Hauser, Markus - Blicke in die Ewigkeit – 23

Hauser, Markus - Blicke in die Ewigkeit – 23

Mein Teurer Freund! Dass eine himmlische Welt uns winkt, dass wir eine Heimat, ein Vaterhaus haben, das ist uns ein großer Trost in diesem Pilgerleben. Wir richten gern unseren Blick vom Staub weg in das Heiligtum. Zum Ausharren, zum Leiden und zum Kampf gewinnen wir Mut und Kraft, wenn wir die Herrlichkeit betrachten, zu der uns Jesus emporhebt. Es schwebt uns kein Nebelbild vor, wenn wir an den Himmel denken; wir wissen, dass er in einer realen, körperlichen, substantiellen, räumlichen Lichtwelt besteht. Wir vergeistigen und verflüchtigen nicht, was uns der Herr des Himmels so sehr anziehend leiblich, lockend real geoffenbart hat. Wenn der Fürst des Lebens von einer Stadt, von Wohnungen, von Toren, von Gassen und dergleichen spricht, so fühlen wir, dass Er von dem redet, was wahrhaft ist. Seine Aufschlüsse decken ganz unser Sehnen und entsprechen dem, was Er in unser Herz gelegt hat. – Als Er den Menschen als ein körperliches Wesen schuf und denselben auf eine der Person entsprechenden sichtbaren Erde setzte, da hatte Er einen Gedanken seines Herzens verkörpert, ein Bild seiner Freude hatte Gestalt gewonnen, und Er bezeichnete dieses lebendige, gestaltete, zur Person gewordene Bild, den Menschen, samt der ihn umgebenden Welt als sehr gut. Wie Er den Menschen vorher im Bild in sich sah, so sah Er denselben jetzt als lebensvolle Schöpfung außer sich. Gott hatte seine Lust und Freude am Menschen und an dessen Erde, alles war genau nach seinem Herzen gebildet und gestaltet worden. Wir dürfen deshalb versichert sein, dass die wiederhergestellte Menschheit wesenhaft und körperlich sein wird. Sehr gut war Gottes Schöpfung, nach keiner Richtung hin bedurfte sie der Verbesserung. Wenn Er uns nun das zeigt, was zukünftig ist, wenn Er uns die wiederhergestellte Schöpfung offenbart, so ist es gar nicht wohlgetan, sich darunter etwas ganz anderes vorzustellen. Verklärungsleiber erhalten die Heiligen des Allerhöchsten, und ihre Heimat wird genau ihrer Person entsprechen. Ein Himmel voller Wesenheiten und eine neue, leibhafte Erde ist uns verheißen. Da wohnt Gott mitten unter den Seinen.

