Gerok, Karl von - Andachten zum Psalter - Psalm 69.

Gerok, Karl von - Andachten zum Psalter - Psalm 69.

**(1) Ein Psalm Davids von den Rosen, vorzusingen. (2) Gott, hilf mir; denn das Wasser geht mir bis an die Seele. (3) Ich versinke im tiefen Schlamm, da kein Grund ist; ich bin im tiefen Wasser, und die Flut will mich ersäufen. (4) Ich habe mich müde geschrien, mein Hals ist heisch; das Gesicht vergeht mir, dass ich so lange muss harren auf meinen Gott. (5) Die mich ohne Ursache hassen, derer ist mehr, denn ich Haare auf dem Haupt habe. Die mir unbillig feind sind, und mich verderben, sind mächtig. Ich muss bezahlen, das ich nicht geraubt habe. (6) Gott, du weißt meine Torheit, und meine Schulden sind dir nicht verborgen. (7) Lass nicht zu Schanden werden an mir, die deiner harren, Herr Herr Zebaoth. Lass nicht schamrot werden an mir, die dich suchen, Gott Israels. (8) Denn um deinetwillen trage ich Schmach, mein Angesicht ist voller Schande. (9) Ich bin fremd geworden meinen Brüdern, und unbekannt meiner Mutter Kindern. (10) Denn ich eifere mich schier zu Tode um dein Haus, und die Schmähungen derer, die dich schmähen, fallen auf mich. (11) Und ich weine, und faste bitterlich, und man spottet meiner dazu. (12) Ich habe einen Sack angezogen; aber sie treiben das Gespött daraus. (13) Die im Tor sitzen, waschen von mir, und in den Zechen singt man von mir. (14) Ich aber bete, Herr, zu dir zur angenehmen Zeit; Gott, durch deine große Güte, erhöre mich mit deiner treuen Hilfe. (15) Errette mich aus dem Kot, dass ich nicht versinke, dass ich errettet werde von meinen Hassern, und aus dem tiefen Wasser; (16) Dass mich die Wasserflut nicht ersäufe, und die Tiefe nicht verschlinge, und das Loch der Grube nicht über mir zusammengehe. (17) Erhöre mich, Herr, denn deine Güte ist tröstlich, wende dich zu mir, nach deiner großen Barmherzigkeit, (18) Und verbirg dein Angesicht nicht vor deinem Knechte; denn mir ist angst, erhöre mich eilend. (19) Mache dich zu meiner Seele, und erlöse sie; erlöse mich um meiner Feinde willen. (20) Du weißt meine Schmach, Schande und Scham; meine Widersacher sind alle vor dir. (21) Die Schmach bricht mir mein Herz, und kränket mich. Ich warte, ob es jemand jammerte, aber da ist niemand; und auf Tröster, aber ich finde keine. (22) Und sie geben mir Galle zu essen, und Essig zu trinken, in meinem großen Durst. (23) Ihr Tisch müsse vor ihnen zum Strick werden, zur Vergeltung und zu einer Falle. (24) Ihre Augen müssen finster werden, dass sie nicht sehen; und ihre Lenden lass immer wanken. (25) Gieße deine Ungnade auf sie, und dein grimmiger Zorn ergreife sie. (26) Ihre Wohnung müsse wüste werden, und sei niemand, der in ihren Hütten wohne. (27) Denn sie verfolgen, den du geschlagen hast, und rühmen, dass du die Deinen übel schlägst. (28) Lass sie in eine Sünde über die andere fallen, dass sie nicht kommen zu deiner Gerechtigkeit. (29) Tilge sie aus dem Buch der Lebendigen, dass sie mit den Gerechten nicht angeschrieben werden. (30) Ich aber bin elend, und mir ist wehe. Gott, deine Hilfe schütze mich. (31) Ich will den Namen Gottes loben mit einem Liede, und will ihn hoch ehren mit Dank. (32) Das wird dem Herrn besser gefallen, denn ein Farren1), der Hörner und Klauen hat. (33) Die Elenden sehen es, und freuen sich, und die Gott suchen, denen wird das Herz leben. (34) Denn der Herr hört die Armen, und verachtet seine Gefangenen nicht. (35) Es lobe ihn Himmel, Erde und Meer, und alles, das sich darinnen reget. (36) Denn Gott wird Zion helfen, und die Städte Judas bauen, dass man daselbst wohne, und sie besitze. (37) Und der Same seiner Knechte wird sie ererben, und die seinen Namen lieben, werden darinnen bleiben.

