Gossner, Johannes - Der seligste Genuss des Christen am Tische seines Herrn

Gossner, Johannes - Der seligste Genuss des Christen am Tische seines Herrn

Das heilige Abendmahl - was ist es?

Wer kann das aussprechen? Hätte ich eine Engelzunge, eine Himmelsfeder, ich könnte es weder beschreiben, noch in Worte bringen. Wir können nicht mehr davon sagen, als der Herr selbst davon sagte; und das ist uns genug, bis wir es droben bei ihm in seinem Reiche genießen, durchschauen und vollkommen erkennen werden. Indeß begnügen wir uns, wenn wir Ihn nur haben! daran halten wir uns, ohne auf menschliche Erklärungen und Streitigkeiten über dies heilige Mahl zu achten. Wir wollen essen, genießen und haben, während Andere über die Speise zanken und sich allen Geschmack und Genuß darüber verderben. Die Gnade ist so geistlich, so himmlisch und unermeßlich, daß sie höher ist, als unsere Vernunft, und also all unser Denken und Begreifen übersteigt.

Das heil. Abendmahl ist ein Geheimniß; ja voll Geheimnisse; der natürliche Mensch begreift gar nichts davon. Der geistige Mensch genießt's, fühlts und hat die Kraft, den Segen davon; aber beschreiben, aussprechen, ergründen und ermessen kann er es hienieden auch nicht: Es ist ihm genug, daß er weiß: das Abendmahl hat der Herr gestiftet und besohlen, daß es gehalten werden soll, bis er wiederkommt auf den Wolken des Himmels, bis wir ihn sehen, wie er ist, und ihm gleich sein werden. Wir wissen, daß wir im Abendmahl den Herrn selbst, seinen Leib und sein Blut empfangen. Wir wissen: daß es nicht eine bloße Gedanken-Speise, eine bloße Erinnerung an ihn und seinen für uns dahingegen denen Leib und sein theuer vergossenes Blut, sondern sein Leib und sein Blut, selber, wirklich, wesentlich ist; das glauben wir, weil Er's sagt: „Nehmet, esset, das ist mein Leib; - trinket, das ist mein Blut.“ Nun mag ein Anderer sagen was er will; ich glaube, was die Wahrheit sagt, die nichtigen, nicht täuschen kann, nicht mißverstanden sein will, und deswegen nicht verblümt redet, sondern bei der gewöhnlichen Bedeutung der Worte bleibt. Wenn der Herr sagt: das ist - wer will sagen: das ist nicht - ist muß ist sein und bleiben. Glaub' du's oder glaub' du's nicht. Und Leib ist Leib, und Blut ist Blut, so nimmt es die Einfalt und der Glaube, und hat, was er glaubt. Wer nicht glaubt, nimmt und ißt zwar auch; aber er hat nichts und genießt nichts als seine Gedanken, und die sind so arm und mager als er selbst. Also glaube nur, nimm und iß, was der Herr sagt und giebt, so hast du, was Er darreicht.

Paulus sagt ausdrücklich: „Der gesegnete Kelch ist die Gemeinschaft - die Mittheilung, die Darreichung des Blutes Christi; das gesegnete Brod ist die Gemeinschaft - die Mittheilung und Darreichung des Leibes Christi. Wo nun Eins ist und nicht Zwei sind, ist keine Gemeinschaft - Brod allein ohne Leib - Wein allein ohne Blut wäre keine Gemeinschaft. Wenn ich allein stehe, und keiner mit mir verbunden ist, habe ich keine Gemeinschaft; nur durch die Verbindung mit Andern haben wir Gemeinschaft: Wenn das gesegnete Brod Christi Leib nicht enthält, oder der Leib Christi nicht mit dem gesegneten Brod verbunden ist, so kann es nicht die Gemeinschaft des Leibes Christi, und so der Wein ohne Blut, nicht die Gemeinschaft des Blutes Christi genannt zu werden. .

Also unser Glaube steht fest; wir empfangen und genießen wahrhaftig den Leib und das Blut Christi mit dem gesegneten Brod und Wein im heil. Abendmahl. Das lasse dir von keinem Zweifel und keinem Teufel rauben. Der Herr hats gesagt. Er giebt es auch. Nimm du und iß und trink; und werde trunken von den reichen Gütern seines Tisches. Ein bloßes Andenken oder Erinnern, ohne wirkliches Essen und Trinken kann Niemand satt oder trunken machen. Wenigstens mag ich nicht mit essen bei einem bloßen Gedächtniß- Tisch, bei einer eingebildeten oder gemalten Mahlzeit. Mein Herz will mehr, will das haben, was der Herr verspricht und giebt.

Wie geht das zu? das wissen wir nicht, wie wir denn gar viel nicht wissen und nicht sehen und doch glauben. Wir wissen und verstehen nicht wie unsere Seele, ein Geist, mit dem Leibe von Fleisch so innig verbunden und Eins sein kann; zweifeln wir deswegen daran? Wer begreift, wie Christus aus Wasser Wein, aus Todten Lebendige, aus Steinen Kinder Abrahams machen kann? Zweifeln wir daran? Darum laßt uns nicht grübeln, sondern niederfallen, beten und sprechen: O welch eine Tiefe! Wer hat des Herrn Sinn erkannt? - Bei Gott ist kein Ding unmöglich. Was Er sagt, das geschieht; was Er gebeut, das steht da. Daran halte dich beim heil. Abendmahl, glaube und iß, und du wirst gesättiget, erquickt und göttlich gestärkt und neu belebt werden an Herz, Sinn, Muth und allen Kräften. Hallelujah!

Das heil. Abendmahl ist lauter Gnade, Liebe und Barmherzigkeit; es ist die höchste Gabe, weil uns in demselben Alles mitgetheilt wird, was Christus uns erworben, verdient und für uns vollbracht hat, ja es giebt uns Christum selbst auf die allerhöchste, reellste Weise. Wer Mich isset - Mich isset - sagt Er, der wird durch mich leben. Joh. 6, 57. Es ist ein Beweis und Pfand seiner allerinnigsten, zärtlichsten Liebe gegen Sünder. Es ist ein Liebesmahl, Gnadenmahl, Friedensmahl - ein lebendiges, belebendes, wirklich speisendes und wesentlich tränkendes, sättigendes Mahl, - kein bloßes Gedächtnißmahl oder Gedankending: denn als solches wäre es nicht einmal so viel, als wenn es Christus bloß an die Wand gemalt hätte. Da hätte doch das Auge etwas. Es ist aber ein Vermächtniß, kein bloßes Gedächtniß. Er wollte den Seinen Etwas hinterlassen - Etwas, das seine sichtbare Gegenwart ersetzte, und sie für den Verlust seines Wandels auf Erden entschädigte und ganz befriedigte, und das kann nicht weniger sein, als Er Selbst. - Denn wer, was, welche Gabe kann uns Ihn ersetzen? Nur Er selbst in uns lebend, dem Geiste nach, kann uns für sein Dasein außer uns im Fleisch entschädigen. Das verhieß Er auch, indem er Joh. 14, 18, 28 sagt: „Ich komme wieder zu euch, und wer mein Fleisch isset und mein Blut trinkt, der bleibet in mir und ich in ihm. Joh. 6, 56.“ Wer mir Ihn im Abendmahl nimmt und bloß einen Gedanken dafür unterschiebt, der nimmt mir eigentlich das Mahl, das ganze Abendmahl selbst; - der nimmt das ganze Christenthum hinweg, denn ein Mahl ohne Speise ist kein Mahl; ein Christenthum ohne lebendigen Christus in uns, ist kein Christenthum, ist nicht mehr als jede andere menschliche Religion oder menschliches System. Christus muß mehr geben können und geben, als alle Menschen zu geben vermögen, oder er ist ein Mann wie ein anderer Mann, kein Gott-Mensch. Wer mir bloß Brod und Wem giebt, was die Erde hervorbringt, und nichts als ein Andenken daran knüpft, hat mir nichts Himmlisches. Geistiges, Göttliches, Ewiges, die Seele, den Geist Belebendes und Stärkendes gegeben, der ist nicht von oben, vom Himmel, sondern von unten, von der Erde, wie ich; zu dem gehe ich, wenn ich meinen Geist speisen, mein inneres Leben nähren will, nicht zu Gaste. Aber gelobt sei Er, der Hochgelobte! Er giebt mehr, als ein Mensch, mehr als alle Menschen zusammen geben können. Er giebt uns sich selbst. Sein Vermächtniß im Abendmahl, welches er den Seinigen hinterlassen hat, ist so groß, so erhaben, so inhaltreich wie Er selbst, ist Er selbst. Da heißt es: „die Elenden sollen essen, daß sie satt werden, und die nach dem Herrn fragen, werden ihn preisen, euer Herz soll ewiglich leben, Ps. 22, 27, soll in Wollust satt werden. Jes., 55, I - 2.“

Gedanken machen nicht fett, eine Speise, starke, nahrhafte Speise macht satt und fett.

