Gossner, Johannes Evangelista - Schatzkästchen - November.

Gossner, Johannes Evangelista - Schatzkästchen - November.

1. November

Höret mir doch zu, und esset das Gute, so wird eure Seele in Freude fett werden - und leben. - Suchet den Herrn, weil er zu finden ist, rufet ihn an, weil er nahe ist. Jes. 55,2-6.
Du wirst sein, wie ein gewässerter Garten, und wie eine Wasserquelle, der es nimmer an Wasser fehlt. Jes. 58,11.

Der Herr ruft aller Welt; und alle Welt verstopft ihr Ohr vor seinem Rufen. Er ruft auswendig, er ruft inwendig, und findet überall und immer taube Ohren. Er ruft nicht, um zu fordern, um zu richten, zu strafen. „Esset das Gute! ruft er, das ich euch bereitet habe.“ Zum Essen sind die Menschen sonst leicht zu laden und zu berufen. Nur das Gute, das der Herr allen umsonst giebt, die darnach hungern, das achten sie nicht, das wollen sie nicht. Höre doch du, liebe Seele, höre doch du ihm zu, wie er so klärlich ruft und dir sein Gutes anbeut in deinem Inwendigen! Kehre doch du zu ihm ein, er giebt dir eine Speise, davon deine Seele fett wird und ewig lebt. Er verspricht viel und giebt mehr, als er verspricht. Du findest sonst überall magere Kost für deine arme Seele, wobei sie nicht erstarken, nicht leben kann. Es ist besonders, daß der Herr uns nicht zum Bereiten, sondern nur zum Essen des Guten einladet, das er uns schon bereitet hat. Wer liebt nicht gut Essen? So leicht macht es uns unser Heiland; er hat Alles zu unserm Genusse bereitet; es ist schon fertig und auf dem Tische frei aufgesetzt, daß wir nur nehmen und genießen dürfen. Und das wollten wir nicht? Dasselbe sagt auch sein Gleichniß von Berufung der Gäste zur Hochzeit. (Matth. 22,4.) Er ließ rufen und ankündigen, es ist Alles bereit; aber sie wollten nicht kommen. Dieser gesegnete Tisch ist in deinem Herzen gedeckt und vollbereitet; wenn du mit Hunger einkehrst, so wirst du in Freuden fett werden und leben. O möchte doch deine Seele hungrig werden nach dieser guten, Herz-, Seel- und Leib-stärkenden Speise, die der Heiland bereitet hat; möchtest du alle Tage zu ihm kommen und dich satt bei ihm essen; wie würdest du leben und selig sein!

2. November

Weinet nicht über die Todten, und grämet euch nicht darum. Jer. 22,10.
Denn so wir glauben, daß Jesus gestorben und auferstanden ist; also wird Gott auch, die so entschlafen sind durch Jesum, mit ihm führen. 1. Thess. 4,14.
Die richtig vor sich gewandelt haben, kommen zum Frieden und ruhen in ihren Kammern. Jes. 57,2.

Was der Heiland zu den weinenden Töchtern Jerusalems sagte: Weinet nicht über mich, weinet über euch selbst und über eure Kinder, dürfte jeder beweinte Todte, der selig1) im Glauben aus der Zeit gegangen ist, zu denen sagen, die ihn beweinen. Denn wahrlich, wer ist mehr zu beweinen, die noch im gefahrvollen Meere fahren - und von den Stürmen und Wellen herumgeworfen werden, oder die, welche schon in dem Hafen der ewigen Ruhe glücklich angekommen und das bessere Land erreicht haben? Die Todten, die ihm Herrn starben, sind zu beneiden, nicht zu beweinen; denn sie haben erreicht und erlangt, was wir noch mit Gefahr erwarten. Darum ist der Christ gern auf Gottes-Aeckern, die mit Recht diesen schönen Namen tragen, weil da der Same der sterblichen Leiber ausgestreut lieget, daß er ersterbe und dann auferstehe, mit verjüngter Schönheit und Unsterblichkeit. Die Stille, in der die entschlafenen Brüder liegen, hebt das Gemüth hinüber über Grab und Zeit, in die selige, stille Ewigkeit, wo aller Krieg der Leidenschaften, wo alle Unruhe, die den Frieden Gottes stören könnte, ein Ende hat. Geh' doch, Lieber! keinen Gottesacker vorbei, ohne deine entschlafenen Brüder zu besuchen, ohne dich bei ihren Schlafkammern den Gedanken, die sich dir da von selbst aufdringen werden, zu überlassen. Weine da, aber ja nicht über sie, sondern wenn's dir weinerlich ist, weine über dich und deine noch pilgernden Brüder; den selig heimgegangenen aber schaue mit Sehnsucht nach, strecke deine Hände aus nach dem Unsichtbaren und ergreif das ewige Leben, das über dem Grabe liegt, und fasse davon in dein Herz auf, so viel du davon hier fassen und aufnehmen kannst. Man sieht Morgendämmerung und spürt Frühlingsluft auf den Gräbern: und das soll sehr gesund sein….

3. November

Befiehl dem Herrn deine Wege, er wirds wohl machen. Ps. 37,5.
Ich will schweigen und meinen Mund nicht aufthun; du wirst‘s wohl machen. Ps. 39,10.
Wir wissen auch, daß denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Besten dienen, die nach dem Vorsatze zu Heiligen berufen sind. Röm. 8,28.

Es kann kein Leiden, kein Unglück, keine Noth, kein Jammer erdacht werden, es kann dir nichts begegnen, was dir schaden könnte, wenn du Gott lieb hast. Wenn deine Noth den höchsten Grad erreicht hat, wenn du in den tiefsten Abgründen des Elends liegest, so denke es dir noch ärger, so arg du kannst, und glaube, wenn du einen allmächtigen und gütigen Gott und Heiland bekennest, daß er dennoch helfen, retten und Alles wohl machen könne. Keine Noth kann so übel sein, daß es Gott nicht wohl machen könnte und wollte. Das ist - bei aller Plage und Noth der erste Gedanke des Gott liebenden und Gott vertrauenden Herzens: Gott wird's doch wohl machen. Wenn du das nicht mehr hoffen und glauben kannst, hat dein Glaube ein Bein gebrochen oder Schiffbruch gelitten; lauf dann geschwind zur Bibel und zum Gebete, und suche dir ein Brett, auf dem du dich noch retten und ans Land der Herzens-Ruhe und Zuversicht schwimmen kannst. Der Herr wird ihn wieder aufrichten und wird auch das wohl machen. Was du Gott befehlen kannst, das wird gemacht, so, daß du dich wundern wirst. Wenn du es aber selber wohl machen willst, oder zu Menschen deine Zuflucht nimmst, auf sie vertrauend, das wird schlechter am Ende, als am Anfange. Du wirst dich so verwirren und verwickeln, daß du dich nicht mehr herausfindest. Ergreifst du aber die Hand des Herrn, die Alles wohl macht und die sich dir immer darbietet, so hebt sie dich über alle Berge hin und giebt dir den Lobpsalm in den Mund: Des Herrn Rath ist wunderbar; aber er führt Alles herrlich hinaus.

4. November

Ihr Wurm wird nicht sterben, und ihr Feuer nicht verlöschen. Jes. 66,24. Marc. 9,44.
Und der Rauch ihrer Qual wird aufsteigen von Ewigkeit zu Ewigkeit. Off. 14,11.
Und sie werden gequält werden Tag und Nacht von Ewigkeit zu Ewigkeit. Off. 20,10.
Das Dunkel der ewigen Finsterniß ist ihnen aufbehalten. 2. Petr. 2,17.

Das steht auch nicht vergeblich in der Bibel. Ist's für dich nicht, wie du etwa glaubst, so mag's für deinen Bruder oder Nachbar sein. Hast du dich vor der Ewigkeit nicht zu fürchten und nicht manchmal nöthig, durch die Erinnerung an dieselbe, dich vom Schlaf zu wecken, vor der Sünde Reiz zu bewahren: so bedenke doch, daß noch Tausende deiner Brüder der unseligen Ewigkeit und dem unauslöschlichen Feuer, der ewigen Qual blind und unaufhaltsam zueilen; und indem du diese Worte Jesu betrachtest, so laß dich, statt aus Zärtlichkeit die Ewigkeit abzukürzen, wie Viele wollen, und das Feuer, wenigstens nach einer Reihe von Jahren, auszulöschen und den Wurm, den Jesus unsterblich gemacht hat, früher sterben zu lassen, um dich und deine Brüder damit süßiglich zu trösten; statt dessen, sage ich, laß dich zum Gebet und Flehen für dich und deine Brüder erwecken, daß sie der liebe Gott erschüttere, bekehre, erleuchte und selig mache, damit sie nicht in die Qual kommen; sie möchte doch zu lange dauern; denn Abraham sagte dem reichen Manne, es führe kein Weg und keine Thüre mehr von unten nach oben, es könne keiner die große Kluft überspringen, die dort befestigt ist. Bete, sage ich, bete und thue was du kannst, dich und deine Brüder vom Untergange zu retten. Es ist doch besser, in dieses Feuer gar nicht fallen, und mit diesem Wurm nie in Berührung kommen, gesetzt auch, daß, wie Einige meinen, die Ewigkeit nicht ewig, und das unauslöschliche Feuer doch auslöschlich, der unsterbliche Wurm doch sterblich wäre, und Jesus und seine Zeugen sich nicht eigentlich so recht nach dem mitleidigen Geschmack unserer Zeit ausgedrückt hätten. Besser, sage ich, ist besser. Rette dich und deinen Nachtbar, ehe das Feuer anbrennet und der Rauch aufzusteigen anfängt. Das folgende Lied soll der neuen, jungen Welt zeigen, wie die Alten hierüber dachten.

