Gerhard, Johann - Heilige Betrachtungen - Von der Ewigkeit der Höllenstrafen.

Gerhard, Johann - Heilige Betrachtungen - Von der Ewigkeit der Höllenstrafen.

Die Qualen der Gottlosen sind ewig.

Bedenke, andächtige Seele, die Ewigkeit der Höllenstrafen, und du wirst ihre Größe um so richtiger fassen. In der Hölle ist ein Feuer, das wütet und ohne Ende durchbrennt. Das Leben der Verdammten ist ein ewiges Sterben; ihr Tod ist leben in ewigen Qualen. Weder der quält wird müde, noch der gequält wird stirbt einmal. Das Feuer verzehrt dort so, dass es doch bewahrt; die Qualen werden dort so gemehrt, dass sie doch immer erneuert werden: die Verdammten werden dort so sterben, dass sie immer leben; werden so leben, dass sie immer sterben. Dass aber einer ohne irgend ein Ziel gequält werden muss, das überschreitet alles Maß der Verzweiflung. Denn was ist schwerer, als immer wollen, was nimmer sein wird, und nimmer wollen, was immer sein wird? Die Verdammten werden in Ewigkeit nicht erlangen, was sie wollen, und was sie nicht wollen, das werden sie in Ewigkeit sich gefallen lassen müssen. Wenn der Zorn Gottes aufhören wird, dann wird auch die Strafe der Verdammten aufhören: aber der Zorn ist ewig, darum ist auch die Strafe ewig. Wenn die Verdammten wahre Buße tun werden, dann werden sie auch von ihren Sünden erlöst werden können; aber die Zeit der Buße ist geschlossen, dazu gibt es auch keine Hoffnung der Vergebung mehr. Wenn die Teufel aufhören werden zu quälen, dann werden auch die Verdammten aufhören gequält zu werden; aber nie wird die Wut des Teufels ablassen, darum werden auch die Peinigungen des verdammten Menschen niemals ablassen. Wenn die Gerechtigkeit Gottes sich ändern wird, dann werden auch die Strafen der Verdammten sich ändern; aber unveränderlich ist Gottes Gerechtigkeit, ewig werden darum auch die Strafen der Verdammten sein. Zum Urteilsspruch des ernsten Gerichts gehört es, dass die niemals frei von Strafe sind, welche in diesem Leben niemals von der Sünde haben lassen wollen. Es ist billig, dass dem Verdammten kein Ziel der Rache gestellt wird, der, so lange er gekonnt hat, kein Ziel des Verbrechens hat haben wollen. Die Verdammten haben in ihrer Ewigkeit, das ist, so lange sie gelebt haben, gesündigt; es ist gerecht, dass sie in dein ewigen Gott gestraft werden: ihr Verbrechen hat ein Ende gehabt, weil ihr Leben ein Ende gehabt hat; sie hätten aber unbezweifelt lieber ohne Ende verbrechen wollen, wenn sie ohne Ende hätten leben können, um ohne Ende sündigen zu können. Ewig ist auch der Stoff des höllischen Feuers, nämlich die Flecken der Sünde; mit Recht ist daher auch die Strafe ewig. Von den Augen Gottes wird die Hässlichkeit der Sünden an den Verdammten nicht entfernt werden; wie also wird die Größe der auf die Sünden gesetzten Strafen entfernt werden können? Die Sünde ist noch dazu ein unendliches Übel, weil sie gegen das unendliche Gut begangen worden ist, und Christus für dieselbe einen unendlichen Preis bezahlt hat: mit Recht wird daher für diejenigen, welche in Sünden sterben, eine unendliche Strafe bestimmt. Der Mensch hat in sich das ewige Gut vernichtet; nach Gottes gerechtem Gericht verfällt er daher in das ewige Übel. Gott hat den Menschen von Anfang zu seinem Bild geschaffen, damit er ewig mit ihm leben könnte; Gott hat den in Sünde gefallenen Menschen durch Christum zu seinem Bild erneuert. Er hat allen die Mittel des ewigen Heils zubereitet, und allen die Belohnungen des ewigen Lebens dargereicht; darum ist es gerecht, dass die, welche an den ewigen Belohnungen keinen Teil haben wollen, auch ewigen Strafen unterworfen werden. Von den Verdammten wird der böse Wille niemals genommen werden; darum wird auch niemals die Strafe des bösen Willens von ihnen genommen werden. Die Verdammten haben eine augenblickliche Lust erwählt und endliche Güter der Welt vor Gott, dem ewigen Gut; sie haben mehr verlangt nach den Ergötzungen dieses flüchtigen und nur zu kurzen Lebens als nach den reichen Gütern des ewigen Lebens: daher ist es billig, dass sie ewige Strafen leiden. O unbegrenzte Ewigkeit! O nach keinen Räumen der Zeit bemessbare Ewigkeit! O von keinem menschlichen Verstand fassbare Ewigkeit, wie mehrst du die Strafen der Verdammten! Nach unzähligen Jahrtausenden müssen sie immer denken, dies sei für sie erst der Anfang der Qualen. Wie schwer ist es, in dem weichsten Bett dreißig Jahre lang unbeweglich liegen: was wird es sein, in jenem schwefligen See dreißigtausendmal tausend Jahre liegen?