O daß du Glauben hattest, du würdest die Herrlichkeit Gottes sehen! würdest Gaben genießen, die höher sind als der Himmel, denn der Herr des Himmels ist mehr als tausend Himmel und alle himmlischen Güter und Gaben. Er giebt uns das gesegnete Brod und Wein nicht nur zum Andenken an seinen Leib und sein Blut - sondern zum wirklichen allerseligsten Genuß seines Leibes und Blutes. Genießen wir gläubig das gesegnete Brod und Wein, so haben wir Ihn mit allem, was Er ist und hat - genossen. Er ist dann unser, unser Licht und Leben, unsere Kraft und Stärke, unsere Weisheit, Gerechtigkeit, Heiligung und Erlösung - unser Alles. Laßt uns näher betrachten

Die Einsetzungsworte:

Nehmet hin und esset, das ist mein Leib, der für euch gegeben wird - nehmet hin und trinket Alle daraus - das ist der Kelch des neuen Bundes in meinem Blut - das für euch vergossen wird zur Vergebung der Sünden.

Also den für uns Dahingegebenen, das für uns und unsre Sünden vergossene Blut des Herrn essen, trinken wir im Abendmahl. Was ist das anders, als der ganze Reichthum, alle durch Sein Leiden und Sterben für uns erworbenen Heilsgüter, die ganze Fülle Seines Verdienstes, Alles, was Ihm der Vater um Seines Gehorsams willen geschenket, und Er verdienet hat, wird unser, wird uns ins Herz gelegt, und wir essens wie Brod und trinkens wie Wein - essen's und trinken's in Gemeinschaft - zugleich mit dem gesegneten Brod und Wein. Und wie diese körperlichen Gaben den Leib nähren, stärken, erhalten, so ernährt, stärkt, erhält und belebt Sein Leib, Sein Blut unsern Geist, unsern innern Menschen. Wir werden Christi theilhaftig, wenn wir anders den Anfang Seines Wesens bis an's Ende festhalten. Hebr. 3, 14. wenn wir's glauben, wenn wir's festhalten im Glauben.

Der Herr nennt Sein Blut das Blut des neuen Bundes, zum Unterschied des Blutes, welches im alten Bunde nur von Opferthieren genommen, und womit bloß das Gesetzbuch, die Stiftshütte, das Geräts)e und das Volk besprengt, aber nicht von ihnen getrunken wurde. Es kam nur so von außen an sie hin, aber nicht in sie hinein. Das hätte auch nicht helfen können. Wir aber im neuen Bunde trinken das Blut des Lammes, essen Sein Fleisch, und werden nicht bloß damit besprengt und berührt; wir werden ganz davon durchdrungen, mit all seiner belebenden, reinigenden, heiligenden und beseligenden Kraft erfüllt. Wie der alte Bund überhaupt nur Buchstabe, Schatten, Vorbild der künftigen Güter war, und der neue Bund Geist, Wesen und die Sache selbst ist; wie das Gesetz des alten Bundes nur auf Stein, ein tödtender, verdammender Buchstabe war, und im neuen Bunde das Gesetz des Geistes ist, wer da lebendig macht, weil er das Gesetz in's Herz schreibt, weil er ein neues Herz, einen neuen lebendigen Sinn giebt, so ist auch das Mahl des neuen Bundes lauter Geist und Leben nicht bloß Brod und Wein, auch nicht bloß todtes, rohes Fleisch und Blut, sondern geistig, lebendig und kräftig, göttlich, mächtig wirkend, allgenugsam, und unaussprechlich ist Sein Fleisch und Blut, das wir genießen.

Thut das zu meinem Gedächtniß. Zum Gedächtniß - nicht bloß im Gedächtniß. - Ein Mahl, ein wirkliches Essen und Trinken, ein Genuß des Leibes und Blutes Christi zum Andenken an Sein Leiden und Sterben. Er, Er ist's, nicht bloß ein Andenken an Ihn und Seinen Tod. Vergegenwärtigen sollen wir uns beim innern Genuß dieses Leibes und Blutes, was äußerlich einst mit Ihm geschah, in Gethsemane und auf Golgatha - lebendig soll es uns vor das Auge treten, als sähen wir Ihn am Oelbergs für uns zittern und zagen, für uns Blut schwitzen und ringen mit dem Tode, als sähen wir Ihn am Kreuze hängen und sterben, als sähen wir Ihn in allen Seinen verdienstlichen Leiden, als wäre Er uns vor Augen gemalt, als geschähe alles dieses heute mit Ihm; als nähmen wir Ihn, Seinen Leib vom Kreuze herab und legten Ihn in das Grab unsres Herzens, als faßten wir Sein herabträufelndes Blut auf und tränken es.

In den Worten: Thut das - liegt auch der Befehl, daß wir es thun müssen, und oft thun sollen; daß wir das Abendmahl nicht entbehren können, und nicht selten und sparsam genießen sollen. Er will sich uns oft und immer mittheilen., will beständig in uns leben und uns beleben. Er will, was Er so sauer erworben, von uns genossen, und oft genossen wissen. Er will, wir sollen uns Seine Todesmühe, Seinen Schmerz, Seine Schmach und alles, was er litt für uns, nicht nur in's lebhafte Andenken bringen und unvergeßlich machen, sondern den beständigen Genuß desselben empfehlen. Wir sollen dieses genußreiche Andenken, dieses die Sache selbst mittheilende Gedächtniß oft erneuern, wir sollen unablässig davon und darin leben.

Was wirkt das heilige Abendmahl?

Mehr als wir bitten und verstehen, mehr als wir aussprechen können. Was aber ausgesprochen werden kann, wollen wir uns nennen und vorhalten. Wie Brod und Wein und jede Speise, jeder Trank sich mit unserm Leib und Blut vereinigt natürlicher Weise, so vereinigt sich Christus, durch Sein Fleisch und Blut mit uns und unserm innern Menschen auf eine himmlische, geistliche, übernatürliche aber doch wahrhaftige und wesentliche Weise; denn das Geistliche, Himmlische ist ja wesentlicher und wirklicher - wenn gleich unsichtbar, unfaßbar - als alles Leibliche, Irdische und Vergängliche. So viel der Himmel höher ist als die Erde, so viel höher, wesentlicher ist der Genuß Christi, die Vereinigung mit Christo im heiligen Abendmahl. Das sagt Er selbst, - wer könnte es sonst glauben? - Wer mein Fleisch isset und mein Blut trinket, der bleibt in mir und ich in ihm. - Alle Worte reichen nicht hin, dieses unaussprechliche Geheimniß zu erklären. Wir verlieren nur, wenn wir's erklären und begreifen wollen. Glauben - nicht erklären, genießen, nicht begreifen sollst du das unerklärbare und unbegreifliche Geheimniß, das verborgen gewesen ist von der Welt her; den herrlichen Reichthum dieses Geheimnisses, Christus in uns, die Hoffnung der Herrlichkeit, in welcher verborgen liegen alle Schätze der Weisheit und Erkenntnis Col. l, 26. 27. u. 2, 3.

O wie soll jede Seele verlangen, daß Christus in ihr, und sie in Christo bleibe! Wie soll sich jedes Herz freuen und glücklich und reich fühlen, daß Christus in uns bleibt! Was willst du mehr? Wie der Rebe am Weinstock, die Natur, der Saft, die Kraft, das Leben des Weinstocks in den Reben, so Christus in uns und wir in Ihm durch den Glauben und Genuß des heiligen Abendmahls. Das Geheimniß ist groß, ist das größte: wir werden ein Geist mit Ihm und Er mit uns!

Dadurch entsteht die innigste Gemeinschaft zwischen Christo und der Seele, wie zwischen Leib und Geist, daß wir Theil haben an ihm und an allem, was Er ist und hat, und Er Theil nimmt an allem, was wir sind und haben, thun und leiden. All das Seinige ist unser, alles Unsrige ist Sein, geht Ihn an, schlägt an sein Herz, und Er nimmt sich unsrer an, wie das Haupt sich seiner Glieder annimmt. Die Seele kann sagen: ich habe dich und lasse dich nicht! du bist mein und ich bin dein! Was kann uns scheiden?

Er nimmt mehr sich unsrer an
Als ein Hirte seiner Heerde;
Seine Füll' ist aufgethan,
Daß ein jedes satt d'raus werde.
Wir sind Schaflein seiner Hand,
An die Er sein Blut gewandt.

Ist Christus unser, in uns bleibend, und wir in Ihm, was fehlt uns dann noch? Wer Ihn hat, hat Alles satt: die Vergebung der Sünden, die Versicherung der Gnade, den Frieden Gottes, die Freude des heil. Geistes, die Kindschaft Gottes, Trost und Kraft in allen Leiden und Anfechtungen dieses Lebens; die Gewißheit seines Beistandes im Leben und Sterben. Lauter Früchte seiner Vereinigung mit uns im heil. Abendmahl. Bleibt und lebt Christus in uns, so leben wir durch Ihn, ja so leben wir nicht mehr, sondern Er lebt in uns, und was wir noch leben, das leben wir im Glauben an Ihn rc. Gal. 1, 20. Joh. 6, 57. Dieses geistliche Leben, ohne welches der Christ todt ist, und nur den Namen hat, daß er lebt, wird durch jeden Abendmahls - Genuß gestärkt, vermehrt, erhält Zuwachs und Kraft, es geht von Allem zu Allem, von Wachsthum zu Wachsthum, man wird erst wie neugeboren, man wird Kind, Jüngling, Mann in Christo, und erreicht endlich das vollkommene Alter. Eph. 4, 13. zu göttlicher Größe, Col. 2, 19.