Aber gerade die Betrachtung dieser Dinge führt uns auf eine Wahrheit, deren Realisierung für den jetzigen Augenblick von außerordentlicher Wichtigkeit ist, und deren Folgen für die Ewigkeit der Ewigkeiten sehr schwerwiegend sind. Nicht nur will uns Gott das verlorene Paradies wieder zurückgeben, nicht nur will Er unendliche Herrlichkeit den Seinen verleihen, nicht nur will Er sichtbar unter ihnen wohnen und wandeln; sondern Er will auch für sich selbst aus ihnen einen Tempel, einen Himmel, einen Wohnort Gottes machen. Diese tiefgehende und folgenreiche Wahrheit ist in Gottes Worten wiederholt ausgesprochen. Einige Stellen wollen wir hervorheben. „Wenn jemand mich liebt, so wird er mein Wort befolgen, und mein Vater wird ihn lieben, und wir werden zu ihm kommen und Wohnung bei ihm machen“ (Joh. 14, 23). „Bleibt in mir, und ich bleibe in euch! Gleichwie die Rebe nicht von sich selbst aus Frucht bringen kann, wenn sie nicht am Weinstock bleibt, so auch ihr nicht, wenn ihr nicht in mir bleibt“ (Joh. 15, 4). „Wisst ihr nicht, dass ihr Gottes Tempel seid, und dass der Geist Gottes in euch wohnt? 17 Wenn jemand den Tempel Gottes verderbt, den wird Gott verderben; denn der Tempel Gottes ist heilig, und der seid ihr“ (1. Kor. 3, 16.17). „Siehe, ich stehe vor der Tür und klopfe an. Wenn jemand meine Stimme hört und die Tür öffnet, so werde ich zu ihm hineingehen und das Mahl mit ihm essen und er mit mir“ (Offb. 3, 20). Den an Ihn Glaubenden schenkt der Herr den Heiligen Geist, und im Heiligen Geist wohnt Er selbst in ihnen. Der Heilige Geist ist der Geist der Verheißung, und Er verherrlicht Jesus in den Herzen. Wer den Heiligen Geist empfangen hat, der hat den Geist des Vaters und den Geist des Sohnes empfangen, und er hat nun beide, den Vater und den Sohn. Soweit der Himmel, der Ort der sichtbaren Offenbarung Gottes, immer von der Erde entfernt sein mag, im Heiligen Geist ist Gott gegenwärtig in den Seinen, und sie sind durch denselben Geist in Gott. Er durchwohnt, durchdringt, durchflammt dieselben; sie sind Sein Besitztum, Er waltet in ihnen nach Seinem Wohlgefallen. Und wo Gott gegenwärtig ist, da dehnt sich Sein Himmel aus, mit Ihm senkt sich die himmlische Welt in die Seele ein. Alles, was im Himmel ist, ist auch in dem Menschen, in dem Gott wohnt.

Wer an den Herrn gläubig geworden ist, der sollte nicht ruhen, bis er sich dieser Gnade teilhaftig weiß. Gott sehnt sich danach, sich einem jeden Glied Christi völlig mitzuteilen, Er reinigt die Herzen, um in ihnen Seine Herrlichkeit entfalten zu können. Der natürliche Mensch steht in mannigfacher Weise mit dieser Erde in Verbindung. „Du bist Erde und sollst wieder zu Erde werden,“ spricht der Herr. Unser Leib ist der Erde entnommen, Nahrung und Trank entstammen der Erde, wie wir, so ist auch sie durch den Sündenfall verderbt worden. Der Mensch, der nun in der Sünde bleibt, und in dem die Sünde wohnt und herrscht, ist gebunden und gefesselt von der Erde. Sein Sinnen, Denken und Begehren bewegt sich im Irdischen. Der Wiedergeborene gehört aber einer höheren Welt an und steht deshalb lebenslang im Kampfe mit der ihn umgebenden verderbten Sinnlichkeit. Je mehr er frei wird, je mehr das Blut Jesu Christi ihn von aller Sünde reinigt, je mehr er den Leidenschaften und unordentlichen Begierden abstirbt, desto mehr wird er los von den rohen und wilden Elementen der Erde, das Niedere, Verderbte kann ihn nicht mehr so beeinflussen. Die Stürme um ihn her können das Innerste seines Wesens nicht mehr bewegen. Durch die Innewohnung Gottes siegt in ihm das himmlische Wesen; der innere Leib wird lichter, reiner und verklärter; er steht in Verbindung mit der oberen himmlischen Welt und wird deshalb ins Himmlische erhöht. Solange er aber die irdische Hülle noch hat, und solange er durch diese irdische Hülle mit der kalten, finsteren Erde verbunden ist, solange er da wohnt, wo der Satan mit seinem Gift alles verdorben und zerfetzt hat, und wo er sein Wesen noch treiben darf; so lange steht er mit den Elementen der Erde und mit der Natur, hinter die der Teufel gar leicht sich versteckt, im Kampf. Dadurch aber wird nicht nur der Geist gekräftigt, sondern der ganze innere Mensch, Geist, Seele und Leib wird geläutert und umgebildet ins Bild Gottes, der Mensch wird durch den in ihm wohnenden Christus durch und durch, nach Leib und Seele und Geist geheiligt. Bei dem rohen Sünder ist dies umgekehrt. Er wird durch das Tun der Sünde immer mehr Fleisch, der Satan prägt in ihm sein Bild aus, und wenn er stirbt, so hat er einen finsteren Geist und eine finstere Natur und Gestalt.

