Kähler, Carl Nikolaus - Auslegung der Epistel Pauli an die Philipper in 25 Predigten - Zwölfte Predigt.

Kähler, Carl Nikolaus - Auslegung der Epistel Pauli an die Philipper in 25 Predigten - Zwölfte Predigt.

Wie sicher ist der Mensch, der Staub!
Sein Leben ist ein fallend Laub;
Und dennoch schmeichelt er sich gern, -
Der Tag des Todes sei noch fern.
Ach, weil der Tod dir täglich dräut
So sei doch wacker und bereit,
Und forsche nach, ob du ein Christ
Durch Glauben und durch Liebe bist.

Ist irgend Jemand, von dem sich mit Recht sagen läßt, daß er, wenn er kommt, sein Haus mache, so ist es der Tod. Wenn ich bedenke, daß die, welche einst einen angesehenen Namen hatten vor der Welt, in herrlichen Häusern wohnten, Geld in Menge besaßen, alle Tage herrlich und in Freuden lebten, daß die jetzt ohne Unterschied in einer kleinen dunkeln Erdkammer liegen, von ihrer Habe nichts mit sich genommen haben als den Leichenschmuck, keiner Ehre, keiner Freude mehr theilhaftig sind: ach, wie arm erscheint mir dann der Mensch und wie nichtig alle seine irdische Herrlichkeit! Und doch kann ein Mensch ohne Furcht, sogar mit Freudigkeit in den Tod gehen? Ja, an Tausenden hat man das erlebt, und auch heute begegnen wir einem Mann, der beim Gedanken an sein Ende ausruft: Ich freue mich, und uns auffordert: Freuet euch mit mir! Das macht das Himmelreich, welches er in sich trägt, das Himmelreich aber ist, wie ihr wißt, Gerechtigkeit, Friede und Freude im heiligen Geist. Werde nur Jemand ein Christ, so bleibt er was er ist, und behält, was er hat, auch wenn der Tod äußerlich nichts von ihm übrig läßt als eine Handvoll Staub. Hört doch, wie der Apostel Paulus von seinem Tode redet.

Phil. 2, v. 17 bis 18:
und ob ich geopfert werde über dem Opfer und Gottesdienst eures Glaubens, so freue ich mich, und freue mich mit euch allen. Derselben sollt ihr euch auch freuen, und sollt euch mit mir freuen.

Der Apostel hatte die gewisse Zuversicht ausgesprochen, daß er am Leben bleiben und wieder zu den Philippern kommen werde (Cap. 1,25). Dies war auch bei den Ermahnungen, die er an sie gerichtet, die Voraussetzung gewesen. Noch kurz zuvor hatte er gesagt, sie möchten, zwar vor allem in dem Gedanken an die Zukunft Christi, doch zugleich auch in dem Gedanken an seine, des Apostels Nähe, ihr Seelenheil wahrnehmen. Er hatte ihnen als Ziel vorgehalten Untadelhaftigkeit und Lauterkeit des Herzens und Lebens, wonach sie trachten sollten, ihm zum Ruhme bis auf den Tag Christi hin, also zu einem Ruhme, der schon jetzt seinen Anfang nehmen und ununterbrochen dauern solle bis an den Tag des Herrn. Kam er demnach wieder zu ihnen, so wollte er kommen mit Freude darüber, daß er als Apostel nicht vergeblich an ihnen gearbeitet hätte. Aber wenn nun dennoch dieser Ruhm, diese Freude gegen Erwarten unterbrochen und in Traurigkeit für ihn und sie verwandelt wurde durch seinen Märtyrertod? Der Gedanke an die Möglichkeit des Todes unterbricht auf einen Augenblick die Hoffnung des Apostels. Nun, wenn es denn wäre, wenn er sterben und als Märtyrer sein Blut vergießen müßte: wird damit die Sache eine andere? nimmt damit seine und ihre Freude ein Ende? Keineswegs! Mit Freudigkeit ist er auf seinen Tod gefaßt und er fordert die Christen auf, daß auch sie für diesen Fall sich mit ihm freuen sollen. Laßt uns nun von dem Apostel hören, worauf die Freudigkeit beruht, womit der Christ auf seinen Tod gefaßt ist. Sie beruht 1. auf der Gnade seiner Versöhnung, 2. auf der Heiligkeit seines Berufs, 3. auf der Herrlichkeit seines Todes.

