengt sein im Herzen mit dem Blute Jesu und los vom bösen Gewissen in sanftem, stillem Geiste der ewigen Heimat zupilgern! Darum hat ein frommer Jünger des Herrn gesagt: Mein Hauptgesuch auf Erden soll die Vergebung werden nicht Geld und Gut, nicht Reichtum und Ehre, nicht Wollust des Fleisches, nein
Mein Hauptgesuch auf Erden
Soll die Vergebung werden,
So ist mein Tod nicht schwer.
Ach in den Sünden sterben,
Ist ewiges Verderben,
Und wer wird dann bestehen, wer?
„Diese Vergebung der Sünden empfangen durch Seinen Namen Alle, die an ihn glauben.“ Im Herrn Geliebte, kennt ihr diesen Namen aus Erfahrung, diesen teuren, holdseligen, lieblichen Namen, in dem schon so viele Hunderte und Tausende Vergebung der Sünden empfangen haben und selig entschlafen sind? Kennt ihr den Namen, der über alle Namen ist? Er heißt Jesus Christus, Helfer, Heiland, Seligmacher; der eingeborne Sohn vom Vater, voller Gnade und Wahrheit; das Lamm Gottes, das der Welt Sünde trägt; der himmlische Arzt, der gekommen ist, Kranke, Sieche, Elende zu heilen und von allen Schäden gesund zu machen; der gute Hirte, der den verlorenen Schafen in die Wüste dieses Lebens nachgeht und nicht ruht, bis er sie findet, und wenn er sie gefunden hat, nimmt er sie mit Freuden auf seine Achseln und trägt sie heim ins Vaterhaus. Siehe, das ist sein Name! Gibt es einen lieblicheren, seligeren Namen im Himmel und auf Erden? Nein! Es ist in keinem Andern Heil, ist auch kein anderer Name den Menschen gegeben, darinnen wir sollen selig werden, als allein der Name Jesus. Du magst die ganze Erde durchwandern, alle Länder durchziehen, alle Völker und Nationen besuchen, in ihre Hütten und Paläste, in ihre hohen und niederen Schulen treten nirgends wirst du einen Heilands-Namen finden. Du findest wohl weise Könige und Fürsten, Ratgeber, Dichter, Philosophen, Kriegshelden, aber keinen Heiland. Und wenn du von Süden nach Norden ziehst und von Osten nach Westen und bis an die Enden der Erde es ist umsonst. Ja wenn du Jahrzehnte, Jahrhunderte und Jahrtausende zurückwanderst und alle Namen vor deinem Geiste vorüberziehen lässt - es ist umsonst! Jesus ist der schönste Name, der teuerste Name, ein seligmachender Name!
Wir betrachten
II.
die gesegnete Wirkung der Pfingstpredigt des Apostels.
O Jesu, dass dein Name bliebe
Im Grunde tief gedrücket ein!
Möcht deine süße Jesusliebe
In Herz und Sinn gepräget sein!
Im Wort, im Werk und allem Wesen
Sei Jesus und sonst nichts zu lesen.
Eine solche Predigt hatte Cornelius noch nie gehört, solche Worte heiligen Ernstes und himmlischer Liebe waren noch nie in seine und der übrigen Zuhörer Seele gedrungen. Darum. war auch jetzt die Wirkung eine reich gesegnete und gewaltige.
„Während Petrus noch redete, fiel der heilige Geist auf Alle, die dem Wort zuhörten.“ Niemand von der ganzen Versammlung blieb ungesegnet. Sie redeten mit Zungen in fremden, nie gelernten Sprachen, wie am ersten Pfingstfeste die Apostel in Jerusalem sie priesen Gott hoch, und bekamen eine solche Liebe zum Herrn und seinem Boten, dass sie den Apostel Petrus baten, er möge noch einige Tage bei ihnen bleiben; so groß war ihr Hunger und Verlangen nach dem Wort des Lebens.