Die Neigungen und Triebe der Gottbewohnten gehen auf den Herrn, sie werden mehr und mehr göttlicher Natur teilhaftig. Der Herr lebt und wirkt in ihnen. Ihr Gebet im Namen Jesu ist zum Gebet ohne Unterlass geworden. Sie können nun wirklich in allen Dingen beten, ihr Verkehr mit dem Herrn zieht sich durch alles hindurch. Durch den Heiligen Geist mahnt und belehrt sie der Herr, und in diesem Geist beten und loben sie. Es muss aller Gläubigen Ziel werden, hienieden eine Wohnung, ein Tempel Gottes zu sein. Das Sein und Bleiben im Herrn drückt ein Durchwohntsein von Ihm aus; „in Ihm leben, weben und sind wir.“ Des Himmels Sonne, Jesus Christus, ist da die Sonne der inneren Welt. Er durchleuchtet sie. Darum können Geisterfüllte im Licht wandeln; sie gehören nicht mehr der Nacht noch der Finsternis an, der Tag ist in ihnen in Jesus angebrochen. Ein ununterbrochener, ewiger Tag verklärt die Lichtwelt, und wo der Himmel in ein Herz sich einsenken kann, da ist die Nacht vergangen. „Ich bin verherrlicht in ihnen,“ sagt Jesus von seinen Jüngern. Und auch das himmlische Klima dehnt sich in ihnen aus. Stürme und Ungewitter, Hitze und Frost, Nebel und Reif machen einer wohltuenden Milde Platz, Sabbatstille ist eingekehrt. Über die Gefilde der Seele ist der Friede Gottes ausgegossen. Wer ein Geist mit dem Herrn ist, der besitzt eine angenehme Lebenswärme; er kann Gott Frucht bringen. Wie die himmlische Erde überaus fruchtbar ist, so ist auch ein Herz, in dem Gott seine Macht, Kraft und Herrlichkeit entfaltet, ein Herz, in dem der Tau seiner Gnade fortwährend sich ausbreiten kann, göttlich fruchtbar. „Deine Frucht soll aus Mir gefunden werden,“ spricht der Herr in Hosea 14, 9.

Auch das Wort und das Wasser des Lebens besitzt ein Mensch, der ein Tempel Gottes ist. Dem Mangel und der Armut ist also abgeholfen. Er ist reich in Gott. Jesus ist das wahrhafte Brot, das Brot des Lebens. Und von dem Lebenswasser, das wir in Ihm haben, sagt Er: „Es wird in ihm zu einer Quelle von Wasser werden, das bis ins ewige Leben quillt“ (Joh. 4, 14). Nahrung und Trank ist der Herr den aus Gott Geborenen, ja denen, in welchem Er wohnen und wandeln kann, denen, die in Ihm sind und in Ihm bleiben. Das Leben aus Gott und in Gott ist ein reales; es ist dasjenige Leben, zu welchem wir erschaffen sind, es ist ein himmlisches und ewiges Leben. Der Mensch lebt erst recht, wenn er in Gott, und wenn Gott in ihm lebt.