Wie sollte es auch anders sein können? Wachsen doch die Kinder von Milchspeise, die Jünglinge, die Männer von irdischer Speise und Trank, giebt diese Nahrung, Kraft zum Wachsthum und Bestehen; wie sollte das Himmelsbrod, die geistige Speise nichts vermögen? Und hat Er es nicht zum Bedingniß des Lebens und Bestehens, des Wachsthums und Gedeihens für den innern Menschen gemacht, wenn Er sprach: „wer mein Fleisch isset, und mein Blut trinket, der hat das ewige, das geistige, himmlische Leben.“ Würdet ihr ihn nicht essen - so habt ihr kein Leben, geschweige einen Wachsthum, eine Nahrung und Förderung des innern Lebens. Joh. 6, 51-64.

Aus demselben Ausspruche Christi Joh. 6, St - 54 geht auch hervor, daß der Genuß des Leibes und Blutes Christi, die Gemeinschaft Christi uns unsterblich, selig unsterblich - denn die Verdammten sind auch unsterblich aber nicht selig - macht, uns ein ewig seliges Leben giebt, also eine n ewigen Gewinn, der der höchste Gewinn ist für Zeit und Ewigkeit und zwar für Leib und Seele. Denn der Heiland spricht hier nicht nur vom ewigen Leben der Seele, sondern auch von der Auferweckung des Leibes: Ich will ihn auferwecken am jüngsten Tage, ihm auch einen unsterblichen, himmlischen Leib geben. Er soll nach Leib und Seele ewig selig sein. Die Seele bekommt durch dieses Himmelsbrod gewiß schon den Keim des künftigen Auferstehungsleibes, darum sagt der Heiland, wer von diesem Brod isset, der wird nicht sterben, Joh. 6, 50. Und wenn er auch stirbt, dem vergänglichen Leibe und Fleische nach, so wird er doch noch leben, so wird er doch noch einen Leib, ein unsterbliches Gefäß seines Geistes haben, womit er überkleidet und nicht bloß erfunden werde. Joh. 11, 25, 26 u. 2 Cor. 5. 4. Darum heißt es: „Wir sind Fleisch von seinem Fleisch und Bein von seinem Gebeine - wohl nicht des sterblichen, sondern des unsterblichen Fleisches und Gebeines Christi. Durch die Gemeinschaft seines Leibes und Blutes muß das bewirkt und uns mitgetheilt werden, daß wir auch eines unsterblichen Fleisches und Blutes, eines geistigen, himmlischen Leibes theilhaftig werden. Dem sei aber wie ihm wolle, wir werden leben und selig sein, denn wenn auch unser irdisches Haus, diese Hütte zerbricht, so haben wir einen Bau von Gott, ein Haus, nicht mit Händen gemacht, das ewig unvergänglich ist im Himmel 2 Cor. 5, 1. Haben sein Fleisch, sein Blut, sind in seinen Leib eingekleidet, so daß wir in Ihm - und nicht bloß - erfunden werden können, wenn die Seele den irdischen Leib verläßt und heimgeht - zum Schaum übergeht.

Wie wir durch das heil. Abendmahl mit Christo verbunden werden, so auch mit allen lebendigen Gliedern an seinem Leibe.

Denn wie es nur Ein Brod ist, das wir Alle genießen, so sind wir Viele Ein Leib, weil wir Alle Eines Brodes theilhaftig werden. 1 Cor. 10, 17. Es ist die innigste Vereinigung und Verbindung aller Glieder mit dem Haupte und untereinander, so daß sie alle, wie die ersten Christen Ein Herz und Eine Seele sein sollten, und in Welchen Christus lebt und sie in Ihm, die sind auch vereinigt und lieben einander, und dienen einander, wie Glieder eines Leibes, freuen sich mit den Fröhlichen und trauern mit de n Traurigen - wenn Ein Glied leidet, leiden Alle, wenn Ein Glied sich freut, freuen sich Alle. Es geht Alles durch alle Glieder, wie das Blut in den Adern; es Heilt sich Alles dem ganzen Leibe mit, Freude und Schmerz. Darum heißt das Abendmahl Communion - Gemeinschaft, gegenseitige Theilnahme - mit dem Haupte, Christo und mit seinen Gliedern.

Welche Früchte! welcher Segen! welche Wirkungen des heil. Abendmahls! Wer kann es genug hochschätzen! Wer oft genug gebrauchen! Wer erschöpfen und sich genug desselben theilhaftig machen.

Das Alles muß der Tischgenosse des Herrn zuerst wissen, und klar und bestimmt sich vorhalten, ehe er davon genießt; damit er weiß, was er genießt, oder was er verliert und versäumt, wenn er nicht genießt. Daher jetzt:

Von der Vorbereitung zum heiligen Abendmahl.

Daß wir nicht ohne Vorbereitung zum heiligen Abendmahl gehen dürfen, wenn wir uns nicht ein Gericht, oder gar den Tod zuziehen wollen, weiß uns Paulus klar und bestimmt genug zu sagen. 1 Cor. 11, 27 - 32. Wer diese Aussprüche des Heiligen Geistes nicht achtet, versündigt sich gewiß an dem Leibe und Blute des Herrn.

"Der Mensch prüfe sich selbst, und also esse er von diesem Brod, und trinke von diesem Kelche."

Sich selbst prüfen heißt, wie derselbe Apostel 2 Cor. 13, 5. sagt, sich untersuchen, sich erforschen und erkennen lernen, ob man im Glauben stehe, ob Jesus Christus in uns wohne, oder ob wir untüchtig sind. Denn wenn Christus nicht in dir ist und lebt, kann und darf Er auch in dir nicht genährt werden. Die Todten essen nicht. Jede Speise ist für die Lebendigen, nicht für die Todten; so die allerheiligste, geistigste Speise, sollte sie für todte Christen sein, die kein Leben aus Gott haben, ohne Gott, ohne Christus in der Welt sind? Darum heißt es auch: Wache auf, der du schläfst, stehe auf von den Todten, so wird dich Christus erleuchten. Epheser 5, 14.

Die erste Frage der Selbstprüfung muß also die sein: Lebe ich in Gott, lebt Christus in mir? Ist mein Glaube von der Art, daß Christus durch ihn in meinem Herzen wohnt? Ephes. 3. Bin ich durch den Glauben an Christus gerechtfertiget, und habe ich Frieden mit Gott? Denn nur dadurch habe ich Zugang zu dieser Gnade. Röm. 5, 1. 2.

Weil aber der Mensch zu nichts weniger tüchtig ist, als zur Selbstprüfung, weil er partheiisch und eigenliebig ist, so müssen wir bitten: Herr, Du erforschest mich und kennest mich - (der ganze 139. Psalm bis ans Ende). Erforsche mich Gott und erfahre, erkenne mein Herz, prüfe mich und erfahre, wie ich's meine, und siehe, ob ich auf bösem Wege bin; und leite mich auf ewigem Wege. Da wird denn der Herr wohl die Prüfung übernehmen und wird fragen: Simon! liebst du mich? - liebst du mich mehr als diese? - Da werden dir wohl deine Sünden, Untreuen und Vergehungen gegen den lieben Herrn vor Herz und Augen treten. Dich beschämen und beugen; wenn du auch sagen kannst - ja Herr, du weißt's, daß ich dich liebe, so wirst du es doch beschämt und gebeugt sagen, und nur im Vertrauen auf Seine unendliche Güte und Liebe, nur in der Zuversicht, daß Sein Blut deine Sünden wegschwemme und dich reinige von aller Untugend. Oder wenn du dir der Liebe Jesu noch nicht recht bewußt bist, und die erste Liebe wieder verlassen hast, wirst du sagen müssen: Herr, gehe hinaus von mir, denn ich bin ein sündiger Mensch. Wirst dich erst waschen lassen müssen von Ihm, - vom Kopf bis zu den Füßen, - das ist, dein ganzes sündiges Wesen, wirst dich eintauchen müssen in Sein Blut, in Seine Wunden, mit wahrer Reue und Buße, mit lebendigem Glauben und der zweifellosen Zuversicht, daß bei Ihm viel Vergebung ist für unsre Sünden und für der ganzen Welt Sünde; daß wir in Ihm haben die Erlösung in Seinem Blut, nämlich die Vergebung der Sünden.

Um diese und alle andern tröstlichen Worte für arme Sünder dir mit Gewißheit und Freudigkeit zueignen zu können, wirst du dich niederwerfen vor Ihm, Seine durchbohrten Füße umfassen. Ihn halten und nicht lassen, bis Er dir zusagt die Vergebung: Sei getrost, mein Sohn, deine Sünden sind dir vergeben: Dein Glaube hat dir geholfen: Du wirst anhalten mit Gebet und Flehen, bis Er dir dies göttlich bezeugt durch Seinen heiligen Geist, in unbegreiflichem Frieden in deinem Herzen, und du gebeugt sagen kannst: ich habe Gnade gefunden vor Seinen Augen - mir ist Barmherzigkeit wiederfahren: ich weiß, an Wen ich glaube!

Selig sind, die da Leid tragen.

Matth. 5,4.

Ohne göttliche Traurigkeit. 2 Kor. 7, 10, die eine Reue zur Seligkeit wirket, die niemand gereuet, wirst du gewiß nicht zum Abendmahl gehen dürfen. Es findet sich beim frömmsten Leben, beim innigsten Christen immer etwas vor, worüber er Ursache hat, sich um des Heilandes willen zu betrüben, es Ihm abzubitten und seine Vergebung zu suchen.

