Harms, Theodor - Das dritte Buch Mose - Das 23. Capitel.
Und der HErr redete mit Mose, und sprach: Sage den Kindern Israel, und sprich zu ihnen: Dies sind die Feste des HErrn, die ihr heilig und Meine Feste heißen sollt, da ihr zusammen kommt. Sechs Tage sollt ihr arbeiten; der siebente Tag aber ist der große heilige Sabbath, da ihr zusammen kommt. Keine Arbeit sollt ihr darinnen thun; denn es ist der Sabbath des HErrn in allen euren Wohnungen. Dies sind aber die Feste des Herrn, die ihr heilige Feste heißen sollt, da ihr zusammen kommt. Am vierzehnten Tage des ersten Monats zwischen Abend ist des HErrn Passah. Und am fünfzehnten desselben Monats ist das Fest der ungesäuerten Brote des HErrn; da sollt ihr sieben Tage ungesäuert Brot essen. Der erste Tag soll heilig unter euch heißen, da ihr zusammen kommt; da sollt ihr keine Dienstarbeit thun. Und dem HErrn opfern sieben Tage. Der siebente Tag soll auch heilig heißen, da ihr zusammen kommt; da sollt ihr auch keine Dienstarbeit thun. Und der HErr redete mit Mose, und sprach: Sage den Kindern Israel, und sprich zu ihnen: Wenn ihr ins Land kommt, das Ich euch geben werde, und werdet es ernten, so sollt ihr eine Garbe der Erstlinge eurer Ernte zu dem Priester bringen. Da soll die Garbe gewebet werden vor dem HErrn, daß es von euch angenehm sei; solches soll aber der Priester thun des andern Tages nach dem Sabbath. Und sollt des Tages, da eure Garbe gewebet wird, ein Brandopfer dem HErrn thun, von einem Lamm, das ohne Wandel und jährig sei, samt dem Speisopfer, zwo Zehnten Semmelmehl mit Oel gemenget, zum Opfer dem HErrn eines süßen Geruchs; dazu das Trankopfer, ein Vierteltheil Hin Wein. Und sollt kein neu Brot, noch Sangen, noch Korn zuvor essen, bis auf den Tag, da ihr eurem Gott Opfer bringet. Das soll ein Recht sein euren Nachkommen in allen euren Wohnungen. Darnach sollt ihr zählen vom andern Tage des Sabbaths, da ihr die Webegarbe brachtet, sieben ganzer Sabbathe, bis an den andern Tag des siebenten Sabbaths, nämlich fünfzig Tage sollt ihr zählen, und neu Speisopfer dem HErrn opfern. Und sollt es aus allen euren Wohnungen opfern, nämlich zwei Webebrote von zwo Zehnten Semmelmehl, gesäuert und gebacken, zu Erstlingen dem HErrn. Und sollt herzu bringen neben eurem Brot, sieben jährige Lämmer ohne Wandel, und einen jungen Farren, und zween Widder. Das soll des HErrn Brandopfer, Speisopfer und Trankopfer sein; das ist ein Opfer eines süßen Geruchs dem HErrn. Dazu sollt ihr machen einen Ziegenbock zum Sündopfer, und zwei jährige Lämmer zum Dankopfer. Und der Priester soll es weben samt dem Brot der Erstlinge vor dem HErrn, und den zweien Lämmern; und soll dem HErrn heilig, und des Priesters sein. Und sollt diesen Tag ausrufen, denn er soll unter euch heilig heißen, da ihr zusammen kommt; keine Dienstarbeit sollt ihr thun. Ein ewiges Recht soll das sein bei euren Nachkommen in allen euren Wohnungen. Wenn ihr aber euer Land erntet, sollt ihrs nicht gar auf dem Felde einschneiden, auch nicht alles genau auflesen, sondern sollt es den Armen und Fremdlingen lassen. Ich bin der HErr, euer Gott. und der HErr redete mit Mose, und sprach: Rede mit den Kindern Israel, und sprich: Am ersten Tage des siebenten Monats sollt ihr den heiligen Sabbath des Blasens zum Gedächtnis halten, da ihr zusammen kommt; da soll ihr keine Dienstarbeit thun, und sollt dem HErrn opfern. Und der Herr redete mit Mose, und sprach: Des zehnten Tages, in diesem siebenten Monat, ist der Versöhntag. Der soll bei euch heilig heißen, daß ihr zusammen kommt, da sollt ihr euren Leib casteien, und dem HErrn opfern, und sollt keine Arbeit thun an diesem Tage, denn es ist der Versöhntag, du ihr versöhnet werdet vor dem HErrn, eurem Gott. Denn wer seinen Leib nicht casteiet an diesem Tage, der soll aus seinem Volk gerottet werden. Und wer dieses Tages irgend eine Arbeit thut, den will ich vertilgen aus seinem Volk. Darum sollt ihr keine Arbeit thun. Das soll ein ewiges Recht sein euren Nachkommen, in allen euren Wohnungen. Es ist euer großer Sabbath, daß ihr eure Leiber casteiet. Am neunten Lage des Monats, zu Abend, sollt ihr diesen Sabbath halten, von Abend an, bis wieder zu Abend. Und der HErr redete mit Mose, und sprach: Rede mit