Harms, Theodor - Das dritte Buch Mose - Das 12. Capitel.

Harms, Theodor - Das dritte Buch Mose - Das 12. Capitel.

Und der HErr redete mit Mose, und sprach: Rede mit den Kindern Israel, und sprich: Wenn ein Weib besamet wird, und gebieret ein Knäblein, so soll sie sieben Tage unrein sein, so lange sie ihre Krankheit leidet, und am achten Tage soll man das Fleisch seiner Vorhaut beschneiden. Und sie soll daheim bleiben drei und dreißig Tage im Blute ihrer Reinigung. Kein Heiliges soll sie anrühren, und zum Heiligthum soll sie nicht kommen, bis daß die Tage ihrer Reinigung aus sind. Gebieret sie aber ein Mägdlein, so soll sie zwo Wochen unrein sein, so lange sie ihre Krankheit leidet, und soll sechs und sechszig Tage daheim bleiben, in dem Blut ihrer Reinigung. Und wenn die Tage ihrer Reinigung aus sind, für den Sohn oder für die Tochter, soll sie ein jähriges Lamm bringen zum Brandopfer, und eine junge Taube oder Turteltaube zum Sündopfer dem Priester, vor die Thür der Hütte des Stifts. Der soll es opfern vor dem HErrn, und sie versöhnen; so wird sie rein von ihrem Blutgang. Das ist das Gesetz für die, so ein Knäblein oder ein Mägdlein gebieret. Vermag aber ihre Hand nicht ein Schaf, so nehme sie zwo Turteltauben, oder zwo junge Tauben, eine zum Brandopfer, die andere zum Sündopfer; so soll sie der Priester versöhnen, daß sie rein werde.

Wenn wir unsern heutigen Text mit Ernst betrachten, so fällt es uns auf, mit welcher außerordentlichen Strenge der HErr gegen die Mütter verfährt, die Kinder geboren haben, und fast will es uns bedünken, als ob er mit zu großer Strenge verführe. Allein, was der liebe Gott thut, ist ja immer recht, und alle scheinbare Strenge löst sich auf in Liebe und Erbarmen. (V. 2.) Was will der HErr damit zeigen? Zuerst will Er damit zeigen, daß eine jede menschliche Geburt in Sünden geschieht und unheilig ist. Freilich seit unser HErr Jesus Christus gekommen, ist es anders geworden, aber bis dahin mußte es so gehalten werden. Wenn eine Mutter ein Kind gebar, so ward sie selbst dadurch unrein; denn Alles, was der Mensch thut, ist sündig, und wir sind alle mit der Erbsünde behaftet. Darum ist auch jedes Kind, das geboren ist, ein Sündenkind, und die Mutter, die es gebiert, wird dadurch auch unrein. Wenn der HErr Christus nicht gekommen wäre, so müßte man eigentlich weinen und klagen über jedes Kind, das geboren wird, gerade wie über den Tod eines Menschen. Aber nun, da der HErr Christus gekommen ist, ist es anders. Gott hatte seine Menschen gut geschaffen, mit einem Herzen voll Furcht, Liebe und Vertrauen, und leer von bösen Lüsten und Begierden, aber nach dem Fall war Furcht, Liebe und Vertrauen zu Gott aus dem Herzen der ersten Eltern gewichen, dagegen war es angefüllt von bösen Lüsten und Begierden. Die Natur der Eltern überkommt auch das Kind, und so ist die Erbsünde in die Welt gekommen. Hier soll nun das Schreckliche der Erbsünde beschrieben werden. Die Erbsünde wird von den Kindern der Welt geleugnet: Sie glauben nicht, daß die Sünde aus dem Menschen heraus komme, sondern daß sie in ihn hinein gebracht werde. Aber das ist ganz gegen die heilige Schrift. Die Sünde ist in uns, wird mit uns geboren, unsere ganze Natur ist verderbt, so daß wir gar nicht von der Sünde lassen können, so lange wir leben. So wurde jede israelitische Mutter unrein durch die Geburt ihres Kindes. Am achten Tage wurde das Kind beschnitten und das war ein Trost für die Mutter. Sie konnte sich freuen, daß da dem Kinde das Gnadenzeichen des HErrn aufgedrückt, daß es dem HErrn übergeben wurde und es Theil haben durfte an all den Gnadenverheißungen und Segnungen des alten Bundes. Waren die vierzig Tage ihrer Reinigung um, so hatte die Mutter den zweiten Segen, denn dann durfte sie in den Tempel gehen, ihr Kind dem HErrn darstellen und ihr Opfer bringen. Die Erstgeburt war heilig, weil Israel auf den HErrn hoffte; war es eine Tochter, so wurde sie nicht dargestellt; die Mutter mußte sich aber reinigen und ein Schaf zum Opfer bringen; war sie arm, so konnten es auch zwei Tauben sein, wie ja auch Maria zwei Tauben brachte, als sie ihren erstgebornen Sohn, unsern lieben HErrn und Heiland, im Tempel darstellte.

