Koch, Friedrich - Was sagt die Heilige Schrift über die rechte Opferwilligkeit und die Art ihrer Ausführung?

Koch, Friedrich - Was sagt die Heilige Schrift über die rechte Opferwilligkeit und die Art ihrer Ausführung?

Vortrag, gehalten auf der jährlichen Konferenz des Bundes der freien evangelischen Gemeinden und Gemeinschaften in Barmen am 11. Juni 1885.

Liebe Brüder! Das Thema, über welches ich einleitend zu referieren habe, erinnert uns klar und bestimmt an Pflichten, die wir dem HErrn gegenüber haben und da es eine bekannte Tatsache ist, dass man im Allgemeinen nicht so gerne von den Pflichten etwas wissen will, wie von den Rechten, so halte ich es für nötig, daran zu erinnern, dass wir den HErrn bei der Betrachtung dieses Themas im Stillen in ganz spezieller Weise um Seinen Segen bitten, sowohl in Bezug auf das Reden, als auch auf das Hören.

Es sind besonders zwei Abwege, auf die man bei der Behandlung des gegebenen Themas leicht geraten kann. Der eine ist der, dass man die Pflichten zu Lasten macht und das sollen sie doch nimmer sein; der andere ist der, dass man sie ihres von Gott gewollten Ernstes entkleidet, also, dass man dem natürlichen, selbstsüchtigen Wesen Zugeständnisse macht, die der HErr ihm verweigert und dieses ist selbstverständlich gleichfalls vom Übel. Der HErr wolle uns über diese Schwierigkeiten durch die Hilfe Seines Heiligen Geistes hinweghelfen.

Drei Punkte sind es insonderheit, an die sich unsere Ausführungen anlehnen sollen. Ich gebe dieselben anknüpfend an eine kurze Geschichte, die sich in einem Neger-Missions-Verein in Westindien zutrug. Die Mitglieder desselben fassten einstimmig die drei folgenden Beschlüsse:

  1. Jeder von uns soll etwas geben.
  2. Wir geben alle nach dem uns verliehenen göttlichen Segen.
  3. Wir geben aus willigem Herzen.

Nun setzte sich sogleich einer der Angesehensten an einen Tisch und ergriff die Jeder, um die Geber so wie die Gabe eines Jeden aufzuzeichnen. Es war ein großer Zudrang und fast alle brachten nach Vermögen ihre Beiträge freudig dar. Unter ihnen befand sich auch ein wohlhabender Neger, der dem Sekretär eine kleine Silbermünze überreichte. „Nehmt euer Geld zurück“, sagte dieser, „euer Beitrag entspricht zwar unserm ersten Beschluss, aber nicht dem zweiten.“ Der reiche Kauz nahm hierauf sein Geld und kehrte sehr beleidigt auf seinen Platz zurück, von wo aus er sehen konnte, dass alle die, welche sich dem Tisch näherten, reichlichere Gaben spendeten, als die von ihm dargebotene. Er wurde darüber beschämt, eilte wieder zu dem Sekretär und sagte, indem er ihm ein großes Goldstück überreichte, doch in gereiztem Tone: „Kann dieses wohl gehen?“ „Nein“, erwiderte jener, „noch nicht; denn wenn es auch mit den beiden ersten Beschlüssen stimmt, so entspricht es doch dem dritten nicht.“ Der Geber nahm demnach sein Geld zurück und noch mehr erzürnt als das erste Mal, setzte er sich wieder nieder, bis er endlich voll Rührung über die Freigebigkeit seiner Genossen zum drittenmal dem Schreiber sich näherte und ihm mit freudiger Gebärde eine beträchtliche Summe darbot. „Nun kann es gehen“, sprach hierauf der Schatzmeister, „ denn jetzt sind unsere drei Bestimmungen erfüllt.“

Ich denke, diese drei Punkte entsprechen ganz den Bestimmungen der Heiligen Schrift.

Wir wissen, dass der HErr die Israeliten verpflichtete, zur Darbringung von Opfern. Opfern, im Sinne der Heiligen Schrift, bedeutet eine Gabe vor Jehova bringen, zum Zweck der Verbindung mit ihm und weiter zum Zweck der Erhaltung dieser Verbindung. Die Opfer entspringen einem tiefgefühlten Bedürfnis der menschlichen Natur, aus dem Gefühl der Abhängigkeit von der Gottheit und ihre Darbringung ist deshalb allgemein, im Heidentum wie im Judentum.