O Ewigkeit, du Donner-Wort,
O Schwert, das durch die Seele bohrt,
O Anfang sonder Ende!
Ich weiß für großer Traurigkeit
nicht, wo ich hin mich wende.
Mein ganz erschrocknes Herz erbebt,
daß mir die Zung am Gaumen klebt.

Kein Unglück ist in aller Welt
das endlich mit der Zeit nicht fällt,
und ganz wird aufgehoben;
Die Ewigkeit hat nur kein Ziel,
sie treibet fort und fort ihr Spiel,
läßt nimmer ab zu toben;
ja, wie mein Heiland selber spricht,
aus ihr ist kein Erlösung nicht.

O Ewigkeit, du machst mir bang;
O ewig, ewig ist zu lang,
hie gilt fürwahr kein Scherzen.
Drum, wenn ich diese lange Nacht
zusammt der großen Pein betracht,
Erschreck ich recht von Herzen.
Nichts ist zu finden weit und breit
so schrecklich als die Ewigkeit.

Was acht ich Wasser, Feur und Schwert!
Dies alles ist kaum nennens wert,
es kann nicht lange dauren.
Was wär es, wenn gleich ein Tyrann,
der fünfzig Jahr kaum leben kann,
mich endlich ließ vermauren!
Gefängnis, Marter, Angst und Pein,
die können ja nicht ewig sein.

Wenn der Verdammten große Qual
so manches Jahr, als an der Zahl
hie Menschen sich ernähren,
als manchen Stern der Himmel hegt,
als manches Laub die Erde trägt,
noch endlich sollte währen,
so wäre doch der Pein zuletzt
ihr recht bestimmtes Ziel gesetzt.

Liegt einer krank und ruhet gleich
im Bette, das von Golde reich
ist königlich gezieret,
so hasset er doch solchen Pracht
auch so, daß er die ganze Nacht
ein kläglichs Leben führet.
Er zählet aller Glocken Schlag
und seufzet nach dem lieben Tag.

Ach was ist das? Der Höllen Pein
wird nicht wie Leibes Krankheit sein
und mit der Zeit sich enden.
Es wird sich der Verdammten Schar
Im Feur und Schwefel immerdar
mit Zorn und Grimm umwenden,
und dies ihr unbegreiflichs Leid
soll währen bis in Ewigkeit.

So lang ein Gott im Himmel lebt
und über alle Wolken schwebt,
wird solche Marter währen.
Es wird sie plagen Kält und Hitz
Angst, Hunger, Schrecken, Feur und Blitz
und sie doch nie verzehren.
Dann wird sich enden diese Pein,
wenn Gott nicht mehr wird ewig sein.

Wach auf, o Mensch, vom Sündenschlaf,
ermuntre dich, verlornes Schaf,
und bessre bald dein Leben!
Wach auf, es ist doch hohe Zeit,
es kommt heran die Ewigkeit,
dir deinen Lohn zu geben.
Vielleicht ist heut der letzte Tag;
wer weiß noch, wie man sterben mag!

O Ewigkeit, du Donner-Wort,
O Schwert, das durch die Seele bohrt,
O Anfang sonder Ende!
O Ewigkeit, Zeit ohne Zeit!
Ich weiß für großer Traurigkeit
nicht, wo ich mich hinwende.
Nimm du mich, wenn es dir gefällt,
Herr Jesu, in dein Freuden-Zelt!

5. November

Und die Gerechten werden eingehen in das ewige Leben. Matth. 25,46.
Unsere gegenwärtige Trübsal, die zeitlich und leicht ist, verschafft uns eine unermeßliche, ewige, über alle Maßen wichtige Herrlichkeit. 2. Cor. 4,17.
Wir rühmen uns der Hoffnung der zukünftigen Herrlichkeit, die Gott geben wird. Röm. 5,2.
Welcher einem jeden nach seinen Werken vergelten wird: denen, welche mit Beharrlichkeit in guten Werken nach Herrlichkeit, Ehre und Unsterblichkeit trachten, ewiges Leben rc. Röm. 2,6.7.

Wie die Ewigkeit ein Donnerwort ist für die Ungläubigen und Gottlosen, Lauen und Treulosen, so ist sie ein Freudenwort für die Frommen, Gerechten und Begnadigten, so lange sie in der Gnade bleiben, und das Kleinod des Glaubens, der Liebe und Geduld bewahren. Wenn dich die Liebe deines Heilandes, die ewige Freude und Krone, die er dir dort bereitet hat, so anzieht, daß du Sünde, Welt und dich selbst darüber vergißt, so hast du nicht nöthig, an Gericht und Hölle, ewige Strafe und Qual zu denken; sondern weide dich an der Herrlichkeit der Kinder Gottes, wandle im Himmel, wohin du berufen bist, und laß dein Herz stets voll der Freude sein, die der Herr den Seinen schon hier zum Vorgeschmack giebt. Will aber dieses nicht auf dein Herz wirken, oder dich etwa gar träge und sicher machen, so mag dich die Erinnerung an das Gegentheil, an die unselige Ewigkeit, an die Verbannung vom Angesicht Gottes, die den Treulosen, Sichern und Lauen zu Theil wird, aufwecken und dir zur ernsten Betrachtung des Himmels und der seligen Ewigkeit wieder Lust machen. Ist aber der Himmel in deinem Herzen, so wird dich Niemand mit der Hölle schrecken können. Und ist die Hölle in deinem Herzen, so eile aus ihr heraus, weil es noch Zeit ist, und suche in Christo, dem Erlöser aus Tod und Hölle, Gnade, Vergebung und die lebendige Hoffnung der Erbschaft und Kindschaft Gottes, damit du dich mit Freuden an die Ewigkeit erinnern kannst. Denn wer sich damit helfen will, daß er die Ewigkeit ganz aus dem Sinne schlägt und weder an die unselige noch selige Ewigkeit denken mag, dem ist wahrlich nicht geholfen; denn dadurch, daß du die Ewigkeit vergissest, kannst du weder die Hölle auslöschen, noch den Himmel gewinnen. Ewigkeit bleibt Ewigkeit, und du mußt hinüber, du magst daran denken oder nicht.

6. November

Ringet darnach, daß ihr durch die enge Pforte eingehet; ich sage euch: Viele werden suchen einzugehen, und es nicht vermögen. Luc. 13,24.
Nicht jeder, der zu mir sagt: Herr, Herr! wird in das Himmelreich eingehen, sondern wer den Willen meines Vaters thut. Matth. 7,21. u. V. 13.14.

Das sind Worte des Herrn selbst, die er zu seinen Aposteln sagte, als sie ihn fragten: ob wenige selig würden? Er sagte ihnen nicht wie viele, sondern er ermahnte sie vielmehr, daß sie selbst ringen und trachten sollten, selig zu werden. Was würde er denn dir antworten, wenn du ihn fragtest: Herr, werde ich selig werden? Sieh, da liest du seine Antwort. Das ist dir gesagt, nicht nur dem Petrus und Johannes - dir, dir sagt der Herr: Ringe! Denn viele glauben den Himmel schon im Schooße zu haben, und werden ihn doch nicht sehen. Sie suchen einzugehen, sagt der Herr, und vermögen's doch nicht. Warum? weil sie es nicht auf dem rechten Wege suchen. „Das ist schrecklich!“ sagst du; ja möchte es dich heilsam erschrecken. Deswegen sagt es der Herr, daß du den Himmel nicht auf die leichte Achsel nimmst und nicht mit ihm spielst. Du glaubst an Christum, und wer glaubt, wird selig? Ist aber dein Glaube der Art, daß er dich auf dem schmalen Wege führet und zur engen Thüre hinein bringt; daß er dich von der Welt, Lust und Sünde losreißet und dich vorwärts, aufwärts zu ringen treibt? Viele suchen einzugehen, aber sie suchen einzugehen auf eignen Wegen und bei selbsterwählten Thüren, und nicht auf dem vom Herrn bezeichneten schmalen Wege, nicht durch die von ihm benannte Thüre, die enge ist und Alles abstreift, was von Welt und Sünde anklebt, die sogar das eigene Ich wegreißt; oder sie suchen mit vieler Mühe und Anstrengung, aber aus eignen Kräften, nicht im lebendigen Glauben an Christus, nicht in Vereinigung mit ihm, nicht mit dem Herzen, sondern mit dem Kopfe; oder sie nehmen zu viel mit auf den Weg, sie laden sich zu viel von dieser Zeitlichkeit auf, daß sie, von der Last niedergedrückt, sich nicht zum Himmlischen schwingen können. Darum werden sie es nicht vermögen. Jesus ist der Weg und die Thüre, wer in ihm wandelt, durch ihn ringet, der wird eingehen und Weide finden.

