Harms, Ludwig - Betstunden vor Weihnachten 1862 (Spr. 23, 26).

Harms, Ludwig - Betstunden vor Weihnachten 1862 (Spr. 23, 26).

Die Gnade unseres Herrn Jesu Christi, die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des heiligen Geistes sei mit uns allen. Amen.

Text: Spr. Sal. 23, 26.

Gieb Mir, Mein Sohn, dein Herz, und laß deinen Augen Meine Wege wohl gefallen.

Haben wir gestern gesehen, daß Gott für uns ist, weil Er Sein Kind Jesus in die Krippe gelegt hat, daß Er uns freundlich ist und lauter Erbarmen uns in Ihm entgegenstrahlt; so wollen wir heute nun sehen, was Gott von uns verlangt, wenn wir ein gesegnetes Weihnachten feiern wollen. - Es heißt zuerst in unserm Text: Gieb Mir, Mein Sohn, dein Herz. Wer ist es, der da zu uns redet? Das ist der Vater; denn wenn Er uns anredet: Mein Sohn, Meine Tochter, muß ich da nicht antworten: Vater? Also dein Vater redet zu dir. Darin ist ausgesprochen Sein ganzes Herz, und Er hat es bewiesen, daß Er ein Vaterherz hat, durch die Sendung Seines eingebornen Sohnes. Und nun höre das Wort des Vaters: Mein Kind, Mein Sohn, Meine Tochter! Für ein Kind ist der liebste Name der Vatername und für einen Vater der Name seines Kindes. Aber kann mich Gott Seinen Sohn, dich Seine Tochter nennen? Ist Er nicht heilig und ich unheilig? ist Er nicht Gott und ich ein Mensch? wie darf Er das? Schaue in die Gnadenwunder der heiligen Taufe. Du bist von Natur nicht Gottes Kind, sondern, laß es mich offen aussprechen, ein Kind des Teufels, das in Sünden empfangen und geboren ist. Ich weiß, dem Herzen des natürlichen Menschen ist das zu hart; sündig will er noch wohl sein, aber kein Teufelskind. Und es ist doch wahr, mag dir der Name anstehen oder nicht, du bist von Natur ein Teufelskind. Ist dein Dichten und Trachten nicht böse von Jugend auf? bist du nicht in Sünden empfangen und geboren? Und was ist dein Leben anders als ein Sündenleben? Was ist dein Herz anders als ein Sündenherz? Das Wort des HErrn gilt dir: Du bist von dem Vater, dem Teufel, und nach deines Vaters Willen willst du thun. So gewiß, wie wir Sünder sind, so gewiß sind wir Teufelskinder von Natur. Für dich ist keine Hülfe zu finden, wenn du es nicht erkennst und bekennst, daß du ohne Jesum ein Teufelskind bist. Ich habe noch keinen wahren Christen kennen gelernt, der nicht mit in dies Bekenntniß eingestimmt hat. Wer das nicht bekennt, der hat die Scheußlichkeit der Sünde auch noch nicht erkannt. Wer das nicht einsieht, der will wohl diesen Fehler und jene Sünde ablegen; aber Trieb zur Bekehrung ist bei ihm nicht. Erst wenn man's erfahren hat, daß man ein Teufelskind ist und ein Gotteskind werden muß, erst dann sieht man es ein, daß es nicht durch Besserung, sondern durch Bekehrung geht. Und dies Wunder richtet Gott durch die heilige Taufe aus. Dich, der du in Sünden empfangen und geboren bist, nimmt Gott auf Seine Arme in der heiligen Taufe, da wirst du wiedergeboren, und nun kannst du von Gott: Mein Sohn, Meine Tochter, angeredet werden. Sage nicht, im alten Testamente, als Salomo lebte, gab es noch keine Taufe. Die Beschneidung war das Vorbild der Taufe, dadurch wurden die Menschen im alten Bunde wiedergeboren. Die Beschneidung hatte ihre Kraft in der neutestamentlichen Taufe; gerade wie das alttestamentliche Opfer nur Vorbild war und seine Kraft hatte in dem neutestamentlichen Opfer Jesu Christi. Ihr sehet, wie unser ganzes Christenthum wurzelt in der heiligen Taufe. Wir könnten es nicht wissen noch glauben, daß wir Gottes Kinder sind ohne die heilige Taufe. Ich bin Gottes Kind, Gott hat mich gezeugt, nun ist Er mein Vater; die