Die Innewohnung Gottes hat ihre Grade. Er kann uns nicht auf einmal so völlig in Besitz nehmen, wie Er dies gerne tun möchte. Durch göttliches Wirken und menschliches Ringen geht es bei Wiedergeborenen von Stufe zu Stufe. Die Ihm im Glauben verbundene Seele lockt und zieht der Herr, Er weckt in ihr einen Hunger nach Ihm. Dadurch wird sie angetrieben, Seiner zu begehren, sie seufzt, sucht, ringt und fleht. Dies sind Stunden der Angst und der Sorge; die Seele muss sich wie zwischen Felsen hindurchwinden, sie steht in einer Glaubens-arbeit, die oft heiße Tränen auspresst. Das vorher so glückliche Herz klagt, den Frieden, ja den Herrn verloren zu haben und merkt es nicht, dass Er vor ihm steht, mit der Absicht, wesenhafter sich mitzuteilen. Und wenn die Bande gelöst, die Schlacken entfernt und die Nebel verschwunden sind, so senkt sich ein klarer Himmel mit süßen Düften und wonnigem Frieden ein in die Seele. Der Herr ist unendlich näher als je. Darüber jauchzt die befreite Seele, der ganze Mensch lebt neu auf; auch die Gebeine werden erquickt. Der Glückliche erkennt nun, wie notwendig ihm diese Schule war; er sieht es nun ein, dass der Herr sich ihm ohne diesen Kampf nicht hätte offenbaren können. Die Tiefen des eigenen Wesens müssen eben bloßgelegt und erkannt werden, damit Gott auch diese durchwohnen und mit seinem Wesen erfüllen kann. O es kostet viel, bis der Mensch diese Welt im Kleinen in allen Schichten und auf allen Gebieten überwunden hat und ein völliges Besitztum, ein Himmel Gottes ist! – Nach jedem neuen Sieg des Herrn, nach jedem neuen Durchbruch des Menschen ergießt sich ein unbeschreiblicher Friede ins Herz. Es ist, als ob die ganze Umgebung Verklärung angezogen hätte. Wo der Glückliche sich bewegt, strahlt ihm ein wonnevoller Himmel entgegen. Die ganze Natur scheint ihn als Kind des Höchsten zu grüßen; weil der Himmel aus der Seele leuchtet, weil die Liebe Gottes in ihr funkelt, darum lächelt ihr alles so friedlich entgegen, und es ist in solchen Zeiten, als ob der befreite Geist tiefer hineinblicken könnte in die Wunder der Schöpfung, und als ob ihm in allem Gott begegnete. Jeder Baum, jede Pflanze, jedes Wesen verkündigt ihm die beseligende Liebe Gottes.

Dies, mein Freund, habe ich einst in so starkem Maße erfahren, dass es mir drei Wochen lang war, als ob der Himmel mich völlig umschlösse. Ein erwärmender Strom des Geistes durchdrang mich. Ich fühlte die Nähe Gottes, und bisweilen kam ein heiliger Schauer über mich, es war, als hörte ich sagen: „Der Herr ist da!“ Dann war es ganz stille in meiner Seele, nur ein Gedanke war in mir: „Gott ist die Liebe.“ Ich konnte und wollte Ihn durch nichts verdrängen. Der Tag war wie eine selige Stunde und die Nacht wie ein seliger Augenblick. Wenn ich mich zu Bett legte, so sagte ich: „Wie köstlich wird diese Nacht wieder sein im Herrn!“ Und wenn ich erwachte, so war mein Lob: „Herr Jesus, Dein Himmel voller Gnaden ist mir aufgegangen, Du wirst es heute wieder herrlich machen!“ – Bis wir in den Himmel kommen, will der Herr mit seinem Himmel in uns sein. Dies wurde mir in jener Zeit zur Gewissheit. In jenen Tagen durfte ich manches erkennen, durchschauen und erfassen. Reales und Wesenhaftes ist mir geblieben. Der Herr ist mir näher, und ich genieße mehr Seligkeit in Ihm; Er kann sich mir ungehemmter mitteilen, und ich erkenne schneller, was Sein Wille ist. Aber es ist mir auch klarer als zuvor, dass der Herr noch viel Mühe und Arbeit mit mir haben und dass es mich noch herbe Kämpfe kosten wird, bis Er sein Ziel verwirklicht weiß, und bis ich nichts mehr sehe als Jesus allein.