- Für alle Kinder mußte die Mutter sich reinigen, und zwar so, daß sie zum Heiligthum ging und ihr Opfer brachte, dadurch wurde sie mit Gott versöhnt und rein; sie trat wieder in die Gewißheit des Gnadenbundes ein, und zwar darum, weil der Sohn Gottes kommen sollte, die Welt mit Gott zu versöhnen. So war also die Unreinigkeit und Unheiligkeit eine vorübergehende, und die Mutter hatte selbst den größten Segen davon, in viel höherem Grade als der Vater, denn sie wurde dadurch so recht in die Unreinigkeit ihres Herzens hineingeführt, also daß ihr diese Zeit eine rechte Bußzeit wurde. Und dabei durfte sie sich des doppelten Trostes rühmen, der Beschneidung ihres Kindleins und der Versöhnung mit Gott. Aber warum mußte sie bei der Geburt einer Tochter die Zeit ihrer Unreinigkeit verdoppeln? War das etwa, weil, wie bei den heidnischen Völkern, das weibliche Geschlecht verachtet worden wäre? Das nicht, aber weil durch Eva die Sünde eingeführt; weil diese eine Doppelschuld auf sich lud, indem sie den Mann mit verführte, so war es auch natürlich, daß die Unreinigkeit bei der Tochter eine doppelte war, und die Mutter dadurch erinnert wurde an die Doppelschuld der Mutter aller Menschen; darum sollte sich das wiederholen bei jeder Geburt. Das Alles ist aber anders geworden durch den HErrn Christus, durch Seine Versöhnung, denn da hat Er aufgehoben den Fluch des Gesetzes und der Sünde, und so ist Alles rein und heilig geworden. Da Er nun alle Unreinigkeit hinweggenommen hat, so kann auch von Reinigung der Mutter keine Rede mehr sein; nichts desto weniger aber gründen wir hierauf eine Ordnung der christlichen Kirche, die sehr segensreich ist, das ist der Kirchgang; also daß die christliche Mutter, wenn sie zuerst im Hause Gottes erscheint, dem HErrn am Altare ihr Dankopfer bringt, und sich und ihr Kind dem HErrn darstellt. In manchen Kirchen ist die schöne Sitte, daß die Mutter wirklich ihr Kind mitbringt zur Kirche; jedenfalls aber muß sie es im Geiste immer mitbringen, und so für sich und ihr Kind den Segen empfangen und die Zusicherung der Gnade Gottes. -

Sind aber die christlichen Mütter noch jetzt an die Zeit gebunden, die hier bestimmt wird? Nein, eben so wenig wie sonst das Gesetz im Buchstaben für uns gilt. Zum Andern haben wir noch eine andere Ordnung nach dieser Stelle der heiligen Schrift, die wichtig für uns ist. Wie jeder Knabe am achten Tage beschnitten werden mußte, so soll jedes Kind in den ersten acht Tagen nach der Geburt die Taufe empfangen, und auch hier sollen wir treu sein. Es ist leider an vielen Orten die Unsitte eingeschlichen, daß man die Kinder lange ungetauft liegen läßt; aber da die Taufe der größte Segen für das Kind ist, so kann sie gar nicht zu früh geschehen, und die Eltern sollen ja darauf halten, daß sie die Kinder nicht länger als höchstens acht Tage ohne Taufe lassen. Das ist ein Recht, das die Kinder fordern können. So lernen wir also aus diesem Abschnitte, daß die Kinder in den ersten acht Tagen getauft werden sollen, und daß die Mütter verpflichtet sind, Kirchgang zu halten. Die Ordnung in unserm Lande ist nun die, daß die Mutter nicht nur dann Kirchgang halte, wenn das Kind lebt, sondern auch, wenn es in oder nach der Geburt stirbt. Stirbt aber die Mutter in der Geburt, so soll doch das Kind in die Kirche gebracht werden, damit es den Segen empfange, denn es liegt zu viel an dem göttlichen Segen. Alle Sünde in uns muß durch die göttliche Gnade gedämpft werden, wir können nicht eine Sünde aus unserem Herzen reißen. Wir können sie wohl abreißen, aber nicht mit der Wurzel ausreißen. Aber gedämpft muß die Sünde werden und abgewaschen mit dein Blute Christi, und das geschieht allein durch die göttliche Gnade, durch den heiligen Geist und das Wort Gottes. Das lernen wir aus dem heutigen Texte. Der HErr möge Gnade geben, daß in unserer Gemeinde die segensreiche Ordnung des Kirchganges nie aufhöre und die Taufe der Kinder in den ersten acht Tagen nach der Geburt nicht aufhöre. In allen Stücken aber wollen wir uns freuen, daß der Herr Jesus gekommen ist und alles geheiligt und gereinigt hat durch Sein theures Blut, und wollen Gott bitten, das Er uns recht treu mache im Großen und im Kleinen, damit der volle Segen der Versöhnung auf uns komme. Amen.

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