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Harms, Ludwig - Am ersten Bußtage

Harms, Ludwig - Am ersten Bußtage

Christe, Du Lamm Gottes, der Du trägst die Sunden der Welt, erbarm Dich unser! Christe, Du Lamm Gottes, der Du trägst die Sünden der Welt, erbarm Dich unser! Christe, du Lamm Gottes, der Du trägst die Sünden der Welt, gib uns Deinen Frieden, o Jesu! Amen.

Text: 1. Joh. 1.6-10.
So wir sagen, dass wir Gemeinschaft mit Ihm haben, und wandeln in Finsternis, so lügen wir. und tun nicht die Wahrheit. So wir aber im Lichte wandeln, wie er im Lichte ist, so haben wir Gemeinschaft unter einander, und das Blut Jesu Christi, Seines Sohnes, macht uns rein von aller Sünde. So wir sagen, wir haben keine Sünde, so verführen wir uns selbst, und die Wahrheit ist nicht in uns. So wir aber unsere Sünden bekennen, so ist Er treu und gerecht, dass Er uns die Sünde vergibt und reiniget uns von aller Untugend. So wir sagen, wir haben nicht gesündigt, so machen wir Ihn zum Lügner, und Sein Wort ist nicht in uns.

Wir sind heute hier versammelt im Haus des HErrn, meine Lieben, um einen der wichtigsten christlichen Festtage zu feiern, den allgemeinen Buß- und Bettag. Ihr kennt seine Bedeutung und ich brauche euch deshalb nur an das zu erinnern, welches ich euch schon oft verkündigt habe. Nicht deshalb sind unsere beiden Buß- und Bettage angesetzt, als ob wir nur zweimal im Jahre nötig hätten, Buße zu tun und zu beten; sondern ein jeder Christ soll jeden Tag seines Lebens zu einem Bußtag machen, wie uns das Luther so schön und nachdrücklich erklärt, dass wir sollen den alten Adam in täglicher Buße und Reue ersäufen, auf dass täglich hervorgehe ein neuer Mensch, der nach Gott geschaffen ist in rechtschaffener Gerechtigkeit und Heiligkeit und also täglich den Taufbund mit unserm Gott erneuern. Denn ohne tägliche Buße und Reue gibt es keine tägliche Erneuerung des Taufbundes, ohne tägliche Erneuerung des Taufbundes keine tägliche Bekehrung, ohne tägliche Bekehrung keine tägliche Vergebung der Sünden, und ohne tägliche Vergebung der Sünden keinen Himmel und keine Seligkeit. Ich wenigstens muss bekennen von mir selber: Gott weiß es, dass mir die Sünde, seit Er mich zu sich gezogen hat, ein solcher Gräuel ist, dass ich nicht nur täglich mir vornehme, in keine Sünde zu willigen, auch nicht in die kleinste; sondern täglich aus Herzensgrund bete um den heiligen Geist, dass Er mich stärke zum Kampf gegen alle Sünde; ja lieber Alles leiden und sterben will, als mit Wissen und Willen das scheinbar geringste Gebot meines Gottes und Heilandes übertreten. Dennoch aber bei allem Ernst der Heiligung finde ich mich je länger je mehr bei der täglichen Prüfung befleckt von so vielen sündlichen Gedanken, Worten und Werken, dass ich mir nicht anders zu helfen weiß, als mit Scham und Reue täglich vor meinem Heiland niederzuknieen und aufrichtig und demütig zu bekennen, was ich Böses im Herzen gehabt, was ich Böses geredet oder getan habe und was ich Gutes unterlassen habe. Dann danke ich dem HErrn für die Gnade, dass ich getauft bin, dass ich durch solche Taufe Gott zum Vater, Heiland und Tröster habe und kann nun kraft der mir geschenkten Kindschaft meinen lieben himmlischen Vater durch Jesum Christum so herzlich um Gnade und Vergebung anflehen, dass ich mich fest trösten kann der herrlichen Verheißung: wer glaubt und getauft wird, der soll selig werden! Erst dann kann ich selig einschlafen in meines Jesu Armen und muss auch gewiss darin erwachen, entweder hier oder dort. Und eben so soll ein jeder Christ jeden Tag seines Lebens zum Bettag machen und sich täglich erflehen den heiligen Geist, der ihn in alle Wahrheit leite. Und wahrlich ich sage euch, macht ihr nicht also jeden Tag eures Lebens zu einem Buß- und Bettag, so sagt was ihr wollt und tut was ihr wollt, Kinder Gottes seid ihr nicht, sondern Kinder der Welt; rechte Christen seid ihr nicht, sondern Verächter der heiligen Taufe, die ihr von Gott empfangen habt und des heiligen Geistes, der euch gegeben ist.

