Jänicke, Johann - Christliche Pfingstbetrachtungen über die Lehre von dem heiligen Geiste überhaupt

Jänicke, Johann - Christliche Pfingstbetrachtungen über die Lehre von dem heiligen Geiste überhaupt

und über die Sünden gegen denselben besonders, von Johann Jänicke, Evangelisch-lutherischem Prediger.

Komm, heiliger Geist, HErre GOtt,
Erfüll' mit Deiner Gnaden Gut
Deiner Gläubigen Herz, Muth und Sinn,
Dein‘ brünstig' Lieb' entzünd' in ihn'n;
O HErr, durch Deines Lichtes Glanz,
Zu dem Glauben versammlet hast
Das Volk aus aller Welt Zungen,
Das sei Dir, HErr, zu Lob gesungen;
Hallelujah! Hallelujah! Amen.

In gegenwärtiger Zeit des Abfalls, in welcher theils die Gottheit unsers HErrn JEsu Christi, theils auch die Persönlichkeit des heiligen Geistes von vielen Tausenden in der Christenheit geleugnet wird, ist es in der That einem wahren Verehrer unsers HEilandes und des heiligen Geistes nöthig, daß er zur gründlichen und festen Ueberzeugung von diesen beiden göttlichen Heilswahrheiten komme. Soll aber dies geschehen, dann muß er sich allein auf das theure Wort GOttes halten und in demselben lernbegierig und demüthig forschen, weil dieses göttliche Wort die einzige reine Quelle ist, aus welcher ein jeder Freund der Wahrheit unter dem göttlich gnädigen Beistande GOttes zu seinem immerwährenden Heil überzeugt wird:

1) JEsus sei der Christus, der Gesalbte, der eingeborne Sohn GOttes, unser HErr und GOtt, der uns verlorne und verdammte Menschen erlöset hat, erworben, gewonnen von allen Sünden, vom Tode und von der Gewalt des Teufels, nicht mit Gold oder Silber, sondern mit Seinem heiligen, theuren Blute und mit Seinem unschuldigen Leiden und Sterben.

Das Wort der göttlichen Wahrheit ist auch das einzige Gnadenmittel, wodurch der Verehrer jeder Heilswahrheit davon überzeugt wird,

2) daß der heilige Geist keine bloße Kraft in GOtt oder eine Eigenschaft, Vollkommenheit GOttes sei, sondern etwas Selbstständiges, eine und zwar die dritte Person in der heiligen Dreieinigkeit. Denn wir finden Ihn gleich im 1. Kapitel des 1. Buches Mosis als den über den Wassern schwebenden „Geist GOttes.“ Kurz vor der Sündfluth bezeuget der HErr von dem Ungehorsam der damaligen Menschen, daß sie sich Seinen Geist nicht wollten strafen lassen, 1. Mos. 6, 3., wodurch wir, nach dem Ausspruch unsers HErrn JEsu Christi, Joh. 16, 8., die göttlichen, unseliger Menschen Errettung bezweckenden, kräftigen Ueberzeugungen und gnädigen Zurechtweisungen des heiligen Geistes verstehen sollen.

Elihu schreibt, Hiob 33, 4., dem Geiste GOttes sein Dasein zu, indem er spricht: Der Geist GOttes hat mich gemacht und der Odem des Allmächtigen hat mir das Leben gegeben.

Der König David zeugt von dem heiligen Geiste, Ps. 33, 6., es seien alle Heere des Himmels durch Ihn, als durch den Geist des Mundes GOttes gemacht.

Von der Unentbehrlichkeit desselben überzeugt, bittet er GOtt, Ps. 51, 13., Er möchte Seinen heiligen Geist nicht von ihm nehmen! - -

Schon aus diesen wenigen Aussprüchen der heiligen Schrift kann der demüthige Wahrheitsfreund deutlich ersehen, daß der heilige Geist keine bloße Kraft GOttes sei. Und welche Kraft GOttes sollte Er wohl sein? Etwa die Allmacht GOttes? Nein; Er wird uns als der Allmächtige, der sich bei der ersten Schöpfung in Seiner Allmacht wirksam bewiesen, bekannt gemacht.