den Kindern Israel, und sprich: Am fünfzehnten Tage dieses siebenten Monats ist das Fest der Laubhütten sieben Tage dem HErrn. Der erste Tag soll heilig heißen, daß ihr zusammen kommt; keine Dienstarbeit sollt ihr thun. Sieben Tage sollt ihr dem HErrn opfern; der achte Tag soll auch heilig heißen, daß ihr zusammen kommt, und sollt euer Opfer dem HErrn thun; denn es ist der Versammlungstag; keine Dienstarbeit sollt ihr thun. Das sind die Feste des HErrn, die ihr sollt für heilig halten, daß ihr zusammen kommt, und dem HErrn Opfer thut, Brandopfer, Speisopfer, Trankopfer, und andere Opfer, ein jegliches nach seinem Tage; ohne was der Sabbath des HErrn und eure Gaben, und Gelübde, und freiwillige Gaben sind, die ihr dem HErrn gebet. So sollt ihr nun am fünfzehnten Tage des siebenten Monats, wenn ihr das Einkommen vom Lande eingebracht habt, das Fest des HErrn halten sieben Tage lang. Am ersten Tage ist es Sabbath, und am achten Tage ist es auch Sabbath, und sollt am ersten Tage Früchte nehmen von schönen Bäumen, Palmenzweige, und Maien von dichten Bäumen, und Bachweiden, und sieben Tage fröhlich sein vor dem HErrn, eurem Gott. Und sollt also dem HErrn des Jahrs das Fest halten sieben Tage. Das soll ein ewiges Recht sein bei euren Nachkommen, daß sie im siebenten Monat also feiern. Sieben Tage sollt ihr in Laubhütten wohnen; wer einheimisch ist ist Israel, der soll in Laubhütten wohnen, daß eure Nachkommen wissen, wie Ich die Kinder Israel habe lassen in Hütten wohnen, da ich sie aus Egyptenland führete; Ich bin der HErr, euer Gott. Und Mose sagte den Kindern Israel solche Feste des HErrn.
Unser heutiger Text handelt von der Festordnung in Israel. Im alten Testament wird ein außerordentliches Gewicht darauf gelegt, so daß vom Volke ausgerottet werden sollte, wer Dienstarbeit am Sabbath verrichtete. Daraus ergibt sich, daß auch für uns die Festzeiten von großer Bedeutung sind. Wenn man aufmerksam diese Festordnung liest, und sie zusammenstellt mit andern aus dem alten Testament, so wird man sehen, daß die Siebenzahl darin vorherrscht: Unter den Tagen war der siebente der Sabbath; auf den siebenten unter den Monaten fiel der Versöhnungstag und das Laubhüttenfest; das siebente Jahr war das Sabbathjahr, das siebente Sabbathjahr das Jubeljahr. Da die Siebenzahl das Zeichen des Bundes war zwischen Gott und Seinem Volk, so können wir den Schluß machen, daß insonderheit an solchen Festen Israel sich seines Bundes mit Gott deutlich sollte bewußt werden. Die Feste waren gegeben, damit das Volk in Gott ruhen und fröhlich sein sollte, und das ist auch der Zweck des Bundes. Darum war die Arbeit an den Festtagen streng verboten. Diese gänzliche Arbeitsenthaltung war nur vorbildlich, und Israel sollte keineswegs meinen, daß es damit genug gethan habe. Ihr Zweck war nicht, kein Werk zu thun, sondern sie war ein Mittel, um zur Ruhe und Freude in Gott zu gelangen: Israel sollte meiden, was die Ruhe stören könnte, und die Freude vergällen, demnach sich enthalten aller sündlichen Werke, aller weltlichen Lustbarkeiten, alles dessen, was zerstreut. Wer vom Abend bis zum Morgen zu arbeiten hat, der weiß es, welchen zerstreuenden Einfluß die Arbeit ausübt, welch ein Hemmschuh sie ist für das Ruhen in Gott. Es sollte wohl anders sein, aber das sündliche Herz ist so abhängig von den Dingen dieser Erde; durch die Arbeit wird es von der Ruhe abgezogen. Wenn nun der liebe HErr in Seiner Gnade uns die Sonntage und Festtage geschenkt hat, so haben wir ein Recht darauf, inne zu halten von der Arbeit, und ein Thor ist, wer nicht von diesen seinem Rechte Gebrauch macht. Das Ruhen in Gott ist also der Zweck der äußerlichen Ruhe, der sich freilich erst in der ewigen Sabbathsruhe im Himmel erfüllen wird. -