Aber, fragst du, wenn ich alle Tage Buße tun soll und beten, wozu denn noch besondere Buß- und Bettage? sind die denn nicht unnötig? Höre, stehst du für dich allein? oder bist du ein Mitglied der christlichen Kirche? ein Mitglied einer christlichen Gemeine? Und so wahr du das bist, so ist auch der Kirche Freude deine Freude und der Gemeine Last deine Last. Wer über die Freude der Kirche sich nicht mitfreut und die Last der Gemeine nicht mitträgt, der ist gar kein Mitglied der Gemeine Christi mehr, oder ein faules Glied, das besser abgeschnitten würde. Ja. was einer aus der Gemeine gesündigt hat, das muss ich mittragen als meine eigne Schuld, gleichwie Christus unser aller Sünden auf sich genommen hat und sie getragen hat als Seine eigne Schuld. Und wir alle noch mehr. Denn Christus war kein Sünder und nahm doch unser aller Sünden auf sich als Seine eigenen; wir aber sind schon durch die Erbsünde mit allen unsern Mitsündern in gleicher Verdammnis, und haben auch außerdem eine wirkliche Mitschuld an allen unter uns geschehenen Sünden, weil wir entweder aus Trägheit das Ermahnen und Warnen, oder aus Feigheit das Strafen unterlassen haben an unserm Bruder, oder uns aus Lieblosigkeit und Selbstsucht keine Mühe gegeben haben, ihn zurecht zu weisen und zu bessern. Und seht, das ist die Bedeutung unserer Bußtage: da tragen wir unsere und unserer Gemeine Sünden als eine gemeinsame Last, als eine gemeinsame Schuld in gemeinsamer Buße zu unserm HErrn Jesu hin im gemeinsamen, demütigen Bekenntnis, so dass unsere Buße eine gemeinschaftliche Beichte wird. Da knieen wir im gemeinsamen Gebete zu den Füßen unsers HErrn Jesu hin und flehen Ihn an mit bewegtem Herzen um die gnädige Vergebung unserer gemeinschaftlichen Schulden, und da empfangen wir aus dem Munde des HErrn Jesu Christi gemeinsam die heilige Absolution, d.h. die wahrhaftige Vergebung aller unserer Sünden und geloben Ihm, nachdem wir solche Gnade empfangen haben, mit gemeinsamer Liebe und Dankbarkeit in gerührter Erneuerung unsers Taufbundes, nun aufs neue dem Teufel, der Sünde und der Welt zu entsagen und heilig vor Ihm, als Gottes Kinder zu wandeln zu Seines Namens Ehre. Und so werden wir durch die rechte Feier der Bußtage mehr und mehr eine Gemeine, die da sei vollkommen, heilig und ohne Flecken und Runzeln oder des etwas und es wird durch den herzlichen Glauben an die Vergebung der Sünden und die Gnade unsers Gottes auch die herzliche brüderliche Liebe mehr und mehr gestärkt durch den heiligen Geist.

Und zeigt es uns nicht also die heilige Schrift? Als Achan etwas gestohlen hatte non der dem HErrn geweihten Beute in Jericho, er allein unter den 600.000 Männern Israels, da lag die Schuld dieses einen Diebstahls so lange auf der ganzen Gemeine Israel, bis alle in Reue, Buße und Gebet sich dem HErrn genaht hatten und die Schuld des Einen getilgt war. Als viele Israeliten sich durch Götzendienst versündigt hatten, da rief Samuel ganz Israel zusammen gen Mizpa, und sie alle beteten wie ein Mann: wir, wir alle haben gesündigt und übel getan und der HErr vergab ihnen und half ihnen gegen ihre Feinde. Als Daniel mit den Gläubigen betete für das zerstreute Israel, da flehten sie: wir alle haben gesündigt, wir und unsere Väter, und Deine Gebote übertreten. Darum spricht auch der HErr Jesus so ernstlich und gewaltig, als einige Juden von dem einstürzenden Turme in Siloha erschlagen und andere von Pilatus beim Opfern ermordet wurden: meint ihr, dass diese vor allen andern Einwohnern von Jerusalem und Galiläa Sünder gewesen sind, dass ihnen solches widerfahren ist? Nein, wahrlich Ich sage euch, so ihr euch nicht bekehrt, werdet ihr alle auch also umkommen. Darum soll in der Christenheit sich keiner, auch nicht ein einziger ausschließen von einem solchen gemeinschaftlichen öffentlichen Bußtag, als ob er der Buße nicht bedürfte. Wer das tut, der ist ein selbstgerechter Pharisäer, ein hochmütiger Verächter seiner Brüder und schließt sich selber aus von der Gnade des HErrn Jesu Christi, und ist ein Jammer über ihn, wie über ein faules Glied, dass dem Abschneiden nahe ist. Lasset uns nun, meine Lieben, nach Anleitung unsers Textes unter Gottes Segen andächtig fragen:

was zur rechten Feier eines gesegneten Bußtages erforderlich ist.

Zuvor lasst uns beten: HErr Jesu Christe, Du sprichst zu dem Bischof in Laodizäa: das sagt Amen, der treue und wahrhaftige Zeuge, der Anfang der Kreatur Gottes, Ich weiß deine Werke! Du sprichst dasselbe auch zu uns, als Zeuge stehst du an dem heutigen Bußtag auch gegen uns, wir können Dich nicht verwerfen, noch verachten, denn Du lügst nicht und Du irrest nicht, Du bist wahrhaftig, bist auch nicht ein Zeuge, der es nicht wissen könnte, denn Du bist der Anfang, der Schöpfer aller Kreatur Gottes. Du hast unser Herz geschaffen; sollte Dir verborgen sein, was in unsern Herzen ist? Du hast unsern Mund geschaffen; solltest Du nicht wissen, was unser Mund geredet hat? Du hast unsern Geist geschaffen; solltest Du nicht kennen die Gedanken unsers Geistes? Du hast uns den Leib gegeben; sollte Dir unbekannt sein, was wir mit diesem unserm Leib getan haben? O HErr Jesu, Gottes Sohn, Du, Du machst Dich auf, gegen uns zu zeugen; erbebt nicht unser Inwendiges vor Deinem Zeugnis? Du willst uns richten; HErr, wo sollen wir hingehen vor Deinem Geist, wo sollen wir hin fliehen vor Deinem Angesicht? Und doch, HErr, wollen wir uns jetzt hier stellen vor Dein Gericht; Gnade und Wahrheit leuchtet uns von Deinem Angesicht; denn jetzt willst Du zeugen gegen uns, dass wir unsere Sünden erkennen und uns bekehren, willst noch nicht zeugen gegen uns zur Verdammnis des jüngsten Tages. Hier sind wir, HErr, mache Dich auf, gegen uns zu zeugen, stelle uns unsere unerkannten Sünden vor das Angesicht, offenbare uns das Verborgene unserer Herzen, und wenn Dein Zeugnis uns durch Mark und Bein geht, wenn es uns durchschneidet durch Seele und Geist, wir wollen uns von Dir richten lassen mit demütigem Herzen, wollen Dir Recht geben und uns Unrecht; denn noch bist Du nicht gekommen, der Menschen Seelen zu verderben, sondern der Menschen Seelen zu erretten und selig zu machen! Du weißt ja auch alle unsere Werke, Du hast Augen wie Feuerflammen. Darum bitten wir Dich, allwissender, heiliger Gott, der Du aller Welt Richter bist, zeige uns an unsere Werke, unsere bösen Werke, dass wir Buße tun im Sack und in der Asche. Amen.

l.

