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Vergleiche

Vergleiche

Vergleiche spielen bei der Argumentation eine große Rolle. Zwei Arten von Vergleichen hatten wir schon betrachtet. Nun kommen noch einige Beispiele für diese beiden Möglichkeiten. Ordne die einzelnen Beispiele zu!

71 „Um der Theorie Darwins eine weiße Weste zu verschaffen, wird gelegentlich behauptet, daß es beim 'Kampf ums Dasein' ausschließlich um den 'Kampf nebeneinander' geht. Darwin dachte sehr wohl auch an den 'Kampf gegeneinander', und zwar auch im Blick auf den Menschen:

'Wenn zwei Menschenrassen einander begegnen, so handeln sie genauso wie zwei Spezies von Tieren - sie bekämpfen und fressen einander, bringen einander Krankheiten etc., aber dann kommt der tödlichere Kampf, nämlich wer die tauglichste Organisation oder den besseren Instinkt (d.h. beim Menschen Intellekt) hat, um den Sieg davonzutragen.'

So schrieb Darwin in sein Arten-Entstehungs-Notizbuch 'E', also im Jahr 1838. Diese Äußerung klingt rein bechreibend; es wird keine positive oder negative Bewertung dieses Vorganges ausgesprochen. Aber zumindest geht soviel daraus hervor, daß nach Darwins Ansicht der die Höherentwicklung mitbewirkende Kampf ums Dasein auch als direkter Kampf zwischen Menschenrassen (mit Vernichtung der schwächeren Rasse) stattfindet. - Am Ende seines Lebens (1881) schrieb er in einem Brief eine Bemerkung, die durchaus als positive Bewertung solcher Vorgänge zu verstehen ist:

'… könnte ich dafür kämpfen, daß die Natürliche Zuchtwahl mehr für die Zivilisation getan hat und tut, als Sie zuzugeben geneigt scheinen. Erinnern Sie sich daran, wie groß vor vielen Jahrhunderten die Gefahr für die europäischen Nationen war, von den Türken überwältigt zu werden und wie lächerlich jetzt eine derartige Idee ist! Die zivilisierteren sogenannten kaukasischen Rassen haben die Türken im Kampfe um's Dasein glatt überwunden. Wirft man einen Blick auf die Welt in einer nicht sehr entfernten Zukunft, welche endlose Zahl der niederen Rassen wrd durch die höheren zivilisierteren auf der ganzen Erde beseitigt worden sein.'

Hier haben wir die Grundgedanken des sogenannten 'Sozialdarwinismus' in aller nur wünschenswerten - oder auch nicht wünschenswerten - Klarheit: der Kampf ums Dasein beinhaltet auch den direkten Kampf von Menschenrassen gegeneinander mit dem Ergebnis der Beseitigung der schwächeren Rassen, und Darwin bewertet diese Vorgänge positiv, da sie zur Höherentwicklung beitragen.“

Lies nochmals Text 9.

72 „Trotz des Bösen um uns her, trotz des so gemischten Bildes von Böse und Gut ist es dennoch möglich, wie wir in den folgenden Abschnitten sehen werden, an einen guten, liebevollen, persönlichen und freundlichen Gott zu glauben. … Vor dem 2.Weltkrieg hatte ich oft Gelegenheit, den wunderschönen gotischen Kölner Dom zu besuchen. Jede freie Minute verbrachte ich dort, um dieses edle Beispiel der Architektur aus dem 13.Jahrhundert zu bewundern. Die kühne Eleganz der Säulen und Pfeiler, das hohe, unvergleichliche Deckengewölbe, die beiden berühmten Türme, die mittelalterlichen Glasmalereien und die wunderbare Orgel. … Vielleicht war Köln während des 2.Weltkrieges die am heftigsten bombardierte Stadt in West-Europa. … Eine Anzahl schwerer Bomben traf den Kölner Dom und richtete an dem ehrwürdigen Bauwerk enormen Schaden an. … Keinen Augenblick lang brachte ich das Chaos dieses einst so stolzen Bauwerkes in irgendeinen Zusammenhang mit Unzulänglichkeit oder bösem Willen der Erbauer. Sie hatten es nicht für die Zertörung geschaffen. … Niemand wird den Erbauern des Kölner Domes den Vorwurf machen wollen, sie hätten eine Ruine entworfen und erstellt. Ganz offensichtlich lag es in der Absicht der Planer, etwas für die Ewigkeit zu schaffen - oder doch nahezu für die Ewigkeit. Etwas war nun geschehen, das die Architekten weder geplant noch geahnt hatten. Und doch konnte man zwischen all den Trümmern sehr wohl Planung und ungewollte Zerstörung unterscheiden. Der Dom war gleichzeitig ein Bild der Vollkommenheit und der Verkommenheit - ein widersprüchliches Bild. … Niemand würde auf den Einfall kommen, daß Konstruktion und Destruktion denselben Urheber haben. … WIe der Kölner Dom damals nach dem Krieg Chaos und Ordnung unentwirrbar miteinander verband, so bietet sich uns die Welt, in der wir leben, dar. Gut und Böse in endlosen Überlagerungen, voller Schönheit und Abstoßung, Chaos und Ordnung, Liebe und Haß.“

Betrachte nochmals Text 20!