Es kann sich aber auch sehr Vieles, Schweres und Großes bei dir finden, wenn du dir die Augen öffnen läßt vom Heiligen Geist über deinen Seelenzustand, so daß dir ein Bekenntniß, wie es Psalm 28. steht, Noth thut.

Manche fromme Seele steckt bei all ihrer äußern Frömmigkeit in einem großen innern Verderben - So tief zu fallen ist bei Frommen nicht unmöglich, das sehen wir bei David, Petrus rc: Gewöhnlich sehen sie es nicht, weil die Sünde noch nicht, so wie bei jenen, zum Ausbruch gekommen ist, sondern noch im Verborgenen schleicht und wirkt. Darum gehört Gebet, eifriges, inniges Geber dazu: Herr öffne mir die Augen, daß ich sehe! Es wird erfordert, sich recht zum Kreuze Christi zu nahen, und Ihn zu umfassen, daß Er die Binde von den Augen nehme, das Innere des Herzens aufdecke, und das Auge in den Abgrund des verborgenen Verderbens schauen lasse. Nur an der Sonne und im Sonnenlicht sieht man die Sonnenstäubchen; - nur im Lichte des Heiligen Geistes erkennt man die verborgenen Sünden des Herzens, die man beim gewöhnlichen Lichte der Vernunft gar nicht wahrnimmt, sondern sich für ganz rein hält. Fällt ein Strahl des göttlichen Lichtes, vom Heiligen Geist angezündet, aufs Herz, dann entdeckt man Unreinigkeiten, Untreuen, Gebrechen, oft Laster und eingewurzelte Gewohnheiten, die mit der Seligkeit eines Gläubigen unverträglich sind, und mit denen man unmöglich den Leib und das Blut des Herrn würdig, oder ohne Gericht und Schaden genießen kann. Darum sagt Paulus zu den Corinthern: „darum, weil ihr es an dieser Selbstprüfung fehlen lasset, weil ihr so leichtsinnig zum Abendmahl gehet und nicht unterscheidet den Leib des Herrn; und ihn also unwürdig genießet, mit verkehrtem, unbußfertigem Herzen, darum sind so viele Schwache und Kranke unter euch, viele sind deßwegen gar gestorben uns mit dem Tode gestraft worden.“ 2 Cor. 11, 30. Dieses alles ist wohl zu bedenken. Es kann nicht fehlen, daß es in unsern Tagen, wo die Lauigkeit und der Leichtsinn, die Vermessenheit und falsche Sicherheit noch um tausendfach größer ist, es auch solche Christen giebt, wie in der apostolischen Zeit schon nicht wenige waren, die um des unwürdigen Abendmahls-Genusses willen, schlaff, schläfrig, krank am Leibe und todt an der Seele sind. Das Gericht, die Strafe und Zucht bleibt jetzt wie einst nicht aus, bei unwürdigem Genuß dieses hochheiligen Gutes. Wie ist es auch anders möglich? Man kommt beim Abendmahl mit dem Herrn, der Augen wie Feuerflammen, und der seiner nicht spotten läßt, zu nahe zusammen. Und er ist - wie für den demüthig gläubigen, aufrichtigen und redlichen Tischgenossen lauter Liebe und Freundlichkeit, himmlische Erquickung, Labsal und ewiges Leben, - so für den Leichtsinnigen oder Heuchler und Unbußfertigen, der sich selbst nicht kennt, nicht kennen will und nicht anders werden zu müssen glaubt - ein verzehrendes Feuer. Man kommt im Heiligen Abendmahle Dem nahe, der da hat das zweischneidige Schwert und Füße gleich wie Güldenerz und feuerflammene Augen, der da spricht: Sieh, ich habe wider dich - ich weiß deine Werke; - gedenke, wovon du gefallen bist - thue Buße und thue die ersten Werke - wo nicht, so werde ich kommen und deinen Leuchter wegstoßen rc: Off. 2. 3. Diesem Allen kann man durch eine aufrichtige Buße und Beugung, durch Bekenntniß seiner Sünden, Bereuung derselben und zuversichtlichen Glauben an sein Versöhnen zuvorkommen; denn Paulus sagt 1 Cor. 11; 31. Wenn wir uns selber richteten, so würden wir nicht gerichtet. Ein Gericht muß also vorgenommen werden, entweder von uns selbst, oder vom Herrn. Besser ist es, wir richten, beugen, demüthigen uns selbst, so finden wir Gnade; schrecklich aber ist es, in die Hände des lebendigen Gottes zu fallen, schrecklich, sich am Leibe und Blute des Herrn zu versündigen; schrecklich, den Sohn Gottes mit Füßen treten und das Blut des Bundes unrein achten! durch welches wir geheiligt sind, und den Geist der Gnade schwächen. Und das thut jeder, der unwürdig, ungeprüft, mit einem Herzen ohne Glauben, ohne Liebe, ohne Buße, ohne ernste Besserung, sich dem heiligen Tische nahet und mit den Kindern Gottes das Brod vom Himmel ißt.

Sie bekannten ihre Sünden. Matth. 3, 6.

Das Bekenntniß der Sünden darf nicht unterbleiben; das beweist David, da er sagt: „da ichs wollte verschweigen, verschmachteten meine Gebeine durch mein täglich Heulen; denn Deine Hand lag Tag und Nacht schwer auf mir, daß mein Saft vertrocknete, wie es im Sommer dürre wird. - „Darum bekenne ich dir meine Sünde, und verhehle Dir meine Missethat nicht. „Und da ich sprach: Ich will dem Herrn meine Sünde bekennen, da vergabst Du mir die Missethat meiner Sünde.“ Psalm 32, 3 - 5. So lange man nicht bekennt, frei und gern bekennt, ja nicht verschweigen kann, sondern sich gedrungen fühlt, Gott und Menschen, ja in gewissen Fällen der ganzen Welt, wie Augustin zu beichten, oder doch denen, welchen man es schuldig ist und wo es frommt, seine Sünden zu bekennen, so ist man noch nicht recht zur Erkenntniß gekommen, steht noch nicht recht in Reue und göttlicher Traurigkeit, ist noch immer ein hoffärtiger, kein demüthiger Sünder, will noch immer heilig, unfehlbar scheinen, bekennt wohl gern im allgemeinen, daß man ein Sünder ist, wie alle Welt, aber nicht seine Sünden; Wie sollte da eine Vergebung möglich sein? „Bekennt einander eure Sünden!“ heißt es auch im neuen Bunde, und betet für einander. Joh. 5, 26. Der Bekenner hat also auf Fürbitte der Gerechten zu rechnen, die viel vermag. Wer aber seine Missethat läugnet, - und nicht bekennen ist so viel als leugnen - dem wirds nicht gelingen, wer aber sie bekennt und läßt, der wird Barmherzigkeit erlangen. Spr. 28, 13.

O wer seine Sünden recht tief und lebendig fühlt, und wem recht bange ist um Vergebung, der wird sie gern bekennen. Wer aber nicht bekennen kann, der ist noch kein rechter armer Sünder in seinen Augen, der hat weder Reue noch Demuth - wie kann der glauben und gerechtfertigt werden, da er sich im Grunde noch selbst rechtfertigt? Wie kann er geheilt werden, da er seine Wunden verbirgt und zudeckt?

Glaubest du von ganzem Herzen?

Der Schlußstein und die Hauptsache bei allem aber ist der Glaube und die Zuversicht, womit man bei Demuth und Reue, Christum und sein Verdienst, sein Blut und Tod ergriffen, und sich zueignet; denn alles Vorhergehende rechtfertigt, vereinigt, versöhnt und heiligt das Herz doch nicht - das kann und thut nur der Glaube, oder nur der Sündentilger, der Versöhner, den wir im Glauben ergreifen, den Gott für uns zur Sünde gemacht hat, damit wir in Ihm die Gerechtigkeit Gottes würden. Die Vergebung der Sünden kann durch nichts verdient werden; sie muß umsonst und aus Gnaden geschenkt werden, und sie wird nur dem Glauben, der Christum am Kreuze ergreift, hält und nicht läßt, geschenket. Nichts kann das sündige, traurige, geängstete Herz beruhigen und trösten, als Christi Blut und Tod, als das Lösegeld und die Versöhnung für aller Welt Sünde, und also auch für meine, ja meine Sünden. Ohne diesen Glauben ist es unmöglich, Gott zu gefallen, Gnade für das Herz, Ruhe und Frieden für das Gewissen zu erlangen. Das Weib zu den Füßen Jesu that allerlei, sie weinte, sie küßte und netzte seine Füße mit Thränen, trocknete sie mit ihren Haaren, goß das köstliche Salböl über sein Haupt, und doch sagt Christus nicht: deine Thränen, dein Salben - sondern „dein Glaube hat dir geholfen!“

Zachäus stieg auf den Baum, er nahm Jesum in sein Haus auf, er gab die Hälfte seines Vermögens den Armen, er ersetzte vierfach, was er betrogen hatte, und doch sagte Jesus nicht: Diese deine Werke haben dir Heil gebracht, sondern: „Heute ist diesem Hause Heil wiederfahren, weil auch er ein Sohn Abrahams ist - ein Glaubenskind - weil er alles dieses im Glauben that. Sein Glaube hat ihm geholfen. Der Glaube an Christum trieb ihn auf den Baum, der Glaube nahm Jesum ins Haus auf, der Glaube that die Werke.