In ersterem erscheinen sie als ein schuldiger Tribut, als eine Abfindung zur Zufriedenstellung der Gottheit; in letzterem sind sie ein Hinweis auf das eine wahrhaftige Opfer, welches von Gott gebracht werden sollte und gebracht worden ist, in Jesu Christo unserm HErrn. In diesem Blick nahm Gott alle Darbringungen, blutige wie unblutige, die Ihm seitens der Menschen zugewandt wurden, an; Er nahm sie desto lieber an, je mehr sie sich als Glaubensgabe erwiesen und in Hinsicht auf die große unaussprechliche Gabe Seinerseits, die da ist Christus Jesus unser HErr. Wir sehen gemäß unserem Thema natürlich für die heutige Betrachtung gänzlich von den blutigen Opfern (Sündopfer, Schuldopfer, Brandopfer) ab, suchen indes an der Hand der göttlichen Einrichtungen Alten Testaments in Bezug auf die unblutigen Darbringungen seitens Israels einige Winke zu gewinnen in Bezug auf die Handreichung der Liebe, die der HErr von den Seinen fordert.

Was den ersten der vorgenannten drei Punkte: „Jeder soll etwas geben“ betrifft, so redet, denke ich, der HErr darüber zu Israel eine ganz deutliche Sprache. Er verpflichtete es z. B. zur Entrichtung der Erstlinge.

Jeder selbstständige Israelit war gehalten, diese zu entrichten. Von allen Erzeugnissen, vorzugsweise des Bodens, mussten sie gebracht werden, ja auch die Erstlinge der Menschen waren dem HErrn geweiht. Wir sehen auch 1. Mose 4,4 die ersten Söhne Adams ihre Erstlinge Gott darbringen. Dort war es wohl noch selbstverständlicher, natürlicher Ausdruck des Abhängigkeitsgefühls von Gott; später war es ausdrückliche Bestimmung (2. Mose 22,29.30; 2. Mose 34,26). Auch bei andern Völkern des Altertums (wohl bei den meisten) findet sich die Sitte, das Erste und Beste, was der Boden an Früchten getragen hatte, der Gottheit, deren Segen man den Ertrag der Felder und Bäume zu verdanken hatte, darzubringen. Wenn Israel dieser Bestimmung nicht nachkam, so wurde es hart für diese Versündigung gestraft. Der Ausspruch Gottes in Jeremia 2, Vers 2 und 3 ist in dieser Beziehung deutlich: „Ich denke noch an deine Treue zu deiner Jugendzeit, an deine zarte Liebe zu der Verlobungszeit, da du hinter mir hergingest durch die Wüste, durch unangebautes Land. Da war Israel Jehova heilig und seiner Früchte Erstling. Jeder, der sie aß, musste dafür büßen, Unglück kam über ihn, spricht Jehova.“

Der HErr wollte gleichsam gemeinsam mit Israel genießen, was Er ihm zuvor gegeben. Zuerst indes sollte es sich daran erinnern, dass es dem HErrn allen Segen verdanke und dieser Erkenntnis Ausdruck geben durch die Darbringung des Ersten und Besten; darnach sollte es auch sicher und froh den Erntesegen genießen und sich daran erfreuen.

Ferner waren die Israeliten verpflichtet zur Entrichtung des Zehnten.

Jeder Israelit, der ein Einkommen hatte, war gehalten, diesen zu geben. Nach den Bestimmungen des Gesetzes musste er entrichtet werden von der Saat des Bodens, der Frucht des Baumes, von allem Großvieh und Kleinvieh, allem was unter dem Stab ging. 3. Mose 27,30 u. 32. - Das dritte Jahr hieß das Zehntjahr, in welchem noch ein besonderer Zehnte, der sogenannte Armenzehnte abgesondert und entrichtet wurde. 5. Mose 26 12 u. 5. Mose 14,28.