73 „Jesus behandelt alttestamentliche Geschichtserzählungen durchweg als Tatsachenberichte. Er erwähnt Abel (Lk 11,51), Noah (Mt 24,37-39; Lk 17,26-27), Abraham …, die Einsetzung der Beschneidung …, Sodom und Gomorra …, Isaak und Jakob …, das Manna …“

74 „… Es handelt sich hierbei um ein Prinzip, das sich durch die ganze Bibel hindurchzieht: Der Weg, wie wir mit der unsichtbaren Welt in Kontakt kommen sollen, ist das Gebet zu Gott selbst.

Diese starke Trennwand zwischen Toten und Lebenden wird in den ersten Jahrhunderten unserer Zeitrechnung allmählich durchlöchert; die Grenze wird nicht mehr so deutlich gesehen. Die Stellen, an denen das erkennbar wird, sind die Vorstellungen über:

die fortdauernde Bindung an den verstorbenen Ehepartner
die Anwesenheit der Geister der Verstorbenen am Versammlungsort der Christen
die über den Tod hinausgehende Aktivität von Aposteln

Neben diesen Vorstellungen wird es auch an bestimmten Praktiken erkennbar, und zwar an:

dem Gebet für Tote,
dem Gebet zu Verstorbenen,
dem Reliquien-Kult.“

75 „Der naturwissenschaftliche Materialismus behauptet, das Zeit-Raum-Kontinuum der Materie, in dem wir leben, stelle die ganze und einzige Realität des Alls dar. Nach dieser Auffassung gibt es keine jenseitigen Dimensionen oder Realitäten, von denen wir irgendwie in unserer Realität erkenntnismäßig abgeschnitten sind. … Man stelle sich eine Welt vor, die ausschließlich aus zwei Dimensionen besteht. Diese zweidimensionale Realität wird von zweidimensionalen, intelligenten Wesen bewohnt. Die intelligenten Wesen sind männlich und weiblich. Da sie aber nur aus zwei Dimensionen bestehen, können sie praktisch bloß aus einfachen Formen bestehen. Wollen wir annehmen, daß die männlichen Wesen stumpfe Winkel und die weiblichen spitze Winkel sind. Man nenne die zweidimensionale Realität 'Flachland', und dessen Bewohner nenne man 'Flachländer'. … Wenn ich z.B. als dreidimensionales Wesen … spazieren ginge, könnten meine Füße gerade auf Flachland … laufen. … Für die Flachländer würden meine Füße plötzlich aus dem Nichts hervortreten und auch plötzlich wieder in das Nichts verschwinden. Die Flachländer würden das Erscheinen und das Verschwinden meiner Fußspuren nie erklären können, sie würden sie für Wunder im wahrsten Sinne des Wortes halten. Denn jede Einwirkung eines dreidimensionalen Phänomens in einer zweidimensionalen Welt muß wie ein Wunder wirken. Man kann sie anhand der Gesetze der zweidimensionalen Welt nicht erklären. Die Flachländer … könnten mich während meines Spazierganges nie sehen, denn Höhe und Tiefe können sie als zweidimensionale Wesen nicht wahrnehmen. Doch können sie die zweidimensionalen Auswirkungen meines dreidimensionalen Spazierganges wahrnehmen - sie sehen meine zweidimensionalen Fußspuren. Dort, wo meine drei Dimensionen sich mit ihren zwei Dimensionen decken, da können sie meine Auswirkungen wahrnehmen.“

76 „Irenäus' Liste (etwa 190 nach Christus) belegt die weitverbreitete Übernahme des neutestamentlichen Kanons Ende des 2.Jahrhunderts. Die Liste ist fast identisch mit dem heutigen Kanon.“ Lösungen:

Eigentlich kamen hier vier verschiedene Möglichkeiten vor:

a) Vergleich mit einem Beispiel (zur Veranschaulichung, wie man sich das vorstellen kann),
b) Induktion (mehrere Beispiele, die auf eine allgemeingültige Regel hinweisen sollen),
c) unzureichende Versuche einer Induktion (aus einem Beispiel auf eine allgemeingültige Regel schließen), und
d) eine direkte Aussage als Beleg dafür, daß jemand eine bestimmte Ansicht vertreten hat.

71 = d: Zwei Beispiele sind nicht viel zum Verallgemeinern, aber wenn es um den Nachweis geht, daß ein Mensch eine bestimmte Ansicht vertrat, so genügt prinzipiell ein einziger Beleg. (Eine gewisse Rest-Unsicherheit bleibt; so könnte der Betreffende ja im Laufe seines Lebens seine Ansicht geändert haben.)

Etwas anderes ist es, wenn die generelle Ansicht der Menschen zu einer bestimmten Zeit aufgezeigt werden soll. Dazu ist eine Mehrzahl von Stellungnahmen heranzuziehen, und deren Repräsentativität ist plausibel zu machen.

