Hofacker, Ludwig - Predigt am heiligen Osterfeste

Hofacker, Ludwig - Predigt am heiligen Osterfeste

Jesus, des Todes Überwinder

(letzte Predigt des Verfassers)

Text: Marc. 16,1-8.

Und da der Sabbath vergangen war, kauften Maria Magdalena und Maria Jacobi und Salome Specerey, auf daß sie kämen und salbeten Ihn. Und sie kamen zum Grabe an Einem Sabbather sehr frühe, da die Sonne aufgieng. Und sie sprachen unter einander: Wer wälzet uns den Stein von des Grabes Thür? Und sie sahen dahin, und wurden gewahr, daß der Stein abgewälzet war; denn er war sehr groß. Und sie giengen hinein in das Grab, und sahen einen Jüngling zur rechten Hand sitzen, der hatte ein langes weißes Kleid an; und sie entsatzten sich. Er aber sprach zu ihnen: Entsetzet euch nicht. Ihr suchet JEsum von Nazareth, den Gekreuzigten; Er ist auferstanden, und ist nicht hier. Siehe da die Stätte, da sie Ihn hinlegten, Gehet aber hin, und saget es Seinen Jüngern und Petro, daß Er vor euch hingehen wird in Galiläa; da werdet ihr Ihn sehen, wie Er euch gesagt hat. Und sie giengen schnell heraus, und flohen von dem Grabe, denn es war sie Zittern und Entsetzen angekommen, und sagten Niemand nichts, denn sie fürchteten sich.

Der HErr ist auferstanden! dieß ist das Wort, das in den Gemüthern der Jünger JEsu durch die Dunkelheit, welche sie umfangen hatte, als ein helles Licht hindurchbrach, und ihre Seelen mit Freude und Dankbarkeit erfüllte; denn sie wurden froh, als sie hörten, daß der HErr aus Seiner Marter auferstanden sey. Auch wir Alle dürfen froh werden über unsern auferstandenen Heiland; es soll unsern Herzen, wie Luther vor dreihundert Jahren von sich sagte, eine Festfreude seyn, daß der HErr aus Seiner Marter auferstanden ist. In der tiefsten Verachtung hauchte Er Sein Leben aus; es schien sogar, als ob Er von Gott verlassen wäre; Er wurde blaß und bleich wie alle Sterbenden; mit Wunden, Striemen und Beulen bedeckt, wurde Er in das Grab gelegt. Auf einmal aber ist Er aus des Todes Nacht zum Leben hindurchgedrungen, und hat Leben und Unvergänglichkeit an’s Licht gebracht. Darum sollen wir dem HErrn danken und fröhlich seyn! Ich denke deßhalb, wir wollen dießmal unserer Erbauung vorhalten:

JEsum, den Todes-Ueberwinder.

Ich werde zeigen: I. was der Tod ist ohne Christus; II. was der Tod geworden ist durch Christus.

HErr JEsu, Du lebendiger Fürst des Lebens, der Du todt warest, nun aber lebest von Ewigkeit zu Ewigkeit, Du siehest den Tod der Lauheit und Eitelkeit, in dem viele Herzen unter uns gefangen liegen; o Du Todes-Ueberwinder, tödte auch diesen Tod in Allen; laß uns Alle zum Leben dringen, damit wir leben im ewigen Leben. Amen!

I.

Einer der ärgsten Feinde des Menschengeschlechts ist der Tod: Das Menschengeschlecht ist nun gegen sechstausend Jahre in dieser Welt, und in dieser langen Zeit hat der Tod unaufhaltsam fortgewürgt unter den Menschen; ein Geschlecht um das andere hat er ergriffen. Gegen seine Gewalt konnte bis jetzt nichts schützen, nicht Macht, nicht Ehre, nicht Reichthum, nicht Krone und Scepter, nicht Weisheit, nicht Rechtschaffenheit, nicht Gottseligkeit; er hat heruntergewürgt von Adam an bis auf uns, und hat Alle ohne Unterschied dahin genommen, und wird fortwürgen bis auf den jüngsten Tag; denn er hat einen Zugang an Alles, was Mensch heißt.