Nun wollen wir die Festordnung Israels im Einzelnen kurz betrachten, und auf unsere Feste anwenden. Vers 3 spricht zuerst von dem großen heiligen Sabbath, und was wäre auch das elende armselige Leben ohne Sabbath. Ob er wie bei den Israeliten der siebente, oder wie bei uns der erste Tag ist, das ist einerlei; der Zweck ist derselbe; wir sollen von unserm Recht Gebrauch machen, und das gebrauchen, wodurch wir zur Ruhe gelangen, nämlich Gottes Wort und Sacrament. Die Predigt und Gottes Wort heilig halten, gerne hören und lernen, wie unser Katechismus die Heiligung des Feiertags erklärt, das ist das Mittel, zur Ruhe und Freude in Gott zu gelangen, und wir können Gott nicht genug danken für den Ruhetag des Leibes und der Seele. Mögen Viele die Sabbathsfeier ansehen als gesetzlich, so mögen sie es thun auf eigene Gefahr. Ja, gesetzlich ist sie, wenn man sich ein Verdienst daraus macht, aber nicht dann, wenn man sich nur sammeln will, um in Gott ruhen zu können. Wohl dem, der es streng nimmt mit der Sabbathsfeier. Das eine Woche sieben Tage hat, ist auch eine Einrichtung von Gott, und wenn man versucht, diese Ordnung umzustoßen, so stellt Gott sie über kurz oder lang immer wieder her. So ging es in der französischen Revolution, wo man versuchte, den zehnten Tag zum Ruhetag zu machen. Wenn nun die Woche gesegnet sein soll, so muß man den Sabbath verbringen, wohl in christlicher Gemeinschaft, aber nicht in viel Besuch und Gastereien, um nicht den Zweck aus den Augen zu verlieren. -
Das erste große Fest ist das Passah, oder das Fest der süßen Brode. Es zu beschreiben, ist hier der Ort nicht; wir wissen, daß es das Geburtsfest des Volkes Israel war, nachdem das Volk durch eine starke Hand aus Egypten gerettet, und durch den Durchgang des rothen Meeres, wie durch eine Taufe zu einem selbstständigen Volk erhoben war. Das Passah bestand aus einer ganzen Festwoche, und das Volk durfte während dessen arbeiten, ausgenommen (V. 7-8) der erste und letzte Tag, da es ruhen sollte. Das Passah war beides, das Fest der Verschonung und Errettung, und es ist verklärt in unser Osterfest, da wir verschont sind vom Zorn Gottes, errettet von Tod, Sünde und Teufel, und versöhnt mit Gott. Darum haben wir mit Recht das Osterfest sehr herrlich zu achten, und die Reformirten thun Unrecht, wenn sie es zurückstellen gegen den Sabbath, denn es hat unstreitig seinen Ursprung in dem Fest der süßen Brode. Mit diesem Passah war eine eigenthümliche Ordnung verbunden: dem Priester sollte (V. 10- 11) eine Erstlingsgarbe der Ernte gebracht werden, damit er sie webete vor dem HErrn am Tage nach dem ersten Sabbath. Im April fing die Ernte im jüdischen Lande an, dauerte bis Pfingsten, und Israel durfte, weil es ein heiliges Volk sein sollte, nicht von den Früchten des Feldes essen, ehe sie geheiligt waren durch die Darbringung der Erstlinge Frucht. Diese Gabe war (P. 12) begleitet vom Opfer, und erhält damit ein großes Gewicht.
Fünfzig Tage nach dem Passahfest war Pfingsten (V. 15-16), oder das Fest der Wochen. Nun ward das Fest der ersten Ernte gefeiert, wie am Passah der Anfang der Ernte; so ist Pfingsten, das nur aus einem Festtag bestand, also in engster Verbindung mit dem Passah, wie mit unserm Ostern. So zusammengehörig betrachtet auch die Kirche beide Feste, und in älterer Zeit war es Sitte, daß während man sonst knieend betete, so in den Wochen zwischen Ostern und Pfingsten stehend, weil es eine fröhliche Zeit war, und der Bußernst mehr zurücktrat. Auch alle dazwischen liegende Sonntage haben so fröhliche Namen, und die ganze Zeit ist in ihrer Klarheit eine rechte Freudenzeit für die Christen. Warum mußte aber Israel das Fest der ersten Ernte feiern, warum ein so hohes Fest nur wegen irdischer Gaben? wenn sie auch dem HErrn herzlich dankbar waren für die glücklich beschaffte Ernte, so stand dies Fest doch in keinem Vergleich mit dem Passah. Das würden wir auch so nicht verstehen, wenn nicht alles ein Vorbild auf unser Pfingsten wäre. An Ostern ward nicht das Brod, sondern erst die rohe Garbe dargebracht, ein Zeichen, daß Ostern noch nicht fertig sei; zu Pfingsten war die Ernte beschafft, und (9.17) statt der Webegarbe wurden Webebrode dargebracht. Pfingsten war die erste Ernte der Menschen in die himmlischen Scheuern. Das konnte nicht eher geschehen, ehe Christus aufgefahren war und den heiligen Geist sandte. Unser Pfingsten ist die geistige wahrhaftige Erfüllung des jüdischen Pfingsten, und so ist das neue Testament mit dem alten zusammengebracht, daß Christus am Kreuz geschlachtet ist an dem Tage, da das Passahlamm geschlachtet war, und der heilige Geist kam hernieder vom Himmel, als die Jünger versammelt waren, das jüdische Pfingsten zu feiern.
