Gerok, Karl - Der Heimat zu! - 5. nach Epiphaniä.

Gerok, Karl - Der Heimat zu! - 5. nach Epiphaniä.

1889.

(Matth. 9, 35-38.)
(35) Und Jesus ging umher in alle Städte und Märkte, lehrte in ihren Schulen und predigte das Evangelium von dem Reiche und heilte allerlei Seuche und allerlei Krankheit im Volk. (36) Und da er das Volk sah, jammerte ihn desselbigen; denn sie waren verschmachtet und zerstreut, wie die Schafe, die keinen Hirten haben. (37) Da sprach er zu seinen Jüngern: Die Ernte ist groß, aber wenige sind der Arbeiter. (38) Darum bittet den Herrn der Ernte, dass er Arbeiter in seine Ernte sende.

Dass viel Jammer und Elend ist auf Erden, nicht nur leibliches Elend, sondern auch sittliches, nicht nur Jammer in Hütten, sondern auch in Palästen, das braucht man heutzutage nicht von den Kanzeln zu predigen: das Leben selber predigt es uns, die Zeitungen verkündens uns. Seit Jahr und Tag lösen sich die Unglücksposten ab, und kaum ist eine verklungen, so müssen wir auf eine neue gefasst sein.

Das kann einen denkenden Menschen recht ernst stimmen und uns die Welt erscheinen lassen in einem sehr trüben Licht. Und in der Tat fehlt es ja nicht an ernsten Stimmen in unserer Zeit, an Stimmen finsterer Klage über das Elend des irdischen Daseins, bis zu dem Lehrsatz des Pessimismus: Vernichtung sei das höchste Glück und der letzte Trost für den einzelnen Menschen und für die ganze Menschheit, und fehlt auch nicht an Stimmen bitterer Anklage über die Verderbnis der Zeit, bis zu der Prophezeiung der Unglückspropheten: Die Welt sei reif zum Gericht, wo nicht zum letzten Endgericht, so doch zu einem furchtbaren Strafgericht, zu einem Umsturz der bestehenden Ordnung, der die gegenwärtige Gesellschaft unter seinen Trümmern begraben werde, wie jene Revolution, deren hundertjähriges Gedächtnis unser Nachbarvolk heuer festlich begehen will.

Wir wollen solche ernste Stimmen keineswegs überhören. Sie sind jedenfalls ehrenwerter als jene leichtsinnigen Beschönigungen alles Schlechten, jene oberflächlichen Lobpreisungen unserer Zeit, wobei man die Augen geflissentlich verschließt gegen den Jammer der Welt und die Schäden der Menschheit.

Und doch, meine Lieben, jene finsteren Klagen und jene bitteren Anklagen sie sind noch nicht das letzte Wort des Christen beim Blick in das leibliche und geistige Elend um ihn her.

Ein anderes Wort noch, ein besseres und tröstlicheres, hören wir in unserem heutigen Evangelium aus dem Mund dessen, der auch ein Auge hatte für die Schäden der Welt und auch ein Herz hatte für den Jammer seines Volks, besser als der beste Menschenfreund, der je im Staub dieser Erde gewandelt, - aus dem Munde des großen Sünderfreundes und Weltheilandes Jesus Christus. Wie sieht er diese Erde an mit seinem heiligen Auge?

Freilich nicht als einen Lustgarten, nur dazu gemacht, Rosen zu pflücken und sich des Lebens zu freuen. Aber auch nicht als ein Jammertal, wo uns nichts übrig bleibt, als unser Dasein zu beweinen und unser Ende zu ersehnen, sondern als ein Erntefeld für die rettende Liebe, die das Verlorene sucht, wie er getan und wie die Seinen es ihm nachtun sollen in seinem Dienst.

„Die Ernte ist groß, aber wenig sind der Arbeiter!“

Das ist das Mahnwort des Herrn dort an seine Jünger und ist sein Mahnwort auch an unsere Zeit.

Lasst uns hören, was er uns damit sagt. Und du, Herr, rufe es uns selber ins Gewissen und lehre es uns verstehen und hilf uns danach tun und tue selbst das Beste dabei: Herr der Ernte siehe du darein, die Ernte ist groß, der Knechte Zahl ist klein! Amen.

„Die Ernte ist groß, aber wenig sind der Arbeiter!“ Ein Mahnruf des Herrn auch an unsere Zeit.

