Hofacker, Ludwig - Andachten über den Brief an die Hebräer

Hofacker, Ludwig - Andachten über den Brief an die Hebräer

Hebräer 1,3.

Sintemal er ist der Glanz seiner Herrlichkeit und das Ebenbild seines Wesens, und trägt alle Dinge mit seinem kräftigen Wort, und hat gemacht die Reinigung unserer Sünden durch sich selbst.

Weil Jesus Christus der Schöpfer aller Kreaturen ist, weil alle Kreatur aus seinem Willen ihr Dasein erhielt, weil jede Kreatur ein Gedanke seiner Gottesweisheit, eine Geburt seines Willens ist, weil die ganze Schöpfung wesentlich in ihm lag, ehe er sie ins Dasein rief: so konnte auch er allein für die gefallene Schöpfung einstehen, so konnte an ihm das hinausgeführt werden, was an der gefallenen Schöpfung sollte hinausgeführt werden; er konnte die Schuld und Strafe der Menschheit an sich erdulden; er konnte unser wesentlicher Bürge, unser wesentlicher Repräsentant, unser Lamm werden, das unsere Sünden büßte; denn er ist unser Schöpfer, und durch seine Menschwerdung unser Bruder und Blutsfreund. Ein Engel hätte das nicht gekonnt, denn was haben wir für Teil an ihm? Und ein Mensch hätte es auch nicht gekonnt, denn es kann kein Bruder den andern erlösen. Aber Jesus Christus konnte es, denn die Menschheit liegt in ihm; er ist ihr Schöpfer und auch ihr Bruder. Was er gelebt hat, das ist gerade, wie wenn es die Menschheit und ein Jeder insbesondere gelebt hätte; was er getan hat, das gilt gerade, wie wenn es die Menschheit getan hätte; was er gelitten hat, das gilt gerade, wie wenn es die Menschheit gelitten hätte; seine Kämpfe, seine Arbeit, seine Geduld, seine Wunden, seine Beulen, sein Tod, Alles gilt für die Menschheit; denn der Schöpfer ist für die gefallene Schöpfung eingetreten. „So halten wir nun“ - sagt der Apostel - „dass, so Einer gestorben ist, so sind sie Alle gestorben;“ sein Tod ist der Tod Aller. So müssen wir den Lauf des Heilands ansehen; es ist Alles, was er tat und litt, verdienstlich für uns.

HErr Jesu! Lass uns in deiner Liebe
Und Kenntnis nehmen zu.
Dass wir im Glauben bleiben
Und dienen im Geist so,
Dass wir hie mögen schmecken
Die Süßigkeit im Herzen
Und dürsten stets nach dir.

Amen!

Hebräer 5,9.10.

Und da er ist vollendet, ist er geworden Allen, die ihm gehorsam sind, eine Ursache zur ewigen Seligkeit, genannt von Gott ein Hohepriester nach der Ordnung Melchisedeks.

Wie gering ist oft der Anfang der Bekehrung! Da liegen etwa in einem Menschen von seiner frühen Kindheit an einige Eindrücke der Wahrheit als ein Samenkörnlein verborgen, die durch das Wort treuer Lehrer, oder durch Eltern, oder durch Bücher, oder durch allerhand Schickungen Gottes in ihn hineingepflanzt worden sind. Mancher Sturm geht über diese Saat Gottes; es wird viel Sünden- und Weltschutt darauf hingeworfen; sie würde sicherlich ersticken, wenn nicht der gute Hirte seine Hand darüber hielte. Endlich ersieht er seine Stunde, wo er dem armen verirrten Kind beikommen kann. Die sich jagenden und umtreibenden Gedanken und Lüste werden durch irgend etwas, das vom HErrn kommt, durch das Wort oder durch eine Schickung Gottes zum Stillstehen gebracht; der Mensch besinnt sich über sich selbst; ein Strahl des ewigen Lichtes fällt in sein Herz; der alte Same der Wahrheit, der vielleicht Jahre lang geschlummert hatte, fängt an sich zu regen und zur Kraft zu kommen; der Mensch wird erweckt. Aber wie bald würde dieses schwache Lichtlein wieder ausgelöscht werden durch das äußerliche Treiben und Bewegen, durch die Sorgen und Wollüste des Lebens, wenn der HErr jetzt seine Hand abzöge! Aber das tut er nicht; er lässt nicht nach; er schickt immer wieder neue Antriebe; er bläst das erlöschende Fünkchen wieder an; er lässt der Seele keine Ruhe, bis sie sich völlig ihm zuwendet, bis sie sich ihm vertraut in Gerechtigkeit und Gericht, bis sie sich von ihm Leben und Vergebung der Sünden schenken lässt. Und wie gefehlt wäre es nun, wenn es, nachdem der HErr so viel getan hat an einem solchen Menschen, nun nach dem Rechte, nicht nach der Gnade, nicht nach dem priesterlichen Herzen Jesu ginge, wenn er den Menschen sich selbst überließe und nicht seiner Schwachheit aufhelfen würde! Alles, was in und um uns ist, wirkt seiner Anlage nach feindselig aufs göttliche Leben. Welt und Fleisch und Blut und die daraus entspringenden Gedankenbildungen, gute Meinungen, Phantasien, unser eigener verkehrter Wille, unsere angeborene Blindheit, der Teufel, - Alles wirkt feindselig ein auf das Leben aus Gott und sucht dasselbe zu zerstören. Aber der Heiland hilft unserer Schwachheit auf; durch seine allmächtige Weisheit wird dieses Gift zu lauter Arznei bei seinen Kindern; er setzt die Elenden recht, er unterweist die Sünder auf dem Wege. O gewiss, man braucht die herablassende, mitleidige, hohepriesterliche Gnade des großen Sünderfreundes bis ans Ende, Tag für Tag; man wird nie mündig im Gnadenreich, dass man sich zutrauen dürfte allein zu gehen und zu stehen, sondern man läuft so dahin als ein armes Kind, mit dessen Schwachheit der. Heiland unaussprechliche Geduld tragen muss, wie es bei Hiller heißt:

Auf dem so schmalen Pfade
Gelingt uns ja kein Tritt,
Es geh' denn seine Gnade
Bis an das Ende mit.

Hebräer 10,15-18.

Nachdem er zuvor gesagt hatte: Das ist das Testament, das ich ihnen machen will nach diesen Tagen, spricht der HErr: ich will mein Gesetz in ihr Herz geben und in ihre Sinne will ich es schreiben, und ihrer Sünden und ihrer Ungerechtigkeit will ich nicht mehr gedenken. Wo aber derselbigen Vergebung ist, da ist nicht mehr Opfer für die Sünde.

Ja ihr Knechte der Sünde, alle losen Worte und Werke, alle Werke des Fleisches, Alles, Alles, was jemals Böses geredet, gedacht, getan worden ist, Alles ist bezahlt, ist abgebüßt, ist weggetan, ist in den Abgrund des Meeres hineingeworfen, und ihr könnt an dieser Gnade Teil bekommen; ihr könnt frei werden und los von eurem bösen Gewissen, wenn ihr wollt! Ja, ihr verzagten Herzen, die ihr den Fluch des Gesetzes in eurem Inwendigen fühlt: es gibt nichts mehr abzumachen; es gibt nichts mehr gut zu machen; Jesus Christus hat Alles gut gemacht; es ist nimmer Zeit zum Bezahlen, seitdem der Bürge gekommen ist; Freiheit, Freiheit im Blut des Lammes!

Dies ist die große Gnade des neuen Testaments, welche die Väter des alten Bundes nicht hatten. Im alten Bund gab es keine eigentliche Vergebung der Sünden; es gab einen Vorschmack davon, und dieser Vorschmack wurde den suchenden Seelen zu Teil: aber eine Vergebung im neutestamentlichen Sinn fand nicht statt. Die Sünde wurde nur bedeckt und gleichsam vergessen; sie blieb und lief dahin unter göttlicher Geduld; sie wurde aufgespart auf das große Opfer, das auf Golgatha sollte geopfert, und in welchem sollten Alle vollendet werden, die da geheiligt werden. Auch die Opfer des Alten Testaments konnten die Sünde nicht wegnehmen; denn es ist unmöglich, dass Ochsen- oder Bocksblut Sünden wegnehme. Dies Alles war nur ein Schatten der zukünftigen Güter. Aber seit das Blut der Versöhnung auf Golgatha auf die unter den Fluch geratene Erde troff, seitdem soll gepredigt werden in der ganzen Welt, dass ein Lamm ist, das aller Schuldner Schulden trug, dass eine Vergebung und Versöhnung sei im Blut dieses Lammes.

Halleluja! kommt ihr Armen, Lobt mit mir des Höchsten Güt'; Lasst uns preisen sein Erbarmen: Eitel Gnade uns jetzt blüht. Leben er dem Toten schenket, Und mit Seiner Lieb' uns tränket. Jesu! lass uns für und für Halleluja singen dir! Amen.

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autoren/h/hofacker-andachten/hofacker-andachten_ueber_den_brief_an_die_hebraeer.txt · Zuletzt geändert: von aj
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