Noch kommt eine Abgabe vor, zu deren Entrichtung ebenfalls jeder selbstständige Israelit verpflichtet war. Dies war die allgemeine Abgabe zum Bau und Unterhalt der Stiftshütte und später des Tempels. Sie war für jeden Israeliten die gleiche; ob einer arm war oder reich, er hatte nach 2. Mose 30,12-17 einen halben Sekel zu entrichten. Vgl. 2. Chronik 24,6 u. 9.

Alle diese Gaben gehörten im Grunde genommen dem HErrn. 3. Mose 27,30, vgl. 1. Mose 14,20 u. Hebräer 7,1-4. Durch ihn empfingen sie dann die Leviten, die kein Erbteil im Land bekamen, weil der HErr ihr Erbteil war. Mit ihnen erhielten die Priester ihren Anteil, außer diesen die Armen und daneben dienten sie dann noch, wie wir sahen, zum Bau und Unterhalt der Stiftshütte und später des Tempels. Der Zweck dieser damaligen, jeden Israeliten verpflichtenden Abgaben entspricht also im Ganzen dem, den die heutige Handreichung der Liebe des neutestamentlichen Israels zu erreichen bestrebt sein soll.

Wir fragen nun aber: Warum verpflichtete der HErr und weshalb Jeden? - Die Antwort kann gegeben werden mit der Gegenfrage: Was hast du aber, dass du nicht empfangen hast? - Also aus Gründen der Dankbarkeit war jeder Israelit verpflichtet zu den genannten Darbringungen und, fügen wir hinzu, nicht nur jeder Israelit, sondern jeder Mensch; denn wer ist wohl unter den Menschenkindern zu nennen, der keine Ursache zur Dankbarkeit gegen Gott, den HErrn habe? - Aller Augen warten auf den HErrn, dass Er ihnen Speise gebe zu seiner Zeit; Er tut Seine milde Hand auf und sättigt alles, was lebt mit Wohlgefallen. - Ja, die Dankbarkeit ist der Mutterschoß, aus dem heraus die rechte Opferwilligkeit geboren werden soll. So lehrt die Heilige Schrift Alten Testaments und sollte wohl diese Grundregel im neuen Testament nicht mehr maßgebend sein? Gewiss ist sie das und wird es bleiben, solange noch Zeit und Gelegenheit zum Darbringen ist. Der Apostel Paulus sagt denn auch den Christen seiner Zeit, und mit diesen den Christen aller Zeit ganz deutlich in 1. Korinth. 16,2, und dem Sinne nach noch an vielen andern Stellen: Ein Jeder gebe, ein Jeder lege zurück. Darum, wer dem Worte Gottes Glauben schenken will, der wird nicht umhin können, diesen Satz, den auch die Neger in Westindien begriffen hatten, gerechtfertigt zu finden: „Jeder soll etwas geben.“

Eine weitere Frage würde nun die sein: Wie viel soll denn gegeben werden? - Da däucht mir denn, haben jene Neger in Westindien ebenfalls die richtige Antwort nach der Schrift auf diese Frage gegeben mit ihrem zweiten Beschluss: „Wir geben alle nach dem uns verliehenen göttlichen Segen.“

Ich denke, es ist klar, dass wenn die Dankbarkeit das Motiv zum Geben sein soll, diese Verpflichtung selbstverständlich wächst mit dem Maß der empfangenen Wohltaten.

Israel als Volk wurde von Gott im Vollmaß mit Wohltaten und Segnungen bedacht, im Verhältnis zu andern Völkern und darum konnte auch von ihm ein Vollmaß gefordert werden. Der HErr bringt denn auch oft diese Wohltaten dem Volk Israel in Erinnerung, wenn Er vom Geben redet und vorzugsweise die Wohltat seiner Erlösung aus Ägypten. Sei eingedenk, heißt es 5. Mose 24,18 und 22, dass du Knecht warst in Ägypten und Jehova, dein Gott, dich von dort erlöst hat; deswegen gebiete ich dir, dieses zu tun.

