Gerhard, Johann - Tägliche Uebung der Gottseligkeit – 2. Abteilung - Das erste Capitel. Danksagung für die Bildung im Mutterleibe und die Geburt in dieses Leben.

Gerhard, Johann - Tägliche Uebung der Gottseligkeit – 2. Abteilung - Das erste Capitel. Danksagung für die Bildung im Mutterleibe und die Geburt in dieses Leben.

Allmächtiger, ewiger Gott, Vater, Sohn und heiliger Geist, ich danke dir, ich preise dich, ich rühme dich, daß deine Hände mich gearbeitet haben und mich ganz gemacht, was ich um und um bin! Wie Leimen hast du mich in meiner Mutter Leibe gebildet, wie Milch hast du mich gemolken, und hast mich wie Käse gerinnen lassen; mit Haut und Fleisch hast du mich bekleidet, und mit Knochen und Nerven hast du mich zusammengefügt; Leben und Wohlthat hast du an mir gethan, und dein Aufsehen hat meinen Odem bewahret. Diese deine große Barmherzigkeit gegen mich will ich ewiglich lobpreisen, deine Güte will ich unaufhörlich mit Gesängen rühmen; du hast mich in meiner Mutter Leibe beschützt. Ich will dich preisen, daß ich wunderbar gemacht bin, wunderbar sind deine Werke, und das erkennet meine Seele wohl. Es war dir mein Gebeine nicht verholen, daß du im Verborgenen gemacht hast, da du mich mit mancherlei Gliedmaßen geziert hast unten in der Erde. Deine Augen sahen mich, da ich noch unbereitet war, und es waren alle Tage auf dein Buch geschrieben, die noch werden sollten, und deren noch keiner da war. Aber wie köstlich sind vor mir, Gott, deine Gedanken; wie ist ihrer so eine große Summe! Sollte ich sie zählen, so würde ich ihrer mehr finden, denn des Sandes am Meer. Du hast mir deine Barmherzigkeit erzeigt, ehe ich dieselbe einsah; du bist mir mit deinen Wohlthaten zuvorgekommen, ehe ich sie begehrte; deine Güte hat mich umfaßt, ehe ich für dieselbe dankte. Du bist es, der mich nicht nur wunderbar in der Mutter gebildet, sondern mich auch aus meiner Mutter Leibe gezogen hat; du bist meine Hoffnung von meiner Mutter Brüsten an. Auf dich bin ich geworfen aus Mutterleibe; du bist mein Gott von meiner Mutter Leibe an. So oft ich daran denke, daß Viele, ehe sie zum Tageslicht und zur Lebensluft hervorkamen, im Mutterleibe zu Grunde gingen, so oft bewundere und preise ich deine Erbarmung, die mich aus diesem Kerker lebendig und unverletzt auf den Schauplatz dieser Welt geführt hat. Wie viele Jahre sind vorübergegangen, in denen ich nichts war! Dir aber hat es gefallen, mir dieses Wohnhaus an meinem Körper aufzubauen, and mich aus jener Tiefe und Finsterniß des Mutterleibes herauszuziehen. Du hast mir eine vernünftige Seele gegeben, du hast gewollt, daß ich ein Mensch, nicht ein Stein oder eine Schlange, sey. Für diese deine Barmherzigkeit sey dir, mein Gott, Ehre und Preis in Ewigkeit! Amen.

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