Grafe, Hermann Heinrich - Erstes Glaubensbekenntnis der Freien evangelischen Gemeinden

Grafe, Hermann Heinrich - Erstes Glaubensbekenntnis der Freien evangelischen Gemeinden

16.11.1854, geändert am 22.11.1854

Art. 1

Wir glauben, daß die ganze heilige Schrift, in allen ihren Theilen, von Gott eingegeben und die einzige untrügliche Richtschnur des Glaubens und Lebens ist.

Art. 2

Wir nehmen, als canonische Schriften des alten Bundes, alle die Bücher an, welche uns von dem gesammten jüdischen Volke, dem da vertraut ist, was Gott geredet hat, unter der Aufsicht des Herrn als solche überliefert sind; und wir nehmen ingleichen, als canonische Schriften des neuen Bundes, alle die Bücher an, welche, unter der Wirksamkeit derselben göttlichen Vorsehung, uns als solche von der gesammten Kirchen der Christenheit überliefert sind.

Art. 3

Wir beten Gott an, den Vater, Sohn und heiligen Geist, einen einigen Gott in drei Personen, den Schöpfer und Erhalter aller Dinge.

Art. 4

Wir glauben, daß Adam, der erste Mensch, nach Gottes Bild geschaffen wurde, in wahrhafter Gerechtigkeit und Heiligkeit, daß er aber, vom Teufel verführt, fiel, und daß seitdem die menschliche Natur gänzlich verderbt ist, dergestalt, daß alle Menschen in Sünden empfangen und geboren und deshalb unfähig sind, was vor Gott gut ist, zu thun und, dem Bösen unterthan, ein gerechtes Gericht der Verdammniß und des Todes auf sich laden.

Art. 5

Wir glauben, daß das Wort, das vor aller Ewigkeit bei Gott war und das Gott war, Fleisch geworden ist, und daß ein zweiter Adam, von einer Jungfrau durch die Macht des Allerhöchsten empfangen und ohne Sünde geboren, Jesus, allein unter den Menschen Gott einen vollkommenen Gehorsam hat erzeigen können.

Art. 6

Wir glauben, daß Jesus, der Christ, Gott und Mensch in einer einzigen Person, einiger Mittler zwischen Gott und den Menschen, an unserer Statt als ein Sühnopfer gestorben ist, daß er auferstanden ist von den Todten und, aufgenommen in die Herrlichkeit, jetzt vor Gott für uns erscheint, während er zugleich bei uns bleibt durch seinen Geist.

Art. 7

Wir glauben, daß kein Mensch in's Reich Gottes eingehen kann, ohne in seiner Seele durch die wirksame Kraft des heiligen Geistes jene übernatürliche Umwandlung erfahren zu haben, welche die heilige Schrift neue Geburt, Wiedergeburt, Bekehrung, Uebergang aus dem Tode in das Leben nennt.

Art. 8

Wir glauben, daß wir vor Gott gerechtfertigt sind, nicht durch Werke der Gerechtigkeit, die wir gethan hätten, sondern einzig durch Gnade und vermittelst des Glaubens an Christum, dessen Gerechtigkeit uns zugerechnet wird. Deshalb sind wir in Ihm des ewigen Lebens versichert, und daß Niemand uns aus seiner Hand reißen wird.

Art. 9

Wir glauben, daß ohne die Heiligung Niemand den Herrn schauen wird, und daß wir, um einen hohen Preis erkauft, ihn durch unsere Werke verherrlichen sollen. Und wiewohl der Kampf zwischen dem Geiste und dem Fleische in uns fortbesteht bis an's Ende, so verzagen wir doch nicht, sondern vollbringen unsere Heiligung in der Furcht Gottes.

Art. 10

Wir glauben, daß der Anfang und das Ende des Heils, die neue Geburt, der Glaube, die Heiligung, die Beharrung, ein Gnadengeschenk der Barmherzigkeit Gottes ist, sintemal der wahre Gläubige vor Grundlegung der Welt in Christo ist erwählt worden, nach der Vorsehung Gottes des Vaters, durch die Heiligung des Geistes, zum Gehorsam und zur Besprengung des Blutes Jesu Christi.