Noch heute hat das Wort Gottes, wenn es mit Geist und Kraft gepredigt wird, eine gesegnete Wirkung in den Herzen, noch heute ist das Evangelium lebendig und kräftig, eine Kraft Gottes, selig zu machen und zu neuen Geistesmenschen umzuwandeln Alle, die daran glauben; noch heute lässt es sich nicht unbezeugt, es ist ein Hammer, der Felsen zerschmeißt, eine göttliche Arznei, die alle Wunden heilt; noch heute hat es auch die Starken zum Raube. Freilich die Geisteswirkungen sind nicht so in die Augen fallend, wie bei diesen Erstlingen der Christenheit; aber sie sind doch vorhanden und wirklich vorhanden, bei allen denen, die das Wort Gottes, die Predigt des Evangeliums im Glauben annehmen und sich ernstlich zur Buße und Belehrung treiben lassen. Wie Viele haben schon seit dem ersten Pfingstfeste mit andern Zungen reden gelernt, mit Zungen, die der sündigen Natur fremd und ungewohnt sind: statt der Sprache des Fluchens und Scheltens die Sprache des Segnens und Liebens; statt der Sprache des Murrens und Klagens die Sprache des Lobens und Dankens, auch mitten in Trübsal und Leiden und Ungemach; statt der Sprache des Zornes und Zankes die Sprache der Sanftmut und des Friedens; statt der Sprache des Hochmuts und der Anmaßung die Sprache der Selbstverleugnung und Demut; statt der Sprache der Unreinheit und Unkeuschheit die Sprache der Zucht und Keuschheit. Wie Viele, die vorher gewohnt waren zu spotten und zu lästern und ihre Zunge sündlichen und schändlichen Gesängen zu weihen, haben beten und geistliche, liebliche Lieder singen gelernt!
Aber, Geliebte, nun ist die Frage: wie steht es bei uns mit diesen Geisteswirkungen? O da möge doch ja Keines an das Andere denken, sondern ein Jedes an sich selbst. Wie steht es bei mir? wie steht es bei dir mit der Gabe und Wirkung des heiligen Geistes? Es haben gewiss gar Manche unter uns die Gabe des heiligen Geistes empfangen, und sind mit Kraft aus der Höhe angetan worden, und wandeln im neuen Wesen des Geistes. Aber es sind auch noch gar Viele da, in welchen der Welt- und Zeitgeist die Oberhand hat, der Geist der Gleichgültigkeit, Trägheit und Unempfänglichkeit für das Göttliche. Da will mich eine tiefe Wehmut ergreifen, und der heiße Wunsch und das innige Gebet steigt in meiner Seele auf:
Herr, sieh dies Volk in Gnaden an! Taufe uns Alle mit dem Geist aus der Höhe; lass dein himmlisches Feuer entzündet werden in unsern Herzen, das Feuer der Liebe, des Glaubens und der Hoffnung. Herr, gib uns ein Pfingsten, gib dieser O Gemeinde ein Pfingsten, gib jeder Seele ein Pfingsten! Lass es Frühling werden in unsern kalten, erstorbenen Herzen; lass nicht Eines in dieser Versammlung ungesegnet von dannen gehen; bewege die Stätte und lass das Wehen deines Geistes uns spüren!
Wie herrlich wäre es, wenn auch in unsern Herzen und Familien eine solche Veränderung stattfände, wie im Hause des Hauptmanns Cornelius; wenn eine neue Sprache eingeführt würde in unsern Häusern, die Sprache der Liebe, der Sanftmut, der Demut, der stillen Geduld, des Friedens, der Eintracht, der Gerechtigkeit und Wahrheit, der Treue und Keuschheit.
wie herrlich wäre es, wenn wir Gott, unsern Herrn, hoch preisen lernten, wie es in unserem Texte heißt, wenn wir fröhliche, dankbare Herzen bekämen, die loben und danken in guten und in bösen Tagen. Wie herrlich wäre es, wenn auch in uns eine solche Liebe zum Herrn, zu seinem Wort und der Predigt desselben entzündet würde, dass wir den Herrn bäten, wie jene Leute Petrus baten: bleibe bei uns! nicht nur etliche Tage, nein, alle Tage unsrer Pilgerschaft bis an unser Ende, bis wir daheim sind bei dir, wo uns nichts mehr scheiden und trennen kann.
Ach bleib mit deiner Gnade
Bei uns, Herr Jesu Christ,
Dass uns hinfort nicht schade.
Des Bösen Feindes List!
Ach bleib mit deinen Worten
Bei uns, Erlöser wert,
Auf dass uns hier und dorten.
Sei Güt und Heil beschert!
Ach bleib mit deinem Segen
Bei uns, du reicher Herr;
Heil, Gnad und all Vermögen.
Reichlich in uns vermehr!
Ach bleib mit deinem Frieden
Bei uns auch noch im Tod,
Und sprich uns zu, den Müden:
Ihr seid versöhnt mit Gott!
Amen.