Dieser Psalm ist wieder eins von den großen, gewichtigen Reichskleinodien an der goldenen Psalmenkette, einer von den messianischen Psalmen, d. H. ein Psalm, in welchem der heilige Geist dem Sänger solche Worte in den Mund gelegt hat, die, ohne dass er selber es klar wusste, über ihn hinausweisen auf den Messias hin; solche Worte, die zwar auch schon im Munde des ursprünglichen Sängers, also hier des David, ihren natürlichen Sinn und Bedeutung hatten, die aber erst Jahrhunderte nachher in der Person Jesu ihren tiefsten Sinn, ihre höchste Bedeutung, ihre eigentliche Erfüllung fanden. Wollen wir also diesen Psalm recht verstehen und gründlich auslegen, so dürfen wir dabei nicht bloß auf David blicken, dessen Bild dort von der Orgel niederschaut, sondern wir müssen uns damit unter das Kreuz Jesu stellen, das dort vom Chor auf uns herniederleuchtet, und müssen sehen, wie dieses Klagelied eines leidenden Gerechten erst an ihm, dem göttlichen Dulder, vollkommen erfüllt worden ist, uns zum Trost und zum Heil und zu einem himmlischen Vorbild. „Der leidende Gerechte,“ das ist die Überschrift, die wir über den Psalm sehen können. Wir vernehmen:

  1. Seine schmerzliche Klage, V. 2-10;
  2. Seine sichere Zuflucht, V. 11-22;
  3. Seine furchtbare Drohung, V. 23-29;
  4. Sein frommes Gelübde, V. 30-33;
  5. Seine herrliche Hoffnung, V. 34-37.

Also:

1) Seine schmerzliche Klage, V. 2-10.

So rührend und beweglich wie hier finden wir kaum eine Klage im ganzen Psalmbuch, das doch recht ein Buch der Tränen ist. Ist auch ein Schmerz wie mein Schmerz? dieses Gefühl zittert und bebt gleichsam hier in jedem Vers und jedem Wort. Sein ganzes Leiden legt der Sänger offen dar vor Gottes und vor unsern Augen. Wie tief dieses Leiden sei, vernehmen wir:

V. 2. 3: „Gott, hilf mir; denn das Wasser geht mir bis an die Seele. Ich versinke im tiefen Schlamm, da kein Grund ist; ich bin im tiefen Wasser und die Flut will mich ersäufen.“ Wie Josef von seinen Brüdern in die schlammige Zisterne versenkt wurde, wie sie den Propheten Jeremias in die schmutzige Wassergrube geworfen haben, so sieht auch David sich bildlich gleichsam in die Wassergrube geworfen, wo er im Schlamme des Abgrundes keinen festen Fuß fassen kann und die Flut ihn fortzuschwemmen droht. Dieses Bild ist auch uns verständlich. Was das heißen will, wörtlich und leiblich: „Das Wasser geht mir bis an die Seele und die Flut will mich ersäufen,“ das haben im Frühling dieses Jahres viele unserer armen Brüder im Land mit Entsetzen erfahren, und wir haben mit Schauder und Mitleid von ihrer Wassersnot und ihrem Wassertod gelesen. Aber wenn uns Gott auch vor solch leiblichen Wassersnöten gnädig bisher bewahrt hat, bildlich heißt's ja doch jetzt auch bei uns: Das Wasser geht mir an die Seele; die Heimsuchungen Gottes rauschen uns oft übers Haupt wie eine brausende Wasserflut, und wenn vollends menschliche Bosheit ihren Schmutz darunter mengt und uns zu Fall zu bringen sucht, dann heißt's auch bei uns: Ich versinke im tiefen Schlamm, da kein Grund ist. Aber dann, Seele, denk an den, der tiefer hinabgestiegen ist in die Tiefen der Trübsal als irgend ein Sterblicher; denk an den, der aus solchen Tiefen rufen musste: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen, und strafe dich selbst und tröste dich selbst: Ich habe viel gelitten, doch Jesus litt noch mehr. - Nicht nur tief ist sein Leiden, auch lang:

V. 4: „Ich habe mich müde geschrien, mein Hals ist heisch; das Gesicht vergeht mir, dass ich so lange muss harren auf meinen Gott.“ Die Stimme ist ihm heiser worden vom langen Schreien, die Augen sind ihm dunkel worden vom ewigen Ausblick um Hilfe, und noch hört er keine Antwort, noch sieht er keine Hilfe. Seele, wenn's auch bei dir heißt: Wie lange, Herr, wie lange! wenn auch du klagen musst einmal übers andere: Hüter, ist die Nacht bald hin?

dann mach's wie der große Dulder in Gethsemane, halt an am Gebet:

Geduldig Lamm, wie hältst du stille
Und im Gebete dreimal an!
Dabei ist auch für mich dein Wille,
Dass ich soll tun, wie du getan;
Hilft Gott nicht gleich aufs erste Flehn,
So darf ich wieder vor ihn gehn!

Aber nun kommt erst die bitterste Klage. Sein Leiden ist auch unverdient:

V. 5: Die mich ohne Ursache hassen, derer ist mehr, denn ich Haare auf dem Haupt habe. Die mir unbillig feind sind und mich verderben, sind mächtig. Ich muss bezahlen, das ich nicht geraubt habe.“

V. 8: Um deinetwillen trage ich Schmach, mein Angesicht ist voller Schande.“

V. 10: „Ich eifere mich schier zu Tode um dein Haus, und die Schmähungen derer, die dich schmähen, fallen auf mich.“ Es liegt freilich ein süßer Trost darin, wenn der Leidende sagen darf: Sie hassen mich ohne Ursache; und schon von dem frommen griechischen Weisen Sokrates wird erzählt, als er unschuldig zum Giftbecher verdammt worden war und seine Frau bei ihrem letzten Besuch im Kerker darüber jammerte, dass er so unschuldig sterben müsse, habe er sie lächelnd gefragt: Möchtest du lieber, dass ich schuldig sterbe? Aber für einen, der an Gottes Gerechtigkeit glaubt und für Gottes Sache kämpft, ist's doch ein bitterer, oft fast unerträglicher Gedanke: Ich muss schuldlos leiden; ich habe Recht und behalte doch Unrecht; ich meine es gut und habe es doch so schlimm; ich eifere mich schier zu Tod für Gott und seine Sache und richte doch nichts aus. Nun, Seele, wenn dir's so zu Mut ist, dass du bitterlich weinend klagst mit David: Sie hassen mich ohne Ursache; dass du mit Elias die Hand möchtest vom Pfluge ziehen und dich verzweifelt unter den Wachholder werfen in der Wüste: Es ist nun genug, Herr, nimm meine Seele von mir; dann strafe dich selbst: nein, es ist genug dann wann mein Jesus will. Frage dich selbst: Darf ich denn auch sagen wie er, der heilige Dulder: Sie hassen mich ohne Ursache? oder muss ich nicht sagen: Ich hab's doch verdient, wenn nicht diesmal, doch ein andermal, wenn nicht an diesen, so doch an andern, wenn nicht an Menschen, so doch an Gott? Muss ich nicht mit dem Schächer am Kreuze bekennen: Wir empfangen, was unsere Taten wert sind, dieser aber hat nichts Ungeschicktes gehandelt? Muss ich nicht sagen mit David im Psalm V. 6: „Gott, du weißt meine Torheit und meine Schulden sind dir nicht verborgen?“ Kann ich mich auch rühmen wie der große Gottessohn: Ich eifere mich schier zu Tode um dein Haus? oder ist's ein fleischlicher Eifer, um den ich leide, ist's irdisches Feuer, von dem ich brenne? O Geliebte, da müssen wir uns alle schämen, da müssen wir alle verstummen! Und nun, nachdem wir die schmerzliche Klage des leidenden Gerechten gehört, vernehmen wir auch:

2) Seine sichere Zuflucht, V. 11-22.