7. November

Verlasset euch nicht auf Fürsten, sie sind Menschen, können ja nicht helfen. Wohl dem, deß Hülfe der Gott Jakobs ist, deß Hoffnung auf den Herrn, seinen Gott, stehet, der Himmel, Erde, Meer und alles, was darinnen ist, gemacht hat; der Glauben (Treue) hält ewiglich; der Recht schaffet denen, so Gewalt leiden. Ps. 146.3-7. 118,8.9.

Der Gott Jakobs - sei dein Gott. Ist der Glaube Jakobs dein Glaube, so ist auch der Gott Jakobs dein Gott. Betrachte die ganze Geschichte Jakobs, wie ihm sein Glaube, seine Zuversicht zu Gott überall durchgeholfen, ihn gesegnet, getröstet und erhalten hat. Der Gott Jakobs, der eine Leiter hat, die vom Himmel bis zur Erde, und von der Erde bis zum Himmel reicht, durch die er uns zugänglich ist und in der innigsten Verbindung und Gemeinschaft mit uns stehet, so, daß unsere Gebete hinauf, und seine Hülfe herab steigt; der Gott Jakobs, der überall nahe und gegenwärtig ist, wo du ihn anrufst, so, daß du auch in der Wüste, in der Nacht der Leiden - wo du immer bist - verlassen und verstoßen von allen Menschen in der weiten Welt allein - die Pforte des Himmels, das Haus Gottes finden kannst. - Der Gott Jakobs, der durch gläubiges Ringen und Flehen sich überwinden läßt, und dich nie ungesegnet von sich läßt, dieser Gott, der dich vor deinem Verfolger Esau schützen und ihn dir freundlich und geneigt machen kann, der sei dein Gott, auf den du trauest. Aber Menschen, sie mögen Namen haben, wie sie wollen, seien es ja nicht, die du zu deinem Gott und Helfer machest, denn sie können nicht, oder wollen nicht helfen. Gott kann wohl durch sie helfen; aber ihm bleibt doch die Ehre und er verdient doch allein unser Vertrauen; zu ihm muß auch unser Gebet gerichtet sein. Solltest du dich nicht schämen, daß dir der Gott, der Himmel und Erde rc. gemacht hat, nicht mächtig genug ist, daß du auf ihn Mißtrauen setzest, als wenn er dir nicht helfen könnte. Bei Gott ist kein Ding unmöglich. Und was er zusagt, das hält er gewiß. Ist aber auch ein Fall gedenkbar, in dem er nicht gewisse Hülfe versprochen hat, denen, die auf ihn trauen?

8. November

Ich bin der gute Hirte, ich kenne die Meinen, und die Meinen kennen mich. Joh. 10,14.
Er hat uns gemacht, und nicht wir selbst, zu seinem Volk, und zu Schafen seiner Weide. Ps. 100,3.
Ich bin ein verirrt und verloren Schaf; suche deinen Knecht. Ps. 119,176.

Die gute Bekanntschaft, in welcher Christus und seine Schafe mit einander stehen, haben sie blos ihm zu danken. Wir gingen Alle in der Irre, wie Schafe, die keinen Hirten haben. (1. Petr. 2,25.) Aber er hat uns gesucht und zu ihm bekehrt. Sind wir denn aber wirklich Alle schon so ganz bei ihm? Kennen wir ihn als unsern Hirten, der sein Leben für uns gelassen und uns ewiges Leben gegeben hat? Hören wir eben darum seine Stimme? Folgen wir seinen Winken und gehen wir auf seiner Weide? Manchmal mag es doch wohl nöthig sein, daß er die Hunde an uns hetzen, uns dadurch zusammentreiben und uns nöthigen muß, daß wir näher zu ihm hinfliehen und uns unter seinen Hirtenstab retten. Bleiben wir bei ihm und lassen wir uns von seinem Stecken und Stabe regieren, so braucht er die Hunde nicht. Es ist sehr schön anzusehen, wie bei einer Heerde Schafe, wenn sie sich zerstreuet und vom Hirten zu weit entfernt hat, die Hunde so nützlich und dienlich sind, daß die Schafe, sobald sie ihr Gebell hören, blitzschnell alle zusammenlaufen und dem Hirten zueilen. Sie dürfen keinem Schafe einen Schaden zufügen; das duldet der Hirt nicht. Ihr Gebell muß bloß dazu dienen, die Schafe zum Hirten und zur Heerde zu treiben. Sind die Schafe fromm und bleiben sie bei dem Hirten auf der guten Weide, dann haben die Hunde nichts zu thun, und der Hirte braucht sie nicht, sondern wehrt ihnen, daß sie die Schafe nicht stören. Oft verläuft sich ein Schäflein von der Heerde und verliert den Hirten ganz aus den Augen. Wenn es sich aber nun wieder zurücksehnt und mit David schreiet: Herr, ich bin ein verirrt und verloren Schaf; suche deinen Knecht; so wird der Hirt gewiß nicht säumen, dem ohnehin alles an jedem einzelnen Schäflein gelegen ist; er wird die Stimme des rufenden Schäfleins bald hören, er, der selbst allen Verlornen Tag und Nacht ruft. Wie muß es ihn freuen, wenn ein Verlornes nach ihm schreiet und sich wieder zu ihm zurücksehnt!

9. November

Sein Rath ist wunderbar, aber er führt es herrlich hinaus. Jes. 28,29.
All sein Thun ist Wahrheit, und seine Wege sind richtig. Dan. 4,34.
Gott, dein Weg ist heilig. Ps. 77,31

Oft führt der Herr seine Kinder solche schmale Wege, daß es auch bei ihnen heißt: Das Bett ist so enge, daß nichts übrig ist, und die Decke so kurz, daß man sich darein schmiegen muß. (Jes. 28,20.) Es scheint jeden Augenblick, daß es nicht mehr auszuhalten sei; und dennoch halten sie aus, denn seine verborgene Hand hält sie. Er weiß auch das rechte Ziel und Maaß, wenn er daran setzen, wenn er davon thun muß, wie weit er es kommen lassen, wie viel er auflegen darf. Denn man drischt die Wicken nicht mit Eggen, so läßt man auch nicht das Wagenrad über den Kümmel gehen, sondern die Wicken schlägt man aus mit einem Stabe, und den Kümmel mit einem Stecken. Man mahlt es, daß Brod werde, und drischt es nicht gar zu nichte. - So verfährt der Herr auch mit seinen Lieben. Wenn er sie gleich hart zu behandeln scheint, so ist es doch nicht zu hart; was aber sein muß, kann nicht erlassen werden. Ohne Schläge kann man den Weizen nicht von Spreu sondern. Welche Menschenhand schlägt aber so stark, daß sie den Weizen zerschlägt? Und die Hand des Herrn sollte das thun? Nein, sie läutert, sie scheidet nur das Gold von den Schlacken; sie führt wunderbar, aber führt herrlich hinaus, daß man ihr am Ende das Zeugniß giebt: All sein Thun ist Wahrheit, alle seine Wege sind richtig, und nicht nur richtig, sondern heilig. Man betet an und freuet sich. Man wünscht nicht nur nichts zurück, sondern dankt ewig und bedauert nur, daß man es nicht früher erkannt und sich gelassen dabei betragen hat.

10. November

Rächet euch selbst nicht, Geliebte, sondern gebet Raum dem Zorn; denn es stehet geschrieben: Mein ist die Rache; ich will vergelten. Röm. 12,19.
Sehet zu, daß Keiner Gottes Gnade versäume, daß keine bittre Wurzel aufwachse und Verderben verbreite, und durch sie Viele angesteckt werden. Hebr. 12,15.
Versöhne dich mit deinem Bruder - mit deinem Widersacher bei Zeiten. Matth. 5,24.25.

Wer sich an seinem Feinde oder Beleidiger rächet, greift Gott vor und in seine Rechte; der es sich vorbehalten hat, jedes angethane Unrecht zu rächen und zu vergelten. (Spr. 20,22.) Gebet also Raum, lasset Platz dem Zorn, dem Gerichte Gottes, will Paulus sagen; er wird schon richten und rächen. Das ist aber einem liebhabenden Gemüthe noch nicht genug; es will sich versöhnen, es will das Herz des Widersachers gewinnen; es will nicht nur selbst nichts gegen andere in sich herumtragen, sondern es kann auch in andern nichts dulden, was gegen die Liebe und Eintracht ist; daher sucht es jede bittere Wurzel der Rache, der Abneigung, des Hasses auszurotten, nicht nur in seinem eigenen Herzen, sondern auch in andern. Der Christ bietet gern seine Hand wieder und ruht nicht, bis der andere Theil seine Hand auch reichet und sie wieder Hand in Hand den anbeten und lieben, der seine Hände den ganzen Tag nach seinen Feinden ausstreckt, der seine Hände für uns Alle durchbohren ließ, der uns Alle in seine Hände gezeichnet hat. Sieh doch in die durchbohrte Hand Jesu; darin stehst du, darin steht dein Fein gezeichnet; ihr werdet beide von seiner Hand getragen; denn er trägt alle Dinge mit seinem kräftigen Worte. Wie wollt ihr also uneins sein und euch die Hand nicht reichen, da Eine Hand euch vom Himmel herab gereicht ist, um euch zu retten; die einst auch alle Thränen von uns abwischen und uns Alle zu ihm erheben wird?

11. November

Abraham hoffte, da nichts zu hoffen war - und war nicht schwach im Glauben. Röm. 4,18.19.
Durch stille sein und hoffen werdet ihr stark sein. Jes. 30,15.
Hoffet auf ihn allezeit, lieben Leute, schüttet euer Herz vor ihm aus. Gott ist unsre Zuversicht. Ps. 62,9.