Kirche, Seine Braut, hat mich geboren, nun ist sie meine Mutter; so bin ich im eigentlichen Sinne des Wortes ein Kind Gottes, nicht figürlich oder bildlich. Bin ich ein Kind Gottes, so ist das, was mein Vater von mir verlangt, ausgedrückt in den Worten: Gieb Mir, Mein Kind, dein Herz; das ist Alles, was Er verlangt. Man giebt nichts eher, als bis es gefordert wird. Du wärest nie auf den Gedanken gekommen, Gott dein Herz zu geben, wenn Er es nicht forderte. Warum ist es unmöglich, daß der Mensch von selbst zu Gott kommt und spricht: Hier ist mein Herz? Kann ein guter Vater seinem Kinde einen Stein für Brot eine Schlange für einen Fisch, einen Scorpion für ein Ei geben? Du sagst: Nein, denn es ist eine böse Gabe. Nun so kannst du dem Vater im Himmel dein Herz auch nicht von selbst geben, denn es ist auch eine böse Gabe. Du kommst von selbst nie auf den Gedanken. Auch wenn du sagst: Ich bin wiedergeboren, ich habe ein neues Herz, so sollst du wissen, daß das alte Herz mit dem neuen Herzen bis zum Tode unzertrennlich verbunden bleibt. Da du nun wiedergeboren bist, so ist die Sache anders geworden, du kannst sagen: Mein Vater fordert mein Herz, mag es noch so schlecht, mag es noch so unrein sein; und dann sage weiter, hier ist es, nimm es hin. Er fordert es, nun so gieb es Ihm; aber merke, wozu. Weil es sündig ist, so will Er es reinigen und heiligen. Er will dein Arzt sein, der dich heilet, dein Heiland, der dich reiniget von Sünden. Will Er denn nur dein Herz, du hast doch auch Hände und Füße, Augen und Ohren? O, wenn Er dein Herz hat, dann bat Er dich ganz; wenn Er das nicht hat, dann har Er auch deinen Leib und deine Glieder nicht. Hat Er dein Herz, dann hat Er auch deinen Willen, hat Er deinen Willen, dann hat Er auch deine Liebe, dann hat Er dich ganz mit Händen und Füßen, mit deinem Verstande und mit allen deinen Kräften. Wenn Er dich hinnimmt und du hast dich Ihm gegeben, so siehe nun, was Er weiter thut: Er gießt aus Seine göttliche Liebe in dein Herz. Du merkst, wie Er dich liebt und lernst Ihn wiederlieben. Er hat dich wiedergeboren und dein Herz rein gewaschen mit Seinem Blute, Er hat dir den heiligen Geist gegeben; da lernst du Seine Liebe erkennen und den wiederlieben, der dich zuerst geliebt hat. Ohne vorher Seine Liebe erfahren zu haben, würden wir Ihn nie wiederlieben können. Unser Herz muß durch Seine Liebe zur Gegenliebe verneuert werden, Aber dann kann ich auch keinen Tag ohne Liebe zu Ihm leben; muß ich Alles entbehren, Seine Liebe ist mir reichlicher Ersatz dafür; habe ich keine Liebe von Menschen, in Seiner Liebe habe ich Alles, was Himmel und Erde geben kann. Außer Jesu giebt es keine Liebe und kein Leben. Dein Herz sollst du Jesu geben, und thust du das, dann sollst du ein seliges Weihnachten feiern. Er kehrt in deinem Herzen ein, wohnt in dir und dein Herz wallt in seliger Lust gegen Ihn. Hast du Ihm dein Herz gegeben, was ist dann die Folge? Unser Text sagt: Laß deinen Augen Meine Wege wohlgefallen. Habe ich dem HErrn Jesu mein Herz gegeben, so kann ich nicht mehr meine Wege gehen, sondern ich muß Seine Wege einschlagen; ich kann nicht mehr thun was Gott mißfällt, sondern was Ihm wohlgefällt, dann habe ich nun meine Lust an dem HErrn. Auf des HErrn Weg geht man sicher; und weiß ich, ich gehe Gottes Weg, o, da pilgere ich fröhlich und getrost. Darum nimmt ein Christ sich sehr in Acht vor selbsterwählten Wegen. Ich prüfe in allen Sachen, sind das Gottes, meines Vaters Wege? Und habe ich ein freudiges Ja darauf, dann gehe ich diesen Weg; bin ich deß aber nicht gewiß, dann gehe ich keinen Schritt. Darum heißt es