Oder ist Er etwa die Gnade GOttes? Nein; GOtt zeugt von Ihm, 1. Mos. 6, 3., als dem Gnädigen, daß Er bereit gewesen, den Unseligen jener Zeit, vor der Sündfluth, ihre große Gefahr vor die Augen zu stellen und sie GOtt wohlgefällig gesinnt zu machen, damit sie den von GOtt gedrohten Strafen der allgemeinen Wasserüberschwemmung entgehen könnten.

Noch mehr aber werden wir von Seiner göttlichen Persönlichkeit überzeugt, wenn wir die heiligen Reden unsers HErrn JEsu Christi und Seiner Apostel lesen.

Unser HEiland schreibt Ihm, Joh. 15, 26., zu: Er zeuge von Ihm, als derjenige Tröster, Beistand, den Er sendet, und als der Geist der Wahrheit, der vom Vater ausgehet. Joh. 16, 13- 15., sagt Er von Demselben: 1) Er höre, 2) Er rede, 3) Er verkündige, 4) Er verkläre oder verherrliche Ihn, 5) Er nehme von dem Seinen.

Der Apostel Paulus belehrt uns von dem heiligen Geiste, Röm. 8, 14. 15., daß Er die Kinder GOttes treibe, führe, leite, daß Er ihrem Geiste Zeugniß gebe, sie seien Kinder GOttes. Eben dieser Apostel ermahnet die Christen zu Ephes. 5, 30., sie sollten den heiligen Geist nicht betrüben. Der Apostel Johannes nennt den heiligen Geist, 1. Joh. 2, 27., die Salbung, welche die Gläubigen von unserm HErrn JEsu Christo empfangen hätten, und belehret sie, Er werde, als die Salbung, bei ihnen bleiben: welches der HEiland aber auch Seinen Aposteln und allen Gläubigen verheißen hat; Joh. 14, 17: „Der Geist der Wahrheit, den die Welt nicht kennet, den ihr aber kennet, bleibet bei euch und wird in euch sein“ - und eben darum hätten sie es nicht nöthig, daß sie jemand lehre - die Lehre von JEsu, daß Er der Christus, der Sohn GOttes sei; denn darin waren sie befestiget - sondern, wie sie die Salbung lehre, so sei es wahr und keine Lüge, und wie sie von der Salbung, dem heiligen Geist, gelehrt worden, so sollten sie bei demselbigen bleiben.

Der Apostel Petrus preiset die Christen, 1. Petr. 4, 14., selig, wenn sie geschmähet werden um des Namens Christi willen; „denn der Geist, der ein Geist der Herrlichkeit und GOttes sei, ruhe auf ihnen.“ „Bei den Ungläubigen sei Er verlästert, bei ihnen aber sei Er gepreiset“, Alles betrachtenswerthe, heilige, auf den heiligen Geist aufmerksam machende Aussprüche des Wortes GOttes!

Die gläubigen Christen fragen hier in christlicher Einfalt: Kann eine bloße Kraft 1) zeugen, 2) hören, 3) reden, 4) verkündigen, 5) jemand verherrlichen, 6) etwas nehmen, 7) jemand leiten, 8) Zeugniß geben, 9) betrübet werden???

Ferner lehrt der Apostel Paulus, 1. Kor. 12, 3-11., daß derjenige, der durch den Geist GOttes rede, JEsum nicht verfluchen, nicht lästern werde; und Niemand könne - auf eine ihn beseligende Art - HErr JEsus! sagen, ohne durch den heiligen Geist. Es seien mancherlei Gaben, z. B. die Gabe, von der Weisheit zu reden; die Gabe des Glaubens; die Gabe, gesund zu machen; die Gabe der Weissagung; die Gabe der Geisterprüfung u. s. w., aber es sei ein Geist, der dies alles wirke und einem jeglichen - Ihm gehorsam gewordenen Christen - eine besondere Gabe mittheile, nachdem Er wolle.

Gläubige, mit Kindersinn begabte Christen fragen hier wieder: Kann eine Kraft den Menschen vor großer Versündigung gegen unsern HErrn JEsum Christum bewahren? Oder kann sie in Ihm den Glauben an den HErrn JEsum wirken? Oder kann sie die Gabe von der Weisheit zu reden, die Gabe der Gesundmachung, der Weissagung, der Geisterprüfung rc. mittheilen? Oder hat eine bloße Kraft GOttes freien Willen, göttliche Gaben, göttliche Kräfte nach demselben auszutheilen? Muß das nicht ein allmächtiger, gnädiger Wirker, Lehrer, Geber, Mittheiler sein?