Warum verlangt nun der HErr von Israel gerade den Zehnten? Der Grund liegt in der sinnbildlichen Bedeutung der Zahl 10. Diese bedeutet überall die alle Grundzahlen in sich schließende Zahl der Vollzähligkeit, des Vollmaßes. Das mosaische Gesetz enthält 10 Gebote; zehn Aussätzige heilte der Herr zum Beweis, dass das Weil in Ihm ein vollständiges und universales sei; zehn Pfunde empfing der eine Knecht, als Fülle der verliehenen irdischen Gaben zum Handeln; die Kirche in ihrem vermischten Zustand wird durch zehn Jungfrauen repräsentiert; zehn Tage dauerte die Trübsal der Gemeinde in Smyrna, die die Kirche in ihrem leidenden Zustand darstellt, zum Beweis, dass die Tage des Leidens der Seinigen auch genau abgezählt seien; zehn Hörner hat das große Tier der Welt macht in seiner vollendeten Schlussform. Es ließe sich die Zahl der Beispiele noch vermehren, die den Beweis liefern können, dass die vorhin angedeutete symbolische Bedeutung der Zahl „10“ gerechtfertigt ist. Indes, es sei genug an diesen, und wir beantworten die Frage: Warum Gott gerade den Zehnten von Israel forderte, damit, dass wir sagen: Gott gab sich Israel ganz und so verlangte Er auch von diesem eine ganze Hingabe; diese aber wurde im Sinnbild ausgedrückt durch die Gabe des Zehnten!

Sollte der HErr nun von uns, dem neutestamentlichen Israel weniger verlangen und verlangen können? - Wir kennen auch ein Ägypten und eine Knechtschaft in demselben, und gewiss, diese Knechtschaft war drückender noch als die, unter der einst Israel seufzte; sie war Sklaverei. Wer Sünde tut, der ist der Sünde Sklave und die Fronvögte, die über solche Sklaven gesetzt sind, schwingen ihre Geißel noch härter und grausamer und unnachsichtlicher als jene ägyptischen es vermochten. Aber Gottlob, wir kennen auch, wenn wir glauben, eine Erlösung aus dieser elenden, trostlosen Lage und wie die Knechtung der Sünde eine weitaus härtere ist, als die Israels in Ägypten war, so ist auch unsere Errettung unvergleichbar herrlicher als jene. Jene geschah mit allmächtiger Hand und hatte als Ziel eine örtliche Versetzung mit zeitlichem und relativem Wohlsein; diese aber entquoll aus dem Innersten, dem Herzen Gottes, kostete die Hingabe Seiner selbst, das teure Blut Seines eingebornen geliebten Sohnes und hat als Ziel die vollkommene Freiheit in der Herrlichkeit und vor dem Angesicht des Vaters voller Gnade und Wahrheit. Kol. 1,12-14 und 22.

Man könnte mir sagen: Ja wohl, in Folge dessen, kraft dieser Erlösung zur Freiheit schon hienieden, sind wir frei von dem Buchstaben des Gesetzes und haben mit dem Zehnten nichts mehr zu tun. - Ganz wohl! Die erlangte Freiheit verpflichtet uns nach der Schrift auch nicht mehr grade zum Zehnten, aber deshalb auch nicht zu Weniger, sondern, so viel ich sehe, zu Mehr. Die Schrift verlangt von den Gläubigen eine volle und ganze Hingabe an den HErrn, der sie so teuer erkauft hat, und neutestamentliche Aussprüche fordern deshalb nicht den Zehnten, weil dieser, wie gesagt, unter Umständen viel zu wenig ist.

Gesetzt, es habe Jemand ein Einkommen von jährlich 10.000 Mark. Sollte es von einem solchen wohl zu viel verlangt sein, wenn er von diesen 1000 Mark im Jahre für Zweck des Reiches Gottes zu verwenden aufgefordert würde? - Schmerzliche Entbehrungen würden ihm durch diese Gabe wohl kaum verursacht werden können, höchstens einige Beschränkung im Hauswesen, an Ausgaben für Kleider, Feste rc. rc., kurz in der Lebensweise. Demgegenüber stehe Jemand mit einem Einkommen von nur 1000 Mark per Jahr, mit derselben Anzahl Kinder, wie der erste. Würden einem solchen durch einen Abzug von 100 Mark im Jahre nicht weit größere Beschränkungen erwachsen wie dem ersten? Würden nicht vielleicht dadurch hier und da Abzüge am geradezu zur Existenz Notwendigen gemacht werden müssen, was doch bei Jenem nicht der Fall sein könnte? - Ich denke, diese 100 Mark von 1000 werden jedenfalls auf der Waage des Heiligtums gewogen, oder mit dem Maß gemessen, welches der Heiland bei der Gabe jener Witwe in Markus 12 gebrauchte, an Gewicht und Größe jenen 1000 Mark von 10.000 gar bedenkliche Konkurrenz in Bezug auf ihren Wert vor Gott machen oder in den Schatten stellen. Ich weiß wohl, dass die Herzensstellung beim Geben den Wert der Gabe vor dem HErrn bestimmt, aber von der Gabe selbst lassen sich oft gar richtige Schlüsse auf die Herzensstellung der Gebenden ziehen.