Wenn ich mein Leben überblicke, so steht die eben mitgeteilte Erfahrung nicht vereinzelt da. Vielmehr kann ich deutlich deren mehrere erkennen. Jedesmal aber war der Wende- und Knotenpunkt reiner, inhaltsvoller und folgereicher. – Du wirst mich begreifen, wenn ich hieraus schließe, dass die Innewohnung Gottes ihre Grade habe.

Freilich will ich damit nicht sagen, das Gottes Werk in den Seinen bei einem jeglichen in derselben Weise fortschreite. Die Verherrlichung Gottes in den Gläubigen (in ihrem Wachstum) hängt jedenfalls innig mit der einzelnen Persönlichkeit zusammen. Es ist mir immer ein mächtiger Trieb und Sporn zur Heiligung, wenn ich von anderen hören darf, dass sie auf dem Gebiete der Gnade Erfahrungen machen, die mir noch unbekannt sind. In allen seinen Jüngern will der Herr sich verherrlichen, in alle will Er seinen Himmel einsenken; die Siege der Gnade schreiten aber in den meisten Erweckten nur langsam voran, weil sie ihren Gott und Heiland nicht recht verstehen und nur äußerst bedachtsam und zaudernd eingehen in seinen Willen. Wer mit aller Weltliebe und Sündenlust bricht und nun mit vollkommenem Herzen am Herrn hängt, der wird reines Herzens; der Herr kann sich deshalb ihm sehr kraftvoll offenbaren; die Lichtwelt tritt ihm nahe, weil er deren Natur und Wesen in sich hat. Die Vereinigung mit dem Herrn sollte hienieden so weit gedeihen, dass wir ein Geist mit Ihm sind. Dann ist der Himmel in uns; wir sind los vom Fleischessinn, los von den Dingen dieser Erde; was im Himmel ist, übt eine Anziehungskraft auf uns aus, wir trachten nach dem, was droben ist. Und der Gott des Himmels heiligt und stärkt uns durch seine Gegenwart; wir halten uns an den Unsichtbaren, als ob wir Ihn sehen würden, und Er entfaltet gnadenvoll seine Liebe und Macht. So reifen wir aus für den sichtbaren Umgang mit Gott und erlangen in der innigen Gemeinschaft des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes die Bildung, die uns befähigt, in die Kreise der Heiligen im Licht einzutreten. Wer hienieden ein Himmel Gottes geworden ist, der ist ein Bürger der himmlischen Stadt; im neuen Jerusalem steht für ihn eine Wohnung bereit.

Ja, mein Lieber, die Innewohnung Gottes hat ihre Grade. Je völliger Gott in uns wohnt, desto mehr ist Er unsere Freude, unser Ruhm, unser Lob; je völliger Er in uns wohnt, desto mehr ist Er geheiligt in unseren Herzen; wir können Ihm heilig sein, denn Er ist unsere Heiligung. Je völliger Er in uns wohnt, desto mehr haben wir Mut und Kraft, die vergängliche Lust dieser Welt zu verleugnen und uns mit ihrem Wesen nicht zu beflecken; je völliger Gott in uns wohnt, desto leichter geht es uns, Ihm in allen Dingen gehorsam zu sein und als treue Diener des Allerhöchsten uns zu bewähren; je völliger Er in uns wohnt, desto näher ist uns der Himmel, er erfüllt und umgibt uns und steht über uns offen. Jünger, die mit dem dreieinigen Gott in solch inniger Verbindung und Gemeinschaft stehen, sind allezeit ein Licht der Welt und ein Salz der Erde; der Herr verherrlicht durch sie seinen heiligen Namen, durch sie durchdringt Er die Welt mit himmlischen Wesen und Leben und macht sie sich untertan.