Zur rechten Feier eines wahren Bußtages gehört, dass wir erkennen, dass jede Sünde eine Todsünde ist. Es ist das, meine Lieben, eine falsche und höchst verderbliche Lehre, die man nicht allein bei der katholischen Kirche, sondern leider auch bei einer außerordentlich großen Anzahl unwissender und selbstgerechter Lutheraner findet, dass die Sünden einzuteilen seien in Todsünden, die allerdings einer besonderen Buße und einer besonderen Vergebung bedürfen, und in andere geringere Sünden, die keiner besonderen Buße und Vergebung bedürfen, wie man behauptet. Zu diesen sogenannten Todsünden rechnet man denn z. B. Mord, Ehebruch, Diebstahl, Meineid; zu den andern, den sogenannten geringem Sünden, rechnet man z. B. das Lügen, das Fluchen, das Zürnen, Streiten, die Schwachheitssünden usw. Aber, höre ich manchen unter euch ganz erstaunt fragen: ist denn das nicht die wahre, rechte Lehre? lehrt unsere Kirche nicht auch so? Wenn wir uns nur vor jenen groben schweren Sünden hüten, ist denn das nicht genug? haben wir dann nicht getan, was wir zu tun schuldig sind? kann dann einer noch sonst etwas von uns verlangen? Die kleinen, die Schwachheitssünden hindern doch wohl nicht an der Seligkeit, das sind ja verzeihliche Fehler und deshalb können wir ruhig sterben, darum ist ja unser Herr Christus für uns gestorben, dass uns die Sünden vergeben würden! So sprechen viele Menschen, mehr als ihr glaubt. Aber solch schändliches, gotteslästerliches Geschwätz ist gerade der rechte Satansfluch unserer gräulichen Zeit, in welcher sich eine so unglaubliche Unwissenheit, eine so stockdunkle Finsternis in allen Sachen der Religion breit gemacht hat, dass wir so wenig die Lehre der Bibel, als unserer lutherischen Kirche kennen, dass wir geradezu seelenverderbliche, ja teuflische Lehren für wahres Christentum annehmen, und mit höchstselbstzufriedener Miene uns vom Satan auf dem Höllenweg zur Verdammnis ziehen lassen, während wir auf dem geradesten Wege zum Himmel zu sein vermeinen. Und wahrhaft teuflisch ist diese Lehre, hervorgegangen aus der blindesten Selbstgerechtigkeit und dem abscheulichsten Hochmut der Menschen, dass nämlich eigentlich bloß die Meineidigen, die Mörder, die Diebe und Ehebrecher nötig haben, sich zu bekehren, die andern aber nicht. Daher kommt es denn, dass man im Leben solche gotteslästerliche Reden hören muss, wie ich sie oft habe hören müssen, z. B. es hat einer gestohlen, oder einen Mord, einen Meineid begangen, Ehebruch getrieben, da schlagen die Leute voll Abscheu die Hände über dem Kopf zusammen und rufen: o der gräuliche Mensch, ja das ist ein rechter Sünder und verlorener Mensch, der ist wert, in Ketten und Banden zu gehen, so etwas habe ich doch, Gottlob, in meinem ganzen Leben nicht getan, ich danke Dir, mein Gott, dass ich doch ein solcher Bösewicht nicht bin! Oder es bekehrt sich ein Mensch aufrichtig zu Gott, wird eine neue Kreatur, sagt sich los von der Welt und dem Weg des Teufels und wandelt nun mit heiligem Ernst den schmalen Weg zum Himmel; da sollte man meinen, das fänden alle Leute löblich und freuten sich darüber! Aber nein, da schlagen die Leute wieder die Hände zusammen, nehmen das Maul voll, ziehen eine wichtige, geheimnisvolle Miene auf und lassen sich also hören: was der wohl für grobe Sünden getan, was der wohl für einen schlechten Lebenswandel geführt haben mag. dass er nun sich bekehrt hat und ein Betbruder geworden ist; nun will er gewiss seine vielen groben Sünden abbüßen mit Beten und Singen und Lesen! Gottlob, das habe ich nicht nötig, heißt es dann weiter, ich bin mein Lebtag ein guter, ehrbarer rechtschaffener Mensch gewesen, ich habe mich nicht so weit verirrt, brauche darum auch kein Betbruder zu werden! Ja, mich schaudert, wenn ich daran denke, ich habe an Krankenbetten gestanden und habe aus dem Mund der Kranken, der Sterbenden gehört, wenn ich sie fragte, ob sie gewiss hofften, selig zu sterben? Ja, war die Antwort, warum sollte ich nicht selig sterben, ich habe nicht gestohlen, nicht gemordet, nicht Ehe gebrochen und jedem gleich und recht getan; was ich sonst etwa gefehlt habe, denn wir sind ja alle fehlerhafte Menschen, das wird mir ja Gott nicht anrechnen, Christus ist ja auch für mich gestorben! O ich habe die Hände gerungen vor innerer Seelenangst an dem Krankenbett solcher vom Teufel verblendeten Menschen, die meinten, dass ihnen um ihrer Gerechtigkeit und Tugend willen die Seligkeit nicht fehlen könne! Darum, auf dass wir los kommen aus solchen Stricken des Teufels, lasst uns zu Herzen nehmen, was unser Text uns sagt. Der Apostel Johannes sagt: „So wir sagen, dass wir Gemeinschaft mit Ihm haben und wandeln in Finsternis, so lügen wir und tun nicht die Wahrheit.“ Nun höre zuerst die Frage: hast du Gemeinschaft mit Gott? Nur durch drei Dinge kann man hier auf Erden Gemeinschaft mit Gott haben, durch das Wort Gottes, durch das Gebet und durch das Sakrament. Ist nun wirklich, ich frage dich hier vor Gottes heiligem Angesicht und in Seinem Namen, ist nun wirklich Gottes Wort deine tägliche Speise? Liest du täglich, andächtig und mit Freuden in deiner Bibel? kennst du keine süßere Beschäftigung? ist es dir unmöglich, einen einzigen Tag hinzubringen, ohne in der Bibel zu lesen, noch viel unmöglicher, als einen Tag ohne leibliche Speise zu verbringen? Ist es dir unmöglich, einen Sonntag aus der Kirche zu Hause zu bleiben, wo Gottes Wort gepredigt wird, es sei denn, dass du krank bist, oder die dringendste Not- und Liebespflicht dich hindert? Kannst du diese Fragen alle mit Ja beantworten, dann hast du Gemeinschaft mit Gott und tust die Wahrheit; sagt dir aber dein Herz und Gewissen, dass du Gottes Wort und Gottes Dienst nicht so treulich und redlich gebrauchst, so ist dies schon eine Todsünde, denn du bist ein Verächter des heiligen Wortes Gottes und Seiner heiligen Kirche und lügst wider die Wahrheit, denn du wandelst in Finsternis.

