Frommel, Max - Am dritten Sonntage nach Epiphanien.

Frommel, Max - Am dritten Sonntage nach Epiphanien.

Die Sendschreiben in der Offenbarung an jene sieben Gemeinden in Kleinasien haben darin ihre tiefe bleibende Bedeutung, dass sie ein heiliges Vermächtnis des thronenden Christus an die Kirche aller Zeiten sind. Denn obgleich sie zunächst an jene Gemeinden und ihre Bischöfe gerichtet sind, so enthalten sie doch so klar das Urteil des Erzhirten über ihre Zustände, über ihre Leistungen und ihre Versäumnisse, über ihre Kämpfe und ihre Gefahren; sie sprechen so unverhüllt das Wohlgefallen und das Missfallen seines Auges, so mächtig die Drohung und Verheißung seines Mundes aus, dass sie unwillkürlich zum Spiegelbild werden, in welchem jede Gemeinde und jeder einzelne Christ die Wahrheit aus Jesu Munde über sich erfahren kann.

Wenn es auf Erden wenig Leute gibt, welche einem die volle Wahrheit sagen, weil dazu eine genaue Kenntnis der Persönlichkeit und viel Liebe eines erbarmenden Herzens gehört, so redet in diesen Sendschreiben Einer, der uns durch und durch kennt und der uns von Herzen liebt. Wenn es schon in seinem Erdenwandel von ihm hieß: „Er kannte sie Alle und bedurfte nicht, dass ihn Jemand fragte, denn Er wusste wohl, was im Menschen war,“ wieviel mehr gilt dies von Dem, der da thront zur Rechten des Vaters und zu Jedem sagen darf: „Ich weiß deine Werke.“ Und wenn es hienieden von ihm galt: „Gleichwie Er geliebt hatte die Seinen von Anfang, also liebte Er sie bis ans Ende,“ wieviel mehr wird das gelten von Dem, der verheißen hat, Er wolle bei den Seinen sein alle Tage bis an der Welt Ende.

Auch heute will Er uns die Wahrheit sagen in dem Sendschreiben an die Gemeinde zu Pergamus, wie es geschrieben steht:

Offenb. Joh. 2,12-17.
Und dem Engel der Gemeine zu Pergamus schreibe: Das sagt, der da hat das scharfe, zweischneidige Schwert: Ich weiß, was du tust und wo du wohnst, da des Satans Stuhl ist; und hältst an meinem Namen und hast meinen Glauben nicht verleugnet, auch in den Tagen, in welchen Antipas, mein treuer Zeuge, bei euch getötet ist, da der Satan wohnt. Aber ich habe ein Kleines wider dich, dass du daselbst hast, die an der Lehre Balaams halten, welcher lehrte durch den Balak ein Ärgernis aufrichten vor den Kindern Israel, zu essen der Götzen Opfer und Hurerei treiben. Also hast du auch, die an der Lehre der Nicolaiten halten; das hasse ich. Tue Buße; wo aber nicht, so werde ich dir bald kommen und mit ihnen kriegen durch das Schwert meines Mundes. Wer Ohren hat, der höre, was der Geist den Gemeinen sagt: Wer überwindet, dem will ich zu essen geben von dem verborgenen Manna und will ihm geben ein gutes Zeugnis und mit dem Zeugnis einen neuen Namen geschrieben, welchen Niemand kennt, denn der ihn empfängt.

Er beginnt auch hier mit seinem Namen: „Das sagt, der da hat das scharfe, zweischneidige Schwert.“ Sein Schwert ist sein Wort, wie er am Schlusse sagt: „das Schwert meines Mundes,“ und wie Paulus sagt: „Das Schwert des Geistes ist das Wort Gottes.“ Dies Schwert ist nicht stumpf, sondern scharf denn „das Wort Gottes ist lebendig und kräftig und schärfer denn kein zweischneidig Schwert, und dringt durch, bis dass es scheidet Seele und Geist, auch Mark und Bein, und ist ein Richter der Gedanken und Sinne des Herzens.“ Es ist zweischneidig, weil es beides in sich schließt: Gericht und Gnade; den Einen ein Geruch des Lebens zum Leben, den Andern ein Geruch des Todes zum Tode. Jedes Wort Christi wird uns zur Gnade, wenn wir es annehmen, und jedes seiner Worte wird uns zum Gericht, wenn wir es verwerfen. So hören wir denn heute:

Göttliche Wahrheit aus Jesu Munde,

  1. sein Mitgefühl mit den Kämpfenden,
  2. seine Warnung vor falscher Duldung,
  3. seine Verheißung an die Überwinder.

Herr, zu dir rufen wir mit Samuel: Rede, Herr, denn dein Knecht hört. Gib uns offne Ohren, damit wir mit der Samariterin sagen lernen: „Kommt und sehet Den, der mir gesagt hat Alles, was ich getan habe.“ Amen.

I.

„Ich weiß, was du tust und wo du wohnst, da des Satans Stuhl ist; und hältst an meinem Namen und hast meinen Glauben nicht verleugnet, auch in den Tagen, in welchen Antipas, mein treuer Zeuge, bei euch getötet ist, da der Satan wohnt.“ Der Herr hebt in seinem Sendschreiben an die Gemeinde zu Pergamus damit an, zu sagen, dass sein Auge alles Gute sehe, was sein Geist in ihr gewirkt. Neben der milden Anerkennung dessen, was Pergamus geleistet an treuem Bekennen und heiliger Standhaftigkeit, spricht der Herr sein tiefes Mitgefühl mit der kämpfenden Gemeinde aus in einem gar zarten, schönen Worte, dessen Trost und Süßigkeit wir recht ins Herz fassen wollen, wenn er spricht: „Ich weiß, wo du wohnst.“ Er will damit sagen: Ich bringe in Anschlag alle Schwierigkeiten, unter welchen ihr euren Christenwandel zu führen habt. Sah es doch in Pergamus aus, als ob dort kein Christ könnte wohnen bleiben: da stand Satans Stuhl aufgeschlagen: sein Herrscherstuhl, von welchem aus die Verfolgungen sich erhoben, in welchen Antipas, der treue Jünger Jesu, den Märtyrertod erlitten; sein Lehrstuhl, von wo aus die Irrlehre die Christen mit Verführung bedrohte. Denn so sieht es das Auge Jesu und so verkündigt es sein Mund, dass in der Welt neben Gottes Stuhl der Stuhl Satans steht, wie es das Sprichwort ausdrückt: „Wo unser Herrgott eine Kirche baut, da baut der Teufel eine Kapelle daneben“, und wie es die Volkssage darstellt, dass neben der Engelskanzel die Teufelskanzel sich erhebt.