auch im Psalm: Laß meinen Gang richtig sein nach Deinem Wort. Welches sind denn Gottes Wege? Alle Sündenwege sind Gottes Wege nicht, denn sie gefallen Seinen Augen nicht. Du kannst auch keine Weltwege gehen, denn in der Welt ist Augenlust, Fleischeslust und hoffärtiges Wesen, das alles ist vom Teufel und gefällt Gottes Augen nicht. Kannst du aber keine Sünden- und Weltwege gehen, so kannst du keine Satanswege gehen, denn Welt- und Sündenwege sind Satanswege. So weißt du nun, welche Wege du nicht gehen sollst. Gottes Wege sollst du gehen - und welches sind die? Das sind Gottes Wege, von denen du sagen kannst: Gott hat sie mir geboten; davon weiche weder zur Rechten noch zur Linken. Aus Gottes Wort kann ich sehen, welches Gottes Wege sind. Gehst du zur Kirche, so gehst du Gottes Wege, denn es heißt: Laßt uns nicht verlassen unsere Versammlungen, wie Etliche pflegen, und bewahre deinen Fuß, wenn du zum Hause Gottes gehst und komm, daß du hörest. Auf diesem Wege verspricht dir Gott Seinen Schutz. Wenn du gehest einen Kranken zu besuchen, einen Hungrigen zu speisen, einen Nackten zu kleiden, einen Traurigen zu trösten, das sind Gottes Wege, denn der HErr Jesus hat gesagt: Was ihr an einem Meiner geringsten Brüder gethan habt, das habt ihr Mir gethan. Wenn du thust das Werk deines irdischen Berufes als Weib im Hause, oder als Mann außer dem Hause, so wisse, das sind Gottes Wege, denn es sind deine Berufswege, die hat Gott dir zugewiesen und gesagt: Du sollst treu sein im Großen, d. h. im Geistlichen, und im Kleinen, d. h. im Irdischen. Ein jeder ehrliche Beruf ist Gottes Weg, einerlei, ob du Knecht oder Herr, Magd oder Frau, Lehrer oder Pastor bist. Wir brauchen keine selbsterwählten Werke zu thun, brauchen keine Klöster zu bauen rc., sondern die Berufswege gehen im Glauben, beten und arbeiten im Glauben, das sind Gottes Wege. Ferner, wo du Jemand einen Dienst erweisen kannst, da thue es. Wenn dich Einer bittet, mit ihm eine Meile zu gehen, da gehe zwei, wenn dich einer um den Rock bittet, dem gieb auch den Mantel. Gehe nur getrost diese Wege, der HErr schützt dich darauf und segnet dich. Siehe, lässest du so deine Wege Gott wohlgefallen, so gefallen dir Seine Wege auch. Gottes Wege sind keine Sündenwege, denn sie müssen mit Seinem Wort übereinstimmen. Das ist der Grund, warum du keine Huren-, Diebs-, Sauf-, Spiel- und Lügenwege gehen kannst, denn die stimmen nicht überein mit Gottes Wort und sind darum Gottes Wege nicht. Wo die Teufel voranlaufen, was hast du, Gotteskind, da zu thun? Darum sagt David: Ich trage meine Seele in meinen Händen, daß ich nicht sündige. Diese Lust zur Heiligung bei den Kindern Gottes kommt daher, weil sie Ihm ihr Herz gegeben haben. Seine Feinde sind meine Feinde, Sein Kummer ist mein Kummer. Wie leicht ist doch das Leben, wenn das Herz glüht in der Liebe des HErrn; wie schwer ist das Leben, wenn das Herz nicht in Jesu Liebe glüht. Wenn mein Herz nicht in der Liebe des HErrn glüht, dann gehe ich Seinen Weg weil ich muß, nicht weil es meine Lust ist. Brennt dein Herz nicht in der Liebe des HErrn, so ist dein Leben eine Quälerei und du wirst nie deines Lebens froh. Brennt aber dein Herz in der Liebe des HErrn, dann ist das deine Lust, was sonst deine Last war. - Nun gehen wir dahin zurück, wo wir gestern Abend ausgegangen sind. Schaue in die Krippe und lerne an Seiner Liebe Ihn wieder lieben und präge dir den Spruch in dein Herz: Gieb Mir, Mein Sohn, dein Herz, und laß deinen Augen Meine Wege wohlgefallen, so spricht der HErr, dein Vater im Himmel. Amen.

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