Aber höre weiter: betest du täglich mit aller Inbrunst zu dem HErrn? kannst du nicht leben ohne zu beten? ist das Beten für deine Seele, was das Atemholen für deinen Leib ist? Redest du im Gebet mit deinem Gott wie ein Kind mit seinem Vater? schüttest du dein Herz vor ihm aus? Kannst du nicht aufstehen ohne zu beten? nicht zu Bett gehen ohne zu beten? nicht zu Tisch gehen und vom Tisch aufstehen ohne zu beten? musst du zuerst in aller deiner Not, zuerst in aller deiner Freude zu dem Heiland gehen im Gebet? kannst nichts anfangen und nichts beenden ohne Gebet, also dass Alles was du tust mit Worten oder mit Werken, Alles, Alles im Namen des HErrn Jesu geschehe? Und das also, weil du nicht anders kannst in der Liebe zu dem HErrn Jesu, weil dir das Beten das innerste, dringendste Bedürfnis deiner Seele ist? Ja dann hast du Gemeinschaft mit dem HErrn und wandelst in der Wahrheit! Aber, sagt dir abermals dein Herz und Gewissen, dass du kein solcher Beter bist, so ist dies abermals eine Todsünde, denn du bist ein Verächter deines Gottes und Heilandes selber, weil du nicht beten magst, und lügst wider die Wahrheit, denn du wandelst in Finsternis.

Und höre weiter: die höchste wunderbarste, seligste Gemeinschaft haben wir mit dem HErrn Jesu im heiligen Abendmahl, da sind wir Gäste an Gottes Tisch da essen nur Jesu wahrhaftigen Leib, da trinken wir Jesu wahrhaftiges Blut, da kehrt Jesus Christus selber bei uns ein und bringt uns wie ein Bräutigam seiner Braut, die höchsten Gnadengeschenke mit bei Seiner Vermählung mit uns, nämlich Vergebung der Sünden, himmlisches Leben, ewige Seligkeit, Verklärung des Fleisches zur künftigen Auferstehung, Gotteskraft zum Kampf wider Satan, Sünde und Welt. Ich frage dich: kommst du oft, sehnlich, gnadenhungrig, als ein Kranker, der recht gesund werden möchte, als ein Sünder, der selig werden möchte, als ein Schwacher, der recht stark werden möchte, als ein Lauer, der recht warm werden möchte, zu dem Tisch des HErrn Jesu und lässt dich da gesund, selig, stark, warm machen? dann hast du Gemeinschaft mit Gott, dann hast du Gemeinschaft mit den andern Christen, brüderliche Gemeinschaft an Jesu Abendmahlstisch und das Blut Jesu Christi, des Sohnes Gottes, macht dich rein von aller Sünde. Aber gibt dein Herz und Gewissen dir Zeugnis. dass du nicht oft zum heiligen Abendmahl kommst, dass du um jeder jämmerlichen Veranlassung willen das heilige Abendmahl aufschiebst, dass du nur aus Gewohnheit kommst, weil es einmal so Gebrauch ist. oder gar, dass du als ein bewusster Heuchler kommst, siehe, so ist das abermals eine Todsünde, du bist, mich schaudert es zu sagen, ein Abendmahlsverächter und wandelst in der Finsternis. Und nun sage mir, du hättest nicht nötig dich zu bekehren? Du mit einem solchen Herzen, so leer von wahrer brünstiger Liebe gegen den Gott, der dich erschaffen und mit Seinem Herzblut erkauft hat. gegen den Gott, dessen teuerste. edelste Gabe Sein heiliges Wort, du verachtest, dessen süßeste Erquickung. das Gebet du versäumst, dessen himmlisches Sakrament, das heilige Abendmahl, du schändest, mit einem solchen Herzen könntest du selig werden? und weißt doch, das geschrieben steht: verflucht ist jedermann, der den HErrn Jesum Christum nicht lieb hat! und weißt doch, dass in Finsternis wandelt jeder, der nicht Gemeinschaft hat mit Ihm!