Eine mangelhafte Heilserkenntnis und eine mangelhafte Heiligung wären mir also noch kein Beweis dafür, dass Gott von diesem Menschen nicht Besitz ergriffen hätte; ich würde zunächst nur daraus schließen, dass die Innewohnung Gottes da erst in den Anfängen stehe. Offenbar stehen sich Gotteskinder an Erkenntnis und Heiligkeit nicht gleich. Der Umgang mit ihnen lässt uns das bald erkennen. Auch entwickeln sich manche höchst langsam, während andere Fortschritte machen, die uns bewegen, den Herrn zu loben. Auf dem Gebiete des Geisteslebens gehört eben das göttliche und das menschliche Wirken immer zusammen. Der innige Zusammenschluss mit Gott hängt bei den Wiedergeborenen vom Gehorsam, von der Treue und vom Fleiße ab. Je mehr wir uns selbst und die Welt überwinden, je stiller und sorgfältiger wir auf den Heiligen Geist achten, desto mehr machen wir dem treuen Gott Raum in uns; Er kann nach und nach auch des Herzens Tiefen durchwohnen. Aus diesem Grunde ist es gar nicht gleichgültig, mit wem wir in Fühlung und Gemeinschaft stehen. Wir lernen da am meisten und werden da am sichersten gefördert, wo der Herr am mächtigsten seine Gegenwart und seine Macht entfalten kann. Mit dem Grade der Innewohnung Gottes hängt unsere Glückseligkeit eng zusammen. Wer sich immer und immer wieder mit aller Gottesfülle erfüllen lässt, wer der ewigen Majestät immer enger verbunden wird, wer treu in der Gemeinschaft Gottes bleibt, der nimmt zu in der Heiligung; er wird durch den Umgang mit dem Herrn hinein verklärt in das Bild Gottes. Darum genießt er bleibende Freude, tiefen Frieden, selige Ruhe. Auch unsere Nützlichkeit für Gott hängt von dem Grade seiner Innewohnung ab. Je völliger Er uns erfüllt, desto eifriger sind wir nur auf die Heiligung seines Namens, auf die Förderung seiner Reichssache und auf die Ausbreitung seiner Ehre bedacht. Wir haben die Gnade, seinen Willen zu erkennen, und wir besitzen in und aus Ihm die Kraft, seinen erkannten Willen zu tun. Gott in uns ist unsere Macht in der Arbeit an den Seelen; Er wirkt durch uns. Und nicht nur für dies Erdenleben hängt unsere Glückseligkeit und hängt unsere Nützlichkeit im Weinberge des Herrn von unserer Stellung zu Ihm und von seiner Innewohnung in uns ab, sondern selbst unsere zukünftige Stellung im Reiche Christi und Gottes wird hierdurch bedingt. Wo der dreieinige Gott in einem Menschen sich hat entfalten und verherrlichen können, da hat Er sich einen Priesterkönig zugerichtet, den Er über vieles setzen will. Die Gottbewohnten sind in der jetzigen und zukünftigen Welt die Organe, durch die der Herr weithin seinen Willen ausrichtet.

Die Innewohnung Gottes ist ein Erkennen des dreieinigen Gottes. Gott erkennen will soviel sagen als hineinblicken in seine Person und in sein Wesen. Erkennen drückt ein Durchschauen Gottes und ein lebendiges Durchdrungensein von Ihm aus. Mit dem Erkennen Gottes hängt das Bewusstsein seiner Gegenwart zusammen; indem wir Ihn erkennen, sind wir Ihm und Er ist uns nahe. Der Heilige Geist verleiht das geistliche Sehvermögen. Durch Ihn erblicken wir in Jesus unseren Erlöser, unseren Versöhner, unseren Seligmacher. Wir wissen und fühlen uns erlöst, versöhnt und selig. Durch den Heiligen Geist erblicken wir in Gott unseren Vater, sein süßer Name entfaltet und erschließt sich vor uns wie eine neue Welt. Wie köstlich die Innewohnung Gottes ist, das wird uns hier klar; denn Er, der Heilige Geist selbst, wird von uns als Gott, als Lehrer und Tröster, als Licht und Leben erkannt. In dem dreieinigen Gott sehen wir unsere Errettung und Erneuerung und unsere Kindschaft und Heiligung. Es ist uns klar und gewiss, dass Gott uns wiederherstellen und vollenden kann und will.