O Ewigkeit, Ewigkeit! Du allein häufst über alles Maß die Strafen der Verdammten. Schwer ist die Strafe der Verdammten um der Bitterkeit der Qualen willen; schwerer noch um der Manchfaltigkeit der Qualen willen; am schwersten um der Ewigkeit der Qualen willen. Der Tod wird dort ohne Tod, das Ende ohne Ende, der Mangel ohne Mangel sein, weil der Tod immer lebt, und das Ende immer von Neuem anhebt, und der Mangel nichts weiß von mangeln. Die Verdammten werden das Leben suchen, und sie werden es nicht finden; sie werden den Tod suchen, und der Tod wird von ihnen fliehen Off. 9,6: nach hunderttausendmal tausend Jahren werden sie ohne irgend ein Ende zurück sich wenden zu den immer wieder auflodernden Qualen. Der Gedanke an die Fortsetzung des Schmerzes wird sie mehr peinigen als das Gefühl der äußeren Qual. Was kann elender sein, als so sterben, dass du immer lebst, so leben, dass du immer stirbst? Jenes Leben wird tödlich, und jener Tod unsterblich sein: Wenn du Leben bist, warum tötest du? Wenn du Tod bist, wie dauerst du immer?

Was die Ewigkeit ist, fassen wir nicht vollständig: denn es stehet zweifellos fest, dass das, was von keinem Maß der Zeit umschrieben wird, auch von keinem geschaffenen Verstand gefasst wird. Willst du jedoch etwas von dem Raum der Ewigkeit verstehen, so musst du an die vorweltliche Zeit denken. Wenn du den Anfang Gottes finden kannst, dann wirst du auch finden können, wann die Strafe der Verdammten ein Ende haben wird. Denke dir irgend einen sehr hohen Berg, der an Große den Raum von Himmel und Erde übertrifft; denke dir, dass ein Vogel alle tausend Jahre von diesem Berge ein Körnlein des feinsten Staubes hinwegtrüge. Es stünde zu hoffen, dass endlich, nach unbegreiflich vielen tausend Jahren die Größe jenes Berges ein Ende nähme; aber es steht nicht zu hoffen, dass irgend einmal jenes höllische Feuer zu seinem Ende kommt. Niemals werden die Belohnungen der Auserwählten ein Ende nehmen, niemals werden auch die Strafen der Verdammten ein Ende nehmen, weil wie Gottes Barmherzigkeit gegen die Auserwählten unbegrenzt, so auch Gottes Gerechtigkeit gegen die Verworfenen unbegrenzt ist. Nimm an, es seien so viel Arten der Qualen in den Verdammten, als Tröpflein im Weltmeer. Denke dir, je nach tausend Jahren käme ein Vöglein herbeigeflogen, und trinke ein kleines Tröpflein aus dem Meer. Es stünde zu hoffen, dass einmal die Menge des Meeres endlich wird erschöpft werden; aber zu hoffen steht nicht, dass irgend einmal die Strafen der Verdammten ein Ende nehmen müssten.

O andächtige Seele, lass dir immer die ewige Strafe der Verdammten vorschweben; das Andenken an die Hölle hindert in die Hölle zu geraten. Lass es deine Sorge sein Buße zu tun, so lange noch die Zeit der Vergebung währt. Was anders wird jenes Feuer zu seinem Unterhalt verschlingen als deine Sünden? Je mehr Sünden du häufst, um so größeren Brennstoff bewahrst du.

O Herr Jesu; der du durch dein Leiden für unsere Sünden genug getan hast, bewahre uns vor der ewigen Verdammnis! Amen.

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