Ursprünglich war der Tod nicht in der Welt. Gott schuf den ersten Menschen nicht zum Tode, sondern zum Leben. Er machte zwar den ersten Menschen aus Staub; aber er blies ihm ein einen Lebens-Athem in seine Nase. Dieser göttliche Lebens-Athem durchgieng und durchdrang den ganzen Menschen nach Seele und Leib, und so hatte er einen Körper, der zur göttlichen Unsterblichkeit geschaffen war. Er war ein Bild des lebendigen Gottes, und wenn er in seiner ursprünglichen Verfassung geblieben wäre: so hätte der Mensch nicht sterben müssen, sondern ewiges Leben in sich gehabt. Aber er blieb nicht darin; der Mensch wurde ein Sünder, er fiel von Gott ab. So drang der Tod in seine Glieder ein, und diesem Tode sind nun alle Menschen unterworfen, weil sie Alle Sünder sind. „Durch Einen Menschen ist die Sünde in die Welt gekommen, und der Tod durch die Sünde, und ist also der Tod zu allen Menschen hindurchgedrungen, dieweil sie Alle gesündiget haben.“

O liebe Zuhörer: Wie bejammernswürdig sind wir armen Menschen, daß wir sterben müssen! Denn was heißt sterben? Gehet hin auf einen Gottesacker, und sehet da die schreckliche Gewalt des Todes. Wir sind nun Alle hier beysammen: wir können gehen, sitzen und stehen; wir können uns bewegen. Nach fünfzig Jahren wird es mit den Meisten von uns ganz anders seyn. Da wird diese Hand, die ich hier hinausstrecke, schon lange verfault seyn; vielleicht ist kein Knochen mehr von ihr vorhanden; vielleicht ist Alles Staub und Erde geworden. Unsere Nachkommen werden auf unsern Staub treten, und es nicht wissen und nicht daran denken, daß sie darauf treten. Eine solche Verwüstung richtet der Tod an; so wahr ist es, was der HErr gesprochen hat: „du bist Erde und sollst zur Erde werden.“ Ist aber das nicht schrecklich? Ist es nicht entsetzlich, daß dieser Leib, der eine Behausung eines vernünftigen Geistes und ein Tempel Gottes ist, aus welchem doch noch etwas vom Bilde Gottes herausscheint, ob wir es gleich verloren haben, ist es nicht schrecklich, daß dieser Leib soll also vergehen, soll verwesen, soll ein stinkendes Aas werden, das man aus der menschlichen Gesellschaft entfernen muß, bis er endlich ein Häuflein Staub ist, das der Wind aus einander wehen kann? O gewiß, das ist eine schreckliche Macht des Todes.

Aber sehet! das ist erst nicht das Aergste am Tode, daß dieser Leib verwesen und vergehen muß; das Sterben selber ist noch viel bedeutender. Wir bestehen aus Leib und aus Seele. So werden wir geboren; diese zwey sind unzertrennliche Gefährten und auf’s Innigste mit einander verbunden. Ich will euch ein Beispiel geben, wie eng sie mit einander verbunden sind. Wenn ihr einen Krug Branntwein habt, so habt ihr darin Wasser und etwas Geistiges. Dieses Wasser und dieses Geistige aber sind, wie ihr wohl wisset, sehr genau mit einander verbunden. Wer kann geschwind das Wasser von dem Geistigen absondern und scheiden? Sehet, eben so genau, ja noch genauer, sind Leib und Seele mit einander verbunden; denn Leib und Seele machen zusammen Einen Menschen aus. Durch den Tod nun geht die Trennung des Leibes und der Seele vor sich; im Sterben trennen sie sich. Welch’ ein schrecklicher Prozeß! Mit welchen Kämpfen, mit welchen tiefen Leiden ist das meistens verbunden, wie es denn nicht anders seyn kann. Und durch diesen Scheidungs-Prozeß muß jeder Mensch hindurch; da sind schon viele Tausend Millionen hindurchgegangen; da gehen täglich viele tausend Menschen hindurch; da werden auch wir hindurch müssen, wir mögen wollen oder nicht, und wer weiß, welche Todeskämpfe uns nach dem Willen Gottes aufgehoben sind. O gewiß, es ist etwas Furchtbares um den Tod! Und das, was ich bis jetzt angeführt habe, ist erst nicht das Aergste; sondern das ist das Aergste: „daß es dem Menschen gesetzt ist zu sterben, und darnach das Gericht.“ Diese Wahrheit ist uns in’s Herz geschrieben; diese Wahrheit predigt einem jeden Menschen sein Gewissen, und das Wort Gottes sagt Ja und Amen dazu. Höret es, höret es – das entsetzliche Wort, und lasset es in euch eindringen wie ein zweyschneidiges Schwert, ihr unbußfertigen Sünder: „es ist dem Menschen gesetzt zu sterben, darnach aber das Gericht.“ Was wäre es endlich, wenn dieser Leib zu Schanden gienge; was wäre es, wenn der Geist sich auch unter schweren Kämpfen von seiner Hütte losmachte; was wäre das Sterben, wenn kein Gericht nach dem Tode auf uns wartete? Man könnte sich endlich noch darüber trösten und fassen; man könnte denken: es geht ja Keinem besser; ich will mich auch in diesen Weg schicken; aber nun ist es gar anders: „es ist dem Menschen gesetzt zu sterben“, aber damit ist es nicht aus – „darnach das Gericht.“ Was für ein Gericht? Das Gericht Gottes, nicht das Gericht eines Menschen, den man betrügen, vor dem man heucheln, den man anlügen kann, sondern das Gericht des allwissenden, des heiligen, des gerechten, des wahrhaftigen Gottes, des Gottes, der Sein nicht spotten läßt, des Gottes, der Herzen und Nieren erforscht, und der einem Jeden geben wird nach seinen Werken ohne Ansehen der Person.