Nochmals 9 = c: Diese Aussage ist logisch schwach: Aus einem Erfahrungsbeispiel kann man nicht ohne weiteres einen All-Satz („jeder …“) ableiten.

72 = a: Ein Vergleich zur Veranschaulichung.

Nochmals 20 = c: Daß Jesus alle biblischen Erzählungen bestätigte, kann man nicht daraus schließen, daß einige alttestamentliche Berichte von Jesus bestätigt werden.

73 = b: Immer wenn Jesus auf alttestamentliche Berichte zu sprechen kommt, behandelt er sie als Berichte von wirklich geschehenen Ereignissen. Das wird durch diese Aufzählung deutlich. - Beachte den Unterschied zwischen diesem Text und 20!

74 = b: An insgesamt 6 Stellen wird deutlich gemacht, daß es damals zu einer Anschauungsveränderung kam.

75 = a.

76 = c: Eine Liste alleine kann das nicht belegen, es sei denn, es werden Zusatzargumente gebracht, z.B.: Irenäus stammte aus Kleinasien, kannte die Verhältnisse in Rom gut, war dann Bischof in Lyon … Findest Du folgende Argumentation überzeugend?

77 „Bei der Mahlzeit brach Jesus Brot und gab es den Jüngern mit der Bemerkung: 'Dieses ist mein Leib' (Mk 14,22-25). War diese Aussage real oder symbolisch gemeint?('Real' würde bedeuten: Das Brot ist - real, wirklich - der Leib Jesu; 'symbolisch' würde bedeuten: Das Brot stellt Jesu Leib dar, das Brot ist Symbol für den Leib Jesu.)

Eine symbolische Ausdrucksweise ist durchaus nichts Ungewöhnliches, weder damals noch heute. 'Das ist ein Pferd', sagen wir auch dann, wenn wir nur die Zeichnung eines Pferdes vor uns liegen haben, und eine Fotografie meiner Mutter kommentiere ich: 'Das ist meine Mutter' (statt: 'Das stellt meine Mutter dar'). Eine solche Gleichsetzung von Darstellungsmittel und Gegenstand ist uns also durchaus geläufig.“ Wenn Du zu einem eigenen Urteil gekommen bist, dann lies weiter. 1)

Doch der Text geht weiter

78 „Symbolische Redeweise im Alten Testament

Sehr häufig machen die Propheten des AT Gebrauch von Gegenständen, um mit deren Hilfe die Botschaft zu verdeutlichen. Ezechiel soll auf einen Ziegelstein eine Stadt einritzen, und dann diese Stadt (d.h. eigentlich: den Ziegelstein) belagern (Ez. 4,1-3)

Ein anderes Mal bekommt er den Auftrag, seine Haare abzuschneiden und sie teils zu verbrennen, teils in den Wind zu streuen usw. und dann zu sagen: 'Das ist Jerusalem' (5,1-5). Hier haben wir ein Beispiel dafür, daß ein Gesamtvorgang gedeutet wird. Denn Ezechiel meinte mit seiner Aussage: 'Das ist es, was mit Jerusalem geschehen wird.'

Als David im Krieg einmal durstig war, holten ihm einige mutige Männer Wasser aus dem Gebiet, in dem die Feinde ihr Lager hatten. David wollte es jedoch nicht trinken; er sagte: 'Soll ich das Blut dieser Männer trinken, die unter Lebensgefahr hingegangen sind?' (1.Chr. 11,19).“

Findest Du nun die Argumentation für eine symbolische Deutung von Jesu Abendmahlsworten überzeugend? - Der Text geht weiter:

79 „Bildrede bei Jesus

In Joh. 15,1-8 malt Jesus das Bild vom Weinstock sehr konkret aus: 'Ich bin der Weinstock, mein Vater ist der Winzer, ihr seid die Reben.' Ein anderes Mal fragt er: 'Wer ist meine Mutter?', und gibt selbt die Antwort: 'Wer den Willen meins Vaters tut, der ist für mich … Mutter (Mt. 12,46-50). Zu Johannes sagt er im Blick auf Maria: 'Siehe, deine Mutter!' (Joh. 19,26f) und meint damit einfach, daß Johannes sie von nun an wie seine Mutter behandeln soll.“

Findest Du die Argumentation überzeugend?

Lösung

Durch die Verlängerung der Reihe der Beispiele wirkt die Einordnung der zu deutenden Aussage in diese Reihe immer plausibler. Und das, obwohl alle diese Vergleiche keinen Beweis dafür darstellen, daß Jesu Abendmahlsworte genauso zu verstehen sind. (Überhaupt müßte eine gründliche Klärung dieser Auslegungsfrage umfassend die Pro- und Kontra-Argumente berücksichtigen; hier soll nur deutlich werden, wie durch die Vermehrung der Zahl treffender Vergleiche der Leser zu einer bestimmten Ansicht „hingedrängt“ werden kann.)

1)
Es handelt sich bisher lediglich um einen Vergleich mit unserem Alltagsleben, der eine symbolische Auslegung dieses Jesuswortes als möglich erscheinen läßt, aber keineswegs zwingend nachweist. -
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