Gebe denn nur Gott, daß, wenn wir sterben sollen, wir als mit Gott Versöhnte sterben, welche die Bahn ihres heiligen Berufs zum Segen für die Welt durchwandert haben, und daher ihr Leben als ein Trankopfer dir, o Gott, mit Freuden darbringen können. .

1.

Gesetzt denn, ich sähe euch nicht wieder, sondern müßte sterben (spricht der Apostel): sollte darüber ich, wolltet darüber ihr mißmuthig und traurig sein? Aber seid ihr nicht mit Gott versöhnt? Wie kann ein mit Gott Versöhnter durch den Tod in Traurigkeit verlegt werden? - Der Apostel faßt diesen Gedanken in ein schönes Gleichnis. Er nennt den Glauben der Philipper ein Opfer, das sie unter seiner Mitwirkung Gott dargebracht haben. Welche Bedeutung hatten die Opfer in Israel? Opfer heißt Darbringung. Es war ein Gott Dargebrachtes; der mit Sünde und Schuld beladene Mensch brachte es dar, im Bewußtsein seiner Trennung von Gott, um mit ihm versöhnt zu werden. Darum legte er seine Finger auf das Opferthier, zum Zeichen, daß es seine Schuld tragen und stellvertretend für ihn in den Tod gehen sollte. Nun war es dem Tode verfallen, wurde geschlachtet und verbrannt, und stieg so als ein durch Feuer gereinigtes im Opferduft zu Gott empor. Was sollte das bedeuten? Dies, daß Gott nun die Schuld des Menschen als getilgt und ihn als sein Eigenthum betrachten wollte. Also, spricht der Apostel, habt ihr Gott euren Glauben als ein Opfer dargebracht zur Versöhnung eurer Schuld. Aber wie? ist nicht Christus das alleinige Opfer für unsere Sünden, ohne welches kein anderes gilt und gelten soll in alle Ewigkeit? Wohl wahr, mein Christ; aber wie wolltest du der durch Christum gestifteten Versöhnung theilhaftig werden, wenn du dich nicht Gott darbrächtest im „Glauben“, in welchem Glauben du ja eben bekennest, daß du nicht in dir selber habest die Gerechtigkeit, die vor Gott gilt, auch ihrer nicht theilhaftig werden könntest, wo nicht Christus wäre, dessen Blut dich rein macht von allen deinen Sünden! Das ist das Einzige, was du Gott darbringen kannst, aber auch darbringen sollst, den Glauben und im Glauben dich selbst mit Leib und Seele und Allem, was in und an dir ist, darum Paulus zu den Römern spricht (12, 1): Ich ermahne euch, daß ihr eure Leiber begebet zum Opfer, das da lebendig, heilig und Gott wohlgefällig sei. Im Glauben bist du der Schuldbeladene, der mit Reue und Leid hintritt zu Gott. Im Glauben legest du deine Schuld auf Ihn, der für dich in den Tod gegangen ist. Im Glauben stirbst du „an Christo“ und gehet in dir unter der alte Mensch mit seiner Schuld, Sünde, Lust und Begierde und Allem, was Gott mißfällig an dir ist. Im Glauben wirst du besprengt mit dem Blute Jesu Christi (1 Petri 1) und wirst theilhaftig des Lebens, das in seinem Blute ist. Im Glauben steigst du samt Christo empor und wirst Gottes Eigenthum, der dich nun als sein Kind lieb hat, leitet, führet und bewahret auf allen deinen Wegen. Darum mag Paulus unsern Glauben wohl ein Opfer nennen; er ist ein Opfer, darin du erlöset wirst von Sünde, Tod, Teufel, und ganz und gar ein Eigenthum deines Gottes