Und wer unter uns kann sich rechtfertigen? wer unter uns lebt in solcher Gemeinschaft mit dem HErrn Jesu, wie er sollte? Wer ist ein solcher Bibelleser, ein solcher Beter? ein solcher Abendmahlsgänger, wie er es sein sollte, nach dem was wir gehört haben? Ich nicht, ihr alle auch nicht! So ist denn schon allein um des willen unser Herz Finsternis, unser Wandel Todsünde; wenn wir uns nicht bekehren, sind wir ewig verloren, wenn wir bleiben, wie wir sind, wenn wir nicht rechte Bibelleser, rechte Beter, rechte Abendmahlsgänger werden, haben wir keinen Anteil an der Erlösung Jesu Christi, unsers HErrn. Denn nur wenn wir im Licht wandeln, im wahren Herzensumgange mit dem, der das Licht selber ist, haben wir auch die rechte Gemeinschaft unter einander, die rechte brüderliche Liebe zu einander, nur durch solchen treuen Gebrauch der Gnadenmittel macht das Blut Jesu Christi, des Sohnes Gottes, uns rein von aller Sünde. Und eben so müssen wir ja an dieser brüderlichen Liebe, die der HErr von uns allen verlangt, erkennen, dass nicht die grobe Sünde allein, sondern jede Sünde eine Todsünde ist. Du sagst, du bist besser, als die Mörder? aber wer seinen Bruder hasst, ist schon ein Mörder. Du sagst, du bist besser, als ein Ehebrecher? aber wer nur ein Weib ansieht, ihrer zu begehren, der ist schon ein Ehebrecher. Du sagst, du bist kein Dieb? aber wer seinen Nächsten nur um einen Pfennig betrügt, nur einen Grashalm von seiner Wiese, nur einen Apfel von seinem Baume nimmt, der ist schon ein Dieb. Wes rühmst du dich denn? Wahrlich es ist hier kein Unterschied unter uns Allen, wir Alle mangeln auf gleiche Weise des Ruhms, den wir vor Gott haben sollen, es ist nicht einer unter uns, der gerecht sei, nicht einer, der Gutes tue, wir sind allzumal Kinder des Zorns und des Todes. Wir haben gar keine Gerechtigkeit, die vor Gott gilt, es muss mit uns Allen anders werden, wir sind nichts besser, als andere Menschen, die Leute in den Zuchthäusern sind nicht schlechter vor Gott, als wir, wir sind keine gute Menschen, sondern böse, große Sünder, denen die Sünden über das Haupt gehen, die sämtlich Jesum und Sein Wort und Sein Gebot und Sein Sakrament mit Füßen getreten haben, sämtlich die brüderliche Liebe mehr als tausendmal verletzt haben. Und wir Gottesverächter und Bibelverächter, wir Gebetsverächter und Sakramentsverächter, wir Mörder und Ehebrecher, wir Diebe und Lügner, wir wollen uns rechtfertigen? O dass doch dieser eine, gemeinsame und mächtige Sündenschmerz uns alle heute das Herz ergriffe, und die gemeinsame, innige, mächtige Sehnsucht nach Vergebung der Sünden unser Herz brennend machte! Wahrlich es bleibt uns nichts anderes übrig, als wir machen uns auf als lauter verlorene, verdammte Sünder, fallen gemeinsam nieder vor dem HErrn Jesu Christo und flehen so lange zu Seinen Füßen um Vergebung unserer Sünden, bis es den HErrn Jesum erbarmt, und Er, der die Sünder annimmt, auch uns arme Sünder annehme und uns mit Seinem heiligen, teuren Gottesblut rein wasche aus lauter göttlicher, unverdienter Gnade und Barmherzigkeit! Haben wir nun, meine Lieben, in gemeinsamer Buße und Reue unsere Sünden erkannt, dass sie lauter Todsünden sind, so hört weiter

II.

Zur rechten Feier eines wahren Bußtages gehört, dass wir gemeinsam vor Jesu unsere Sünden bekennen. Wo wahre Reue und Buße ist, da muss die Last vom Herzen herab, sonst wird es zerdrückt. Und durch nichts anderes wird die Last vom Herzen weggenommen, als durch ein offenes Bekenntnis. Haben wir wirklich unsere Sünden, und zwar als Todsünden, weil sie uns den Tod wirken, erkannt, so scheuen wir uns nicht mehr, wie die Heuchler und Gleißner tun, dass unsere Sünden offenbar werden. Mag die ganze Welt sie wissen, vor dem HErrn sind sie doch offenbar und wir wollen nicht besser scheinen, als wir sind. Darum spricht auch David: da ich meine Sünden wollte verschweigen, da verschmachteten meine Gebeine durch mein täglich Heulen. Da sprach ich: ich will dem HErrn meine Missetat bekennen, da vergabst Du mir die Missetat meiner Sünde. Eben so, als einst Petrus nach der Predigt Jesu im Schiff die unerträgliche Last seiner Sünde und Unheiligkeit fühlte, da kehrte er sich nicht an die Tausende, die da versammelt waren am Ufer des Meers, sondern mit dem heißen Sündenschmerz in seinem Herzen fiel er nieder zu Jesu Füßen vor ihrer Aller Angesicht, rief und sprach: HErr, gehe von mir hinaus, ich bin ein sündiger Mensch! So kehrte sich Maria Magdalena nicht an die spöttischen Mienen der selbstgerechten Herren, die da zu Tische saßen, sondern einzig mit ihrem Sündenkummer beschäftigt und mit dem, der diesen Kummer heilen konnte, fiel auch sie nieder zu den Füßen des HErrn Jesu, weinte so bitterlich, dass sie Seine Füße mit ihren Tränen wusch und stand nicht eher wieder auf, als bis Er zu ihr gesagt hatte: stehe auf, meine Tochter, deine Sünden sind dir vergeben! Solches weiß auch der Apostel Johannes wohl aus seiner eigenen Erfahrung, darum spricht er in unserm Text: so wir sagen, wir haben keine Sünden, so verführen wir uns selbst und die Wahrheit ist nicht in uns; so wir aber unsere Sünden bekennen, so ist Gott treu und gerecht, dass Er uns die Sünden vergibt und reinigt uns von aller Untugend, So wir sagen, wir haben nicht gesündigt, so machen wir Ihn zum Lügner. Sollten wir denn am heutigen Tage unsere Sünden verbergen und als Lügner und Heuchler vor Gott stehen? Und da Er eben uns verkündigt hat, dass keiner unter uns gerecht sei, keiner der Gutes tue, sondern wir alle ohne Unterschied Sünder, die den Tod und die Verdammnis verdient baden, sollten wir heute am Bußtag diesen Gott zum Lügner machen wollen, indem wir unsere Sünden verschweigen! Nein, strafe uns nur, HErr, wir wollen unsere Missetat nicht verhehlen!