Die Innewohnung Gottes ist deshalb auch ein Erfassen des dreieinigen Gottes. Wer Ihn erkannt hat, der kann Ihn leicht erfassen. Es geschieht dies durch kindliche Anbetung, durch ein herzliches Erheben und Preisen und Loben seines wundersamen Namens. Dass wir einen echten Glauben haben, dessen werden wir uns bewusst, wenn wir in seliger Begeisterung den dreieinigen Gott preisen. Er wird über dem Aufblick und Einblick, Er wird über dem Dank und Lob unser völliges Eigentum; als Ehrenkönig zieht Er bei uns ein, wir sind in Wahrheit nun sein Besitztum. „Du hast mich, ich hab' dich erlesen,“ jauchzt der Begnadigte.

Die Innewohnung Gottes ist auch ein Verstehen Gottes. Wir haben den Vater, den Sohn und den Heiligen Geist erkannt und verstanden, wir sind schon auf seinen Willen und auf seine Gedanken eingegangen; darum besitzen wir nun auch das Vermögen, Ihn fort und fort zu verstehen. Der Heilige Geist kann uns lehren, Er kann uns in alle Wahrheit leiten, Er kann uns züchtigen und trösten. Wie zwischen Kind und Vater, wie zwischen Bräutigam und Braut, wie zwischen Freund und Freund besteht nun ein Verhältnis zwischen Gott und uns.

Die Innewohnung Gottes ist darum ein Fühlen des dreieinigen Gottes. Wir erfahren Ihn als den im Himmel Thronenden, und wir erfahren Ihn als den in uns Lebenden; wir stehen beständig in Fühlung mit Ihm. Das Erkennen und Erfahren, das Haben und Fühlen gehen Hand in Hand. Dies sind reale und wirkliche Dinge, Seligkeiten, die uns nicht wie ein Traumbild vorschweben, o nein, wir besitzen und genießen sie.

Wenn schon für dieses Erdenleben Gottes Ziel mit den Erlösten ein großes, tiefes und herrliches ist, wie selig wunderbar, wie wonnevoll erhaben muss und wird sich dasselbe erst für die Ewigkeit der Ewigkeiten gestalten! Der uns in großmütiger Liebe seinen einigen Sohn gegeben hat, der will und wird uns in Ihm auch alles schenken. Gelobt sei Er! Wo der dreieinige Gott hat Wohnung machen können, da hat sich der Himmel in die Seele hineingesenkt; als in seinem Tempel entfaltet Gott da seine Wahrhaftigkeit, seine Heiligkeit und seine Liebe. Der Herr des Himmels verherrlicht sich in den Seinen, Er verklärt sie und versetzt sie in das himmlische Wesen und Leben. Sie haben Christus angezogen, und Er zieht sie nun immer völliger in sich hinein; sie werden ein Geist mit Ihm. Das Trachten nach dem, was droben ist, wird ihnen deshalb zur anderen Natur. Weil ihr Bürgerrecht im Himmel ist, und weil im Heiligen Geist die Heimat mit all ihren Bewohnern und Schätzen ihnen nahe getreten, darum beschäftigen sie sich gerne mit den himmlischen Dingen. Ihr Herz weilt, wo Ihr Schatz ist, und der Mund redet gerne aus der Fülle des Herzens. Alle Glieder der heiligen Gottesfamilie sehnen sich nach dem Vaterhaus, und bis sie dort ankommen, treiben sie hienieden des Heilands Werk. Dass der Aufnahme ins himmlische Jerusalem für solche Gottbewohnte nichts mehr im Weg steht, das leuchtet uns vollkommen ein, hat doch der Herr dem himmlischen Vater von ihnen gesagt: „Ich habe die Herrlichkeit, die du mir gegeben hast, ihnen gegeben, auf dass sie eins seien, gleichwie wir eins sind, ich in ihnen und du in mir, damit sie zu vollendeter Einheit gelangen, und damit die Welt erkenne, dass du mich gesandt hast und sie liebst, gleichwie du mich liebst. Vater, ich will, dass, wo ich bin, auch die bei mir seien, die du mir gegeben hast, damit sie meine Herrlichkeit sehen, die du mir gegeben hast; denn du hast mich geliebt vor Grundlegung der Welt“ (Joh. 17, 22-24). Es ist also ganz gewiss, dass das verklärte Haupt in der Herrlichkeit des Vaters seine geheiligten Glieder nach sich ziehen und in des Himmels unvergängliche Wonne versetzen wird. Diejenigen, in denen Gott wohnt, werden einst immerdar seinen Thron umgeben, in den Wohnungen des Vaterhauses genießen sie das himmlische Erbe. So gewiss als der Geist der Herrlichkeit und Gottes in ihnen ist, so gewiss werden sie im Land der Wonne die Herrlichkeit Gottes als ihr ewiges Besitztum preisen. Halleluja!