Solltest du denn nun nicht trotz Tod und Sterben fröhlich sein in deinem Glauben? War doch selbst der Israelit fröhlich nach vollbrachtem Opfer, obgleich sein Opfer nur ein Schatten des vollkommenen Opfers Christi war. Wenn er samt dem Priester von dem Fleische des Geopferten aß, so war es ein Mahl der Freude und des Dankes gegen Gott, welches im alten Testamente heißt „sich freuen vor Jehova“. Und wir, spricht Paulus, sollten uns nicht gegenseitig freuen, ich mit euch, als den im Glauben mit Gott Versöhnten, und ihr mit mir, der ich euch das Evangelium gebracht und durch Verkündigung desselben der Priester bei eurem Opfer gewesen bin? Komme denn mein Tod, komme er in wie äußerlich schreckender Gestalt er will, so soll er um der geschehenen Versöhnung willen weder mich noch euch schrecken, und soll uns unsere Freudigkeit nicht nehmen, mir nicht, wenn ich sterbe, und euch nicht, wenn ihr mich sterben seht. - Christen, so lange der Glaube nicht da ist, mag ein Mensch wohl traurig sein, wenn der Tod über ihn oder über seine Lieben kommt. Denn wo der Glaube fehlt, da fehlt auch die Versöhnung mit Gott, wo aber die Versöhnung fehlt, da herrschen noch die Sünde und der Tod. Wie kannst du fröhlich sein, wenn der Tod dich unbekehrt und unversöhnt vorfindet? wenn du mit deinen Sünden, mit deiner ganzen Sündenschuld dich vom Tode vor den Richterstuhl Gottes führen lassen sollst? Was dagegen hast du mit dem Tode zu schaffen, wenn du in dir das selige Bewußtsein trägst, daß du Gottes Kind und Erbe seist? Als Versöhnter sterben ist selig sterben, und als Versöhnter den Tod ansehen, heißt ihn ansehen als einen Engel in weißen Kleidern, welcher kommt, dich und mich in das Haus unsers Vaters zu bringen. Darum fordert Paulus, daß die Philipper als die mit Gott Versöhnten seinen Tod ansehen sollen. Sein Sterben ist dann nicht mehr Sterben, sondern ein Lebensanfang, und, sein Blut, das er als Märtyrer vergießt, ist dann nicht mehr Blut, sondern ein Trankopfer, das er mit Dank und Freude auf den Altar Gottes sprengt. Darum eile, mein Christ, eile, das Opfer deines Glaubens vor Gott zu bringen. Tritt als ein Mühseliger und Beladener hin vor sein Angesicht; bitte ihn, daß er deine Schuld von dir nehme und sie lege auf das Lamm, welches der Welt Sünde trägt; stirb im Glauben mit Christo, der für dich gestorben ist; laß dich besprengen mit seinem Blut, daß du lebest samt ihm und seiner Gerechtigkeit und seines Friedens, theilhaftig werdest; höre auf, dein oder der Welt eigen zu sein, und werde Gottes Eigenthum mit deinem innerlichen und äußerlichen Menschen. Thust du das, so verliert dein und deiner Miterlösten Tod seine abschreckende Gestalt; so hört die Trauer und die Klage und das Weinen über ihn auf; so bist du mit Freudigkeit auf ihn gefaßt, und verlierst auch deine Fassung nicht, wenn du die Deinigen sterben siehst.

2.