Was will er uns damit sagen?:

1) Die Ernte ist groß!

Darin liegt für unsere Zeit eine schwere Klage und doch auch ein hoher Trost. Eine schwere Klage über vieles, was versäumt und verderbt ist.

„Jesus ging umher in alle Städte und Märkte, lehrte in ihren Schulen und predigte das Evangelium von dem Reich und heilte allerlei Seuche und allerlei Krankheit im Volk. Und da er das Volk sah, jammerte ihn desselbigen, denn sie waren verschmachtet und zerstreuet, wie die Schafe, die keinen Hirten haben.“

Ja, das war keine Lustreise, die der Herr dort tat durch die Städte und Dörfer seines Vaterlandes, um sein Volk kennen zu lernen und sich seinem Volk zu zeigen als der verheißene Lehrer, Tröster und Helfer. Da war wenig Erfreuliches zu sehen in dem schönen Land, da Milch und Honig floss, wenig Rühmliches zu sagen von dem auserwählten Volk, für das einst sein König David gebeten: Hilf deinem Volk und segne dein Erbe und weide und erhöhe sie ewiglich. Nicht nur leibliches Elend war's, das dem Herrn da entgegentrat in allerlei kläglichen Gestalten, wenn man die Krüppel und Lahmen ihm zu Füßen legte, wenn die Blinden ihm in den Weg traten und die Aussätzigen ihm nachriefen: Erbarme dich unser! Nein, auch geistliche Armut und sittliche Verkommenheit trat ihm da vor Augen in abschreckenden Formen, bei allen Ständen, bei Reichen und Armen, bei Pharisäern und Schriftgelehrten wie bei Zöllnern und Sündern: irdischer Sinn, abgestumpft für alles Höhere, bei den einen in fleischlichem Wohlleben, bei den anderen in zeitlichen Sorgen; Unwissenheit in geistlichen Dingen, gepaart bei den einen mit finsterem Aberglauben, bei den anderen mit stolzem Unglauben; Ungerechtigkeit aller Art, sei es in offenem Sündenleben, sei es unter der Hülle einer äußeren Ehrbarkeit und pharisäischen Selbstgerechtigkeit.

„Denn sie waren wie die Schafe, die keinen Hirten haben“; und die, welche ihnen Hirten hätten sein sollen, die Hohepriester und Obersten des Volks, die Schriftgelehrten und Pharisäer hatten teils ihre Pflicht gewissenlos versäumt, indem sie in ihren fetten Pfründen sich's wohl sein ließen, unbekümmert um das arme Volk draußen im Lande, teils hatten sie ihre Aufgabe kläglich verkannt, indem sie die hungrigen Seelen mit dem dürren Heu trockner Menschensatzungen speisten, statt mit der gesunden Weide des göttlichen Worts, wie es Moses verkündet und die Propheten gepredigt hatten, und die verirrten Schafe nur den harten Stecken des gesetzlichen Treibers fühlen ließen, statt den milden Hirtenstab seelsorgerlicher Liebe.

„Da jammerte den Herrn dieses seines verkommenen Volks“ und mit schwerem Herzen sprach er es aus: „Die Ernte ist groß“, es ist viel zu tun, denn es ist viel versäumt.

Und nun, meine Lieben, was will der Herr uns damit sagen in unserer Zeit und für unser Volk?

Unsere Zeit ist ja weit voran in Bildung und Gesittung gegenüber jenen galiläischen Hirten und Fischern; unser Volk steht ja hoch an Macht und Ehre über jenem geknechteten Vasallenvolk zwischen den Bergen Juda.

Und doch „sie waren verschmachtet und zerstreut wie die Schafe, die keinen Hirten haben“ - ist das nicht der Jammer auch heutzutage bei tausenden in unserem Volk?

Unter der glänzenden Decke allgemeiner Wohlfahrt wieviel Armut und Elend, wieviel Hunger und Kummer schon im Leiblichen, wenn man mit den Augen des Heilands umhergeht und genauer nachsieht in Stadt und Land, in versteckten Dachstuben und finsteren Erdgeschossen!

Und auch bei äußerem Wohlstand und leiblichem Wohlleben wieviel geistliche Stumpfheit und innere Armut, auch bei äußerer Bildung oder Halbbildung wieviel Rohheit des Herzens, wieviel Abstumpfung des Gewissens, welch lockere Grundsätze und welch lockere Sitten, bald im Stillen schleichend, bald hervorbrechend in grellen Ärgernissen!