Die göttliche Hoffnung, die aus dem lebendigen Glauben geboren wird, hält sich an das, was sie nicht sieht, als sähe sie es; weil sie aus dem Glauben weiß, daß Gott das, was nicht ist, hervorruft, wie das, was ist, und daß es Gott gleichviel ist, aus Nichts etwas, oder aus Etwas nichts zu machen. Sie ruht aber auf der Verheißung Gottes, nicht auf einer Einbildung. Das Wort, was Gott verheißen hat, das hält er gewiß; ist ihr Grund und Eckstein, an den sie sich lehnt und nicht zu Schanden wird. Wer nicht hofft, was Gott versprochen hat, macht Gott zum Lügner; vertraut dem Vertrauenswürdigsten nicht, setzt Zweifel in die Wahrheit, ob sie nicht gelogen haben könnte. Schrecklicher Gedanke! der da zweifelt, ob Gott wahrhaftig, ob sein Wort keine Lüge sei? Fort mit diesem Kind der Hölle aus deiner Seele! verbanne ihn und laß ihn auch nicht einen Augenblick in dir herbergen; denn es ist der leidige Satan, dieselbe alte Schlange, die deiner Mutter Heva sagte: Sollte Gott das gesagt haben? rc. (1. Mos. 3,1. rc.) Nein, wende dich schnell weg, geh' in deine Kammer, klage dem Herrn deine Noth, schütte dein Herz vor ihm aus, laß es vor ihm still und stark werden. Denn durch stilles Harren vor dem Angesicht des Herrn wird dein Glaube, deine Hoffnung aufleben und Füße kriegen, daß du der Schlange auf den Kopf trittst, auf Felsen stehest und Alles, was dir der Herr geredet hat, ruhig erwarten kannst; es mag von Außen so dunkel scheinen und stürmen, wie es will; es wird bald helle werden.

12. November

Ich beuge meine Kniee - daß ihr mächtig gestärkt werdet durch seinen Geist am innern Menschen, daß Christus durch den Glauben in euren Herzen wohne - durch welchen wir freudiges Vertrauen und zuversichtlichen Zutritt haben, durch den Glauben an ihn. Eph. 3,16.17. und 12.

Ja, wenn Christus im Herzen wohnt, darf das Herz frei und zuversichtlich zu Gott hintreten. Wer den Sohn hat, der hat den Vater auch auf seiner Seite. Aber wer den Sohn aus seinem Herzen verbannet, wie will der zum Vater kommen? Es geht kein anderer Weg, sagte der Sohn, als - durch mich, durch mich. Wer da nicht durch will, kommt nicht durch, Ach, warum wollt ihr ihn denn nicht, ihr Menschenkinder! da ihr ihn doch leicht haben könnet? Saget doch nicht: Sollen wir in Himmel hinauf steigen und Christum herabholen? Sollen wir - . Nichts, nichts von alle dem, was ihr immer sagen und einwenden wollt, sollt ihr - Ihr Uebertreter, in euer Herz, zu euch selbst sollt ihr zurückkehren; das Wort ist dir nahe in deinem Munde und in deinem Herzen. (Röm. 10-) Er wartet schon deiner drinnen. Er ist nahe allen, die ihn im Ernste anrufen. Es ist unverzeihlich, unverantwortlich, ihn, ihn warten lassen, (Off. 3,20.) ihm, ihm den Rücken kehren; sein Herz vor dem verschließen, der es gemacht und erlöset hat. Was macht denn dein Herz glücklicher, als er es machen könnte, wenn du es ihm einräumest. O beuge deine Kniee mit Paulus, daß dein innerer Mensch durch seinen Geist gestärkt werde, Christum aufzunehmen und durch den Glauben in dir bleibende Wohnung nehmen zu lassen. Durch ihn steht dir dann der Himmel im Leben und im Tode offen; durch ihn hast du freien Zutritt zu allen Schätzen Gottes; durch ihn wirst du reich in allen Stücken; durch ihn wird dir Alles geschenket. Ach, möchte Jesus nicht auch deinetwegen sagen müssen: Wie oft wollte ich in dein Herz kommen, und du hast nicht gewollt!

13. November

Freuen und fröhlich müssen sein an dir, die nach dir fragen, und die dein Heil lieben, immer sagen: Hochgelobet sei Gott. Ps. 70,5.
Die Gott suchen, denen wird das Herz leben. Ps. 69,33.

Welche Verheißungen haben Alle, die den Herrn suchen und auf ihn allein ihre Hoffnung setzen! Gebet doch Alle dem Herrn eure Herzen ganz und unbedingt, wie wird er sie erfüllen mit Freude und Seligkeit! Wer sollte denn fröhlich sein und Gott loben, wenn die nicht, mit denen Gott ist, in denen Christus lebt? Mit wem sollte denn Gott sein, in wem sollte Christus wohnen, wenn nicht in denen, die ihn suchen und lieben? Sein Herz neigt sich zu allen Herzen auf der Stelle, die sich zu ihm hinneigen. O ihr Herzen, was suchet ihr außer ihm, dem Herzensfreunde; euer Herz kann nicht leben, nicht selig sein, wenn ihr ihn nicht suchet, wenn ihr euch nicht mit ganzem Herzen zu ihm bekehret. Wisset ihr denn nicht, daß ihr überall Herzeleid findet; Ruhe und Friede des Herzens könnt ihr nur bei dem finden, der euer Herz gemacht hat und der es wieder umschaffen will und kann. Sein Reich ist ein Herzens-Reich. Er kehrt gern in den Herzen ein und macht sie selig. Das ist keine Lust. Habt ihr nun einmal ihn im Herzen: so habt ihr die Quelle der Freude in euch, die unerschöpflich ist. Was kann euch dann betrüben? Welch ein Himmel ist ein solches Herz! Welch ein Himmel der Himmel, wenn mehrere solche Herzen zusammenkommen, die den Herrn inwendig in ihnen haben, wer wird ihre Freude stören? Aber wie werden alle geängstiget werden und fallen, die ihn nicht haben, ihn nicht suchen? Ewig selig ist die Seele, in welcher Gott, Jesus, wohnt. Selig, herrlich wie der Himmel, ist jedes Herz, das in Christo ist! Aber elend, jämmerlich und arm ist jede Seele, die ohne Gott, ohne Jesus, ohne Gnade dahin lebt.

14. November

Stehe auf, Herr! erhebe deine Hand. Vergiß der Elenden nicht. Ps. 10,12.
Er vergißt nicht des Schreiens der Armen. Ps. 9,13.
Verlaß mich nicht, Herr, mein Gott! sei nicht ferne von mir! Ps. 38,22.
Verstoße meine Seele nicht. Ps. 141,8. 44,24.\
Der Herr wird sein Volk nicht verstoßen. - Er verstößt nicht ewiglich. Ps. 94,14. Klg. Jer. 3,31.

Auf diese Gebete finden sich Antworten und Verheißungen genug in dem Worte des Herrn. Wenn keine wäre als die (Jes. 49,15. und Joh. 6,37.), die allein alle Betrübte und Traurige, alle Zagende und Zweifelnde trösten können, wenn sie es im Glauben ergreifen und dem lieben Gott so viel zutrauen, daß er nicht lüge, der armen Menschen nicht spotte, sondern das, was er ihnen in seinem Worte verheißen hat, auch gewiß halte. Möchten wir nur immer so flehen und in diesem kindlichen, zudringlichen Gebete verharren; möchten wir nur an seinem väterlichen Herzen recht oft anklopfen, an der Antwort würde es nie fehlen. Was könnte die Muttertreue, die zärtliche Liebe und Sorgfalt unsers Bräutigams übertreffen? Was, was sollten und dürften wir nicht vor ihm erwarten? O wir Kleingläubigen! Ständen wir recht in und auf seinem Worte, wir würden fester als Berge stehen, würden nie wanken; denn der Himmel wird wohl zerfallen und vergehen, aber sein Wort und seine Treue fällt und vergeht nicht. Gott hat dir mit Blut, mit dem Blute seines Sohnes, am Kreuze auf Golgatha geschrieben: geh' hin, was liesest du dort? Wenn du kein Wort mehr lesen, keins mehr glauben kannst, so sollst du doch diese Handschrift Gottes des Vaters in den Wunden und im Blute des Sohnes noch lesen und glauben können. Denn lesbarer, kräftiger, überzeugender und lebendiger kann kein Schreiber schreiben, kein Sprecher sprechen. Da steht's so mächtig, wie möglich geschrieben: Ich vergesse euch nicht! Ich verlasse euch nicht! Ich verstoße euch nicht!

15. November

Gib mir, mein Sohn! dein Herz, und laß deinen Augen meine Wege wohl gefallen. Spr. 23,26
Heiliget Gott (Christum) den Herrn in euren Herzen. 1. Petr. 3,15.
Selig sind, die reines Herzens sind; denn sie werden Gott schauen. Matth. 5,8.
Weß das Herz voll ist, deß gehet der Mund über. Matth. 12,34.