Ferner: Unser HErr und HEiland zeuget von Ihm, Joh. 3, 5. 6. 8., daß Er es sei, durch und aus welchem derjenige von neuem geboren werden müsse, der in das Reich GOttes kommen will. Der Apostel Paulus redet mit gläubigen Christen zu Corinth, im 1. Briefe 6, 9-11., und fragt sie, ob sie es nicht wissen, daß die Ungerechten das Reich GOttes nicht ererben werden? Er warnt sie zugleich vor Verführung, belehrt sie auch, daß die Hurer, Abgöttischen, Ehebrecher, Weichlinge, Knabenschänder, Diebe, Geizige, Trunkenbolde, Lästerer, Räuber das Reich GOttes nicht ererben werden - wenn sie sich nämlich in dieser Gnadenzeit von solchen Lastern nicht reinigen und befreien lassen - daß sich aber unser HErr JEsus Christus über alle diejenigen solcher Unseligen, die Ihm gehorsam werden, erbarme und sie mit Seinem Blute reinige, sie auch gerecht mache. Daß sie der heilige Geist heilige und sie von der Tyrannei solcher schrecklichen Laster befreie, sehen wir aus folgenden Worten auf's deutlichste V. 11: „Und solcher sind euer Etliche gewesen; aber ihr seid abgewaschen, ihr seid geheiliget, ihr seid gerecht geworden durch den Namen des HErrn JEsu und durch den Geist unsers GOttes.“ Aus den Worten unsers HEilandes und Seines Apostels lernen wir, daß dem heiligen Geist die Wiedergeburt und die Heiligung eines Ihm gehorsam gewordenen Menschen zugeschrieben werde; darum bekennen wir es auch in unserm dritten Glaubens-Artikel, daß Er uns berufe, sammle, erleuchte, heilige und bei JEsu Christo erhalte im rechten einigen Glauben.

O wie ist der werthe heilige Geist nach Seiner göttlichen Gnade unermüdet, uns durch das Wort göttlicher Wahrheit davon zu überzeugen:

  1. daß wir, um unserer Sünde willen, strafwürdig sind;
  2. daß uns ein Erlöser und HEiland unentbehrlich ist;
  3. daß JEsus Christus der einzige Erlöser und HEiland des ganzen menschlichen Geschlechts, mithin auch unser Erlöser, unser HEiland ist. Er ist auch zugleich bereit:
  4. uns ein kindliches Zutrauen zu JEsu, unserm HErrn, zu schenken, daß Er gekommen sei, auch uns zu suchen und selig zu machen.

Ergeben wir uns kindlich Seiner göttlich gnädigen Bearbeitung, dann lernen wir uns auch

  1. als solche erkennen, die arm, zu allem Guten untüchtig, hingegen zu allem Bösen geneigt sind; die überdies viel Gutes unterlassen, so manche Sünde von ihrer Kindheit an, wissentlich und unwissend, begangen haben und eben deswegen unselig und strafwürdig sind;
  2. dabei werden wir von Ihm, dem Gnädigen, dem Barmherzigen göttlich überzeugt, daß wir eben so eines Erlösers und Seligmachers bedürftig sind, als der Kranke einer Arznei, der Hungrige einer Speise, der Durstige eines Trankes, der Irrende eines Wegweisers, der Arme eines Wohlthäters. Auch verklärt und verherrlicht Er JEsum, den Gesalbten
  3. als den eingebornen Sohn GOttes, als unsern HErrn und unsern GOtt, als unsern Erlöser und Seligmacher in uns, und schenkt uns ein kindliches Zutrauen zu Ihm, dem gnädigen, liebevollen, freundlichen, mitleidigen, unaussprechlich barmherzigen HEiland: daß wir nun von Ihm die Erlösung von Sünde, von der Macht des Teufels und von allem Uebel, so wie auch alles uns beseligende Gute demüthig, zuversichtlich, kindlich erwarten können.

Die vielen tausend Millionen aus dem menschlichen Geschlecht der vergangenen Zeit, so wie der Mitzeit, welche alle durch die göttliche Barmherzigkeit des heiligen Geistes zur Selbsterkenntniß, zum Glauben an unsern HErrn und HEiland gekommen sind und durch diesen Glauben an Ihn Vergebung der Sünden, Leben und Seligkeit erlangt haben, sind redende Beweise davon.