Wir sehen an diesen zwei Beispielen, daß der rechtfertigende und seligmachende Glaube kein faules, träges, todtes Ding, sondern ein brünstiger, lebendiger, in Liebe thätiger Glaube ist, der thut, was nur möglich ist, um Jesum und Sein Verdienst zu erlangen, in Ihm erfunden zu werden, und die Gerechtigkeit, die vor Gott gilt, zu erhalten.

Das Verhalten der Sünderin zu Jesu Füßen - das des Zachäus und anderer Sünder, die von Jesu Vergebung erhielten, ist der rechte Beichtspiegel - da sieh hinein! darnach richte dich! das ist der evangelische Weg zur Gnade und zum würdigen Genuß des heiligen Abendmahls.

Diese Vorbereitung ist bewährt und von Jesu selbst bestätiget. Darnach richte dich.

Ist das Herz fest durch Gnade?

Kannst du nach allem diesem noch fragen: ob auch der Entschluß, der Vorsatz, die Sünde zu meiden, dich zu bessern, der Heiligung nachzujagen, mit der Reue, mit dem Bekenntniß und Glauben verbunden sein müsse? Was wäre das für eine Reue, was für ein Glaube, der nicht ohne alle Erinnerung, ohne alles Gebot, von freien Stücken dem Sünder die Sünde verleidet, und ihn umwandelt und erneuert nach Herz, Sinn, Muth und allen Kräften? Der Sünderin zu Seinen Füßen, dem Zachäus durfte der Heiland nicht erst sagen: Gehe hin und fündige nicht mehr! Sie waren schon ganz darin, in der ernstlichen Besserung ihres Lebens. Das mußte Er nur der Ehebrecherin Joh. 8, II. sagen, die auf frischer That ergriffen und mit Gewalt zu Ihm gebracht wurde, in welcher das Werk der Bekehrung erst anfangen sollte. Darum ist es freilich nöthig, bei der Selbstprüfung darauf zu sehen, weß Glaubens man ist, wie das Herz beschaffen ist. Wo. noch die Sünde herrscht, wo noch Lust und Liebe zu irgend einer Sünde übrig ist, wo kein Haß gegen alle böse Neigung vorherrscht, da ist kein redlicher Entschluß im Herzen, wenn er auch auf der Zunge schallt, die uns immer anklebende Sünde abzulegen und bis aufs Blut ihr zu widerstehen, Hebr. 12, 1. 4. Da ist kein sehnlich ernstliches Verlangen, seine Lust fernerhin allein an Gott und Seinem Worte zu haben, Leib und Seele ganz dem Herrn Jesu zum Eigenthum hinzugeben, und dem heiligen Geist das Herz zur bleibenden Wohnung und Werkstätte einzuräumen, damit Er uns immer mehr erleuchten, heiligen und mit Christo vereinigen könne. Wo aber dieser Entschluß auch redlich ist und von Herzen geht, da traut man doch nicht auf eigene Kraft, weil man weiß, wie gar gebrechlich wir und also auch unsere Vorsätze sind. - und niemand gebrechlicher als ich - denkt Jeder, der sich selbst kennt, sondern man hängt sich ganz an den Einen, der uns erkaufet hat mit Seinem Blute, vertraut allein auf Seine Gnade, verharrt im Wachen und Beten um Seinen Beistand, daß Er selbst Sein Eigenthum bewahren. Sein theuer erkauftes Schaflein tragen und heben, und nicht wieder verloren gehen lassen wolle.

O wie Viele betrügen sich, indem sie glauben: sie seien bekehrt und vorbereitet zum heiligen Abendmahl, und haben doch keinen Schatten von diesem Sinn vollkommener Hingabe an ihren Heiland, um nachzujagen der Heiligung, sich zu reinigen von aller Befleckung des Fleisches und des Geistes. Hebr. 12, 14. 2 Cor 7, 1. Manche haben oft den bösen Vorsatz, in der Sünde zu verharren; oder sie sagen einigen Sunden ab, aber nicht allen, solchen nicht, die sie sehr lieben. Die meisten beschränken ihre Bekehrung bloß auf einige . Tage vor und nach dem Abendmahl. Diese machen Christum zum Sündendiener und Sündendeckel, und mißbrauchen das heilige Mahl auf die unverantwortlichste und schrecklichste Weise.

Zwei Bedingungen - die zu merken sind.

Was endlich noch zur würdigen Vorbereitung gehört, ist, vollkommene Versöhnlichkeit mit Feinden und Beleidigern, so wie, so viel in unsern Kräften steht, Erstattung alles Unrechtes und Schadens, den man dem Nächsten verursacht hat.

Die Versöhnlichkeit, oder Aussöhnung und Abbitte ist uns von Christus so sehr und so oft eingeschärft und zur Bedingniß gemacht, daß sie unerläßlich ist, wenn wir würdig zu Seinem Tische kommen wollen. „Versöhne dich mit deinem Bruder, dann komm und opfere deine Gabe.“ Matth. 5, 23. Ist eine Opfergabe im Alten Bunde von einem unversöhnten Herzen dem Herrn nicht wohlgefällig gewesen, wie sollte der Genuß des heiligen Abendmahls gesegnet und nicht ein Gericht sein dem, der ein unversöhnliches Herz mit zum heiligen Tische bringt, und das Fleisch und Blut des Versöhners empfangen will, der für Seine Feinde und Mörder bat? Matth. 5,25. 26. droht Er dem Unversöhnlichen mit dem Kerker, aus dem Keiner mehr herauskommt. Das Gleichniß vom unbarmherzigen Knecht, dem Alles vergeben war, der aber, weil er seinem Mitknecht nicht vergab, den Peinigern überantwortet wurde, bis er die schon nachgelassene Schuld bezahlen würde, zeigt uns deutlich genug, daß uns Gott auch die schon längst vergebenen Sünden wieder anrechnet, wenn wir unserm Nächsten nicht vergeben (Matth. 18.). Und wie könnten wir vor dem heiligen Abendmahl das Unser Vater und in demselben die 5te Bitte aussprechen, mit unversöhnlichem Herzen ohne den Zorn Gottes über uns selbst herab zurufen? Wie schön uns Paulus Col. Z, 12-15 ermahnt, das ist beherzigenswerth und stellt die acht christliche Gemüthsstimmung dar, die ein Tischgenosse des Herrn haben muß. Die Wiedererstattung des Schadens, den wir dem Nächsten in geistlichen und leiblichen Dingen, an seinem ewigen, Heil oder zeitlichem Wohl, an seiner Gesundheit, Ehre oder irdischen Gütern verursacht haben, kann uns niemand schöner lehren, als Zachäus, der gewürdigt wurde, daß der Herr in sein Haus einkehrte. Wem Heil wiederfahren ist, wer wahrhafte Vergebung seiner Sünden hat, der kann wohl nicht anders handeln als Zachäus, und wer anders handeln kann, dessen Hause und Herzen ist noch kein Heil wiederfahren, der hat Jesum noch nicht gesehen, noch erkannt 2 Mos. 22, 2 Sam. 12, Jes. 58, 6.

Es ist an keine Vergebung der Sünden zu denken, wenn das entwendete Gut nicht ersetzt wird, so viel in menschlichen Kräften steht. Wie könnte ein Verführer, der Aergerniß gegeben, oder ein Betrüger, ein Ungerechter, ein Ehrabschneider, Verläumder rc: der solche Schulden auf seinem Gewissen hat, ohne, so viel möglich, allen angerichteten Schaden gut gemacht zu haben, ruhig und mit Segen für seine Seele zum Tische des Herrn gehen - des Herrn, der sich selbst für uns dahingegeben, und unsre Schulden und Ungerechtigkeiten mit seinem Blute und Tode bezahlt hat - bezahlt hat bis auf den letzten Heller, so daß Er sagen konnte: Es ist vollbracht - es ist alles bezahlt.

Wie kann man der Vergebung seiner Sünden gewiß werden?

Bist du der Vergebung deiner Sünden gewiß? Kannst du, darfst du ohne diese Gewißheit zum Tische des Herrn gehen - zu einem Tische, wo man sich eben so leicht den Tod als das Leben, eben so leicht das Gericht und die Verdammniß, als den Segen und die Seligkeit essen und zuziehen kann?

Aber wie kann ich es wissen, ob ich im Gerichte Gottes Vergebung erlangt habe? Paulus sagt: durch den Frieden mit Gott. Wenn die Verdammung im Gewissen aufhört, die Schrecken des Todes weichen, der Sturm der innern Unruhe sich legt, und es im Herzen stille wird; wenn man eine Erquickung von dem Angesichte des Herrn genießt, nach der man sich sehr mühselig und beladen gesehnt hat; wenn einem ist, als wenn man jetzt auf den Achseln des guten Hirten läge; wenn eine Liebe zum Heilande im Herzen sich entzündet, und ein Friede sich dazu gesellt, der höher ist als alle Vernunft, den man nie geschmeckt hat, den die Welt, die Natur, die Vernunft nicht geben kann, der durch Alles, was er in der Seele wirkt, beweist daß er aus Gott und ein göttliches Siegel ist, welches der Herr der begnadigten Seele aufgedrückt hat, daß sie Sein ist Wenn man sich dabei wie im Himmel fühlt, einen Vorschmack des ewigen Lebens hat, worüber man alle Angst, die man vorher durch nichts wegbringen konnte, vergißt, und dem Erbarmer sich so in die Arme senkt, daß man auf immer und ewig sein Eigenthum bleibt.