Gott sein Herz geben, heißt sein Herz vor allem, was nicht Gott ist, rein bewahren; an keinem Dinge, außer Gott und Christo, mit seinem Herzen hängen. Mit Gott nur Einen Willen habe, sich Alles wohlgefallen lassen, was Gott wohlgefällt, und Alles verabscheuen, was Gott mißfällt. Der heiliget Gott oder Christo sein Herz, welcher immer von Gottes, voll Liebe Christi ist, sich in allen Dingen nur von der Liebe Christi dringen und treiben läßt; welcher nicht frägt: Was werden die Menschen, was wird die Welt dazu sagen? sondern: was will meine Liebe? Was gefällt dem Gott meines Herzens? Wie kann ich seinen Sinn am besten treffen? Was ist sein wohlgefälliger Wille? Wer sich das kleinste Unrecht, ja selbst erlaubte Dinge, und wenn er eine Welt dadurch gewinnen könnte, doch nicht erlaubt, weil er weiß, Gott, Christus will das nicht, oder er will, daß es jetzt nicht von dir geschehe, der hat Gott sein Herz gegeben, geheiligt; dessen Herz ist rein, und ein solches Herz schauet Gott. Wer nun so voll Liebe Gottes im Herzen ist, dessen Mund kann nichts anders hervorbringen, als was Gottes ist. Der Mund ist der Verräther des Herzens. Er ist aber oft auch ein Betrüger und Lügner; denn er kann bei Heuchlern von Gott und der Liebe Christi sprechen, ohne daß Gott und Liebe zu Christus im Herzen wohnt. Aber doch nicht immer; er verräth denn doch wieder, was im Herzen ist, weil sich der Mund derer, die im Herzen nicht recht mit Gott stehen, verändert und sich nicht immer gleich bleibt.

16. November

Herr, zu wem sollen wir gehen? Du hast Worte des ewigen Lebens. Joh. 6,69.
Wir haben ein festes prophetisches Wort, und ihr thut wohl, daß ihr darauf achtet, als auf ein Licht, das da scheinet in einem dunkeln Orte, bis der Tag anbricht und der Morgenstern aufgeht in euren Herzen. 2. Pet. 1,9.

Alle die Menschen, die Gottes Wort nicht haben, oder nicht glauben; die Jesum nicht hören, sind in der dicksten Finsterniß und Blindheit, ohne wahren Trost und ohne Heil im Leben und im Tode, sind elend und unselig, wenn sie es auch noch nicht so fühlen. Das weiß jeder, der da Jesum und sein lebendiges Wort kennen gelernt hat. Vorher wußte er nicht, wie elend er war; aber nun weiß er es, nachdem er die Seligkeit geschmecket hat, die man in Jesu erfährt. Unbezahlbar, unschätzbar wird uns das Wort des Herrn erst, wenn der Tag der Erweckung und Bekehrung anbricht, wenn der Morgenstern, Christus, der lebendige Gott, das wahre Licht, in uns aufgeht. Da schaut man das Licht in seinem Lichte. Da wird Alles klar und helle, da wird es lebendig. Was ihr aber da erhalten habet, das haltet fest im Herzen, im lebendigen Andenken, damit euch nichts mehr von Jesu wegbringe. Es kommen allerlei Versuchungen und Prüfungen über die Gläubigen; wenn sie aber im Gedächtniß halten Jesum Christ, wenn sie geschmecket haben die Kräfte der zukünftigen Welt, erfahren haben das lebendige Wort Gottes, das die Seele vom Tode zum Leben, von der Finsterniß zum Lichte gebracht hat, wenn sie dieses Licht und Leben immer zu bewahren suchen, so können sie bei jeder Anfechtung, die sie von Christo abfällig machen will, mit Petrus sagen: Wo sollen wir hin? Wir bleiben bei dir, Herr! denn du hast Worte des ewigen Lebens.

17. November

Siehe, Gott steht mir bei, der Herr erhält meine Seele. Ps. 54,6.
Ich will wohnen in deiner Hütte ewiglich, und trauen unter deinen Fittigen. Ps. 61,5.
Der dich gemacht hat, der ist dein Mann, Herr Zebaoth heißt sein Name, und dein Erlöster, der Heilige in Israel, der aller Welt Gott genannt wird.

Gott hat sich uns geschenket. Ich will euer Gott sein, und ihr sollt mein Volk sein. So spricht er oft in seinem Worte. (3. Mos. 26,12.). Ich will mich mit dir verloben in Ewigkeit, ja im Glauben will ich mich mit dir vermählen, sagt er. (Hos. 2,19.20.) Darum heißt es: (Jes. 54.) Der dich gemacht hat, dein Schöpfer, ist dein Mann, dein Verlobter und Vermählter, der dich so angenommen hat, wie ein Mann ein verlassenes Weib, der sich dir so geschenket hat, so dein sein will, daß du dich darauf berufen und zu ihm sagen kannst: du bist mein Gott! Du mußt dich meiner annehmen, wie sich ein Bräutigam seiner Braut annimmt. Auf dich bin ich geworfen von Mutterleib an. (Ps. 22,11.) Auf dich hab' ich mich verlassen von Mutterleib an. (Ps. 71,6.) Du warest über mir (hast mich bedeckt und erhalten) im Mutterleibe. (Ps. 139,13.) So redeten die Gott-vertrauenden Menschen mit Gott. So muß auch dein Glaube sprechen. Gott ist dein Gott - und Alles, was sein ist, ist dein. Seine Liebe hat dir Alles, was er ist, geschenket. Er ist für dich da, als wäre er nur für dich allein Gott, für dich allein allmächtig, barmherzig, gnädig und allgegenwärtig. Alles, was er ist und kann, hat er dir in seinem Worte verheißen und geschworen. Du mußt Gott leugnen oder bekennen, daß er dein Gott ist, der dich nie verlassen, sich nie verleugnen kann, denn er ist dein Schöpfer und dein Mann. Er hat sich dir verbunden und geschworen: Ich will dich nicht verlassen noch versäumen. (Jos. 1,5. 5. Mos. 31,6.8.) Wir können also getrost sagen: Der Herr ist mein Helfer; ich fürchte nichts, was kann mir ein Mensch thun? (Ps. 55,5.)

18. November

Lasset euer Licht leuchten vor den Menschen, damit sie eure guten Werke sehen und den Vater im Himmel preisen. Matth. 5,16.
Du glaubst, daß ein Gott ist; du thust wohl; die Teufel glauben auch und zittern. Jac. 2,19.
Doch wenn des Menschen Sohn kommen wird, wird er wohl Glauben finden auf Erden? Luc. 18,8.

Wie viel Glauben giebt es in der Welt! aber wie wenig leuchtendes und wärmendes Licht des Glaubens. Der Glaube soll ein Licht sein aus Gott und dem Himmel, das alles Finstere um sich her erleuchtet, soll durch Werke der Gerechtigkeit sein Feuer, seine Kraft, seine Abkunft aus Gott beweisen; sonst ist er ein todter, kalter Schein und Schimmer, der nur trügt und nichts taugt, ist ein Teufels-Glaube, ein bloßes Fürwahrhalten. Der Teufel kann nicht leugnen, daß Gott ist, ja er glaubt so fest an Gottes Dasein, daß er vor ihm zittert; was viele sogenannte Gläubige nicht einmal thun. Darum hat wohl der Teufel noch einen bessern Glauben. Allein ein solcher Glaube macht euch weder gerecht noch selig, sonst müßte der Satan wohl längst gerecht uns selig sein, wenn sein zitternder Glaube etwas taugte. Siehst du, wie der Apostel Jakob deinen Maul- und Heuchel-Glauben herabsetzt; und doch erschrecken die Menschen nicht. Jesus selbst bejammerte schon die letzten Zeiten und zeigt deutlich an, daß er bei seiner Zukunft wenig wahren Glauben finden werde. Darum, Lieber! beeifere dich, daß du unter diesen Wenigen seiest, an denen der Herr Glauben finden wird. Ich wünsche mir und dir den Glauben der Römer (zu Pauli Zeiten), von dem man in aller Welt sagte. (Röm. 1,8.) Wie herrlich muß der gewesen sein, wie lebendig und kräftig, daß er ganz andere Menschen aus ihnen machte, wie Paulus (Röm. 8.) es beschreibt. Darnach prüfe man seinen Glauben; denn ohne den wahren, lebendigen, thätigen Glauben ist es unmöglich, Gott zu gefallen. (Hebr. 11,6.)

19. November

Was kann euch schaden, wenn ihr dem Guten nachtrachtet? 1. Petr. 3,13.
Der Herr ist mein Licht und mein Heil, vor wem sollte ich mich fürchten? Der Herr ist meines Lebens Kraft, vor wem sollte mir grauen? - Denn er decket mich in seiner Hütte zur bösen Zeit; er verbirgt mich heimlich in seinem Gezelt, und erhöhet mich auf einem Felsen. Ps. 27,1.3.