Wo ist seine Zuflucht? Bei Menschen nicht. Bei Menschen findet er nur Spott statt Trost, wie er so ergreifend klagt:

V. 11-13: „Und ich weine und faste bitterlich, und man spottet meiner dazu. Ich habe einen Sack angezogen; aber sie treiben das Gespött daraus. Die im Tor sitzen, waschen von mir, und in den Zechen singt man von mir.“ Ja das hat er auch erfahren, der göttliche Dulder; am Kreuze haben sie ihn verspottet: Arzt hilf dir selber; ein Purpurkleid haben sie ihm angetan statt des Sterbehemds, und heute noch verlachen ihn die Spötter und in den Zechen singt man von ihm und verspottet beim Weinglase sein heiliges Wort, seinen heiligen Namen. Bei Menschen findet er kein Erbarmen,

V. 21: „Die Schmach bricht mir mein Herz und kränket mich. Ich warte, ob es jemand jammerte, aber da ist niemand; und auf Tröster, aber ich finde keine.“ Wer tröstete ihn in seiner letzten Not, ihn, der so viele getröstet? Seine Jünger waren fern, seine Freunde waren stumm, sein Volk hatte ihn verlassen, ein Heide sprach: Seht welch ein Mensch; aber sie schrien: Kreuzige, kreuzige ihn! Bei Menschen findet er kein Labsal,

V. 22: „Und sie geben mir Galle zu essen und Essig zu trinken in meinem großen Durst.“ Das ist ja wörtlich wahr geworden an dem sterbenden Heiland. Er, der so manche durstige Seele getränkt mit Wasser des ewigen Lebens, bekommt nichts als Galle zu schmecken in seiner Todesstunde; er, der Balsam gegossen in so manches wunde Herz, bekommt nichts als Essig zu trinken in seiner letzten Not. Das ist der Dank der Welt. Auch uns, meine Lieben, will es manchmal so dünken, als böte uns die Welt in unserem Leid Galle statt Balsam und Essig statt Wein. Wo wir Mitleid und Teilnahme hoffen, da finden wir kalte, gleichgültige, steinerne Herzen; wo wir weinen, da lacht man unser; wo wir Trost brauchen, da finden wir Spott, sei's ins Angesicht, sei's hinter unserem Rücken; und wo wir sanfte Schonung bedürfen, da müssen wir uns schonungslos umhertragen lassen in der Leute Mund, auf den Gassen wäscht man von uns und in den Zechen singt man von uns.

Aber dann, liebe Seele, wenn du bei Menschen keine Zuflucht findest, dann suche sie da, wo sie der leidende Gerechte sucht hier im Psalm, wo sie der göttliche Dulder sucht dort am Kreuz: Droben im Himmel bei Gott, V. 14 bis 20.

V. 14: „Ich aber bete, Herr, zu dir zur angenehmen Zeit; Gott, durch deine große Güte erhöre mich mit deiner treuen Hilfe.“ Wie schön: sie fluchen, ich aber bete, zur angenehmen Zeit; wann ist die angenehme Zeit zum Beten? Immerdar; zumal recht mitten in der Trübsal, da ist des Menschen Herz am brünstigsten zum Gebet und Gottes Ohr am offensten zur Erhörung. „Durch deine große Güte erhöre mich mit deiner treuen Hilfe,“ du kannst ja nicht anders, du grundgütiger, ewigtreuer Gott; das Herz muss dir brechen über deinem armen Kind. Nun legt er seine Not ihm dar:

V. 15: „Errette mich aus dem Kot, dass ich nicht versinke, dass ich errettet werde von meinen Hassern und aus dem tiefen Wasser.“ Wann die Not am höchsten, dann ist ja Gott am nächsten; wann wir eben zu versinken meinen im tiefen Wasser, dann streckt er seine starke Retterhand uns entgegen:

V. 16: „Dass mich die Wasserflut nicht ersäufe und die Tiefe nicht verschlinge und das Loch der Grube nicht über mir zusammengehe.“ So hat er Josef aus der Wassergrube gezogen und Daniel in der Löwengrube errettet und Jonas aus des Ungeheuers Rachen geholfen und sein heiliges Kind Jesum aus dem Grab hervorgerufen, dass sein Heiliger nicht die Verwesung sehen durfte. Und wie der Schiffbrüchige sich an den Felsen klammert, dass die Flut ihn nicht verschlinge, so klammert der leidende Gerechte sich abermals angstvoll und doch kraftvoll an Gottes Barmherzigkeit und Treue:

V. 17. 18: Ja das ist der rechte Fels in den Fluten der Trübsal; nicht Menschengunst und Menschenkraft, die ist wie ein schwankes Brett selbst ein Spiel der Wogen; nicht eigenes Verdienst und Gerechtigkeit, die ist wie ein durchnässtes Kleid, das uns nicht über dem Wasser halten kann, sondern Gottes tröstliche Güte, die alle Morgen neu ist, Gottes ewige Barmherzigkeit, die kein Ende nimmt. Darum:

V. 18. 19. 20: Ja zu dem allwissenden Gott, der die Not seiner Kinder wohl weiß, zu dem ewigtreuen Gott, der wohl sein Antlitz im Augenblicke des Zorns ein wenig von uns wenden kann, aber mit großer Gnade sich unser wieder erbarmen will, zu dem sei unsere Zuflucht im Leiden, wie unser Heiland in Gethsemane zu ihm gebetet und sterbend am Kreuz in seine Hände seinen Geist befohlen hat; dann werden auch wir es rühmen und erfahren:

Ich rief zum Herrn in meiner Not:
Ach Gott, vernimm mein Weinen!
Da half mein Helfer mir vom Tod
Und ließ mir Trost erscheinen;
Drum dank ich, Gott, drum dank ich dir,
Ach danket, danket Gott mit mir:
Gebt unserm Gott die Ehre!

Über seine Feinde aber Schmach und Verderben! Das ist

3) Die furchtbare Drohung des leidenden Gerechten, V. 23-29.

Das ist ein furchtbarer Fluch, den wir nur schaudernd lesen können, aber nimmer in den Mund nehmen. Der Geist Gottes kann so etwas sagen über die Verächter des Herrn; nimmermehr aber darf ein Mensch so etwas sagen über seinen Bruder. Hat ja der selbst, der wohl hätte Macht gehabt zu richten und zu verdammen, vielmehr gesegnet, die ihm fluchten, und für seine Mörder gebetet: Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun. Aber was der Mensch dem Menschen nicht anwünschen darf, das muss der allgerechte Gott dem trotzigen Verächter antun, und wenn der Fromme schweigt zu dem Schelten seiner Widersacher, so stellt er es dafür dem anheim, der da gerecht richtet. Er richtet recht:

V. 23: An dem Tisch, wo sie ihre Schelmenlieder gesungen, soll der Tod sie überraschen wie ein Fallstrick.

V. 24: Die Augen, die schadenfroh sich am Leiden des Unschuldigen geweidet, sollen erblinden, und die Kraft, auf die sie getrotzt, soll verdorren.

V. 25: Wie sie ihren Spott ausgegossen über die Frommen, so soll Gott die Schalen seines Zorns ausgießen über ihre Häupter.