Aber nicht nur an das Opfer ihres Glaubens erinnert Paulus die Philipper; er verweiset sie, für's Andere, auch auf den Priesterdienst, den er bei diesem Opfer verwaltet habe. Was versteht er unter einem Priester? Einen von Gott erwählten und berufenen, einen Gott und seinem heiligen Dienst geweihten Mann, der des Volkes Versöhnung mit Gott vermittelt. War nicht Paulus ein solcher Mann? Ja, Gott hatte ihn erwählet von Mutterleibe an und ihn berufen zu einem Apostel für die Heiden. Gottes eigen war er und stand in Gottes Dienst bei Verwaltung seines heiligen Apostelamts. So war er zu den Philippern gekommen, die ohne ihn nicht das Opfer ihres Glaubens vor Gott gebracht und vollendet hätten. Er aber verkündigte ihnen die Gnade Gottes, er kam und rief: Lasset euch versöhnen mit Gott! Sein Dienst war nicht wie der eines Priesters des alten Testaments, daß er Opferthiere schlachtete, mit ihrem Blut den Altar besprengte und dergleichen mehr; nein! das große neutestamentliche Opfer war schon dargebracht worden „O Lamm Gottes, unschuldig, für uns am Kreuze geschlachtet!“ - mit dieses Lammes Blut hatte der Apostel die Philipper besprengt und war so der Mittler ihres Heils geworden. Welch ein hoher, seliger Beruf! Er schreibt davon im Briefe an die Römer (Cap. 15). Dort nennt er sich einen Priester Jesu Christi für die Heiden, priesterlich verwaltend das Evangelium Gottes, auf daß die Heiden ein Opfer werden, Gott angenehm. Darum (setzt er hinzu) kann ich mich rühmen in Christo Jesu, daß ich Gott diene. – Ein Mann nun, der einen so heiligen, seligen Beruf auf Erden hatte, konnte der mit Thränen und Trauer seinem Tode entgegen gehen? Wenn's bloß die Philipper gewesen wären, die er zu Gott geführet hätte: O, mit welcher Freude mußte schon der Gedanke an diese kleine Schar der Geretteten seine Seele erfüllen! Aber der Segen seines Priesteramts erstreckte sich ja viel weiter. Hatte er nicht von Jerusalem bis nach Illyrien Alles mit dem Evangelium erfüllt? waren nicht also tausend, ja viele tausend Seelen durch ihn zu Gott geführt worden? Dieser heilige Beruf, den er mit Eifer und Treue ausgerichtet hatte, trieb alle Todesfurcht aus seinem Herzen heraus und verwandelte sie in Todesmuth und Todesfreudigkeit, Ich freue mich, spricht er, und freue mich mit euch allen. Seine Freude war eine doppelte: nicht nur eine Freude über der Geretteten Heil, sondern auch eine Freude über den Antheil, den er durch sein Amt an ihrer Rettung hatte. Seine Freude lief hin und her, bald zu den Philippern, bald zu dem Apostel; bei den Philippern weidete sie sich an dem Anblick ihrer Rettung, bei dem Apostel an dem Anblick der Herrlichkeit und des Segens seines Berufs. Und mußte seine Freude nicht auch der Philipper Freude sein? Mußten sie sich nicht über sich selbst und zugleich über das selige Amt ihres theuren Priesters freuen? Darum sagt er: „Eben derselbigen, dessen ich mich freue, freuet auch ihr euch, und freuet euch mit mir!“ Aber nun sagt doch, Christen, ist nicht unser Aller Beruf, den wir auf Erden haben, gleich dem des Apostels Paulus ein göttlicher, seliger Beruf? Sind nicht auch wir Alle Priester? Erwägt nur, was zu einem Priester erforderlich ist. Es ist ein Dreifaches: die Erwählung, die Gemeinschaft mit Gott, die Heiligkeit. - Wie? sind wir nicht von Gott erwählet worden in Christo, schon ehe der Welt Grund geleget war, und dieser Erwählung gemäß auch von ihm berufen worden in der Zeit? Ja, aus der Welt heraus hat uns Gott gerufen mittelst des theuren Evangeliums. Bist du ein Christ, so bist du auch ein Berufener, bist du aber kein Berufener, so bist du auch kein Christ, so gehörst du noch der Welt an und stellst dich ihr in Allem gleich. Aber dir sei's gedankt, theurer Vater im Himmel, daß es so nicht ist: „Wir sind berufen“ - und wozu beruft Gott die Christen? „Daß sie mein seien“, sagt er selbst, und sagt es schon von den alttestamentlichen Priestern (4 Mos. 8,14). Tragen wir nicht Alle in uns das selige Bewußtsein, daß wir, die Berufenen, keinem Andern angehören, als Gott, sondern ganz und gar sein eigen sind? Wessen ist das Kind und Erbe, wenn nicht des Vaters? wir aber sind ja eben Kinder und Erben unsers Vaters im Himmel, welcher spricht: Ich habe euch in meine Hand gezeichnet, ihr seid mein. Ganz als die Seinigen hält er uns nun auch und geht so mit uns um allezeit. Unser Brot essen wir aus seiner Hand und er beschützt uns und behütet uns als seinen Augapfel. Er kleidet uns mit den evangelischen Kleidern seines Heils, hat uns bei sich und um sich als seine Hausgenossen, redet mit uns und läßt mit sich reden, und kein Haar fällt von unserm Haupte ohne seinen Willen. Darum fehlt uns nun auch das Dritte nicht, die Heiligkeit. Die Schrift nennt uns die Heiligen, und wir sind's. Als Gott und nicht der Welt Angehörige stehen wir mit all unserm Thun und Lassen in Gottes Dienst und tragen den heiligen Sinn unsers Herzens in unser Werk und Leben hinein. Gott stellt uns an, den einen hier, den andern da, den einen so, den andern anders. Unser äußerlicher Beruf ist verschieden, aber darin sind wir gleich, daß wir alle in unserm Berufe Diener Gottes sind, und nach seinem Sinn und Willen das uns aufgetragene Werk vollbringen sollen. Das nun meint die Schrift, wenn sie das Christenvolk ein priesterliches Geschlecht nennt. „Ihr sollt mir ein priesterliches Königreich und ein heiliges Volk sein“, wird schon von dem alttestamentlichen Israel gesagt (2 Mos. 19). Die Priester sollten nicht die einzigen Heiligen im Volke sein, nein, sie stellten nur das Volk dar, welches seine Priester Gott darbrachte als ein Opfer, zum Zeichen und Sinnbild, daß das ganze Volk Gott dienen sollte allezeit. So sollet auch ihr nicht wähnen, daß bloß eure Geistlichen Heilige sein und Gottes Stelle bei euch vertreten sollen; nein, sie sollen euch vertreten und ihr alle sollet heilig sein samt ihnen. Seid das, seid's in eurem Herzen, Sinn, Wort, Leben und Wandel, so habt ihr in dieser Heiligkeit eures Berufs eine Freude, womit ihr auch die Bitterkeit des Todes vertreibt. Ihr sprecht: Wer kann sein und thun, was Paulus war und that?! Sagt das nicht. Verrichte nur ein Jeglicher mit aller Treue sein Priesteramt, wie Gott es ihm zugewiesen hat, so ist's nicht nöthig, daß er von Jerusalem nach Illyrien ziehe, und wird auch nicht verlangt, daß er als Apostel zehn oder zwanzig Gemeinden gründe. Nein, du liebe Priesterin, die du dich Dienstmagd nennst, fasse nur deinen Stand in den Glauben und in die Heiligkeit, und thue nur Alles, was dir befohlen wird, mit freudigem Gehorsam als des Herrn Magd, so versprech' ich dir, daß du fast so selig sterben und fast so getrost in den Tod gehen sollst wie Paulus. Die Sterbensfreudigkeit hängt nicht an dem Namen und Titel unsers Berufs, sondern an der Treue, womit ein Mensch als Gottes Diener die Stelle ausfüllt, dahin ihn Gott gesetzet hat. Nun, so sorget denn, daß Gott euch treu erfinde, damit auch ihr im Angesichte des Todes mit Paulo sprechen könnet zu denen, die um euch sind: Ich freue mich, und ihr freuet euch mit mir. .