Wenns so ist in deiner Seele, dann hat der Herr selbst dich absolvirt, und zu dir gesagt: Sei getrost, deine Sünden sind dir vergeben! - Doch ist diese Absolution des Herrn nicht allemal mit solch ausserordentlicher Freudigkeit verbunden. Der Herr findet oft für gut, die Seelen, von denen er voraussieht, daß sie solche Freundlichkeit mißbrauchen und sich erheben würden, länger in leidtragender Traurigkeit und Anfechtungen dahingehen zu lassen, obwohl er ihnen alles vergeben hat, um ihren Glauben desto mehr zu prüfen im Schmelztigel der Leiden, und das Herz desto gründlicher zu erwecken und zu erneuern, und zur völligen Bekehrung zuzubereiten. Freudige Gefühle, süße Empfindungen verschwinden oft bald wieder, verlöschen wie ein Strohfeuer. Hartes Holz wird langsamer angefacht, hält aber länger aus. Wie dem nun immer ist, so müssen wir nicht auf Gefühle und Empfindungen bauen, sondern auf Gottes Wort; müssen die Begnadigung und Vergebung der Sünden mehr aus der veränderten Gesinnung und Richtung des Herzens, aus dem geheiligten Willen und der Erneuerung des Geistes unsers Gemüths wahrnehmen, als aus der freudigen Empfindung. Wenn das Herz ganz zu Gott gekehrt, der Wille entschieden alles Böse haßt und nur dem Herrn anhängt, wenn aufrichtige Reue, Erkenntniß und Bekenntniß der Sünde, fester Entschluß, nun und nimmermehr der Welt, dem Fleisch und dem Satan zu dienen, sondern dem Herrn Jesu nachzufolgen und sein ewiges Eigenthum zu sein; wenn der zweifellose Glaube und das lebendige Vertrauen: Christi Blut und Gerechtigkeit ist mein Schmuck und Ehrenkleid - die ganze Seele einnimmt, und der Mund aus der Fülle des Herzens bekennt: Im Herrn habe ich Gerechtigkeit und Stärke, so ist kein Zweifel - denn Gottes Wort bezeugt es - daß dir vergeben ist, daß dich der Herr absolvirt und angenommen hat als sein theuer erkauftes Eigenthum. Besonders wenn es sich nachher auch wirklich durch wahre Besserung erweiset, daß du wirklich im Herrn auch Stärke, d. i. die Gerechtigkeit des Lebens, so wie Vergebung erlangt hast. Jes. 45, 24.

Hast du im Herrn wirklich Gerechtigkeit (des Lebens, nicht nur des Glaubens) und Stärke, eine Stärke, das Böse zu überwinden und dem Guten anzuhangen; die Eingebungen des Satans, der Welt und des Fleisches zu verachten, Gottes Wort zu lieben und des Geistes Trieb zu folgen, nach Gerechtigkeit zu hungern und zu dursten, und dich von der Welt rein und unbefleckt zu bewahren, so hast du so mehr Beweise der Vergebung, der Rechtfertigung als einer, der die süßesten Empfindungen aber kerne Kraft hat, sich selbst zu verläugnen, die Welt zu überwinden, den Versuchungen zu widerstehen, und sich von den Fesseln seiner herrschenden Sünden und Lieblings - Neigungen loßzureißen. Sollte auch deine Kraft Anfangs nur klein sein, so wie die eines Kindes, eines neugebornen Kindleins ist, daß du dann wie ein solches nach der lautern Milch weinend verlangst, und nach der Gerechtigkeit hungerst und dürstest, so bist du von Christo schon selig gepriesen, und also absolvirt. Matth. 6, 5. Solchen Kindlein schrieb Johannes, daß ihnen die Sünden vergeben sind wie den Vätern, die erkannt haben den von Anfang, wie den Jünglingen, die den Bösewicht überwunden haben, die da stark sind und das Wort Gottes bewahren 1 Joh. 2, 12 bis 14. Wer nur etwas davon erfahren hat und sich bewußt ist, daß er gern seinem Gott und Heiland ganz allein gefallen möchte, wenn der Geist das Abba! Vater! in seinem Herzen anstimmt und ihm das Zeugniß einer aufrichtigen Sinnesänderung und eines redlichen Willens giebt, jede vorsätzliche Sünde und Abweichung des Herzens vom Herrn zu meiden, so daß es in ihm heißt: Lieber todt als ungetreu! der versündigt sich, wenn er zweifelt an der Vergebung seiner Sünden und an der Gnade des Herrn

Wer aber von einer ernsten, aufrichtigen Buße und Sinnesänderung, von einer herzlichen Reue über seine Sünden, von einem entschiedenen Willen und geistlicher Stärke, von der Herrschaft der Sünde sich loszureißen und nur der Gerechtigkeit zu dienen, wie er vorher der Sünde gedient hat, und in den Wegen des Herrn zu wandeln; wer von allem dem nichts weiß, noch wissen will; wer vielmehr in der Sünde, Lauigkeit, geistlichen Trägheit und Sicherheit verharren will; wen nicht Hunger nach dem Lebensbrod, sondern nur Gewohnheit oder eine andere unreine Absicht zum Abendmahl treibt, der betrügt sich, wenn er glaubt, er sei absolvirt, und habe Vergebung und Gnade gefunden.

Wer unwürdig ißt und trinkt - ißt und trinkt das Gericht.

Würdig an sich, und aus sich selbst ist kein Mensch und kein, Engel - aber aus Gnaden werden wir würdig geachtet vor Gott durch Christum. Unwürdig aber ist bestimmt jeder, her noch unbekehrt ist, und keinen Trieb hat sich zu bekehren, der noch die Sünde herrschen läßt in seinen sterblichen Gliedern, in allen oder in einem; der die Sünden alle, oder auch nur eine vorsätzlich liebt, übt, oder doch ausüben möchte, wenn er nur könnte und dürfte. Ein solcher ist ein Knecht der Sünde, der Vergebung nicht empfänglich, - er ist noch in Sünden und kann das Abendmahl nicht würdig empfangen, wenn er auch einen äußern Schein der Gottseligkeit hat.

Gläubige, begnadigte Kinder Gottes haben zwar auch noch Sünden an sich, die manchmal sie noch zu beherrschen scheinen. Das bekennen selbst die Apostel: 1 Joh. 1, 8. So wir sagen, wir haben keine Sünde :rc, und Hebr. 12, 1 daß ihnen die Sünde noch immer anklebe, und sie träge macht. Deßwegen werden wir auch ermahnt, die anklebende Sünde abzulegen, das Fleisch sammt seinen Lüsten und Begierden, die also auch noch da sind, zu kreuzigen, sich von allen Befleckungen des Fleisches und Geistes zu reinigen, 1 Petr. 3, 1. Eph. 4, 22. Gal. 5, 24. 2 Cor. 7 1. nein sie lassen doch die Sünden, die ihnen noch ankleben, nicht herrschen, wie die unbußfertigen Gewohnheitssünder, oder Sünder von Profession, die die Sünden wie Wasser hineintrinken. Es regen sich in den frömmsten Menschen böse Lüste und Begierden; sobald sie aber sie als böse wahrnehmen, blicken sie auf Christum, und behandeln sie wie einen Feuerfunken, der in's leicht zündbare Stroh gefallen ist, sie zertreten ihn, und sind frei. Sie willigen nicht ein, und wünschen nichts Sehnlicheres, als frei zu sein von dieser Plage, wie Paulus vom Pfahl im Fleische. Und wenn sie auch öfters zu wirklichen Fehlern und Sünden sich hinreißen lassen, so geschichts aus Uebereilung oder angeborner Schwachheit ihrer Natur, besonders starker Hinneigung ihres Temperaments, oder andern Ursachen und Versuchungen; aber gewiß nicht vorsätzlich, muthwillig oder leichtsinnig. Weßwegen sie auch, sobald die Sünde geschehen ist, sie herzlich beweinen, verabscheuen, sich anklagen und beugen, um Vergebung und Gnade bitten, um so vorsichtiger wandeln, Gelegenheit meiden, um sich bewahren zu können. Wer aber muthwillig, leichtsinnig, vorsätzlich sündigt, ohne nachher Reue zu fühlen, ohne sich zu beugen und zu bekennen seine Schuld, und sich ganz zu bekehren, der ist kein Schwachheits-, sondern ein Bosheitssünder, er hat keinen Antheil an dem theuren Leib und Blut Christi.

Die Gläubigen sind Ueberwinder der Sünde, die Unbußfertigen, Ueberwundene, Sklaven der Sünde, entweder in fleischlicher Sicherheit, in der sie, voll Sündenlust und Liebe, sich weder vor Gott noch vor Strafe fürchten, oder doch nur einen Augenblick vor der Hölle erschrecken: Hiob. 21, 12 oder in gesetzlicher Knechtschaft leben, wo sie auch die Sünde lieben, aber sich vor Gott und seinem Zorngerichte fürchten, und zwar vor der Strafe, aber nicht von der Lust und Herrschaft der Sünde frei sein möchten. Sie sündigen theils aus Verzweiflung, theils aus falschem Vertrauen auf Gottes Barmherzigkeit, und in diesem Zustande können sie weder Vergebung der Sünden erlangen, noch würdig zum heil. Abendmahl gehen, weil sie die Werke des Teufels lieben und üben und der Gnadenordnung nur spotten, und keinen, oder keinen andern Glauben haben als die Teufel auch haben Jak. 2, 19. Dennoch gehen oft solche freche Sünder zum heiligen Abendmahl, weil sie den Leib und das Blut des Herrn nicht unterscheiden von einer gemeinen Speise, und glauben, das Heilige gehöre auch für die Hunde, und die Perlen für die Säue. Matth. 7, 6.