Hier aber entsteht die Frage: Woher kommt's, daß in jedem Jahrhundert der Zeit des neuen Testaments viele in der Christenheit waren, welche weder zur wahren Selbsterkenntniß, noch auch zum seligmachenden Glauben an unsern HErrn JEsum Christum gekommen sind? Und woher kommt's, daß es in gegenwärtiger Zeit so viele hundert Tausende der getauften Christen nicht erkennen, daß JEsus der HErr, der wahrhaftige GOtt, das ewige Leben, unser Erlöser und Seligmacher ist, sondern Ihn lästern, Seine Gnadenmittel verachten und sich eben deswegen in einem unseligen Zustande befinden? Wirkt der heilige Geist vielleicht nicht mehr so auf die Seelen der Menschen, wie vormals? Die heilige Schrift zeigt uns sehr deutlich, woher es zu allen Zeiten gekommen und was noch jetzt die Ursache davon sei, daß ein großer Theil solcher Menschen, denen das heilige Wort von unserm HErrn und HEiland gepredigt worden und ihnen noch verkündiget wird, nicht zum Genuß und Besitz der von Ihm gestifteten Versöhnung und erworbenen Seligkeit gekommen sind.

Sie alle haben sich mit ihrem Ungehorsam, mit ihrem Widerstreben wider den heiligen Geist versündiget. Einige haben Ihn sogar gelästert; darum sind die Ersteren in ihrem sündigen, unseligen Zustande geblieben und darum konnte auch den Letzteren nicht geholfen werden. Es ist daher bei der Betrachtung der Lehre von dem heiligen Geist nöthig, daß wir auch auf die göttlichen Belehrungen der heiligen Schrift von den Sünden wider den heiligen Geist merken, damit uns solche Belehrungen nicht nur bekannt werden, sondern wir uns auch durch Seine göttliche Gnade von den Sünden gegen Ihn befreien oder uns als Befreiete vor denselben bewahren lassen. Forschen wir im Worte GOttes, dann finden wir, daß uns dasselbe besonders vier Arten von Sünden wider den heiligen Geist bekannt mache, von welchen die letzte auch die größte, die fürchterlichste ist. Unser HErr JEsus Christus nennt diese eine Lästerung wider den heiligen Geist und zeuget von ihr, daß derjenige, von dem sie begangen wird, weder in dieser noch in der zukünftigen Welt Vergebung derselben erlangen werde. Matth. 12, 32.

1) Die erste Art der Sünden wider den heiligen Geist wird von dem Apostel Paulus ein Betrüben des heiligen Geistes genannt; Eph. 5, 31. „Betrübet nicht den heiligen Geist, so spricht er, mit welchem ihr versiegelt seid auf den Tag eurer Erlösung.“ Bekanntlich redet hier der Apostel mit gläubigen Christen. Wir sehen auch aus dem Vorhergehenden und Nachfolgenden im 5. Kap. seines Briefes an die Gemeine unsers HErrn zu Ephesus, wie der heilige Geist betrübet wird, wenn man nämlich JEsum Christum als seinen HErrn und HEiland erkennt und angenommen, sich aber, bei dem Glauben an Ihn, noch Lügenreden, sündiges Zürnen, Ungerechtigkeiten, unnütze Wortreden, Bitterkeit, Grimm, Zorn rc. erlauben will; V. 25. 26. 28. 29. 31. So wird auch der heilige Geist von dem Christen betrübt, wenn derselbe Seine ihn warnende, belehrende, zurechtweisende, oder auch zum Gebet, zur Ausübung der Barmherzigkeit gegen seinen armen Bruder oder Mitmenschen aufmunternde Stimme überhört oder sie nicht kindlich befolgt. Wir haben uns also von Ihm theils Vergebung dieser von uns gewiß oft wider Ihn begangenen Sünden auszubitten, theils Ihn auch demüthig, kindlich anzuflehen, daß Er uns doch selbst, um Christi unsers HEilandes willen, Kraft verleihe, Ihn künftighin nicht mehr zu betrüben, sondern uns vielmehr ernstlich und aufrichtig zu befleißigen, Ihn mit kindlichem, willigem Gehorsam gegen Seine göttlichen, unsre ewige Seligkeit bezweckenden Belehrungen, Ermahnungen, Zurechtweisungen zu erfreuen.