3.

Wessen Leben nun ein solcher Gottesdienst gewesen ist, was ist dessen Tod? Ein Trankopfer, spricht der Apostel. „Soll ich als Märtyrer sterben, so habe ich nicht nur die Freude über das Opfer eures Glaubens und meinen Dienst, den ich dabei verrichtet habe, sondern es kommt noch die Freude hinzu, daß ich sterbend als Trankopfer Gott dargebracht werde.“ - Es waren zweierlei Opfer in Israel, blutige und unblutige. Jene wurden gebracht, damit der sündige Mensch in die Gemeinschaft Gottes käme, diese aber, damit die Gemeinschaft erhalten würde. Da brachte ein Mensch Etwas von den edelsten Gaben der leblosen Natur - Getreide, Oel, Weihrauch, Salz und Wein - und opferte es, Gott zu Lobe und Dank. Von Gott war es gekommen und zu Gott kehrte es zurück in der Gabe des dankbaren Herzens, womit der Opfernde vor Gott erschien. Was sagt nun Paulus? Soll ich als Märtyrer mein Blut vergießen, so will ich's mit Freuden thun. Das Hauptopfer ist geschehn, das Opfer eures Glaubens, und ich habe meinen Dienst dabei gethan. So komme denn nun auch das Lobs und Dankopfer noch hinzu. Mein Blut sei der Trank, den ich auf dem Altare unserer Gottesgemeinschaft opfere. Von Allem, was mir Gott gegeben aus und mittelst der Natur, hab' ich nichts Edleres als mein Blut. Das sei der Wein, den ich hintrage in der Schale meines Danks, und will's Gott bringen und sagen: Nimm hin, du lieber, barmherziger Gott. Von dir ists ja gekommen, und dir geb' ich's zurück, lobend und dankend, daß, du mir das Blut und das irdische Leben geschenket hast; denn es ist mir gar theuer, wenn ich, daran gedenke, wie auch dies Blut hat zum Leben vieler tausend Seelen dienen müssen. Nun aber die heilige Opferstunde da ist und dein guter, weiser Wille: mich hin zum Altar ruft: siehe, hier bin ich, mein Gott, mit der Opferschale und drinnen mein Blut; nimm's hin und laß es dienen zu deiner Ehre und zum Preis deines heiligen Namens vor der Welt. Wenn sie sehen, wie ich auch diesen meinen letzten Priesterdienst mit Willigkeit und Freuden verrichte, so diene es zur Stärkung ihres Glaubens und zur Erhöhung ihres Muths. Keiner weine, auch meine lieben Philipper laß nicht weinen vor Traurigkeit; oder soll ja geweinet sein, so rinne die Thräne des Lobes und Dankes, daß du, himmlischer Vater, Christen geschaffen hast, die nicht nur heilig leben, sondern auch fröhlich sterben können. Und das mache sie dann fest in ihrem Glauben an das Evangelium, daß sie heimgeben und sagen: so heiß soll kein Tag in unserm Leben sein und so drückend keines Tages Last und Hitze, daß wir sollten muthlos werden und abtrünnig von unserm Gott und Heiland; sondern wollen allezeit fröhlich und getrost sein, und wollen heilig leben und einst, wenn wir sterben, Gott preisen durch unsern Tod.