Wen dürstet, der komme.

Es gibt aber Sünder, welche die Sünde mit rechten, Ernst hassen, und Gnade suchen mit großem Verlangen, um ihr Leben zu bessern, und Gottes Gebote zu halten; sie meinen es redlich, und ihr Geist ist ohne Falsch Ps. 32, 2. sie sind aber doch der Vergebung ihrer Sünden noch nicht versichert, oder können es wenigstens, nicht glauben, weil sie noch öfter von der Sünde überfallen werden, oder weil ihnen der Trost, den sie bisweilen von Gott empfangen, nicht genug ist, und sie einen höhern Grund begehren; oder weil sie glauben, noch nicht genug Bußtraurigkeit gehabt zu haben. Solche Sünder haben schon Vergebung, oder sind ihrer doch empfänglich, sind unter die Kranken zu zählen, die zum Arzte kommen und die Arznei einnehmen sollen, nicht nur dürfen; sie sind hungrig, darum sollen sie essen, sie sind durstig, darum sollen sie trinken; sie sind mühselig und beladen, darum sollen sie Erquickung bei Christo suchen; wer sich elend fühlt, der soll kommen, er soll essen und satt werden. Ps. 22, 27, denn der Herr ist nahe denen, die zerbrochenen Herzens sind rc. Ps. 34, 19. Jes. 66, 2.

Wer sich elend und geistlich arm fühlt, die Sünde haßt, Leid trägt, und wenn er gleich noch manchmal von ihr übereilt und verwundet wird, doch die Sünde redlich haßt, und nach Gerechtigkeit hungert, der soll, wenn er auch keine so große Traurigkeit, oder keinen so großen Trost fühlt, als er wünscht, dennoch glauben, daß ihm vergeben sei, er soll die Vergebung nicht auf Empfindung, sondern auf Gottes Wort und Christi Verdienst bauen, gegen allen Widerspruch und alle Unruhe des eignen Herzens, gegen alle Zweifel und Verdammung des Gewissens, gegen alle feurigen Pfeile des Bösewichts; er muß sich, und wenn sich auch ein Heer gegen ihn lagert, hindurch glauben, zu Jesu hin, der ihn allein heilen kann Ps 27, 2.

Gottes Tisch ist für Gottes Kinder.

Gottes Kinder sind diejenigen, die das Leben aus Gott haben - wiedergeboren sind durch das Wort Gottes und den heiligen Geist, und mit Christo in Gott ein verborgenes Leben führen, die nicht nur die Versicherung der Vergebung ihrer Sünden, sondern auch das Pfand des heil. Geistes haben, der ihnen das unaussprechliche Zeugniß giebt, daß sie Kinder und Erben Gottes sind, der in ihnen wohnet und fürbittet rc. Röm. 8. Col. 3, 3.

Wenn aber auch solche Kinder Gottes noch viele Schwachheiten und Fehler haben, oder manchmal gar noch vorsätzlich fallen und sündigen, so sollen sie sich deßwegen doch nicht ausschließen vom heiligen Abendmahl, sondern sich ungesäumt aufmachen und zum Vater und zum Heiland kommen, ihre Sünden herzlich bereuen und beweinen. Wenn sie von Gottes Tisch wegbleiben, so werden sie nicht stärker und besser, und können nach und nach das Kinderrecht wieder verlieren. Gott ist ein lieber Vater, der Geduld hat mit den Fehlern seiner Kinder, so lang sie redlich sind; und Christus hat Mitleiden mit unserer Schwachheit. Hebr. 4, 15. Der das zerstoßene Rohr nicht zerbricht, und den glimmenden Docht nicht auslöscht, Jes. 42. 3. Sie müssen aber doch dadurch lernen, über sich selbst und die wieder erlangte Gnade besser zu wachen, damit nicht, wenn die Schwachheit und die Sünde sich öfter wiederholt, sie durch Betrug der Sünde ein verstocktes Herz bekommen. - Oft entzieht aber Gott auch seinen starken Kindern das Gefühl seiner Gnade, und verbirgt sich ihnen, daß sie matt und müde werden, und in tiefe Ohnmacht versinken, daß sie jammern und seufzen, wie der Mann nach Gottes Herzen in seinem Psalm. Sie mögen nun aus eigner Schuld oder aus besondern Absichten Gottes in diesen Zustand versetzt werden, so sollen sie doch nicht den Gnadentisch des Herrn meiden, sondern gerade in dem Herrn, im Genusse seines Leibes und Blutes wieder neue Kraft und Stärke suchen, daß sie wieder auffahren mit Flügeln, wie die Adler, daß sie wieder laufen lernen, ohne matt zu werden, wieder wandeln können, ohne müde zu werden. Jes. 40, 31. - Was sollen aber alte, erfahrne, bewährte Christen, wenn sie auf einmal in hohe geistliche Anfechtungen fallen, und vom Satan wie mit Fäusten geschlagen werden, und durch das anhaltendste und eifrigste Gebet nicht los werden können wie der alte Paulus? Sie sollen sagen: Ob ich schon wandelte im finstern Thale,. fürchte ich kein Unglück, denn du bist bei mir, dein Stecken und Stab trösten mich. Du bereitest vor mir einen Tisch im Angesicht meiner Feinde. Ps. 23, 4. 5. und Ps. 27, 1, 2. Wer aber hohe Anfechtungen hat, der tröste sich mit Hiob 6, 4, 30, 20 - mit David, Ps. 13, 2, 31, 23, 77 8 - 110, 3, daraus kann man sehen, wie weit es der Herr mit seinen Auserwählten kommen läßt, und sie doch erhält mit seiner verborgenen Hand. Seine Absicht ist, daß der Glaube rechtschaffen und köstlicher werde als Gold im Feuer 1 Petr. 1, 6,7. Diese sind die Mühseligsten und Beladensten - sollen sie nicht kommen? sich nicht erquicken dürfen?

An Gottes Tisch essen alle Kinder Gottes von derselben Speise, wie in jeder Familie, sie seien noch kleine, schwache Anfänger, oder schon erwachsene, starke Jünglinge, oder bewährte, erfahrne und vielgeprüfte Männer in Christo - dieselbe Speise nähret Alle, befördert Alle zu größerm Wachsthum, daß aus den Kindern Jünglinge, aus den Jünglingen Männer werden.

Hat er auch Gaben für die Abtrünnigen?

Ja wohl, genug, wenn sie wieder umkehren und Gnade suchen. Wer ist denn aber ein Abtrünniger? der sich ganz wieder von Christo und seiner Gnade getrennt, und in beharrliche Irrthümer des Verstandes, oder in geistlichen Hochmuth, falsche Freiheit des Fleisches, oder in Lauigkeit und Trägheit, oder in andere grobe Laster und Sünden gefallen ist, und darin beharret.

Man unterscheide wohl einen Anfall und Rückfall von dem Abfall und der Abtrünnigkeit. Anfälle der Sünde, und sogar listige, gewaltige Anfälle des Teufels müssen alle Fromme und Gläubige leiden, dagegen haben sie die göttliche Waffenrüstung Ephes. 6, 12 - Rückfälle kommen bei Unwachsamen, auch wohl Unbeständigen vor, aber sie stehen wieder auf, kehren wieder zurück, und es dient ihnen oft in der Hand Gottes zur Bewahrung vor Hochmuth, Leichtsinn und gänzlichem Abfall, welcher darin besteht, wenn man sich von der Sünde und Gewalt des Satans ganz gefangen nehmen läßt, und ein freiwilliger Sklave wird.

Der gefährlichste Abfall ist: der geistliche Hochmuth und die Aufgeblasenheit, die da spricht: Ich bin reich, und habe gar satt. Off. 3, 17. so wie der Mißbrauch der evangelischen Freiheit, da man unter dem Vorwande, daß das Evangelium uns frei mache von gesetzlicher Aengstlichkeit, sich dem fleischlichen, irdischen Wesen hingiebt, und sich nach und nach alles erlaubt, was den Sinnen gelüstet, mit dem falschen Trost: Christi Blut sei für Alles gut. In diesem Wahn ergeben sie sich dem Geiz oder der Weichlichkeit und Wollust, machen sich mit der Welt lustig rc. oder dem Ehrgeiz, und streben nach der Ehre und dem Lob der Menschen, schämen sich Christi und des wahren Christenthums. Solche Menschen machen das Evangelium und Christum zum Deckel der Bosheit 1 Petr. 2, 15. Solche Abtrünnige und Abgefallene, die ihr geistliches Leben ganz verloren haben, dürfen nicht zum heiligen Abendmahl gehen, so lange sie nicht durch wahre Buße wiederkehren, wieder lebendig werden und Gnade erlangen; sie sollen bedenken, was der Herr spricht: Hebr. 10, 33. Off. 2, 5, 3 16. und besonders 2 Petr 2, 20 - 22. Es ist aber für sie nicht alle Hoffnung verloren: denn der Herr hat Gaben empfangen auch für sie - für die Abtrünnigen. Ps. 68. 19. Er hat den Gefallenen Off. 2, 5. und 3,18. selbst Buße und Rückkehr befohlen, und ihnen die Mittel dazu angeboten, sie ihnen umsonst zu geben versprochen; er hat ihnen dadurch selbst seine Hand geboten. Aber sie müssen dieselbe schnell ergreifen und nicht säumen sich zu bekehren, ehe sie der Herr gänzlich verlasset, und sie in einem ganz verkehrten Sinn dahin giebt, oder der Verhärtung ihres Herzens überläßt, d. h. sie verstockt.