Art. 11

Wir glauben, daß Gott, der also die Welt geliebt hat, daß er seinen einigen Sohn gab, jetzt allen Menschen, an allen Enden, gebietet, Buße zu thun; daß ein Jeder für seine Sünden und für seinen Unglauben verantwortlich ist; daß Jesus Keinen von Denen hinausstößt, die zu Ihm kommen, und daß jeder Sünder, der seinen Namen anruft, selig wird.

Art. 12

Wir glauben, daß der heilige Geist den Erwählten, mittelst des Wortes, das Heil zueignet, welches der Vater ihnen bestimmt und der Sohn ihnen erworben hat, dergestalt, daß, indem er sich mit Jesu vereinigt durch den Glauben, er in ihnen wohnt, sie von der Herrschaft der Sünde befreit, sie die Schrift verstehen lehrt, sie tröstet und sie versiegelt auf den Tag der Erlösung.

Art. 13

Wir erwarten aus dem Himmel den Herrn Jesum Christum, welcher unsern nichtigen Leib verwandeln wird, daß er ähnlich werde seinem verklärten Leibe; und wir glauben, daß zugleich die Todten, die in Christo sind, auf seinen Ruf aus den Gräbern hervorgehen, und die Gläubigen, welche zu der Zeit leben werden auf Erden, durch seine Macht verwandelt werden. Alle miteinander in den Wolken ihm entgegen geführt werden, und daß wir also allezeit bei dem Herrn sein werden.

Art. 14

Wir glauben, daß eine Auferstehung der Ungerechten wie der Gerechten, Statt haben wird; daß Gott einen Tag festgesetzt hat, an dem er die ganze Welt richten wird durch den Mann, den er dazu bestimmt hat; und daß die Bösen in die ewige Verdammniß gehen werden, während die Gerechten des ewigen Lebens theilhaft werden.

Art. 15

Wir glauben, daß die besonderen Kirchen, welche an verschiedenen Orten bestehen, sich der Welt kund thun sollen durch das Bekenntniß ihrer Hoffnung, durch ihre Gottesdienste und die Arbeit ihrer Liebe. Wir glauben aber auch, daß über allen diesen besondern Kirchen, die gewesen sind, die sind und die sein werden, vor Gott eine heilige allgemeine Kirche besteht, die aus allen Wiedergebornen gebildet ist und einen einzigen Leib ausmacht, dessen Haupt Jesus Christus ist, und dessen Glieder erst an seinem Tage vollständig offenbar werden.

Art. 16

Wir glauben, daß der Herr die Taufe und das Abendmahl als Zeichen und Unterpfänder des Heils eingesetzt hat, das er uns erworben: die Taufe, welche das Zeichen der Reinigung durch das Blut und den Geist Jesu ist; das Abendmahl, in welchem wir, als Glieder Eines Leibes, die Gemeinschaft des Blutes und Leibes Christi feiern und seinen Tod verkündigen, bis daß er kommt.

Art. 17

Wir erklären, daß, ungeachtet wir vor Gott unter uns die reine Verkündigung aller dieser Wahrheiten aufrecht erhalten sollen, wir alle Diejenigen als Brüder anerkennen, die, an welchem Orte es auch sei, Jesum Christum als ihren einigen Heiland und ihren Gott anrufen; wir wollen sie lieben, und wir begehren, von dem Herrn zu lernen, ihnen bei jeder Gelegenheit Zeugnisse von dem Bande zu geben, welches uns Alle in Ihm auf ewig vereint.

Cookies helfen bei der Bereitstellung von Inhalten. Diese Website verwendet Cookies. Mit der Nutzung der Website erklären Sie sich damit einverstanden, dass Cookies auf Ihrem Computer gespeichert werden. Außerdem bestätigen Sie, dass Sie unsere Datenschutzerklärung gelesen und verstanden haben. Wenn Sie nicht einverstanden sind, verlassen Sie die Website.Weitere Information
autoren/g/grafe/bekenntnis_der_feg.txt · Zuletzt geändert: von 127.0.0.1
Public Domain Falls nicht anders bezeichnet, ist der Inhalt dieses Wikis unter der folgenden Lizenz veröffentlicht: Public Domain