Gerhard, Johann - Heilige Betrachtungen - Wie die Versuchung wegen der Beharrlichkeit zu überwinden ist.

Gerhard, Johann - Heilige Betrachtungen - Wie die Versuchung wegen der Beharrlichkeit zu überwinden ist.

Die Hoffnung, die sich auf Gott verlässt, wird nie getäuscht.

Heiliger Herr Jesu, teuerster Bräutigam meiner Seele, wie lange wird es währen, bis du mich zur Feier deiner Hochzeit führst Off. 19,7. Ich bin ein Fremdling, und bin verbannt von dir, aber ich glaube fest und zweifle nicht, dass ich bald, der Fesseln dieses Leibes entledigt, vor deinem Angesichte stehen werde Ps. 17,15. Furcht und Zittern ist mich angekommen Ps. 55,6, weil ich meinen Schatz in irdischen Gefäßen trage 2 Kor. 4,7. Der Verstand ist geneigt zu Irrtümern, der Wille ist geneigt zu Sünden, daher ist auch der Geist in mir nicht immer willig, das Fleisch aber immer schwach Matth. 26,41; die Sünde nimmt mich gefangen, und das Gesetz in meinen Gliedern widerstreitet dem Gesetz in meinem Gemüt Röm. 7,23. Furcht und Zittern ist mich angekommen, weil der Teufel meinem Schatz nachstellt; dessen List groß, dessen Sucht zu schaden überaus heftig, dessen Gewalt sehr groß ist. Den Adam hat er betrogen im Paradies 1 Mos. 3, den Judas in der Schule des Heilandes Joh. 13,27; wie werde ich Armer vor seinen Nachstellungen sicher sein? Furcht und Zittern ist mich angekommen, weil ich noch in der Welt bin, die ganz im Argen liegt 1 Joh. 5,19. Die Ergötzungen der Welt locken, die Widerwärtigkeiten auf dem Weg des Herrn schrecken, die Reizungen der Welt sind hin und wieder angenehm, die ganze Welt ist voll Stricken; wie werde ich Armer denselben entrinnen können? Das Angenehme droht mir Gefahr, das Schmerzliche droht mir Gefahr; wie werde ich Armer bestehen können? Furcht und Zittern ist mich angekommen, weil Gott es ist, der Beides in mir wirkt - das Wollen und das Vollbringen Phil. 2,13. Ich fürchte, dass meine Nachlässigkeit und Sorglosigkeit Gott nötigt, auch den guten Willen, den er mir gegeben hat, mir zu nehmen. Unwürdig bediene ich mich der Vergebung der Sünden, und die erste umsonst geschenkte Gnade verachte ich, das her fürchte ich, dass nach dem verborgenen und gerechten Gericht Gottes dass mit Recht weggenommen werde, was ich unrecht brauche: ich fürchte, dass ich von dem verlassen werde, den ich nach meiner ersten Bekehrung so häufig verlassen habe. Wie heftig quält es mich, wenn ich bedenke, dass diesen Wohltaten Gottes ein um so strengeres und schwereres Gericht folge, wenn ich sie ungerecht gebraucht haben werde! Aber die unbegrenzte Barmherzigkeit Gottes, der, wie er das Wollen gegeben hat, so auch das Vollbringen geben wird, richtet mich wieder auf, denn er ist und bleibt Gott Mal. 3,6: seine Barmherzigkeit waltet auch über mir, und wird sich nicht ändern Ps. 117,2: der feste Grund Gottes besteht 2 Tim. 2,19; gewiss fest, weil er in Gott selbst ist, bei dem kein Wechsel ist Jak. 1,16; gewiss fest, weil er durch das Blut Christi bestätigt ist Ebr. 12,24, welcher ohne Unterlass fürspricht vor dem Thron Gottes; gewiss fest, weil er mit den untrüglichen Siegeln der Sakramente beglaubigt ist Röm. 4,11.

Wenn ich nur ein klein wenig Heil in mir suchte, so würde ich vollen Grund haben, an meinem Heil zu zweifeln; vielmehr wie alle meine Gerechtigkeit, so ruht auch alle Hoffnung des Heils in Christo. Wenn ich nach dem Belieben meines Willens Christum ergriffen hatte, so musste ich sicher fürchten, dass ich, wenn das Belieben meines Willens sich änderte, Christum verlöre: vielmehr wird der, der, auch ohne dass er ihn gesucht hatte, von ihm gefunden ist, sich gewiss ihm nicht wieder entziehen, nachdem er einmal gefunden ist. Der mich aus der Finsternis des Todes zum Genuss des Lichtes gebracht hat, der wird nicht zugeben, dass ich in die vorige Finsternis hineingerate. Gottes Gaben und Berufung mögen ihn nicht gereuen Röm. 11,29, so ist's auf Seiten Gottes; wenn ich nur auch selbst unveränderlich im Glauben märe! Jener Schatz ist immer vorhanden, aber die Hand, die ihn ergreift, die ermattet zuweilen. Christum aber werde ich wohl ergreifen können, denn wie er sich in Wort und Verheißungen geoffenbart hat, so wird er auch nach seiner großen Freundlichkeit gestatten, dass ich seinem Worte und Verheißungen Glauben schenken kann. Mit Hilfe und durch den Schutz des Gebetes werde ich meinen Glauben befestigen: ich werde den Herrn nicht aus der Kammer meines Herzens lassen, er habe mich denn gesegnet 1 Mos. 32,26. Aus des Herrn Macht werde ich bewahrt werden können zur Seligkeit 1 Petr. 1,5; die Macht des Herrn richtet mich auf und macht mich stark, aber meine Schwachheit drückt mich nieder und macht mich traurig. Doch in meiner Schwachheit wird die Kraft des Herrn mächtig werden 2 Kor. 12,9; er wird mich stärken, von dem alle Stärke des Glaubens kommt; die göttliche Gnade richtet mich auf, aber es schreckt mich meine Unwürdigkeit. Doch wenn ich würdig wäre, so wäre es ja nicht Gnade, sondern Verdienst Röm. 11,6: ist's aus Verdienst der Werke, so ist's nicht aus Gnaden. Gnade ist nämlich in keiner Weise Gnade, wenn sie nicht auf alle Weise frei geschenkt ist. Deshalb sehe ich nicht auf meine Werke; was falsch ist, wird er verbessern; was fehlt, wird er hinzutun; was Sünde ist, wird er wegnehmen: was er mir nicht zurechnen will, das wird sein, gleich als wäre es nicht. Darum steht mein Heil allein bei Gott Hos. 13,9, und eben deshalb ist es gewiss.

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