Liebe Zuhörer! unsere gegenwärtige Zeit ist eine Saatzeit für die Ewigkeit. Was wir hier säen, das werden wir ernten. Wann nun vor dem Gerichte Gottes die Jahre, die Monate, die Wochen, die Tage, die Stunden, die Augenblicke unserer ganzen Saatzeit vorkommen werden; wann Er sie nach der Strenge Seiner Heiligkeit beurtheilen und richten wird, wer wird dann bestehen? Wer unter uns kann dann bestehen? Was können wir dann sagen von unsern vielen im Fleische durchlebten Stunden, von unsern in der Sünde durchgebrachten Tagen, von unsern vergeudeten Jahre, die wir nicht Gott, nicht dem Heilande, sondern den Lüsten unsers Fleisches und dem Teufel gelebt haben? Auf tausend können wir Ihm nicht eins antworten; zur Hölle müssen wir Alle fahren. Das würde auf uns Alle warten, wenn Christus nicht gekommen wäre. Denn das wartet nach dem Tode auf die Menschen, wenn sie ohne Christus sterben. Der Tod ist für sie der finstere Uebergang zum Gericht, zur Ernste dessen, was sie gesäet haben, zur Vergeltung dessen, was sie gedacht, geredet, gethan haben. Das macht den Tod erst zum Tode, das macht ihn erst bitter; denn der Stachel des Todes ist die Sünde.

O liebe Zuhörer! es ist wahr, was in jenem Liede stehet: „mitten in dem Tod anficht uns der Hölle Rachen“; ohne Christus ist der Tod bitter. Hineinsterben in eine Ewigkeit hinein, in eine richterliche Ewigkeit hinein, das ist wahrlich etwas Schreckliches für einen Sünder. Ich weiß freilich wohl, daß Manche dahinfahren wie ein Vieh, ohne daran zu denken; wohin? Der Mensch, der arme Mensch kann es durch Sündendienst und irdischen Sinn allerdings so weit in der Stumpfheit bringen. Auch weiß ich wohl, daß die neueren Thoren, die sich zu Lehrern Anderer aufgeworfen haben, viel reden von einer besseren Welt, welcher ein Jeder, auch der Unbußfertige, entgegen gehe, von einer leichten Trennung des Geistes von seinem Gefährten, dem Leibe, von den Freuden des Wiedersehens Derjenigen, die doch der Verdammniß anheimfallen werden. Und wahrlich, sie haben es mit ihren seichten Worten dahingebracht, daß Mancher mit der heitersten Zuversicht auf sein Sterbebette hinliegt und von lauter Himmel träumt, während er doch ein Kind der Hölle und der Verdammniß ist. Aber sehet, das beweist nichts dagegen, daß der Tod nicht sollte bitter seyn ohne Christus. Lieber möchte ich ein Pferd seyn, das man in seinem Karren zu Tode schindet, lieber ein Stier, den man mästet auf den Schlachttag, als ein Mensch, der im Tode keinen Heiland hat. Denn an was wollen wir uns dann halten? Womit wollen wir uns dann trösten? Wollen wir uns trösten mit unserem irdischen Besitzthum? Wird uns unser Geld, werden uns unsere Häuser, unser Hausgeräthe, unsere Aecker, unser Vieh, wird das alles uns trösten? Nein, wir müssen es verlassen! Oder wird das uns trösten, wenn wir in Ehre und Ansehen gestanden sind? Nein, wir müssen ja fort! Oder werden uns unsere Freunde, Gatten und Kinder einen Trost geben? Wir müssen sie ja verlassen! Oder wird es uns trösten, wenn wir lange gesund gewesen sind, und gute Tage gehabt haben? Nein! solches Alles ist ja dann dahingefahren. Oder wenn wir arm und elend gewesen sind auf dieser Welt, und wenig gute Tage erlebt haben, wird uns das einen Trost, einen wesentlichen Trost geben? Nein! denn solches hilft uns ohne Christus auch nicht für die Ewigkeit. Um Gottes willen! Womit wollen wir uns denn trösten, wenn wir Alles, Alles zurücklassen, und stehen an der Pforte der Ewigkeit, an den Pforten des Gerichts? Wollen wir uns dann unseres rechtschaffenen Lebens getrösten? Wollen wir denken: wir seyen doch nicht so böse gewesen, es werde uns in der Ewigkeit vor Gott nicht so übel gehen? Ja, so trösten sich viele Menschen, so schläfern sich viele Menschen ein und sterben dahin. Aber welch’ ein Erwachen wird dieß in der Ewigkeit geben! welch’ ein verzweifeltes Erwachen am Tage der Offenbarung, wann ihre Schande und ihre Blöße und der Zorn, die Heiligkeit Gottes offenbar wird, wann dann erst der Grund und Boden zusammensinkt, auf dem man bisher gestanden hatte!