David hatte nur Eine Bitte zum Herrn, nur einen Wunsch, und der war - im Hause des Herrn zu bleiben sein Lebenlang, die schönen Gottesdienste des Herrn zu schauen und seinen Tempel zu besuchen. Er hatte aber nur das äußere Heiligthum, den Tempel, von Händen gemacht. - Und doch fand er da den Herrn so kräftig, daß er sich vor nichts fürchtete; fand Schutz und Decke vor allen Feinden, fürchtete weder Kriege noch Heere, die sich wider ihn erhoben und ihn verzehren wollten. Sie werden anlaufen, sagt er, und fallen; denn der Herr deckt mich in seiner Hütte, er verbirgt mich heimlich in seinem Gezelte und erhöhet mich auf einem Felsen, den sie nicht erklimmen können. Er suchte, fand und genoß im äußeren Heiligthume auch das innere im Geiste, und das machte ihn so stark und selig. Was David konnte und hatte, muß der Christ viel besser können und haben. Du Hütte, du Haus, du Gezelt des Herrn! sollst du nicht mehr zu finden sein? Es ist wahr, der Tempel, den David äußerlich besuchte, ist lange zerstört, aber das Heiligthum, welches er vorbildete, die Hütte Gottes bei den Menschen, die er weissagte, ist, und wird sein, so lange Herzen sind, die Gott im Geiste und in der Wahrheit suchen. Du kannst den Herrn selbst, nicht nur seine Hütte finden und besuchen. Du kannst Jesum immer bei dir und in dir haben. „Ich bleibe bei euch alle Tage bis ans Ende der Welt.“ Dies Wort hat er dir gegeben, und er ist gewohnt, Wort zu halten. Himmel und Erde vergehen wohl, aber seine Worte - auch dieses Wort - nicht. Ist es dir wie dem David: Eins bitte ich vom Herrn, das hätte ich gern, daß ich im Hause des Herrn, inwendig im Geiste bei ihm, bleiben könnte mein Lebenlang, daß er in mir und ich in ihm so beständig wohnte, daß uns nichts mehr trennen kann, und ich sagen darf: Ich habe ihn und will ihn nicht lassen; so darfst du so furchtlos als David sein, so bist du eben so bedeckt, geschützt und verborgen vor aller Gefahr, als er; so stehst du auf einem Felsen, auf den dich kein Arm, keine Gewalt, kein Unglück, kein Sturm erreichen kann.

20. November

Ich vergesse, was dahinten ist, und strecke mich aus zu dem, was vor mir ist, und jage nach dem vorgesteckten Ziele, nach dem Kleinod, welches vorhält die himmlische Berufung Gottes in Christo. Phil. 3,13.14.
Ich achte alles für Unrath, auf daß ich Christum gewinne und in ihm erfunden werde rc. Phil. 3,8.9.

Du suchst dir vieles, du strebst nach allerlei. - Eins, Eins fehlt dir doch, ein Kleinod, das alles in sich faßt. Suchst du und findest du dieses nicht, so wirst du am Ende nichts haben, weil du das Eine nicht hast, außer dem Alles nichts ist. Weißt du nicht, wer die Hand an den Pflug legt und zurück sieht, der taugt nicht ins Reich Gottes? Vorwärts! - Vor dir liegt das Kleinod; siehe nicht zurück auf das, was hinten liegt; laß Alles liegen und folge mir, ruft dir Einer von oben, der dir dies Eine vorhält. Achte Alles für Schaden, was Gewinn genannt wird auf Erden. Es ist nur Ein Gewinn. Christum gewonnen, Alles gewonnen; Christum verloren, Alles verloren. Wie Vieles liegt dir noch in deinem Sinn, in deiner Begierde! Wer nach einem vorgesteckten Ziele läuft, hat nur dasselbe Ziel immer im Auge; denn, so wie er dieses aus dem Auge verliert, läuft er Gefahr, sich von dem Ziele eher zu entfernen, als sich ihm zu nähern, oder auf Seitenwege zu gerathen, oder lauter vergebliche Schritte zu thun. Unser Beruf ist himmlisch, göttlich: darum sei auch unser Sinn, unser Streben und unser ganzes Wesen und Wirken zum Himmel, zu Gott, zu Christus gerichtet. Weg Welt! weg Sünde! weg Ehre und Lust! weg Alles aus meinem Sinn und Herzen! Christus! Christus! du allein sei mein Ziel, mein Kleinod, nach dem ich ringe, bis ich dich ganz besitze und ganz in dir erfunden werde!

21. November

Kindlein, es ist die letzte Stunde. 1. Joh. 2,18.
Denn, noch über eine kleine Weile, so wird kommen, der da kommen soll, und wird nicht säumen. Hebr. 10,37.
Denn ihr wisset selber wohl, daß der Tag des Herrn kommen wird, wie ein Dieb in der Nacht. 1. Thess. 5,2.

So dachten sich die Apostel die Zukunft des Herrn; sie hielten sich keinen Augenblick sicher, wachten Tag und Nacht, und blieben immer bereit, ihn zu empfangen. Hat dort, vor 1800 Jahren, schon die letzte Stunde angefangen; wie viel mag jetzt noch übrig sein? Wer kann auch nur auf den tausendsten Theil einer Sekunde rechnen? Wie sollten wir daher, nach der Ermahnung (2. Petr. 3,11-15.) uns befleißigen, mit heiligem Wandel und Gottseligkeit, zu erwarten und entgegen zu eilen der Ankunft des Tages des Herrn; wie sollten wir uns beeifern vor ihm, wenn er morgen käme, unbefleckt und unsträflich erfunden zu werden! Der Heiland selbst warnet uns (Luc. 21,34-36.). Das Alles ist in unsern Tagen wohl zu bedenken; denn wir sind diesem Tage, der gewiß nicht ausbleiben wird, um 1800 Jahre näher, als die ersten Christen, die ihn noch zu erleben hofften und sich täglich darauf bereiteten. Ach, wer weiß, wie nahe uns die schrecklichen Gerichte sind, die diesem Tage vorangehen! Niemand glaubt es, bis er die Menschen wie ein Fallstrick, wie ein Dieb in der Nacht überfallen wird. Ihr Kinder des Lichts! schlafet nicht! wachet auf! Ihr Töchter und Bräute des Lammes, der Bräutigam ist nahe! Er steht vor der Thüre. Keine Stunde ist uns gewiß; er kann uns schnell und plötzlich überfallen. Selig, wer da wachet und sich mit der Braut (Offenb. 22,17.20.) nach seinem Kommen sehnet und ihm entgegen ruft: Komm, Herr Jesu! - Prüfet euch täglich, ob ihr mit Zuversicht so rufen könnt, ob ihr vor ihm bestehen werdet. Er hat Augen wie Feuerflammen, die alle Unredlichkeit, jede Untreue, sie sei noch so verborgen im Herzen, entdecken und ans Licht bringen wird. Säumet euch nicht, Alles wegzuräumen aus euren Herzen, was seine Augen nicht ertragen können.

22. November

Ein Weiser rühme sich nicht seiner Weisheit - sondern wer sich rühmen will, rühme sich, daß er mich kenne und wisse, daß ich der Herr bin, der Barmherzigkeit, Recht und Gerechtigkeit übet auf Erden. Jer. 9,24.
Lobe den Herrn, meine Seele, und alles, was in mir ist seinen heiligen Namen. Ps. 103,1.

Die Menschen wenden gewöhnlich Alles, was in ihnen ist, für sich selbst an, brauchen alle ihre Kräfte des Leibes und der Seele blos für sich, zu ihrer Selbsterhaltung, Selbsterhebung, zu ihrer Lust, Ehre und zu ihrem eignen Nutzen, und glauben dabei, es nicht besser machen zu können. Das heißt: sie stehen unter dem Gesetz der Glieder, der Eigenliebe, und halten streng an ihr Gebot: Du sollst dich selbst lieben von ganzem Herzen, aus ganzer Seele und aus allen deinen Kräften. Wenn dieses das Gebot Gottes wäre, so wäre die Welt voll von ausbündigen Heiligen und vollendeten Christen. Aber nun ist es anders; Gottes Gebot und Willen geht gerade gegen diese Selbstvergötterung und Selbstanbetung der Eigenliebe an und sagt: wer nicht sich selbst haßt und den Herrn, seinen Gott, von ganzem Herzen und aus allen Kräften liebt, der ist kein Jünger Christi. Wenn der Weise, Verständige, Gelehrte sich seiner Weisheit rühmt, das heißt, sie blos zu seiner Ehre und zu seinem Vortheil anwendet, so lästert er seinen Gott und macht sich selbst zum Gott. Wenn der Starke, Mächtige sich seiner Macht rühmt, oder, was eines ist, sie blos für sich gebraucht, so spricht er dem Allmächtigen Hohn, stürzt ihn in seinem Herzen vom Thron und setzt sich darauf. Wenn der Reiche sich seines Reichthums rühmt, nur für sich reich ist, und Alles, was er hat, als Eigenthum, sich nicht als Verwalter ansieht, der Gott Rechenschaft schuldig ist, so ist er sein selbst Gott und wird am Ende Mammons-Lohn erhalten, er wird mit seinen Götzen vergehen. Wer sich rühmen und nicht in seinem Ruhme eitel werden will, der rühme sich, daß er Gott kenne und wisse, daß er nichts und Gott alles, daß er nur für Gott und durch Gott da ist. Alles in dir und an dir preise den Herrn; Alles, was in dir ist, suche nur den Herrn zu verherrlichen, von dem, durch den und zu dem alle Dinge sind.

23. November

Wer unter dem Schirme des Höchsten sitzet und unter dem Schatten des Allmächtigen bleibet, der spricht zu dem Herrn: Meine Zuversicht und meine Burg! Ps. 91,1.2.
Wohl allen, die auf ihn trauen. Ps. 2,12.
Denn du, Herr, bist gut und gnädig, von großer Güte, allen, die dich anrufen. Ps. 86,5.