Und der HErr spricht: Ich habe euch ein Gebot gegeben, dass ihr Mich allein anbeten sollt und Mir allein dienen; aber ihr habt nicht getan, was Ich euch geboten habe, Ich kenne euch, es sind noch gräuliche Götzendiener unter euch, die Meinen Bund verachten, es sind schändliche Mammonsdiener unter euch, die nur an Raffen, Wuchern und Geizen denken und sprechen zum Goldklumpen: du bist mein Trost! aber der Armen erbarmen sie sich nicht und der Heiden Elend jammert sie nicht, drücken den Tagelöhner, entziehen dem Arbeiter seinen Lohn, verstoßen die Witwen und Waisen und verkaufen um Silber ihren Heiland, wie Judas tat! Es sind Bauchdiener unter euch, die den Bauch zu ihrem Gott machen mit Fressen und Saufen und brüsten sich wie ein fetter Wanst und sitzen da die Säufer und Spötter sitzen. Es sind Hochmutsnarren unter euch, die Stolz, Pracht, Üppigkeit und Übermut treiben, eitle Puppen mit glatten Gesichtern und schönen Kleidern, die einher stolzieren mit Haarflechten, Goldumhängen und Kleideranlegen. Es sind Baalsdiener unter euch, die um das güldene Kalb der Weltlust tanzen, spielen, lärmen und toben, wie die Heiden tun, die dem Teufel dienen, Ich weiß eure Werke wohl und sie sind Mir ein Gräuel in Meinen Augen! Ach, HErr, ja, Du hast Recht, Dein Zeugnis ist wahr, mit Scham und Tränen der Reue müssen wir es bekennen, unsere Werke sind böse, unser Geiz und Unbarmherzigkeit, unser Fressen und Saufen, unser Stolz, Eitelkeit und Kleiderpracht, unsere Weltlust, der vergangene Mittwoch mit seinem Heidenlärm und Teufelswesen am Markttage, das Alles verdammt uns vor Dir und unsere Sünden gehen über unser Haupt!

Aber der HErr spricht weiter: Ich habe euch ein Gebot gegeben, zu heiligen Meinen Namen, und ihr schändet Meinen Namen, noch immer höre Ich Fluchen unter euch, noch immer höre Ich euch bei jeder Gelegenheit ach Gott sagen, noch immer lauft ihr hin zu den Zauberern und Dienern des Teufels, die sollen euch helfen, aber Mein Angesicht sucht ihr nicht, als wäre kein lebendiger Gott unter euch, den ihr bitten könntet! und euer sollte Ich Mich erbarmen? O doch, HErr Jesu, erbarme Dich über uns, wir bekennen ja unsere Schuld und verleugnen nicht unsere Missetat, wir sind schuldig solcher großen Sünden, fluchen, schwören, lügen und trügen noch bei Deinem heiligen Namen, oder sind zu feige, die zu strafen, die es tun, wir suchen Dein heiliges Angesicht nicht in unserer Not und es ist eine Schande für uns, dass wir noch neulich dem schändlichen Zauberer nachgelaufen sind, der da vorgab, er wäre etwas und könnte Kranke heilen. Und der HErr nennt uns Sabbatschänder? hat Er Recht? Ja es ist wahr, dass noch immer öffentliche Kirchen- und Sakramentsverächter unter uns sind, der ganzen Gemeine zum Ärgernis; es ist wahr, dass noch vor kurzem mehrere Sonntage hinter einander uns verdammen durch die sündlichen Tanzgelage und Weltergötzungen, die darauf abhalten worden sind, um ja dem Teufel Gelegenheit zu geben, das Wort wieder von dem Herzen zu stehlen und den Segen der Predigt zu hindern; es ist wahr, dass während den Tag über der HErr in der Kirche gestanden hat zum Zeugnis, des Abends der Teufel steht am Karten- und Sauftisch; es ist wahr, dass noch einzelne Fuhrleute Sonntags auf der Heerstraße liegen, einzelne Flößer Sonntags stoßen, Mädchen und Weiber spinnen und nähen, einzelne Handwerker arbeiten. HErr, erbarme Dich, wir sind Alle schuldig, wir haben es Alle selbst früher nicht besser gemacht, und haben jetzt noch lange nicht genug für unsere armen verirrten Brüder gebetet in Liebe und Demut und sie vermahnt, sich zu bekehren.

Und der HErr sagt: es sind Übertreter des vierten Gebots unter euch; hat Er nicht Recht? Ja es ist wahr, Gott sei es geklagt, es sind noch Kinder unter uns, die ihre Eltern gottlos behandeln, mit ihnen klagen und Prozessen, ihnen ihren Altenteil entziehen, ihnen kein freundliches Wort sagen, ja sie schelten und höhnen, sie nicht verpflegen, wenn sie alt und grau werden, sie Armenbrot essen lassen und schämen sich nicht einmal darüber. Es ist aber auch umgekehrt wahr, dass es noch immer Eltern gibt, die ihre Kinder nicht regelmäßig zur Kirche und Schule schicken, Herrschaften, die ihre Dienstboten von der Kirche und christlichen Versammlungen zurückhalten; es ist wahr, dass Eltern, Herrschaften und Meisterleute so gar keine christliche Zucht üben, dass sie ihre Kinder, Dienstboten, Gesellen und Lehrburschen auf der Straße und in den Wirtshäusern herumlaufen lassen. O HErr, vergib uns allen solche schuld, und sei uns gnädig, wir schaffen Alle noch nicht eifrig genug mit Furcht und Zittern unsere Seligkeit, wir trachten Alle noch nicht genug nach dem Einen, das Not tut, wir beten, ermahnen und strafen nicht genug, erbarme Dich über uns und bessre es!

Und der HErr zeugt weiter: es sind Blutschulden unter euch! O HErr, errette uns von den Blutschulden, der Du unser Gott und Heiland bist, Blutschulden sind ja schrecklich. Und ist es nicht also? sind nicht immer noch Leute unter uns, die sich hassen? Eheleute, die einander beißen und fressen? Gibt es nicht Häuser unter uns, in denen es kein Mensch aushalten kann, weil sie durch Zanken und Streiten, Zürnen und Schelten Vorhöfe der Hölle sind? O HErr, der Du den Teufel nennst einen Mörder von Anfang, hast Du nicht neulich noch mit Deinem heiligen Auge Prügeleien unter uns sehen müssen: gräuliches Schlagen mit der Faust von Christen gegen Christen? O HErr, vergib uns Allen, wir sind Alle noch nicht recht sanftmütig und demütig, sind Alle noch eitler Ehre geizig, uns unter einander zu entrüsten und zu hassen, beten Alle noch nicht recht: Vater vergib ihnen, sie wissen nicht, was sie tun! Aber errette uns von solchen Blutschulden, dass sie uns nicht hinabgehen in die brennende Hölle.