Die übrigen Feste Israels waren das Posaunenfest, der große Versöhnungstag und das Laubhüttenfest. -
Am Posaunentage (V. 24) sollte das Volk blasen aus Leibeskräften. Es geschah ja gewöhnlich bei dem Opfer, aber hier sollte es in höherem Maße geschehen. Wir lesen aus der Schrift die Bedeutung dieses Blasens, denn im 4. Buch Mose steht ausdrücklich, daß der HErr dann des Volkes gedenken wolle. Wenn das Volk alten Testamente ein Lager aufschlug oder auszog, so ward das durch Posaunen verkündigt, und auch deuten die Posaunen hin auf den jüngsten Tag. Im besondern Sinne aber sollte das Volk dem HErrn damit zurufen, daß es sich in Sein Herz und Gedächtniß stelle, und das kann nicht anders geschehen, als durch Gebet und Gottes Wort. Das dringt mächtig hinauf, und holt Gottes Gnade herunter. - Dieser erste Tag des wichtigen siebenten Monats war insonderheit ein Bußtag, oder vielmehr Bettag, wie denn auch bei uns der Buß- und Bettag zusammenfällt, als Einleitung zum Versöhnungsfeste, das am zehnten Tage des siebenten Monats gefeiert wurde. Der zehnte Tag ist hier eine Abweichung von der heiligen Siebenzahl. Die Zahl Zehn als die Mannigfaltigkeit in der Einheit stellt die Versöhnung durch Christum dar; die Einheit bezieht sich auf das in sich abgeschlossene Ganze; die Mannigfaltigkeit auf die Vielheit sowohl der Sünden, die Christus getragen, als der Personen, die Er erlöst hat. Das Besondere des Versöhnungsfestes war der Eingang des Hohenpriesters in's Allerheiligste, und die Fortschaffung des Bockes, des Asasel, in die Wüste, da die Sünden dem Teufel wiedergebracht wurden, dem sie gehören, und der sie in die Welt gebracht hat. - Gibt es denn ein christliches Fest, das mit dem Versöhnungsfeste in Beziehung stände? Nein, ebenso wenig, wie es ein Posaunenfest gibt. Wir sind einmal versöhnt durch Christi theures Blut, und das ist ein für allemal genug gethan, Wir brauchen uns auch nicht mehr in Gottes Herz und Gedächtnis hinein zu stellen; wir sind darin. -
Nun folgt das Laubhüttenfest, das Fest der letzten Ernte, am vierzehnten Tage des siebenten Monats, im October, da das Volk Israel acht Tage in Hütten und Lauben wohnte zur Erinnerung an den Zug durch die Wüste, den Ausgang aus Egypten und den Eingang in Canaan. Der Monat October war nahe am Jahresschluß, denn im Herbst begann das Jahr nach alter Zeitrechnung, und das Laubhüttenfest war das Fest der Feste, höher sogar gehalten, als das Passah. Haben wir ein solches Fest? Nein, unsere christliche Festreihe ist nicht abgeschlossen, denn wie mit Pfingsten die geistliche Ernte angebrochen ist, so wird sie vollendet am jüngsten Tage, und der jüngste Tag ist die wahrhaftige Erfüllung des Laubhüttenfestes, da Alle, die sich haben bekehren wollen, eingebracht werden in die himmlischen Scheuern. Darum hatte Israel Recht, das Laubhüttenfest das Fest der Feste zu nennen. Dies Capitel soll uns nun dazu dienen, die Sabbathe und Feste hoch zu halten, und uns immer mehr zu vertiefen in ihre Bedeutung, damit wir lernen mögen zu ruhen und uns zu freuen in Gott. Dazu sind sie uns in dies elende, armselige Leben hineingestellt, was wir ohne sie kaum ertragen könnten. An solchen Sonn- und Festtagen ist es, als wenn Erde und Himmel zusammenkommen. Amen.