Der Herr ist Schirm und Schild, ein Schatten in der Hitze der Trübsal, der uns die Müdigkeit benimmt, uns erquickt und stärkt, wenn wir unter seinen Schatten fliehen. Die Zaghaftigkeit des menschlichen Herzens ist die Quelle aller Leiden. Unglaube die Mutter aller Angst und Bangigkeit im Leiden. Wer Gott zum Freunde hat, wer an seine schützende und schirmende Hand glaubt, die Tag und Nacht ausgereckt ist, uns zu bedecken, und ohne welche uns kein Haar gekrümmet werden kann; wer, sage ich, diese Hand im Glauben erfaßt, was sollte der fürchten? Wir suchen Schutz bei Menschen, und sie können uns dennoch nicht schützen, wohl aber durch ihren Schutz im Vertrauen auf den Schutz des Herrn schwächen und am Ende sitzen lassen. Darum drückt sich Jeremia (17,5.) so stark aus, indem er spricht: Verflucht ist der Mann, der sich auf Menschen verläßt und Fleisch für seinen Arm hält, und (wohlgemerkt!) mit seinem Herzen vom Herrn weicht. Wer nämlich so allein auf Menschen-Hülfe traut, daß er von Gott gar nichts erwartet oder nicht glaubt, daß Gott es ist, der ihm durch Menschen hilft, der ist verflucht und wird den zukünftigen Trost nicht sehen, sondern in der Dürre verlassen bleiben. Aber gesegnet ist der Mann, der sich auf den Herrn verläßt und dessen Zuversicht der Herr ist. Der ist wie ein Baum, am Wasser gepflanzet und am Bach gewurzelt, dessen Blätter auch in der Hitze der Trübsal nicht verwelken, sondern immer grün bleiben. Ja wahrlich, die Hoffnung auf den Herrn ist ein Immergrün, trägt immer Früchte, zu jeder Jahreszeit, Hitze und Kälte kann sie nicht in ihrer Fruchtbarkeit stören; sie trotzt allen Stürmen und allen Gefahren, und bleibt noch, wenn Alles untergeht.

24. November

Wo ist ein Volk auf Erden, wie dein Volk Israel - welches du dir erlöset hast! 1. Sam. 7,23.
Und wo ist ein so herrlich Volk, das so gerechte Sitten und Gebote hat? 5. Mos. 4,7.8.
So thut der Herr keinen Heiden, noch läßt sie wissen seine Rechte. Ps. 147,20.

So priesen sich die Israeliten glücklich vor allen Nationen der Erde, und sie waren es auch, wenigstens alle wahren Kinder Israels; denn sie hatten göttliche Vorzüge und hatten ihren Gott so nahe, als sie ihn nach der Haushaltung Gottes im Alten Bunde haben konnten. Allein bald hieß es: Das Volk, das geschaffen werden soll, wird den Herrn loben. (Ps. 102,19.) Ich will das mein Volk heißen, das nicht mein Volk war, und meine Liebe, die nicht meine Liebe war. (Hos. 2,23.) Das heißt, ich will das Juden-Volk verwerfen und mir aus den Heiden ein Volk sammeln. Und davon heißt es: Ich will in ihnen wohnen und in ihnen wandeln, sie sollen mein Volk sein, und ich will ihr Gott sein. (2. Cor. 6,16.) Und dein Volk sollen eitel Gerechte sein. (Jes. 60,21.) Nachdem er nun dieses neue Volk gesammelt hatte, hieß es: Ihr seid das auserwählte Geschlecht, das königliche Priesterthum, das heilige Volk des Eigenthums, damit ihr die Tugenden deß verkündiget, der euch berufen hat aus der Finsterniß zu seinem wunderbaren Lichte. Ihr waret vordem nicht mein Volk, nun aber seid ihr das Volk Gottes. Ihr waret die Nichtbegnadigten, nun aber seid ihr die Begnadigten. (1. Petr. 2,9.10.) Dieser Herrlichkeit des neuen Bundes, des Christenthums, ist nichts zu vergleichen. Wer nur recht darin wandelt, und die Gnade und Seligkeit, die ein Kind Gottes haben kann, wirklich genießt! Das sei deine Sorge und dein Streben. Rühme dich nicht dessen, was du nicht hast oder nicht bist. Man eignet sich leicht die schönen herrlichen Worte zu, die man in der Bibel lies't, und vergißt darauf, nach der Sache selbst sich umzusehen. Selig, herrlich und groß ist, wer ein wahrer Christ ist, wer das in der That besitzt und genießt, was dem Christen versprochen ist!

25. November

Erforsche mich, Gott, und erfahre mein Herz; prüfe mich, und erfahre, wie ichs meine; und siehe, ob ich auf bösem Wege bin, und leite mich auf ewigem Wege. Ps. 139,23.24.
Herr, zeige mir deine Wege, und lehre mich deine Steige. Ps. 25,4.
Prüfe mich, Herr, und versuche mich, läutere meine Nieren und mein Herz. Ps. 26,2.

Wir armen Menschen sind keinem Betruge so sehr unterworfen, als dem Selbst-Betruge. Wir täuschen uns gar so gern in der allerwichtigsten Angelegenheit unserer Seligkeit. Das fühlte der Psalmist sehr, sonst wäre wohl der 139. Psalm nicht entstanden, der uns die beste Anleitung zur Selbstprüfung geben kann. Wir scheinen es gut mit uns zu meinen; es ist aber doch rathsamer, daß wir Gott fragen und bitten, er möchte dieß Meinen untersuchen und uns prüfen, wie wir es denn eigentlich meinen? Ja, wem im Ernste um seine Seligkeit zu thun ist, wer sich am Ende von seinem eigenen Herzen nicht betrogen finden will, der stelle sich oft vor das allsehende Auge Gottes hin und bitte: Ach Herr, du kennest mich besser, als ich mich selbst kenne; du weißt, was in meinem Innersten ist; du siehst in die Falten meines Herzens, in die mein parteiisches Auge nicht eindringt; entdecke mir Alles, was dir nicht gefällt. Es ist das Schrecklichste, was man von dem Menschen sich denken kann, daß er sich selbst betrügt, und doch geschieht das so gewöhnlich. Bedenke doch einmal recht ernstlich, was du thust, traue dir selbst nicht, lege dich offen hin vor Gott, mit heißem, innigen Flehen, daß er sich deiner annehme, dir alles Falsche und Betrügliche in dir aufdecke, dich läutere und und reinige von allen schiefen Absichten und betrüglichem Wesen, und dich auf den Weg der Wahrheit und Lauterkeit führe. Kein Frommer nehme sich davon aus, denn es ist keiner frei davon, wenn er nicht durch beständiges Wachen und Beten von dem Herrn frei gemacht wird.

26. November

Herr, du kannst wohl Sieg geben, ohne alle Menge. Judith 9,13.
Man singet mit Freuden vom Sieg in den Hütten der Gerechten. Die Rechte des Herrn behält den Sieg. Ps. 118,15.
Das zerstoßene Rohr wird er nicht zerbrechen, und den glimmenden Docht wird er nicht auslöschen, bis er ausführe das Gericht zum Siege. Matth. 12,20.

Du hast den Feind in dir, - du bist dir selbst der ärgste Feind; denn im Grunde kann dir kein Feind deiner Seele schaden, wenn du nicht willst, wenn du dich nicht auf seine Seite schlägst. Du hast auch den Sieger und Ueberwinder aller deiner Feinde in dir, der immer deine Partei nimmt, wenn du nur auch die seine nimmst und dich zu ihm hältst. Hast du gleich nur eine kleine Kraft, so hat Er desto mehr; er ist die große Kraft Gottes; er schlägt Alles nieder. Bist du schwach, er ist stark genug, um Alles zu besiegen. „Ich in ihnen;“ sagt er: Wer will die überwinden, in welchen Er wohnt? Ihm ist es gleichviel, mit Wenigen oder mit Vielen, in einem Schwachen oder Starken streiten. Er kann Sieg geben ohne die Menge der Kräfte. Ist deine Kraft nur ein Kräftchen, nur wie ein glimmender Docht, wie ein zerbrochenes Rohr, er wird doch das Gericht, das über dich kam, zum Siege ausführen, siegreich bestehen in dir, wenn du nur in ihm bleibst und nur auf ihn vertrauest. Mach' du nur die Thore deines Herzens weit und die Thüre hoch, daß der König der Ehren einziehe. Wer ist derselbe? Es ist der Herr, stark und mächtig, mächtig im Streit. (Ps. 24,7.8.) Ohne ihn mußt du es mit keinem Feinde aufnehmen. Mit ihm aber wollen wir Thaten thun. Er wird unsere Feinde untertreten. (Ps. 108,14.) Seine Rechte behält den Sieg. Und wenn man seine Rechte walten läßt, wenn man sich mit Leib und Seele stets ihm in seine Rechte wirft, so singt man allzeit mit Freuden vom Sieg in den Hütten der Gerechten.

27. November

Ja, ich komme bald! Amen. Komm, Herr Jesu! Off. 22,20.
Selig, die ihre Kleider im Blute des Lammes rein waschen, daß sie Macht erhalten zum Baume des Lebens, und durch die Thore einzugehen in die Stadt. Off. 22,14.
Sieh', ich stehe vor der Thür, und klopfe an. So jemand meine Stimme rc. Off. 3,20.