„Sie waren verschmachtet und zerstreut wie die Schafe, die keinen Hirten haben.“ An Nahrung für den Geist, an Speise zur Belehrung und Unterhaltung, an Büchern und Blättern für Alt und Jung, für Stadt und Land ist ja Überfluss in unserer vielschreibenden und viellesenden Zeit. Aber ist's immer gesunde Kost? Ist's nicht oft recht schale Speise? Ja, ist's nicht oft Gift fürs Herz, was da so laut feilgeboten und so gierig verschlungen wird?

Auch an Hirten fehlt es unserem Volk nicht, seien es Hirten im geistlichen Amt oder seien es Freunde und Führer, die sich aus eigenem Antrieb dem Volk zu seinen Leitern anbieten und zu seinen Vertretern aufwerfen. Aber jene Seelenhirten wären sie nur auch immer Hirten nach Gottes Herzen, Hirten nach Jesu Muster, ausgestattet nicht nur mit trockener Schriftgelehrsamkeit, sondern auch brennend von der Liebe Christi zu suchen das Verlorene, predigend nicht nur durch das Wort ihres Mundes, sondern auch durch das Vorbild ihres Wandels.

Und jene Volksmänner und Volksfreunde und Volksführer: führen sie die, welche sich ihrer Führung überlassen, auch immer auf rechter Straße? Meinen sie es allezeit ehrlich mit dem Volk? Empört sich uns nicht oft das Herz über die Lügennetze, die da ausgeworfen werden, das Volk zu fangen? Jammert uns nicht oft eines Volks, das noch so gedankenlos ist, in solchen Netzen sich fangen, von solchen Führern sich führen und verführen lassen?

Gewiss der Blick ist ernst in unsere Zeit hinein, wo man Augen hat zu sehen, des Elends ist viel, der Schaden ist groß.

Und doch, was sagt der Herr? Sagt er: Der Schaden ist groß? Nein, er sagt: Die Ernte ist groß! Und darin liegt ein hoher Trost.

Also nicht einen verfluchten Acker, auf dem nichts mehr zu machen, nicht ein verhageltes Feld, auf dem nichts mehr zu holen ist, zeigt Jesus seinen Jüngern in jenem seinem verkommenen Volk, und zeigt er uns in dieser unserer verderbten Zeit, sondern ein Erntefeld, auf dem noch Frucht zu holen ist, auf dem noch Garben zu binden sind, das nur der rechten Arbeiter wartet.

Das Feld ist weiß zur Ernte, sagt Jesus dort am Jakobsbrunnen zu seinen Jüngern. Das heißt nicht: Die Welt ist reif zum Gericht, sondern im Gegenteil: sie ist reif für Gottes Reich; es heißt nicht: Es ist nichts mehr zu machen, sondern im Gegenteil: es ist noch viel zu machen, wenn man's nur richtig angreift. „Es ist noch eine Ernte da.“ Das heißt: Es sind noch Seelen da, die noch gerettet werden können, wenn ihr sie nur anfasst mit dem rechten Ernst und der rechten Liebe. Seelen, in denen die Sehnsucht nach dem Heil längst schon sich regt und gerade durch den Jammer der Zeit so gezeitigt worden ist, dass sie wie reife Garben dem in die Arme fallen, der sie recht zu fassen weiß. „Es ist noch eine Ernte da.“ Das heißt: Nicht alles, was bisher ausgesät worden, ist an den Weg oder auf den Fels oder unter die Dornen gefallen, es gibt auch noch gutes Land, wo Gottes Wort im Stillen keimt und Frucht bringt in Geduld. Darum verzweifle nicht, o Menschenfreund, ziehe nicht die Hand vom Pflug, du Knecht des Herrn, sondern steht fest, unbeweglich und nehmt immer zu in dem Werk des Herrn, sintemal ihr wisst, dass eure Arbeit nicht vergeblich ist in dem Herrn. Es ist noch eine Ernte da.

Und die Ernte ist groß, sagt der Herr. Wir klagen oft im Gegenteil: Die Ernte ist so klein im Verhältnis zur Aussaat. So viel Predigt und so wenig Frucht; so viel Bibeln und so wenig Glaube; so viel Gottesdienste und so wenig Gottseligkeit; so viel Rettungsanstalten und so wenig Gerettete. Und dennoch bleibt's dabei, wie der Herr spricht: Die Ernte ist groß.