Was fordert der Apostel Paulus, der es nicht unter seiner Würde hält, einigemale ziemlich ausführlich von der Steuer, von dem Darreichen der irdischen Gaben zu reden (vgl. 1. Korinth. 16 u. 2. Korinth. 8 und 9), selbst auf die Gefahr hin von extra geistlichen Menschen als äußerst prosaisch gescholten zu werden; welche Ansprüche macht er denn an die Christen seiner Zeit?

Nicht gerade den Zehnten, wie schon gesagt, verlangt er für den HErrn, aber er stellt es auch nicht in das Belieben des Einzelnen, so wenig zu geben, wie ihm etwa gut dünke, wie man solches wohl aus Luthers Übersetzung von 1. Korinth. 16,2 geglaubt hat folgern zu dürfen. Nein, diese Stelle spricht es gerade klar und deutlich aus, dass der Christ verpflichtet ist zu geben nach dem Verhältnis dessen, was ihn der HErr in seinem Geschäft verdienen lässt, nicht was ihm in willkürlicher Weise zu geben gut dünkt. -

Die genannte Stelle lautet: „An jedem ersten Wochentag lege ein Jeglicher unter euch bei sich selbst nieder, aufsparend, was ihm etwa gelingt usw.“ (oder: aufsparend, worin er etwa guten Fortgang hat). Der Sinn ist offenbar der, dass das, was der HErr im glücklichen Fortgang des Geschäfts uns gewinnen lässt, als göttlicher Segen anderen, die Mangel haben, auch zugutekommen soll, und war in einem Verhältnis (welches der HErr durch Seinen Geist bestimmen will) zu dem, was wir selbst für uns gebrauchen.

Wir dürfen eben nicht vergessen, dass wir nicht die eigentlichen unumschränkten Besitzer dessen sind, was wir haben und erwerben, sondern einfach Haushalter, die einmal Rechnung von ihrem Haushalten ablegen müssen. Da hat dann jeder Christ (und jede Christin) ein Pfund oder 5 oder 10 Pfunde empfangen, mit denen er zu handeln, die er zu verwalten hat, sei es nun ein Pfund, dem gleich, was jene Tabitha in Joppe zu verwalten hatte (vgl. Apostelgesch. 9,36-42), die mit Kleidernähen für Arme sich verdient machte, oder seien es Pfunde, die zu anderen Zwecken beim Bau des Reiches Gottes verwandt werden können. - Kein Glied am Leibe Christi aber wird zu finden sein, das nicht ein Pfund zum Dienst für den HErrn empfangen habe, zu einer gesegneten Verwendung geeignet.

Ich könnte hier noch ein Kapitel folgen lassen darüber, dass die Heilige Schrift in 2. Korinth. 9,6 u. a. Stellen noch einen anderen Gesichtspunkt hervorkehrt, der die Gläubigen reizen und willig machen kann zu eifriger Opferwilligkeit. Dies Kapitel wäre zu überschreiben: „Wie die Aussaat, so die Ernte.“ - Ich befürchte indes zu lang zu werden und begnüge mich für jetzt mit dem Hinweis, dass nach der Schrift zwischen Säen und Ernten gewiss ein proportionales Verhältnis besteht, und irre ich nicht, so gilt dies Verhältnis sowohl für die Zeit als auch für die Ewigkeit. - „Einer gibt und hat immer mehr; ein Anderer kargt, da er nicht soll und wird immer ärmer“, sagt Salomo, Sprüche 11,24, und diese Weisheit ist gewiss aus dem Born der Wahrheit geschöpft (vergl. 1. Korinth. 3,11 und 12 u. a.).