Und Du strafst uns weiter und nennst uns Hurer und Ehebrecher und wir können und wollen es nicht leugnen, es ist wahr, dass noch immer bei uns unter neunzig Kindern ein uneheliches geboren wird, da in einer christlichen Gemeine gar kein Hurenkind sein sollte, es ist wahr, dass noch immer einzelne Brautpaare bei uns vorkommen, die nicht in christlichen Ehren aufgeboten werden können. O HErr, der Du ein schneller Zeuge sein willst wider die Hurer und wider die Ehebrecher, o strafe uns nicht in Deinem Zorn und züchtige uns nicht in Deinem Grimm, wir bekennen Dir, wir sind alle unrein, denn wer unter uns kann sagen: in meinem Herzen ist keine unzüchtige Lust, kein unkeuscher Gedanke, auf meinen Lippen ist nie ein schmutziges Wort erfunden worden. Du nennst uns weiter Diebe und Räuber, o strenger und heiliger Gott, und wir müssen wiederum Dir Recht geben und unsere Sünden bekennen; denn kennen wir auch. Gottlob, keine groben Diebe und Räuber unter uns, so sind die doch auch Diebe und Räuber, die durch leichtsinnige und ungerechte Klagen und Prozesse, durch Kartenspiel, durch Schuldenmachen sich, ihre Familien oder ihre Nächsten berauben, oder die mit List, Wucher und Betrug ungerechten Gewinn suchen. HErr, nimm von uns solchen Gräuel der Sünden, wir alle wollen Buße tun, denn wir alle haben noch das Irdische zu lieb, wir wollen noch alle gar zu gern irdische Schätze sammeln und Dein Wort richtet uns: warum lasst ihr euch nicht viel lieber übervorteilen, als dass ihr mit einander rechtet? Es soll besser werden, wir wollen dem Frieden nachjagen, dass wir Friedenskinder können genannt werden.

Und Du rufst uns abermals zu: Ich kenne euch, es sind noch Lästermäuler unter euch, die den guten Namen des Nächsten zerreißen mit Klatschen, Afterreden und Verleumden! Ja HErr, wer könnte Dir etwas verbergen, es ist so, wie Du sagst, wir müssen uns schämen, es wird noch schrecklich gelästert, insonderheit über Deine Kinder, die sich von der Welt und dem Satan zu Dir bekehren, die müssen zerrissen werden durch Lügen und die Lügen müssen aus der Luft gegriffen werden, wenn sie sonst nirgend herzukriegen sind, es gibt noch allenthalben bei uns Klatschbrüder und Klatschschwestern, die mit der Zunge den Nächsten totschlagen. O HErr, wehre doch solchem Gräuel unter uns, dass wir nicht zur Hölle fahren, denn wir sind es wert. O HErr, unsere Sünden drücken uns hart, unsere Sünden gehen über unser Haupt, wie eine schwere Last sind sie uns zu schwer geworden, willst Du mit uns ins Gericht gehen, wir können Dir auf tausend nicht eins antworten. Darum haben wir unsern Mund und unser Herz aufgetan vor Dir und Dir angezeigt unsere Schuld und Missetat und Übertretung, unser ganzes Haupt ist matt, unser ganzer Leib ist krank. O wehe, wehe, wehe, dass wir so gesündigt haben!

Und gegen wen? o gegen Dich, der Du den ganzen Tag die durchbohrten Hände ausbreitest zu uns, der Du uns täglich bittest, wollt ihr denn nicht zu Mir kommen, dass ich euch das ewige Leben gebe? Siehe, das will uns das Herz zerdrücken, dass wir gegen Dich ungehorsam gewesen sind, dass wir Dich betrübt und gekränkt. Dich mit unsern Sünden abermals gekreuzigt haben. Das ist unsere Vergeltung Deiner neuen Liebe, die uns bis in den Tod geliebt hat. O das Herz will uns zerspringen, dass wir so undankbar und gottlos gewesen sind gegen Dich! O HErr, kannst Du uns noch vergeben? kannst Du uns noch gnädig sein?

Da höre ich das Wort aus Deinem Munde, wo die Sünde mächtig geworden ist, ist die Gnade noch viel mächtiger geworden! Du sagst, ob eure Sünde blutrot ist, soll sie doch schneeweiß werden, ob sie gleich ist wie Rosinfarbe. soll sie doch weiß wie Wolle werden, ihr sollt leben und nicht sterben, Ich kann euch nicht in eurem Blut liegen sehen, Ich will mich euer erbarmen. Also erbarmen willst Du Dich unser? solcher Leute, wie wir sind, willst Du Dich erbarmen? Ist das möglich? Nun HErr, so erbarme Dich denn unser, wir aber wollen nun ganz und gar umkehren zu Dir, das Alte soll vergehen, es soll Alles neu werden, unser Herz jauchzet: wir haben Gnade gefunden, uns ist Barmherzigkeit widerfahren, der HErr Jesus tilgt unsere Sünden wie eine Wolke und unsere Missetat wie einen Nebel, das Blut Jesu Christi, des Sohnes Gottes, macht uns rein von aller Sünde. O kommt alle, kommt her, kommt ihr betrübten Sünder, Jesus ruft euch und Er macht aus Sündern Gottes Kinder, glaubt es und denkt daran, Jesus nimmt die Sünder an. O Christe, Du Lamm Gottes, der Du trägst die Sünden der Welt, erbarme Dich unser! Christe, Du Lamm Gottes, der Du trägst die Sünden der Welt, erbarme Dich unser. Christe, Du Lamm Gottes, der Du trägst die Sünden der Wett, gib uns Deinen Frieden, o Jesu. Amen.