O liebe Zuhörer! Ohne Christus wäre der Tod etwas Entsetzliches, das Schrecklichste, was einem Menschen begegnen könnte. Denn ohne Christus ist der Tod eine Auslieferung des Körpers zur Zerstörung, und eine Auslieferung der Seele zum Gericht und der Verdammniß.

II.

Aber Christus ist gekommen; Christus ist gestorben; Christus ist auferstanden, und hat dadurch dem Tode die Macht genommen, und Leben und Unvergänglichkeit an’s Licht gebracht. Dieß ist das große Evangelium des heutigen Festes; darüber sollen wir Ihm heute danken; das sollen wir heute glauben und besser verstehen lernen; darüber soll sich heute ein Jedes unter uns, das an den Heiland glaubt, wenn auch mit großer Schwachheit, freuen. „Der Tod ist verschlungen in den Sieg. Tod! wo ist dein Stachel? Hölle! wo ist dein Sieg? Gott sey Dank, der uns den Sieg gegeben hat durch JEsum Christum, unsern HErrn“ (1. Kor. 15,55.57.).

Wie ist aber Solches geschehen? Wir haben gesehen, daß der Tod eine Auslieferung der Seele zum Gerichte und dadurch zum ewigen Tode ist; dieß hat der Heiland aufgehoben bey allen denjenigen, die an Ihn glauben. Unser Heiland heißt JEsus, weil Er Sein Volk selig macht von ihren Sünden. Dieß hat Er auch gethan, und dieß thut Er noch. Er hat unsere Sünden getragen und gebüßt, wie wir die vergangene Woche genugsam gehöret haben; Er ist als unser Bürge im Gericht für uns gestanden, und hat Alles das, was wir verdienet haben, auf Seinen Rücken geladen. Er ist gefangen genommen, geschlagen, verspieen, ungerecht verurtheilet, gegeißelt, gekreuzigt und am Kreuze von Gott verlassen worden; Er ist ein Fluch geworden, denn es stehet geschrieben: „verflicht ist Jedermann, der am Holze hängt;“ Er ist endlich am Kreuze gestorben, und hat so, ob Er gleich der Lebendige war, doch den Tod geschmeckt, und den ganzen Sold der Sünden empfangen; Alles das für uns, damit unsere Schuld gebüßet, unsere Strafe getilget wäre. Davon sagt der Prophet: „Fürwahr, Er trug unsere Krankheit und lud auf Sich unsere Schmerzen. Wir aber hielten Ihn für den, der geplaget und von Gott geschlagen und gemartert wäre. Aber Er ist um unserer Missethat willen verwundet, und um unserer Sünden willen zerschlagen. Die Strafe liegt auf Ihm, auf daß wir Frieden hätten, und durch Seine Wunden sind wir geheilet“ (Jes. 53,4.5). Diesem ganzen Werke Seiner Versöhnung aber hat Seine Auferstehung das Siegel des göttlichen Wohlgefallens aufgedrückt; durch die Auferweckung Christi von den Todten hat Gott feierlich erklärt, daß das Opfer, das Ihm JEsus dargebracht habe, Ihm wohlgefällig sey, daß Er es gelten lasse in alle Ewigkeit, daß das Werk der Versöhnung, nach allen Rechten der Gerechtigkeit Gottes vollbracht, von Ihm angenommen, und darum Seine ewige, Seine göttliche, Seine unumstößliche Kraft und Wirkung habe an allen armen Sündern, die durch das Verdienst des Sohnes gerecht werden wollen. Durch die Auferweckung Christi von den Todten hat Gott feierlich erklärt, daß das Opfer, das Ihm JEsus dargebracht habe, Ihm wohlgefällig sey, daß Er es gelten lasse in alle Ewigkeit, daß das Werk der Versöhnung, nach allen Rechten der Gerechtigkeit Gottes vollbracht, von Ihm angenommen, und darum seine ewige, Seine göttliche, Seine unumstößliche Kraft und Wirkung habe an allen armen Sündern, die durch das Verdienst des Sohnes gerecht werden wollen. Durch die Auferweckung Christi von den Todten hat der Vater gleichsam Sein göttliches Amen gesprochen zu dem Worte des Heilandes, das Er am Kreuze ausrief: „es ist vollbracht!“ hat es versiegelt, daß die Handschrift, die wider uns war, wahrhaftig zerrissen, und an’s Kreuz geheftet und aus dem Mittel gethan sey. Und nun erkennet doch, liebe Seelen, welch’ eine von Gott selbst versiegelte, welch’ eine ewige Erlösung erfunden ist. So gewiß Christus von den Todten auferstanden ist, so gewiß sind alle diejenigen, die an Ihn glauben, frey von ihren Sünden, so gewiß haben sie Vergebung der Sünden und ewiges Leben.