Es steht uns also fest, dass der Christ durch die Innewohnung Gottes in ihm ausreift zum Anschauen Gottes, zum persönlichen Umgang mit Jesus und zum Wohnen im neuen Jerusalem. Er kann die unmittelbare und unverhüllte Gegenwart des dreieinigen Gottes in dem Maße ertragen, als er in dessen Wesen, Leben und Bild erhöht ist. Je treuer, gehorsamer und ergebener ein Jünger Jesu der Arbeit des Heiligen Geistes sich überlässt, desto völliger zieht ihn Gott in sich hinein, Er durchwohnt und durchflammt, Er reinigt und heiligt ihn. Durch die innige Verbindung mit Gott ist der Bekehrte geheiligt; indem er mit Gott wandelt, wandelt er in der Heiligung, der Herr ist in ihm, und Er wird durch ihn verherrlicht. Ist aber Gott in uns, und sind wir in Gott, so sind wir als seine Kinder befähigt, sein Angesicht zu schauen. Als Himmlische schweben Geistesmenschen von der Erde weg hinauf in den Himmel. Die Tore der Gottesstadt stehen ihnen offen, denn sie sind Gottes Kinder und Jesu Brautvolk. In uns zu wohnen und in uns zu wandeln, das ist des Herrn Wille, und wo Ihm dies gelingt, da führt Er den Gottvereinten ins Vaterhaus ein. „Und jeder, der diese Hoffnung auf ihn hat, reinigt sich, gleichwie auch Er rein ist“ (1. Joh. 3, 3). Wenn Christus in uns die Hoffnung der Herrlichkeit ist, so ist die Hineinbildung in sein Bild unser unablässliches Bestreben. Der Geist Gottes treibt uns in allen Dingen des inneren und äußeren Lebens zur Heiligung. Er will uns vollenden auf den Tag Christi.

Wir wollen, mein Teurer, das ganze Heil, das Jesus uns erworben und bereitet hat, uns jetzt aneignen. Lasst uns voll Glaubens und voll Heiligen Geistes werden und als Gottgeweihte und Gotterfüllte kämpfen den guten Kampf des Glaubens, bis es Jesus gefällt, uns aus dem Leben des Glaubens ins Leben des Schauens eingehen zu lassen. Wer als Geheiligter des Herrn am Kampfe teil genommen hat, der wird als Überwinder ewig am Sieg teilhaben.

Preis sei dem Lamm, ja Halleluja Ihm,
Der auf dem Thron sitzt, Ruhm und Lob und Preis,
Anbetung mit der Schar der Cherubim,
Anbetung in der Ewigkeiten Kreis!
Preis sei dem Lamm, und aller Wesen Mund
Mach‘ unablässig seine Ehre kund!

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