Es giebt eine dreifache Zukunft Jesu - ein dreifaches Advent. Er kam, er kommt, er wird kommen, das sagt, der da ist, der da war, der da kommen wird. (Off. 1,8.) Er kam bei seiner Menschwerdung und Geburt in die Welt, und war da für die Menschen. Er kommt täglich in die Menschen durch den Glauben und die Wiedergeburt des innern Menschen, wohnt und lebt im Herzen. (Off. 3,20. Joh. 14,23.) Er wird kommen am Tage seiner Offenbarung wider die Welt und Ungläubigen, sie zu strafen und zu richten und die Frommen zu belohnen. Die erste Ankunft hilft uns nicht, und die dritte wird uns fürchterlich, wenn wir uns der zweiten nicht theilhaftig machen. Kommt er nicht in uns, so ist er zuerst nicht für uns gekommen und wird am Ende wider uns kommen. An seinem Kommen in uns ist daher Alles gelegen; wie Paulus sagt: Ist Christus nicht in euch, so seid ihr verworfen und verdüstert. (2. Cor. 13,5.) Da nun seine dritte Ankunft sehr nahe scheint und wir ohnehin nie wissen, wie schnell und plötzlich sie den Erdkreis überfallen wird, da er kommen wird, wie ein Dieb in der Nacht, so sollen wir ja vor allem uns um seine zweite Ankunft in unsere Herzen bestreben. Wer wird bestehen vor seinem Zorn, wenn er ihn nicht selbst in sich wohnend hat? Kein Mensch wird die letzten Prüfungen, die große Versuchungsstunde aushalten, der Christum nicht in seinem Herzen aufgenommen hat und nicht durch ihn selbst erhalten wird, vor Gottes Zorn wird kein Gottloser, keiner ohne Gott, ohne Christus bestehen. Nicht auf der Zunge, nicht im Kopfe - im Herzen muß er wohnen, oder er hilft dir nicht vor seinem Gerichte. Wer ihn nicht in sich hat, wird als Spreu ohne den Kern zu leicht erfunden und ins Feuer geworfen. Wer ihn nicht in sich wohnend hat, kann nicht sagen: Komm! komm, Herr Jesu! Oder, er ruft seinen Feuerflammen, daß sie ihn verzehren. O Herr Jesu, komm erst in unser Herz, daß wir dich auch mit Freuden kommen sehen können, zum Gericht und zur Vergeltung.

28. November

Ich will dich erhöhen, mein Gott, und deinem Namen lobsingen immer und ewiglich. - Gnädig und barmherzig ist der Herr, geduldig und von großer Güte. - Aller Augen warten auf dich. - Er thut was die Gottesfürchtigen begehren rc. Der ganze Psalm 145

Wer den Herrn kennt und auf seine Werke und Führungen beständig Acht hat, deß Herz muß immer voll Dank, deß Mund voll Lobpreisung Gottes sein; er kann seine Größe, Macht und Güte nicht genug bewundern, weil er mit jedem Schritt auf Spuren und Fußstapfen des allenthalben wandelnden und segnenden Gottes stößt. Mann möchte ihn allen Menschen kund thun, Alle sollten es wissen, Alle, damit Alle ihn lobten und priesen; denn Alles, was lebt, lebt ja nur durch ihn. Alle Geschöpfe warten nur auf seine Erhaltung, Belebung und Ernährung. Was er nicht erhält, kann sich selbst nicht erhalten. Und er thut seine Hand - die große, reiche Hand, auf, und segnet und erfüllt Alles, Himmel und Erde, mit Leben, Kraft und Freude. Scheint es auch oft, daß etwas nicht so sein sollte, wie es ist, kann man nicht begreifen, wie Gott dieses oder jenes zulassen könne, so darf doch ohne Bedenken von ihm gerühmt werden: Der Herr ist gerecht in allen seinen Wegen und heilig in allen seinen Werken. Kein Geschöpf wird ihn einer Sünde, eines Versehens, bezüchtigen können. Und welch eine herzerhebende Wahrheit: Der Herr ist nahe allen, die ihn anrufen: Er thut, was die Gottesfürchtigen begehren, er hört ihr Schreien und hilft ihnen. Wer sich fürchtet vor seinem Wort, wer sich hütet, es auch im Geringsten nicht zu übertreten, auf den sieht der Herr und läßt gewiß keinen Wunsch seines Herzens unerfüllt. Er behütet alle, die ihn lieben. Es ist nicht zu beschreiben, welche Vorrechte seine Geliebten haben, wie sehr er auf die sieht, die auf ihn sehen. Wer ihn aber, gottlos, nicht achtet, der wird verachtet und vertilgt.

29. November

Vor allem ermahne ich, daß man Bitten, Gebete, Fürbitten und Danksagung verrichte für alle Menschen, für Könige, Obrigkeiten rc. denn das ist gut, und wohlgefällig vor Gott, welcher will, daß alle Menschen selig werden. 1. Tim. 2,1-4.
Wenn aber jemand die Seinen, besonders seine Hausgenossen, nicht versorgt, der hat den Glauben verleugnet, und ist ärger als ein Heide. 1. Tim. 5,8.

Einem wahren Christen liegt das Heil aller Menschen am Herzen: Er sieht in jedem Menschen den Preis und Werth des theuren Blutes Christi. Es fällt ihm beim Anblick jedes Menschenkindes ein: Ach! auch für diesen starb mein Erlöser am Kreuze; auch dieser ist erkauft mit seinem Blute; auch für diesen ist Heil und Seligkeit bereitet; auch der ist geladen und berufen zum Abendmahle des Lammes. Und wie könnte ein Herz, das Jesum und sein Reich liebt, solche Gedanken haben, ohne zugleich mit Gebet und Flehen sie dem zu empfehlen, welcher die Schlüssel zu allen Herzen hat, welcher einen Hammer hat, der Felsen zerschmettert, welcher die Herzen der Menschen lenken kann, wie Wasserbäche? Vor andern muß jedem frommen Gemüthe die Jugend am Herzen liegen, welche der Satan und die Welt besonders in ihr Verderben zu ziehen suchen. O du blühende Jugend! wenn ich dich erblicke, so möchte ich dich dem Herrn Jesu in die Arme legen; der würde dich schön führen; der würde dir so wohl thun. Warum sollte denn das Blut Jesu an dir verloren gehen! Laß es doch auffassen! Laß mich es dir in dein Herz legen! Es wird dir Freude und Friede bringen, die dir die Welt nicht geben kann. Ist aber dem Christen am Heile aller Menschen gelegen, wie vielmehr muß es ihm angelegen sein, daß seine Kinder, Freunde, Hausgenossen gerettet werden. Wie könnte er Andere retten und die Seinigen verloren gehen sehen? Paulus nimmt das so genau, daß die Verwahrlosung seiner Hausgenossen in seinen Augen eine Verleugnung der Religion und ärger als das Heidenthum ist. Willst du nun nicht allen Glauben verleugnen, oder all dein Beten, Lesen, Singen, all dein Wissen, Glauben und Hoffen auf Christum vereiteln, willst du nicht schlechter und ärger als ein Heide dastehen, so beeifere dich um dein und der Deinigen Heil mit mehr Ernst als bisher, und ruhe nicht, bis du dich und dein Haus selig gemacht hast.

30. November

Wachet, denn ihr wisset weder den Tag noch die Stunde, in welcher des Menschen Sohn kommen wird. Matth. 25,13.
Daran ist die Liebe Gottes völlig bei uns, daß wir eine Freudigkeit haben am Tage des Gerichts. 1. Joh. 4,17.

Wer nicht im Rausche der Sinnlichkeit dahin lebt, sondern aufgewacht ist vom Schlafe, in dem die Kinder der Welt und der Nacht schlafen, sicher fortschlafen, der kann nicht anders, er muß seine Tage zählen, um sie recht zu benutzen, wozu sie ihm gegeben sind. Er thut dies auch mit Freuden, weil jeder Tag ihn näher bringt dem herrlichen Ziele, nach dem sich sein Herz, Seele und Leib inniglich sehnet. Der Christ, ein Kind der Ewigkeit, ein Bürger des Himmels und Hausgenosse Gottes, bereitet sich, so lange er auf Erden wandelt, immer auf den Tag seiner Hochzeit, auf die Stunde, wo er eingeführt wird, als eine Braut des Lammes, in die Kammer des Bräutigams. Er steht immer und wacht vor der Thüre, auf daß, wenn der Bräutigam kommt und aufthut, er sogleich mit ihm eingehen kann. Er ist immer ein Sterbender, der diesem Leben täglich abstirbt, und immer ein Erweckter, der täglich lebendiger wird, der das ewige Leben immer fester ergreift, zu dem er berufen ist. (1. Tim. 6,12.) Was er im Tode können muß, hat er im Leben gelernet, die Thüre des ewigen Lebens zu finden. Er trägt die Thüre, den Weg in sich - Christus ist sein Leben und Sterben sein Gewinn. Das ist der sicherste Weg, selig zu werden. Daran erkennet man die Kinder Gottes, sie haben die Liebe Gottes in sich und die läßt sie nicht zittern vor Grab, Tod und Gericht; denn die vollkommne Liebe treibt die Furcht aus.

1)
Die nicht selig, nicht im Herrn starben, sind allerdings zu beweinen und zu bedauern
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