Was kann nun den Gläubigen der Tod noch schaden? – ich rede von wahren Christen, denn für Andere hat der Tod seine Bitterkeit nicht verloren – aber was kann er Christen noch schrecken? Nun geht es im Tode nicht mehr dem Gerichte entgegen, dem unerträglichen Gerichte Gottes, sondern die Sünden sind vergeben, sind ausgethan und ausgelöscht im Blute des Lammes; es ist eine ewige Erlösung erfunden. Nun läßt sich im Glauben an JEsum gar sanft, gar ruhig hinsterben, wie Hiller gesagt hat:

Das Lamm am Kreuzesstammen
Starb, Sünden zu verdammen,
Nun heißt bey Seinen Schafen
Das Sterben ein Entschlafen.

Sehet, so ist Stephanus unter Steinwürfen selig und sanft eingeschlafen, und so weit können auch wir es bringen durch den Glauben an JEsum; das hat uns JEsus verdient, daß ein Mensch, ob er gleich ein arger Sünder ist, und sich vor Gott als ein arger Sünder bekennen muß, welcher der Hölle wohl werth ist, doch im Tode getrost kann seine Füße zusammenlegen, und in guter Hoffnung und im Frieden dahinfahren, daß er sprechen kann:

Meine Arbeit geht zu Ende,
Und der Sabbath bricht mir an (nicht der Tag der Angst, sondern der Ruhetag)
Die durchgrab’nen Füß’ und Hände
Haben All’s für mich gethan.

Tod! wo ist nun dein Stachel? Hölle! wo ist nun dein Sieg? Ja, es hat überwunden der Löwe aus dem Geschlechte Juda, und an Seinem Siege haben wir armen Sünder auch Theil. Durch Seine Menschwerdung und Geburt, durch Seinen 33jährigen mühseligen Lauf auf Erden, durch Seine vielen sauren Tritte, durch Sein Leiden und Sterben, durch Sein Blutvergießen und Auferstehen, dadurch hat Er die Sünde getödtet, und eben dadurch dem Tode die Macht genommen. O! große Erlösung! große Freiheit! Was hälfe es mir, wenn ich im größten Reichthum säße, und müßte ein elender Sklave der Furcht des Todes seyn? Was hälfe es mir, wenn ich alles Wohlleben auf dieser Erde genöße, und ich wüßte nicht, wann mich der Tod ergreifen und der Hölle zuführen würde? Was hälfen mir achtzig Jahre, die ich auf dieser Erde in lauter Freude und Wohlseyn zubrächte, wenn es dann hieße: „Auf, Mensch! du mußt sterben und darnach das Gericht;“ und ich müßte in eine finstere, verzweiflungsvolle Ewigkeit hineingehen, weil ich ein Sünder bin. Was hälfe es mir? Nichts, gar nichts. Aber nun weiß ich etwas ganz Anderes. nun weiß und glaube ich, daß die Kraft des Verdienstes Christi so groß ist, daß ich, ob ich gleich ein schnöder Sünder bin, doch nicht im Tode verloren gehe, sondern Leben habe, ewiges Leben bey dem HErrn allezeit.