V. 26: Ihre Wohnung, in der sie sich so sicher glauben, soll wüste werden und leer stehen, darum dass sie

V. 27 schadenfroh Spott zum Schaden gefügt und den von Gott Geschlagenen frech misshandelt haben. Das furchtbarste Gericht aber ist das, dass sie von Sünde fallen in Sünde und immer tiefer versinken ins Verderben,

V. 28: Ja dass sie getilgt werden aus dem Buche der Lebendigen und ihre Namen ausgestrichen von den Tafeln der Gnade.

Ist nicht von diesem furchtbaren Fluch etwas erfüllt worden an jenen Feinden Christi, an jenem losen Volk, das so frechen Muts gerufen hatte: Sein Blut komme über uns? Ist's nicht wahr geworden, was er ihnen angedroht in heiliger Wehmut: Ihr habt nicht gewollt; siehe euer Haus soll euch wüste gelassen werden? - Da seht, ihr Frevler: Gott lässt seiner nicht spotten; da tröstet euch, ihr Frommen: Ist Gott für uns, wer mag wider uns sein? da bittet, ihr alle: Herr, geh nicht ins Gericht mit deinem Knecht, vor dir ist kein Lebendiger gerecht!

Nun hört:

Richter mit der heilgen Waage,
Tilge wider mich die Klage
Vor dem großen Rachetage!
Hehrer König, Herr der Schrecken,
Gnade nur deckt unsre Flecken,
Gnade, Gnade lass mich decken!

4) Das fromme Gelübde des leidenden Gerechten, V. 30-34.

Noch drückt ihn die Last des Elends,

V. 30. Aber schon bringt er seine Gelübde auf den Tag der Hilfe.

V. 31: Nicht vergessen will er dann, was der Herr ihm Gutes getan hat, wie die undankbare Welt, sondern danken will er dem Herrn. Und nicht nur mit den Händen will er ihm danken, mit einem toten Opfer, wie's die Welt bringt, sondern mit einem feurigen Danklied aus tiefem Herzen; sein Herz, das soll das Opferlamm sein; seine Liebe, die soll das Opferfeuer sein, das gen Himmel lodert; sein ganzes Leben soll ein Lobgesang werden zur Ehre des Herrn.

V. 32: „Das wird dem Herrn besser gefallen, denn ein Farr, der Hörner und Klauen hat.“ Ja wohl, denn der Herr sieht das Herz an und nicht die Hände, und Gehorsam ist ihm lieber denn Opfer. Und wenn so ein Herz in Dank und Liebe zu Gott emporflammt, das leuchtet dann weit umher und führt auch andere zum Herrn und dient auch andern zum Trost.

V. 33: „Die Elenden sehen es und freuen sich, und die Gott suchen, denen wird das Herz leben.“ So haben einst, da der Herr auferstanden war, die elenden und verzagten Jünger sich mit ihm und für ihn gefreut; so ist jede Hilfe und Gnadentat Gottes ein Fest für alle seine Gläubigen, nicht bloß für die, die es an sich selbst erfahren, sondern auch für die, die es an andern mit ansehen, denn alle werden wieder inne,

V. 34: Das ist

Der Herr ist nah und stets bereit,
Wo man ihn kindlich ehret,
Und wer nur ernstlich zu ihm schreit,
Der wird gewiss erhört.
Gott weiß wohl, wer ihm hold und treu,
Und solchem steht er dann auch bei,
Wenn ihn die Angst umtreibet.

5) Der herrliche Trost des leidenden Gerechten, V. 35-37.

Triumphierend greift er in die Harfe, dass Himmel und Erde es hören,

V. 35. Denn trotz aller Feinde Toben, das Reich Gottes kommt,

V. 36, und ein ewig Vaterland gibt's, wo sein Volk bleibt und sich freut und ihre Freude wird niemand von ihnen nehmen,

V. 37. Dorthin zum ewigen Zion, zum himmlischen Jerusalem, wo Freude die Fülle ist und liebliches Wesen zur Rechten Gottes ewig, wollen wir blicken unter den Stürmen und Trübsalen dieses Lebens. Die hienieden mit Tränen säen, werden dort mit Freuden ernten.

Da wird man Freudengarben bringen,
Denn unsre Tränensaat ist aus.
O welch ein Jubel wird erklingen,
Welch Lobgetön im Vaterhaus!
Schmerz, Seufzen, Leid wird ferne weichen,
Es wird kein Tod uns mehr erreichen,
Wir werden unsern König sehn;
Er wird am Brunnquell uns erfrischen,
Die Tränen von den Augen wischen:
Wer weiß, was sonst noch wird geschehn!

Amen.

1)
junger Stier
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