Und wenn nur eine Seele gerettet würde unter Hunderten: ist's nicht eine große, eine köstliche Ernte, der Mühe wert? Ist nicht Freude darüber bei den Engeln Gottes?

Und gibt's nicht unzählige Seelen, heilsbedürftige und heilsbegierige nicht nur draußen auf der großen Ernteflur der Heidenwelt, sondern auch rings um uns her in unserem eigenen Volk, denen noch zu helfen wäre, wenn man ihnen näher tritt? Ja, gibt's nur eine einzige Seele und wär's die gesunkenste, an der die christliche Liebe verzweifeln darf mit dem Endurteil: Sie ist nicht mehr zu retten?

Nein, die Ernte ist groß, die ganze Erde ist ein großes Erntefeld, und an einem Arbeitsfeld auch für dich, wo du deine Kraft brauchen, wo du Frucht schaffen, wo du Freude erleben, wo du mitwirken kannst zur Ehre Gottes und zum Besten der Brüder, fehlt's keinem unter uns; im Gegenteil - immer neue Arbeitsfelder tun der erfinderischen Liebe sich auf, und nicht nur dem Missionar gilt's, der unter die Heiden geht, sondern auch dem Menschenfreund daheim, der sein Volk lieb hat:

Auf zur Ernt' in alle Welt, weithin wogt das weiße Feld,
Klein ist noch der Schnitter Zahl, viel der Arbeit überall!

Klein ist noch der Schnitter Zahl, das führt uns auf das weitere Wort des Herrn: Die Ernte ist groß;

2) Aber wenig sind der Arbeiter.

Auch da könnten wir, obenhin angesehen, meinen: Das gilt nicht mehr für unsere Zeit. Jesus dort im Blick auf sein Dutzend schwacher Jünger, der mochte sagen: Wenig sind der Arbeiter, und ein übermenschlicher Mut ohne gleichen gehörte dazu, mit diesem geringen Häuflein heranzutreten an das ungeheure Erntefeld der Menschheit.

Aber seither - welch eine leuchtende Wolke von Zeugen, welch ein glorreiches Heer von Streitern, welch ein tausendstimmiger Chor von Predigern im Dienst des Herrn, die ihre Kraft, ihre Zeit, ihr Blut und Leben daran gerückt haben, ihm Seelen zu sammeln und Garben zu bringen, und die zum Teil nach ihrem Tod noch fortpredigen und fortwirken durch Wort und Schrift!

Und gerade in unserer Zeit, ist nicht der Missionseifer seit einem Jahrhundert neu erwacht und auch in dunkle Weltteile der Weg mehr und mehr gebahnt und auch Zeugenblut in den neuesten Tagen wieder geflossen? Hat nicht der Zudrang zum Predigtamt sich wieder gemehrt, dass manche hirtenlose Gemeinde wieder ihres Hirten froh werden darf; kommt nicht auch der freiwilligen Arbeiter und Arbeiterinnen eine schöne Zahl dem Predigtamte zu Hilfe im Werke der inneren Mission; tauchen nicht der gemeinnützigen Vereine, der christlichen Rettungsanstalten, der freiwilligen Gottesdienste, der wohltätigen Sammlungen immer neue auf, so dass es auch den Wohlmeinenden oft zuviel werden will? geschieht denn auch da noch nicht genug? Gilt's da immer noch: Der Arbeiter sind wenige?

Ja, meine Freunde, es bleibt dabei: Der Arbeiter sind wenige, wenn wir denken an die vielen, die wir noch haben sollten, um dem wachsenden Bedürfnis zu genügen, um den tausendfachen Nöten zu steuern, die sich um so mehr herausstellen, je mehr man der Not nachsieht und nachgeht, wie ja das die merkwürdige Erfahrung ist bei der Arbeit der rettenden Liebe: Je mehr man tut, um so mehr gibt es zu tun!