2) Die zweite Art der Sünden wider den heiligen Geist nennt der heilige Stephanus Apostelg. 7, 51. ein Widerstreben gegen den heiligen Geist, indem er mit ungläubigen Einwohnern Jerusalems spricht und sie „Halsstarrige und Unbeschnittene an Herzen und Ohren“ nennt.

Weil diese Menschen dem heiligen Geist, so wie ihre Vorfahren, widerstrebten, so konnte Er sie auch weder zur Erkenntniß der Wahrheit bringen, daß sie eines mächtigen Erretters und Seligmachers bedürftig seien, noch auch zur Ueberzeugung von der Wahrheit, daß JEsus, der Christus, der Sohn Gottes, der Erretter, der Seligmacher aller Menschen sei. Wären sie und ihre Väter in den Zeiten des Alten Testaments, dem heiligen Geiste gehorsam geworden, dann hätte Er diesen den damals zukünftigen HEiland der Welt durch die heiligen Propheten deutlich bekannt gemacht: daß Er nämlich ganz gewiß kommen, dem Teufel, als dem Feinde des ganzen menschlichen Geschlechts, die Macht nehmen, 1 Mos. 3, 15., die Strafen für unsre Missethaten und Sünden an unsrer Statt leiden, uns Friede und alles Heil wiederbringen werde, Jes. 53; jene aber göttlich davon überzeugt, daß JEsus, unser HErr, der Ueberwinder des Todes und des Teufels, der Friedensfürst, der Erwerber der Vergebung der Sünden, des Lebens und aller Seligkeiten sei.

Als den Wohlthätigen, Gnädigen, vom Unglauben und Zweifel Befreienden, zu unserm HErrn JEsu Christo Führenden würden Ihn auch in unsern Tagen alle diejenigen armen, elenden Menschen in der Christenheit erfahren, welche im Unglauben, im Zweifel, in Feindschaft wider den HErrn, der auch sie so theuer erkauft hat, als Unselige mit schnellen Schritten zum ewigen Verderben eilen - wenn sie nur aufhören wollten, Ihm wissentlich und vorsätzlich zu widerstehen und anfangen sich Ihm und Seinen göttlich gnädigen Bearbeitungen kindlich zu ergeben. So lange sie aber Ihm widerstehen, ist es gewiß unmöglich, daß sie von Ihm weder unmittelbar noch mittelbar zur Erkenntniß der Wahrheit, zur Gottseligkeit gelangen können.

3) Die dritte Art der Sünden wider den heiligen Geist heißt ein Erbittern, ein Entrüsten, oder ein Rebelliren gegen den heiligen Geist. Jes. 63, 10: Aber sie erbitterten und entrüsteten Seinen heiligen Geist, darum ward Er ihr Feind und stritt wider sie. Diese Sünde wider den heiligen Geist besteht darin, daß derjenige Mensch, von dem sie begangen wird, die Herrschaft des heiligen Geistes über sich nicht anerkennen will und Ihm wissentlich, auch vorsätzlich widersteht. Es steht bei der Benennung dieser Sünde zugleich auch die zu beherzigende traurige Folge derselben, nämlich daß der heilige Geist - jener Israeliten, die damals wider Ihn rebellirten, Feind ward und wider sie stritt.

Unglücklich waren jene und alle diejenigen in den folgenden Jahrtausenden, welche sich auf diese Art wider den heiligen Geist versündigt hatten; so wie auch diejenigen unserer Zeit keine Seligkeiten genießen, die Ihn mit ihrem schon viele Jahre anhaltenden, sehr oft wiederholtem Widerstreben erbittern und entrüsten, so daß Er ein heiliges Mißfallen an ihrem strafbaren Verhalten haben muß.

Fragt man nun, ob diese Arten von Sünden wider den heiligen Geist den Menschen vergeben werden? so antwortet unser HErr JEsus Christus mit einem Ja, Matth. 12, 31., da Er spricht: Alle Sünden werden den Menschen vergeben. Wenn den Menschen alle Sünden vergeben werden, so werden ihnen auch diese Sünden vergeben, freilich in der rechten Ordnung, daß man sich zur Erkenntniß derselben bringen, in sich Reue und Leid wirken, sich auch davon überzeugen lasse, daß uns unser HErr JEsus Christus mit Seinem unschuldigen, unaussprechlich großem Leiden, mit Seinem theuren Blute und mit Seinem Tode die Vergebung aller Sünden erworben habe, daß uns Sein Blut, als das Blut des Sohnes GOttes, von einer jeden Sünde rein mache, 1 Joh. 1, 7., und daß man den heiligen Geist demüthigst, im zuversichtlichen Vertrauen, um Vergebung aller wider Ihn wissentlich und unwissend begangenen Sünden bitte.