Wir haben nun gehört, meine Lieben, Gottes Zeugnis über unsere Sünden und wir haben Ihm Recht gegeben und ich hoffe, ein jeglicher von uns hat vernommen in seinem Herzen die Stimme des Gerichts: du, du und kein andrer bist der Mensch, zu dem Gott geredet hat. Aber wir haben noch nicht vernommen die Stimme des HErrn: dir sind deine Sünden vergeben, und vernehmen wir die nicht, so ist uns der Bußtag kein Gnadentag. sondern ein Gerichtstag allein, so sind wir gleich denen, die in die Hölle hinausgestoßen sind und ist keine Hand, die sie herausziehe. Aber der Bußtag soll auch ein Gnadentag sein, ein Tag der wahrhaftigen Mitteilung der Gnade des HErrn. Darum bin ich von der Kanzel heruntergestiegen und stehe nun am Altar, denn der Altar ist der Ort in unserer lieben Kirche, an welchem Gott Gnade mitteilt und Sünden vergibt. Hier am Altar vergibt Gott durch die heilige Taufe dem Täufling die Sünde, erlöst ihn vom Tod und Teufel und gibt ihm die ewige Seligkeit. Hier am Altar erteilt Gott in der Beichte die heilige Absolution, hier am Altar speist Er uns mit Jesu heiligem Leib und tränkt uns mit Seinem teuren Blut, dass wir versiegelt werden mit Vergebung der Sünden, Leben und Seligkeit. Hier ist darum auch jetzt unsers Jesu Gnadenthron, da wir beichten wollen, die ganze Gemeine in gemeinsamer Beichte, denn wir wollen nicht von hier weggehen ohne die gewisse Vergebung aller unserer Sünden. Darum hört jetzt die Einsetzung der heiligen Beichte. Unser HErr Jesus spricht zu Seinen Dienern: wie Mich der Vater sendet, so sende Ich euch, nehmt hin den heiligen Geist, Ich will euch die Schlüssel des Himmelreichs geben, wem ihr die Sünden erlasst, dem sind sie erlassen, wem ihr die Sünden behaltet, dem sind sie behalten; was ihr auf Erden bindet, das soll auch im Himmel gebunden sein, was ihr auf Erden löst, das soll auch im Himmel los sein! Mit diesen Worten hat also der HErr Jesus Seinen Dienern, welche die Beichte nach Seinem Willen und Auftrag verwalten, Macht gegeben, in Seinem Namen Sünden zu behalten und zu vergeben und was sie in Seinem Namen tun, das soll auch im Himmel gültig sein vor Ihm selber. Darum ist die Beichte eine so unaussprechliche Gnade des HErrn, denn Er selber vergibt in der Beichte die Sünden durch den Mund Seines Dieners, so dass du sollst gewiss sein, du habest die wahrhaftige Vergebung der Sünden aus Jesu Munde eben so gewiss, als die sie hatten, die einst persönlich Jesu Füße umfassten und mit ihren Ohren hörten das Wort Seines Mundes: dir sind deine Sünden vergeben. Aber merkt wohl: nur dem bußfertigen und gläubigen Sünder soll und darf ich in Jesu Namen seine Sünden vergeben; dem unbußfertigen und ungläubigen Sünder soll und muss ich in Jesu Namen seine Sünden behalten. Darum will ich jetzt beten unser gemeinsames Beichtgebet, betet das Wort für Wort mit andächtigem Herzen leise mit und bedenkt des HErrn Wort: aus deinem Mund wirst du gerechtfertigt werden und aus deinem Munde wirst du verdammt werden! Zuvor aber wollen wir uns auf solche Beichte bereiten durch den gemeinsamen Gesang von Nr. 532. (Die ganze Gemeine singt: vor Gericht HErr Jesu steh' ich hier rc.)

Nun lasst uns niederknien und beten: Allmächtiger Gott, barmherziger Vater, ich armer, elender, sündiger Mensch bekenne Dir all meine Sünde und Missetat, damit ich Dich jemals erzürnt und alle Deine Strafen zeitlich und ewiglich wohl verdient habe. Es sind mir aber alle meine Sünden von Herzen leid und reuen mich sehr und bitte Dich durch Deine grundlose Barmherzigkeit und durch das heilige, bittere, unschuldige Leiden und Sterben Deines Sohnes Jesu Christi, an den ich von Herzen glaube, Du wollest mir armen, elenden Sünder gnädig und barmherzig sein und mir alle meine Missetat vergeben durch Christi Blut. Ich gelobe Dir auch durch die Kraft des heiligen Geistes, ich will mich fortan ernstlich bessern, ich will entsagen dem Teufel und allem seinem Wesen und allen seinen Werken, ich will verleugnen die Welt und die weltlichen Lüste und das ungöttliche Wesen und züchtig, gerecht und gottselig leben in dieser Welt zu Ehren Deines heiligen Namens. Amen.

Hier liegt ihr, meine Lieben, vor Gottes Altar zu Jesu Füßen und ich frage euch an Gottes Statt: ist dies euer aufrichtiges, wahrhaftiges Bekenntnis und Gelöbnis vor Gott, dein HErrn, dem Herzenskündiger? So sprecht das selber jetzt laut und aufrichtig aus mit euren Lippen, indem ihr sagt: Ja das bekenne und gelobe ich vor dem allgegenwärtigen, dreieinigen Gott. Amen. Nun denn auf solch euer lautes und öffentliches Bekenntnis spreche ich als ein berufener und verordneter Diener Jesu Christi, euch reuige, bußfertige, gläubige Sünder, die ihr solches Bekenntnis und Gelöbnis aufrichtig getan habt, frei, los und ledig von allen euren Sünden und tue das im Namen der hochgelobten Dreieinigkeit, im Namen Gottes des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes. Amen. Stehet auf und sündigt fort nicht mehr. Lasst uns nun mit einander den HErrn preisen, indem wir gemeinschaftlich singen Nr. 541, V. 1. (Die ganze Gemeine singt: Gottlob nun hab ich wieder den Sünden abgesagt, der Satan liegt darnieder, der mich bisher verklagt. Ich bin ein Kind der Gnaden, Gott nimmt mich wieder an, dass mir kein Fluch nun schaden, kein Zorn mich schrecken kann.) Empfanget den Segen des HErrn: der HErr segne dich und behüte dich! Der HErr erleuchte Sein Angesicht über dir und sei dir gnädig! Der HErr erhebe Sein Angesicht auf dich und gebe dir Frieden. Amen.

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