O sprich doch nicht: es ist noch Zeit;
Ich muß erst diese Lust genießen;
Gott wird ja eben nicht gleich heut
Die offne Gnadenthüre schließen;
Nein, weil er ruft, so höre du.
Und greif mit beiden Händen zu.
Wer seiner Seele Heil (Hbr. 4,7.) verträumet,
Der hat die Gnadenzeit versäumet.
Ihm wird hernach nicht aufgethan.
Heut komm, heut nimmt dich Jesus an.

Gottes Tisch ist auch für arme Sünder.

Es giebt Gläubige, die wirklich Gnade erlangt haben, aber sich derselben nicht freuen können, sondern fast immer ängstlich sind, und wenn sie gleich nicht unter die verworfenen Verzagten Off. 21, 8 zu zählen sind, doch oft mit Verzagtheit zu kämpfen haben, aber doch nicht verzagen, und noch nicht Alles verloren geben, denn Gott führt sie aus weisen Absichten einen verborgenen, dunklen Weg; oder sie werden von Andern, die es nicht verstehen, oder von ihrem eigenen schwermüthigen Geblüt, oder von falschen Begriffen und Mangel an Erkenntniß, oder durch vernachlässigte Treue und Wachsamkeit so irre geführt, daß sie beständig klagen, seufzen und keine frohe Stunde haben.

Sollen solche geplagte Seelen denn auch zum Abendmahl gehen? Was nützt nicht, wenn ihnen ihr Gewissen bezeugt, daß sie die Sünde hassen, mit Vorsatz in keine Sünde einwilligen, ihr sündliches Elend tief gebeugt fühlen, und gern davon frei sein möchten. Wenn sie nach Jesum und seiner Gnade und Hülfe sehnlich verlangen, und sie gern von ihrer Angst und Noch durch ihn erlöst und sein ganzes Eigenthum, ihm zur Ehre und Freude sein möchten. Solche Seelen sind keine Knechte der Sünde, keine Feinde Gottes, sondern die kranken Schafe des guten Hirten, dessen Gnadenarbeit schon an ihnen zu merken ist; darum fühlen sie sich elend und arm, krank und verwundet, schüchtern und blöde, hungrig und durstig, mühselig und beladen. Warum sollten solche arme Schafe den Hirten und seinen Schooße fliehen - warum solche Kranke nicht zu dem freundlichen Arzt und liebreichen Heiland kommen, der sich der Kranken, Armen, Elenden so gern annimmt? Ps. 22, 27, 34, 19. der in den Tagen seines Fleisches so gern unter solchen Leuten gewesen ist, so eifrig das Verlorne suchte, und noch immer das Verirrte wiederzubringen, das Verwundete zu verbinden und das Schwache zu warten pflegt, Ezech. 21, 16. der so theuer verspricht: Ich will die müden Seelen erquicken, und die bekümmerten Seelen sättigen. Sie sollen aber nicht immer so ängstlich bleiben, sondern durch das heilige Abendmahl Christum und den Reichthum seiner Gnade besser kennen und ergreifen lernen, und mit all ihrem Elend eine Freistätte in seinen Wunden finden, und aus seiner Fülle Gnade um Gnade nehmen lernen. Was, wenn das Wort Gottes nicht hinreicht sie zu trösten, kann sie besser beruhigen und aufrichten, das der Leib und das Blut des Herrn, für uns dahingegeben - für uns vergossen? - Darum heißt er ja der Sünder- und Zöllner-Gesell; darum läßt er es sich so gerne nachsagen: Er nimmt die Sünder an und ißt mit ihnen.

Mein Heiland nimmt die Sünder an,
die unter ihrer Last der Sünden
kein Mensch, kein Engel trösten kann,
die Nirgends Ruh und Rettung finden,
den'n selbst die weite Welt zu klein,
die sich und Gott ein Gräuel sein,
den'n Moses schon den Stab gebrochen,
und sie der Hölle zugesprochen,
wird diese Freistatt aufgethan:
mein Heiland nimmt die Sünder an!

2. Sein mehr als mütterliches Herz
trieb ihn von seinem Thron auf Erden:
ihn drang der Sünder Weh und Schmerz,
an ihrer Statt ein Fluch zu werden;
er senkte sich in ihre Noth,
und schmeckt' für sie den bittern Tod.
Nachdem er nun sein eigen Leben
zur theuren Zahlung hingegeben,
und für die Welt genug gethan,
so heißts: er nimmt die Sünder an.

3. Nun ist sein aufgethaner Schooß
ein sichres Schloß gejagter Seelen:
er spricht sie von dem Urtheil los,
und tilget bald ihr ängstlich Quälen;
es wird ihr ganzes Sündenheer
ins unergründlich tiefe Meer
von seinem reinen Blut versenket,
und ihn'n der heilge Geist geschenket
zum Führer auf der Gnadenbahn:
mein Heiland nimmt die Sünder an.

4. So bringt er sie zum Vater hin,
in seinen blutbefloßnen Armen:
das neiget dann den Vatersinn
zu lauter herzlichem Erbarmen:
er nimmt sie an, an Kindesstatt;
ja alles, was er ist und hat,
wird ihnen eigen übergeben;
die Thüre zu dem ew’gen Leben
wird ihnen fröhlich aufgethan.
Mein Heiland nimmt die Sünder an.

5. O solltest du sein Herze sehn,
wie sichs nach armen Sündern sehnet,
sowohl, wenn sie noch irre gehn,
als wenn ihr Auge vor ihm thränet!
wie streckt er sich nach Zöllnern aus;
wie eilt er in Zachäi Haus;
wie sanft stillt' er der Magdalenen
den milden Fluß der Sünderthränen,
und denkt nicht, was sie sonst gethan:
mein Heiland nimmt die Sünder an.

6. Wie freundlich blickt er Petrum an,
ob er gleich noch so tief gefallen!
nun dies hat er nicht nur gethan,
da man ihn sah auf Erden wallen:
nein, er ist immer einerlei,
gerecht und fromm und ewig treu:
wie er war unter Schmach und Leiden,
so ist er auf dem Thron der Freuden
den Sündern liebreich zugethan.
Mein Heiland nimmt die Sünder an.

7. So komme dann, wer Sünder heißt,
und wen sein Sündengräul betrübet,
zu dem, der Keinen von sich weist,
der sich gebeugt zu ihm begiebet.
Wie willst du dir im Lichte stehn
und ohne Not verlorengehn?
Willst du der Sünde länger dienen
da dich zu retten er erschienen?
O nein, verlaß die Sündenbahn!
Mein Heiland nimmt die Sünder an.

8. Komm nur mühselig und gebückt,
komm nur, so gut du weißt zu kommen;
wenn gleich die Last dich niederdrückt,
du wirst auch kriechend angenommen.
Sieh, wie sein Herz dir offen steht,
und wie er dir entgegen geht!
wie lang hat er mit vielem Flehen
sich brünstig nach dir umgesehen?
so kommt dann allesammt heran:
mein Heiland nimmt die Sünder an.

9. Sprich nicht, ich hab's zu grob gemacht,
ich hab die Güter seiner Gnaden
so schändlich und so lang veracht't;
er hat mich oft umsonst geladen:
wofern du's nur itzt redlich meinst,
und deinen Fall mit Ernst beweinst;
so soll ihm nichts die Hände binden,
und du sollst noch Genade finden;
er hilft, wenn sonst nichts helfen kann.
Mein Heiland nimmt die Sünder an.

Doch sprich auch nicht: es ist noch Zeit,
ich muß erst diese Lust genießen;
Gott wird ja eben nicht gleich heut
die offnen Gnadenpforten schließen.
Nein, weil er ruft, so höre du,
und greif mit beiden Händen zu;
wer seiner Seelen Heut verträumet,
der hat die Gnadenzeit versäumet;
ihm wird hernach nicht aufgethan.
Heut komm, heut nimmt dich Jesus an.

11. Ach zeuch mich selbsten recht zu dir,
holdselig süßer Freund der Sünder!
erfüll mit sehnender Begier
auch uns und alle Menschenkinder.
Zeig uns bei unserm Seelenschmerz
dein aufgespaltnes Liebesherz;
und wenn wir unser Elend sehen,
so laß uns ja nicht stille stehen,
bis daß ein jeder sagen kann:
Gott Lob! auch mich nimmt Jesus an.

Cookies helfen bei der Bereitstellung von Inhalten. Diese Website verwendet Cookies. Mit der Nutzung der Website erklären Sie sich damit einverstanden, dass Cookies auf Ihrem Computer gespeichert werden. Außerdem bestätigen Sie, dass Sie unsere Datenschutzerklärung gelesen und verstanden haben. Wenn Sie nicht einverstanden sind, verlassen Sie die Website.Weitere Information
autoren/g/gossner/gossner_abendmahl.txt · Zuletzt geändert: von 127.0.0.1
Public Domain Falls nicht anders bezeichnet, ist der Inhalt dieses Wikis unter der folgenden Lizenz veröffentlicht: Public Domain