Die durch den Glauben an unsern HErrn JEsum, den Gesalbten, im Genuß Seiner Seligkeiten stehenden Christen unsrer Zeit wissen es aus eigener Erfahrung, daß sie sich in voriger Zeit ihres Lebens gegen Ihn oft durch wissentliches Widerstreben versündiget haben, welches sie vor Ihm demüthiget und beugt; sie wissen es aber auch eben so gewiß, daß Er ihnen die vielen Versündigungen gegen Ihn vergeben habe, weil Er es war, der sie zur Erkenntniß aller ihrer Sünden gebracht und in ihnen den Glauben an unsern HEiland gewirkt. Der Prophet Jesaias stärkt sie auch in ihrer Ueberzeugung von dieser sie außerordentlich tröstenden Wahrheit, Jes. 63, 11., mit den Worten: Und Er, der heilige Geist gedachte wieder an die vorige Zeit, nämlich an die Zeiten Mosis rc., in welchen Er sich über Viele ihrer Vorfahren wieder erbarmte, wenn sie ihre Sünden erkannten, Ihn auch um Gnade und um Vergebung derselben baten. Was aber

4) die letzte Art der Sünden wider den heiligen Geist betrifft, so wird diese von unserm HErrn

a. ein Reden wider den heiligen Geist, Matth. 12, 32;
b. ein Lästern, damit man den heiligen Geist lästert, Marc. 3, 29. Luc. 12, 10 genannt.

Aus dem Zusammenhange der evangelischen Geschichte sehen wir, daß diese Lästerung, dieses Reden wider den heiligen Geist, an einem Tage der Niedrigkeit unsers HEilandes von einigen Pharisäern Seiner damaligen Zuhörer begangen worden sei, welche das, von dem heiligen Geiste Matth. 12, 28 durch unsern HErrn an dem von einem bösen, unreinen Geist besessenen Menschen verrichtete göttliche Wunderwerk, gegen ihre bessere Erkenntniß und Ueberzeugung, aus großer Feindschaft wider die ewige vor ihnen damals, in der Person unsers HErrn JEsu Christi, stehenden Liebe - dem Beelzebub, dem Obersten der bösen Geister zuschrieben, und zugleich auch noch dabei sagten, der HErr JEsus habe den Beelzebub, Marc. 3, 22. Aus der Beschreibung derselben ersehen wir aufs deutlichste, daß diese Sünde ein Reden, also eine Sünde sei, die mit dem Munde begangen wird, vor welcher gewiß eine Reihe vieler wissentlicher, vorsätzlich begangener Sünden vorhergehen muß.

Wenn aber Menschen in der Christenheit durch das gehörte oder gelesene Wort der göttlichen Wahrheit zur Erkenntniß ihres unseligen Zustandes kommen und dann von sich mit einer Art von Bangigkeit, großer Niedergeschlagenheit und Traurigkeit bekennen, daß sie die Sünde wider den heiligen Geist begangen haben, von welcher der HEiland spricht, daß sie nicht werde vergeben werden, so sollen die begnadigten, im Genuß der Seligkeiten unsers HErrn JEsu Christi stehenden, Christen mit ihrer bessern Erkenntniß solchen Heilsbegierigen mit ihrer brüderlichen Belehrung gern zu Hülfe kommen und ihnen im Namen unsers HErrn und HEilandes vorstellen:

1) daß es zwar wirklich wahr sei, daß sie sich oft wider den heiligen Geist, von ihrer Kindheit an, mit ihrem Leichtsinn, Nichtachten auf Seine Gnadenstimme, Ungehorsam, Widerstehen gegen Seine göttlich kräftige Wirkungen wissentlich und unwissend versündiget; daß sie aber 2) dennoch nicht jener Sünde der Lästerung, des Redens wider den heiligen Geist sich schuldig gemacht hätten, weil die anfängliche Erkenntniß ihrer Sünden und ihre aufrichtige Heilsbegierde ein unwidersprechlicher Beweis der Wahrheit sei, daß es der heilige Geist ist, der sie zu jener Erkenntniß ihrer Sünden gebracht und diese Begierde, dies aufrichtige Verlangen nach der Errettung ihrer Seelen, nach dem Heil unsers HEilandes gewirkt und sie dadurch nach Seiner göttlichen Gnade davon überzeugen will, daß Er nicht ihr Feind sei, sondern der gnädige, der barmherzige Führer, der sie noch weiter bis zu JEsu Christo leiten, ihnen ein kindliches Zutrauen zu Ihm, ihrem HEiland, schenken wolle, damit sie durch den Glauben an Ihn Vergebung aller Sünden, den Frieden, die Kindschaft GOttes, Leben und Seligkeit erlangen können. -

Nun HErr GOtt, heiliger Geist! sei von uns Allen, die Dich als die dritte Person der heiligen Dreieinigkeit in Deiner göttlichen Gnade, Barmherzigkeit, Geduld und Treue zu ihrem ewigen Heil erkannt haben, in tiefster Demuth angebetet und gelobet. Sei von uns angebetet und gelobet, daß wir wissen daß Du es seist, durch dessen göttlich gnädige Leitung die Propheten, die Apostel und die Evangelisten unsers HErrn JEsu Christi geredet und geschrieben haben.

Angebetet und gelobet sei für Deine Gnade, daß Du uns durch sie unsern HErrn JEsum, den Gesalbten, als Denjenigen bekannt gemacht hast, der gekommen ist in die Welt, Sünder selig zu machen; der arm geworden ist, damit wir durch Seine Armuth reich würden; der Sich um unsrer Missethat willen hat verwunden, um unsrer Sünden willen zerschlagen lassen; an Dem auch wir haben die Erlösung durch Sein Blut, nämlich die Vergebung der Sünden, nach dem Reichthum Seiner Gnade; ja, der nicht nur die Versöhnung unsrer Sünden, sondern auch der ganzen Welt Versöhner ist.

Sei von uns angebetet und gelobet, daß Du uns zum Glauben an Ihn, daß Er unser HErr und Seligmacher, der wahrhaftige GOtt und das ewige Leben ist, gebracht hast und Ihn in unsern Seelen verherrlicht.

Wir bitten Dich demüthig, erhalte uns in dem wahren, rechten, lebendigen Glauben an Ihn bis an unser Ende. Heilige und stärke uns zur willigen und beharrlichen Nachfolge unsers HErrn JEsu Christi. Bringe uns zu einer immer bessern Erkenntniß unsers großen Verderbens, unsrer Unbeständigkeit, Unzuverlässigkeit, damit uns unser HErr und HEiland durch Deine göttliche Gnade immer theurer, schätzbarer, liebenswürdiger und unentbehrlicher werde. Ruhe auf uns, Du, der Du der herrliche Geist GOttes bist. Bewahre uns vor allen Irrthümern, welche der Wahrheit von unserm HErrn JEsu Christo widersprechen. Gründe und befestige uns im Genuß Seiner von Ihm uns so theuer erworbenen Seligkeiten. Wohne in uns mit Ihm, unserm HEiland und Seinem himmlischen Vater. Mache uns kindlich gehorsam gegen Dich in der gnädigen Fortsetzung Deines, unsre immerwährenden Seligkeiten bezweckenden, göttlichen Werks, und lehre uns hier und dort ewig den Vater unsers HErrn JEsu Christi und den HErrn, unsern HEiland, auf eine Ihm wohlgefällige Weise anbeten. Thue dies Alles, und noch mehr als wir Arme bitten oder verstehen, um unsers HErrn JEsu Christi willen, Amen!

Du heiliges Licht, edler Hort,
Laß uns leuchten des Lebens Wort
Und lehr' uns GOtt recht erkennen,
Von Herzen „Vater!“ Ihn nennen,
O HErr, behüt' vor fremder Lehr',
Daß wir nicht Meiner suchen mehr,
Denn JEsum Christ mit rechtem Glauben
Und Ihm aus ganzer Macht vertrauen.
Hallelujah, Hallelujah!

Quelle: Ledderhose, Karl Friedrich - Johann Jänicke

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