Und ich weiß noch mehr. Auch dieser Leib wird leben. Im Tode scheint zwar Alles aus zu seyn. Wenn ihr auf den Gottesacker gehet: so findet ihr nichts als verfaulte Leiber, Knochen, Schädel, Menschenstaub; aber nicht nur auf dem Gottesacker, sondern allenthalben auf der Erde, auch im Meere, modern Millionen von Menschenleibern; das wird aber nicht also bleiben, auch dieses sterbende Gebein, auch diese Hütte, die ich an mir trage, wird einst wieder leben; auch diese wird nicht im Tode bleiben, sondern der Sohn Gottes, dessen Auferweckung wir heute feyern, wird sie auferwecken zu neuem Leben. Die Todten werden auferstehen, weil Christus, unser Bruder, auferstanden ist, und ist der Erstling geworden unter allen Denen, die da schlafen. Darum wird auch unsere Sterblichkeit anziehen die Unsterblichkeit, und unsere Verweslichkeit wird anziehen die Unverweslichkeit. „Es kommt die Stunde, daß die Todten alle, die in den Gräbern sind, werden die Stimme des Sohnes Gottes hören, und werden hervorgehen, die da Gutes gethan haben, zur Auferstehung des Lebens, die aber Uebels gethan haben, zur Auferstehung des Gerichts.“

O großer Tag für die Gläubigen, da wird der Staub leben; „es wird gesäet verweslich, und wird auferstehen unverweslich; es wird gesäet in Unehre, und wird auferstehen in Herrlichkeit; es wird gesäet in Schwachheit, und wird auferstehen in Kraft.“ Dazu ist die Auferstehung Christi das Vorbild gewesen. Und was sollte nun ein Christ noch fürchten? er stirbt ja nicht; sein Elend stirbt nur, und dann steht er da in der neuen Natur.

Die Christen geh’n von Ort zu Ort
Durch mannigfalt’gen Jammer,
Und kommen in den Friedensport
Und ruh’n in ihrer Kammer;
Gott nimmt sie nach dem Lauf
In Seine Arme auf,
Und’s Waitzenkorn wird in sein Beet
Auf Hoffnung schöner Frucht gesä’t.

O Tag der Auferstehung! Tag der Ernte! du wirst es erst offenbaren, daß JEsus der Ueberwinder des Todes ist. Denn der Tod wird nicht mehr seyn, noch Leid, noch Geschrey, noch Schmerzen wird mehr seyn; denn das Erste ist vergangen, und der Vollendungsruf wird erschallen vor Dem, der auf dem Stuhle sitzt: „Siehe! ich mache Alles neu!“ Da wird es uns seyn wie den Träumenden; da wird man vom Siege singen, denn – „wenn Christus, unser Leben, sich offenbaren wird, so werden wir auch mit Ihm offenbar werden in der Herrlichkeit.“ Und nicht nur das – auch die Creatur wird daran Theil nehmen; denn die Creatur ist unterworfen der Eitelkeit; dann aber wird sie frey werden von dem Dienste des vergänglichen Wesens zu der herrlichen Freiheit der Kinder Gottes. Schon jetzt hat die Erde die große Ehre, daß sie die Leiber der Christen, die Tempel des Heiligen Geistes, in sich aufnehmen und bewahren darf für die Auferstehung. Dieß ist das Angeld auch für ihre Erneuerung. Frohlocke, du Erde, und jauchzet, ihr Hügel und Berge; denn auch ihr werdet erneuert werden.

Sehet, das ist die hohe Bedeutung des Osterfestes. Es ist das Fest der Auferstehung, es ist das Fest der Wiedergeburt der ganzen Creatur. Was ist nun aus dem Tode geworden? er ist aufgehoben. Die Vergänglichkeit ist aufgehoben, die Unvergänglichkeit ist gekommen. Das lasset uns heute zu Herzen fassen, aber auch Ostern halten nicht im alten Sauerteig, auch nicht im Sauerteig der Bosheit und Schalkheit, sondern „gleichwie Christus auferwecket ist, also lasset auch uns in einem neuen Leben wandeln.“ – Amen!

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