Christen, das ist der Verstand der Worte unsers theuern Apostels, wenn er spricht: Ich werde als ein Trankopfer ausgegossen zu dem Opfer- und Priesterdienst eures Glaubens. Und dabei ist er so fröhlich und gutes Muths, daß er nicht des Trostes von den Philippern bedarf, sondern vielmehr sie tröstet und spricht: Freuet euch und freuet euch mit mir. Wie er sich nicht nur freuete über sich, sondern auch über sie, so sollten hinwiederum sie sich freuen, nicht bloß über sich, sondern auch über ihn, nämlich über sein herrlich Priesteramt, das er verwaltet hatte, und über das Trankopfer seines Todes, womit er es vollendete, auf daß zu dem Sühnopfer ihres Glaubens auch das Lobopfer seines Sterbens käme und Christus hoch gepriesen würde an seinem Leibe. - Mag nun Paulus immerhin aus seiner Gefangenschaft erlöst und wieder nach Philippi gekommen sein, so wissen wir doch, daß er als Märtyrer sein Leben beschlossen und wirklich das Trankopfer gebracht hat, wovon er redet in unserm Text. Soll nun nicht aber auch unser Tod ein Lobopfer werden? Nur wenn er das ist, kann er ein freudiger Tod sein, sonst nicht. Es sterben viele Menschen, die, weil sie Gott nicht gepriesen haben durch ihr Leben, ihn auch nicht preisen durch ihren Tod. Da ist kein Muth, den man an ihnen wahrnähme, kein Trost, kein Friede, keine Hoffnung. An ihrem Sterben steht man nicht, welche Herrlichkeit den Menschen in Christo gegeben ist. Ach, wie zittern sie und klammern sich ängstlich an die Welt und an das irdische Leben! Es ist kein Gewinn, den ihnen der Tod verheißt, sondern nur Verlust, womit er sie bedroht. So lehren sie uns nicht wie man sterben, sondern lehren uns bloß, wie man nicht sterben soll. Christen, thut wie unser Text euch thun lehrt. Lasset euch versöhnen mit Gott. Als die Versöhnten erfüllt den heiligen Beruf eures Lebens. Getrost und freudig werdet ihr dann dem Ruf des Todes folgen können. Nicht Verlust ist er euch dann, sondern Gewinn; nicht zur Unehre Gottes gereicht er dann, sondern zu seiner Ehre. Nur so können wir freudig gefaßt sein auf unsern Tod, wie früh auch und in welcher Gestalt er kommen möge.

Daß ich diese Freudigkeit
Einst in meinem Tod' empfinde,
Mache siegreich mich im Streit.
Jesu, wider Welt und Sünde!
Stärke mich im Kampf und Lauf,
Nimm mich endlich gnädig auf.

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