Wir wenden uns jetzt zu der Frage in unserem Thema: „Was sagt die Heilige Schrift über die Art der Ausführung der Handreichung der Liebe?“ und suchen diese Frage zu beantworten an der Hand des dritten jener Negerbeschlüsse in Westindien, lautend: „Wir geben aus willigem Herzen“, dem wir dann als Anhang noch einen praktischen Wink in rein äußerlicher Beziehung zufügen.

Wir finden im 5. Mose 12 dreimal die Mahnung Gottes an Israel, dass es bei der Darbringung seiner Gaben fröhlich sein solle. Ach, die sauren Gesichter, diese Photographien innerlicher Schmerzensschreie passen nicht zu einem Geschenk! - Es war ja ein Vorrecht, dass Israel sich Gott nahen durfte mit den Gaben seiner Hände und als solches muss jeder Dienst, den Menschenkinder Gott erweisen dürfen, angesehen werden. Bedarf Er vielleicht unserer Gaben? O nein, Ihm gehört Beides, Silber und Gold. - Oder bedarf Er überhaupt unseres Dienstes? O nein, es wird wohl so sein, wie jener berühmte englische General und Christ „Gordon“ gesagt hat: Der HErr könne auch mit einem Strohhalm Sein Reich bauen; dazu bedürfe Er unser nicht. - Und doch wiederum bedarf Er unser, bedarf Er unseres Silbers, unseres Goldes, unserer Kräfte; Er bedarf unser, weil Er durch Menschen Sein Reich bauen will und selig der, den Er würdigt, daran mithelfen zu dürfen. Ja, unsere Seligkeit sollte es sein Ihm dienen zu dürfen; gezwungener Dienst ist dem HErrn nicht angenehm. - Die neutestamentlichen Stellen der Heiligen Schrift beweisen dieses ebenfalls gar deutlich, z. B.: Einen fröhlichen Geber hat Gott lieb. 2. Korinth. 9,7, und so einer willig ist, so ist er angenehm, 2. Korinth. 8,12 und weiter: Übt Jemand Barmherzigkeit, so tue er es mit Lust. Röm. 12,8 und dem Philemon schreibt Paulus: Auf dass dein Gutes nicht sei genötigt, sondern freiwillig. Philem. 3,14.

Und wo finden wir denn den Grund und Boden, aus dem heraus eine solch' freudige Opfer- und Dienstwilligkeit erzeugt werden kann? - Ich denke, er ist bezeichnet mit den Worten, mit welchen der Apostel Paulus seine Ausführungen über die Opferwilligkeit in 2. Korinth. 9,15 schließt: „Gott aber sei Dank für seine unaussprechliche Gabe!“ - Ja, wo die Erkenntnis des unaussprechlich reichen Tuns Gottes für uns in dem Herzen wahrhaft lebendig wird, da, achte ich, wird auch in dem Herzen ein heißer Wunsch wahrhaft lebendig werden des Inhaltes: „O wie vergelte ich Gott, was Er mir tat.“ -

Nimm meinen Dank, nimm mich zum Opfer hin,
O HErr, ich will laut Deinen Namen preisen,
vor allem Volk dir mit der Tat erweisen,
dass ich ganz Dein, Dir Alles schuldig bin!

Sollte nicht auch auf diesen Punkt die Regel hinweisen sollen, die der Apostel den Korinthern in Bezug auf das Geben einschärft mit den Worten: An jedem ersten Wochentag lege ein Jeglicher unter Euch bei sich selbst nieder usw.? Israel sollte an seinen großen Festtagen nicht leer erscheinen vor Jehova. 2. Mose 23,15. Der erste Wochentag ist der Gedenktag der Auferstehung unseres HErrn und Heilandes von den Toten. Wenn diese Tatsache in ihrer unermesslich großen Bedeutung für das Heil unsterblicher Menschenseelen im Herzen lebendig wird, sollte denn es nicht bedeutend erleichtert werden, der Frage: „Was tust du für mich?“ eine tatkräftige Beantwortung folgen zu lassen! - Mag diese Regel vielleicht auch einen Hinweis darauf enthalten, dass an diesem Tag sich die Christen versammelten zu gemeinsamer Erbauung, aber das Sammeln von Gaben in der Gemeindeversammlung ist in dieser Stelle nicht in erster Linie genannt, sondern das Niederlegen von Gaben bei sich (im eigenen Haus) und dieser Wink führt zunächst auf die eben angedeuteten Erwägungen dessen, was Gott getan hat für uns, und zwar solches auch zunächst bei sich (im eigenen Haus und Familienkreis).

