Kleinschmidt, Friedrich Emanuel - Andachten
Römerbrief
“Nun wir denn sind gerecht geworden durch den Glauben, so haben wir Frieden mit Gott, durch unsern HErrn Jesum Christ; durch welchen wir auch einen Zugang haben im Glauben zu dieser Gnade, darinnen wir stehen und rühmen uns der Hoffnung der zukünftigen Herrlichkeit, die Gott geben soll.“
(Röm. 5,1-2.)
Unser HErr JEsus Christus, der uns geliebt hat und Sich selbst für uns dargegeben, der erhält uns diesen Frieden und gibt uns die Macht, dass wir können Zugang haben zu dieser Gnade, in der wir stehen. Das ist aber überaus nötig, dass wir solchen Zugang haben: denn wir sind sündige Menschen, die Sünde begleitet uns unser ganzes Leben hindurch und bringt uns durch ihren Betrug oft dazu, dass wir dies oder jenes tun, was uns tiefen Kummer verursacht. Da haben wir dann, durch Jesum Christum geschenkt, einen Zugang zu dieser Gnade; wir können täglich und stündlich mit Freudigkeit hinzutreten zum Gnadenstuhl, auf dass wir Barmherzigkeit erlangen und Gnade finden auf die Zeit, da uns Hilfe not sein wird. Einer, dem seine Sünde tiefen Kummer macht, freut sich über diese Gnade; er würde in Verzweiflung geraten, wenn er nicht täglich, stündlich seine Kleider rein waschen könnte im Blut des Lammes. So ist es Jesus Christus, der uns den Frieden erhält; Er hat ihn aber auch gegeben, Er ist nicht nur Vollender, sondern auch Anfänger unseres Glaubens. Gott hat uns durch Ihn errettet von der Obrigkeit der Finsternis und uns versetzt in das Reich Seines lieben Sohnes. Wenn wir also den Frieden wollen und möchten selig werden, so ist der einzige Rat, dass wir uns an Jesum Christum wenden, dass wir Seinen Namen anrufen. Denn, „wer den Namen des HErrn anruft, der wird selig werden!“ Ja, mach' uns selig! Amen.
Desselben gleichen auch der Geist hilft unserer Schwachheit auf. Denn wir wissen nicht, was wir beten sollen, wie sich's gebührt; sondern der Geist selbst vertritt uns aufs beste mit unaussprechlichem Seufzen.
(Röm. 8,26.)
Unser Geist ist willig zu allem guten Wert, auch zum Beten; aber unser Fleisch ist zu schwach, um unsere guten Entschlüsse zur Ausführung zu bringen; da kommt uns der heilige Geist, der Geist Gottes zu Hilfe. Denn wir wissen nicht, was wir beten sollen, wie sich's gebührt; in der Bedrängnis, in der wir uns befinden während unseres standhaften Laufs der himmlischen Herrlichkeit entgegen, finden wir beim Beten nicht die rechten Worte; ja, wir wissen nicht einmal, um was wir bitten sollen. Da kommen bei unserer Not und Bedrängnis zum Schluss nur noch Seufzer hervor, die freilich die rechten und kräftigsten Gebete sind nach den Worten eines gesegneten Zeugen der Wahrheit, Brag, weiland Propst in Gothenburg1), welcher gesagt hat: „Gebete sind Seufzer des Herzens, die man manchmal in Worte bringt“. Warum aber sind solche Gebete die kräftigsten? Weil der heilige Geist selbst dieselben wirkt und uns vor Gott vertritt mit unaussprechlichen Seufzern. Weil wir nicht beten können um unserer Schwachheit willen, so tuts der heilige Geist in uns und für uns, und er wirket in den Herzen der Gläubigen keine anderen Seufzer, als die Gott wohlgefällig sind, weil er eins ist mit Gott! Amen.
Philipperbrief
Nichts tut durch Zank oder eitle Ehre, sondern durch Demut achtet euch unter einander, einer den anderen höher, denn sich selbst!
(Phil. 2,3.)
So wie wir wochenlang ein Fleckchen in unserem Garten vergeblich begießen werden, damit eine Pflanze darauf wachse, wenn noch gar keine Pflanze dasteht, so ermahnen wir auch vergeblich zum Wachsen in der Demut, wenn das Pflänzchen der Demut noch gar nicht steht in dem Garten unseres Herzens. Und wie wird also die Pflanze der Demut in unser Herz gepflanzt, meine geliebten Freunde? - Durch nichts anderes, als durch die Bekehrung, die Wiedergeburt, dadurch, dass wir Kinder Gottes werden. Ehe wir wiedergeboren sind, sind wir nicht demütig und können auch nicht demütig sein. Denn, wenn wir gerechtfertigt werden durch den Glauben an Christum, so tun wir zu gleicher Zeit Buße; wir erkennen uns als solche, die nichts Gutes getan haben und nichts Gutes tun können, und war etwas Gutes an uns vor unserer Bekehrung, wie sich davon mehr oder weniger bei einem jeden Menschen findet, so wissen wir nun, wir haben es nicht uns, sondern der Gnade Gottes zu verdanken. Ehe wir das erkannt haben, sind wir nicht demütig, wenn wir das aber einsehen, so wird uns früher oder später auch der Glaube an die Versöhnung geschenkt; der Glaube, dass Christus unsere Strafe getragen und für uns gestorben, dass wir selbst also nichts vor Gott zu bringen hatten, um dadurch gerechtfertigt zu werden, der macht es uns noch gewisser, dass in uns, d. h. in unserem Fleisch, nichts Gutes wohnt. Die wahre Demut spricht sich daher in einem Wandel vor Gott und Menschen aus, dem die Überzeugung zu Grunde liegt: An mir und meinem Leben ist nichts auf dieser Erd; Was Christus mir gegeben, Das ist der Liebe wert!“ Amen. (F. E. Kleinschmidt.)