Ja, meine Freunde, es bleibt dabei: Der Arbeiter sind wenige, wenn wir denken an die vielen, die es sein könnten und sollten nach ihren Gaben und Kräften und die sich nicht dazu hergeben wollen; an soviele Selbstsüchtige, die ihre Mittel nur zum eigenen Vergnügen gebrauchen und haben kein Auge und kein Herz für die Not ihrer Brüder; an soviel Unzufriedene, die müßig am Markte stehen ohne Lebenszweck und Beruf, unnütz für die Welt undd sich selber eine Last und könnten doch den Menschen wert und ihres Lebens froh werden, wenn sie mit anständen bei irgend einem Liebeswerk an Armen oder Kranken, mit Kindern oder Betagten, mit ihren milden Beiträgen oder ihrem persönlichen Dienst.

Ja, meine Freunde, es bleibt dabei: Der Arbeiter sind wenige, wenn wir bedenken, was zu einem rechten Arbeiter im Dienst Christi gehört: freudiger Gehorsam gegen den Herrn und herzliche Liebe zu den Brüdern, entschlossener Mut und ausharrende Geduld, feuriger Eifer und besonnene Weisheit.

Darum wenn wir irgend uns etwas einbilden wollten auf das, was in unserer Zeit geschieht auf dem Arbeitsfeld der rettenden Liebe, oder wenn wir selber für unsere Person manchmal müde werden möchten: nun ist's genug, ich habe das meinige getan, dann soll das Wort des Herrn uns immer wieder beschämen: „Die Ernte ist groß und wenig sind der Arbeiter.“

Aber nicht nur beschämen soll uns dies Wort, sondern auch ermuntern.

Ermuntern vor allem zum Gebet, wie der Herr zu seinen Jüngern sagt: „Darum bittet den Herrn der Ernte, dass er Arbeiter in seine Ernte sende.“

Eben weil er der Herr der Ernte ist, weil es um seines Namens Ehre, um seines Reiches Fortgang, um Rettung von Seelen sich handelt, die ihm angehören und die nach seinem Willen nicht sollen verloren gehen, weil er der Geber aller guten Gaben ist, von dem beides kommt, das Wollen und das Vollbringen, die Lust zur Arbeit und der Segen zur Arbeit, darum dürfen und sollen wir im Gefühl unserer eigenen Schwachheit und Unzulänglichkeit ihm die Sache befehlen und ihn bitten, wie wir ihn in unseren Sonntagsgebeten bitten: Sende treue Arbeiter in deine Ernte und segne jedes Werk der erbarmenden Bruderliebe in unserer Mitte.

Aber wem es ein heiliger Ernst ist mit solcher Bitte, der wird dabei nicht stehen bleiben und meinen, nun habe er seine Schuldigkeit getan, indem er die Sache in Gottes Hand legt und die Arbeit abladet auf die Schultern anderer Knechte, die der Herr etwa beruft.

Seht, meine Lieben, dieselben Jünger, die der Herr im Evangelium zunächst aufs Gebet verweist, hat er gleich nachher selbst ausgesandt auf ihren ersten Probegang in seinem Namen. Und dieselben Hände, die wir betend aufheben zum Herrn der Ernte, die sollen auch wir tätig regen im Dienst seines Reichs. Und ist auch auf unsere Schultern kein apostolisches Amt gelegt, sendet der Herr auch uns nicht hinaus auf ein großes Erntefeld in fernen Weltteilen: dein Arbeitsfeld, lieber Christ, kannst du finden in nächster Nähe, hier in der Stadt, gleich vor deiner Tür, vielleicht in deinem eigenen Haus, wo du Gelegenheit hast, Elend zu lindern, Liebe zu üben, Bösem zu steuern und Gutes zu wirken. Darum nicht nur: Herr, sende Arbeiter in deine Ernte, soll unser Gebet lauten, sondern auch: Herr, hier bin ich, sende mich, brauche auch mich zu deinem Dienst, tue auch mir das Auge auf zu sehen, wo es fehlt, tue auch mir das Herz auf für die Not um mich her, tue auch mir die Hand auf, zu helfen und zu geben, wo ich kann, zur Förderung deines Reichs und zum Besten meiner Brüder.

Mit solchen Vorsätzen wollen wir hinweggehen vom Angesicht des Herrn an die Arbeit unseres Lebens und in die tausenderlei Not der Welt; dann erst haben wir ein Recht zu bitten und zu hoffen:

Herr der Ernte, groß und gut, wirk zum Werke Lust und Mut,
Lass die Völker allzumal schauen deines Lichtes Strahl!

Amen.

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