Und nun möchte ich noch auf einen praktischen Wink rein äußeren Charakters hinweisen, den der Apostel den Gläubigen gibt; ich meine das Zusammenlegen kleiner, geringer Gaben.

Gewiss würde mancher mehr beitragen können zum Bau des Reiches Gottes, wenn er diesen ökonomischen Rat der Schrift befolgte. 10 Pfg. wöchentlich geben sich leichter als 50 Pfg. monatlich und 50 Pfg. monatlich geben sich leichter als 6 Mark jährlich. Mancher zeichnet vielleicht in ganz guter Absicht einen recht ansehnlichen Beitrag zu diesem oder jenem guten Zweck, allein weil er den gegebenen Rat nicht befolgt, vermag er seine wohlgemeinte Absicht nicht auszuführen. Da schützt man denn am Ende den schlechten Geschäftsgang vor und meint den Beitrag reduzieren zu müssen; indes der Grund des Nichtzahlenkönnens liegt viel öfter im Nichtzuratehalten des Kleinen und Wenigen und es ist gewiss kein glücklicher Gedanke, wenn man bei jeder Geschäftsflaute meint, zunächst seine Gaben fürs Reich Gottes verringern zu sollen. - Damit hilft man sich vielleicht für den Augenblick etwas vorwärts, aber für die Dauer ist dieser Weg der sicherste zum Rückwärtskommen, denn man vergisst das ABC aller Lebensregeln und das heißt: „An Gottes Segen ist Alles gelegen.“

Noch einen Einwand möchte ich andeuten, der vielleicht dem einen und anderen das freudige Geben erschwert. Mancher stößt sich an der mangelhaften Verwendung dessen, was gesammelt wird. Es ist wahr, dass manche Gabe weit besser angewandt werden könnte, als es oft geschieht.

Allein sollte dies ein Grund sein, weniger oder gar nichts zu geben? Jene Witwe in Mark. 12 gab zum Tempelschatz, der gewiss diese Gabe weniger nötig hatte wie sie selbst, und woraus wohl auch nicht Alles so korrekt verwandt wurde, wie es hätte geschehen können, und doch wehrt ihr der HErr das hineinlegen ihrer Gabe nicht. - Und wenn der HErr einmal so handeln wollte mit den Gaben, die Er uns gibt, dass Er uns nur gäbe nach dem Maß der richtigen Verwendung des Gegebenen, ich fürchte, dann würde es uns Allen für immer an dem Nötigsten gebrechen. Ach, liebe Brüder, seien wir vorsichtig, aber aufrichtig, denn nur dem Aufrichtigen lässt es der Herr gelingen.

Ich schließe meine Ausführungen mit dem Hinweis auf das Wort, welches ich anfangs erwähnt habe: „Was hast du aber, dass du nicht empfangen hast!“ - Lernen wir uns als Haushalter betrachten über Gottes Gaben, so ist viel gewonnen.

Und mit dem anderen Wort: „Gott sei Dank für seine unaussprechliche Gabe!“ fühlen wir uns zu Dank verpflichtet im Gedanken an das Elend, in dem wir waren, und im Blick auf die herrliche Stellung, in der wir im Glauben nunmehr sind, so ist mehr gewonnen. - Und endlich: Unterstellen wir uns der Handleitung des Heiligen Geistes, also, dass wir bei Allem fragen lernen: „HErr, was willst du, das ich tun soll?“ so ist unsere Stellung die rechte und es wird an uns in Erfüllung gehen, was in Psalm 1,3 geschrieben steht:

„Der ist wie ein Baum, gepflanzt an den Wasserbächen, der seine Frucht bringt zu seiner Zeit und seine Blätter verwelken nicht und was er macht, das gerät wohl. Amen.“

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