Wie tröstlich ist da die Stimme des Mitgefühls, wenn der Herr zu dem Kämpfenden spricht: „Ich weiß, wo du wohnst.“ Ich kenne deine Lage, deine Verhältnisse, .deine Umgebung; und wenn du dir vorkommst einsam und verlassen, als wüsste Niemand, wie dir ums Herz sei, als fragte Niemand nach dir „Einer ist, der in der Nacht, Einer ist, der droben wacht“, und dieser Eine spricht: „Ich weiß, wo du wohnst.“ Wo eins seiner Kinder auf dem Krankenlager liegt und seine Nächte unter Schmerzen. durchwacht, da spricht der Herr wie zu Hiskia: „Ich habe deine Tränen gesehen.“ Da kann eine Witwe vor Menschen ihr Haupt salben und ihren Kummer verbergen, aber wenn sie allein sitzt in ihrer stillen Kammer und kein Echo, nur die stummen Wände ihrer Klage antworten, da überfällt sie der Schmerz wie ein gewappneter Mann - siehe, da will der Herr zu ihr treten und zu ihr sprechen: „Weine nicht, Ich weiß, wo du wohnst.“ Oder es befindet sich Jemand in so schwieriger Lage, als wandelte er auf Glatteis; einem Andern ist zu Mute wie Kaiser Max auf der Martinswand, er kann nicht vorwärts und nicht rückwärts, sieht keinen Ausgang, wie sich's enden und wenden soll, da ist's denn ein unaussprechlicher Trost, wenn die holde Stimme des himmlischen Freundes in unser Herz klingt: „Ich weiß, wo du wohnst.“ O, wie wird Einem das Krankenlager und Kämmerlein so heilig und wert, wenn man weiß: Jesus besucht mich hier. Es ist derselbe Herr, der einst zu Israel in der Wüste sprach: „Ich habe dein Reisen zu Herzen genommen,“ der um Lot sich kümmerte, als er in Sodom wohnte. Hat Er doch selbst während seines Erdenwandels in jenem verrufenen Nazareth gewohnt, von welchem die sprichwörtliche Rede ging: „Was kann aus Nazareth Gutes kommen?“ Gerade darum kennt er deine Lage so genau, weil er Alles selbst durchlebt hat und versucht ist allenthalben gleichwie wir, auf dass er könnte Mitleid haben mit unserer Schwachheit. Sein Auge sieht von fern den Nathanael unter dem Feigenbaum, ohne dass er es ahnt; sein Aufsehen begleitet den Elias unter dem Wachholder in der einsamen Wüste, als er im Unmut herausbricht: Es ist genug, Herr; so nimm nun meine Seele; sein Herz hört den Schrei des Saulus in Damaskus in der Angst seiner Seele, also dass er den Ananias zu ihm sendet und ihm Straße, Hausnummer und Namen sagt. Siehe, das ist dein Herr, der auch zu dir spricht: Ich weiß, wo du wohnst.

II.

Seines tröstlichen Mitgefühls hat der Herr die Gemeinde versichert, nun fährt er fort mit einer ernsten Warnung: „Ich habe ein Kleines wider dich.“ Ein Kleines, und doch so groß, dass der Herr darob dieses Sendschreiben erlässt; ein Kleines, und doch so groß, dass er vom bußfertigen Abtun desselben allein die Abwendung des Gerichts erwartet, weil er von dem Kleinen sagen muss: „Das hasse ich.“ Das ist ein tiefer Eindruck in diesem Briefe, dass man von dem Herrn über mancherlei Gutem und über bewiesener Treue gelobt werden kann, und doch findet sein Auge Strafbares, welches, wenn es nicht erkannt, bereut und abgetan wird, den Verlust der Überwinderkrone nach sich zieht. Nicht umsonst sagt die Schrift: „Wer nicht im Kleinen treu ist, der wird auch nicht im Großen treu sein,“ und „Ein wenig Sauerteig versäuert den ganzen Teig.“ Denk an den König Agrippa, welcher sagte: „Es fehlt nicht viel, du überredetest mich, dass ich ein Christ würde nicht viel, ein Kleines“, und über dem Kleinen ging er verloren.

Was war denn das für ein Kleines, das der Herr strafte? „Aber ich habe ein Kleines wider dich, dass du daselbst hast, die an der Lehre Balaams halten, welcher lehrte durch den Balak ein Ärgernis aufrichten vor den Kindern Israel, zu essen der Götzen Opfer und Hurerei treiben. Also hast du auch, die an der Lehre der Nicolaiten halten; das hasse ich.“ Pergamus und sein Bischof duldeten falsche Lehre. Er selbst hatte und führte die rechte Lehre, wie der Herr ihm bezeugt: „Ich weiß, dass du den Glauben nicht verleugnest,“ aber er duldete, dass Andere inmitten der Gemeinde lehrten nach der Weise Bileams und der Nicolaiten. Diese ernste Mahnung vor falscher Duldung aus dem Munde des Herrn ist vielen Christen unserer Tage unverständlich, ja fast unerträglich. In gewissen Kreisen gehört Gleichgültigkeit gegen falsche Lehre zur Bildung, ja wohl gar zur christlichen Liebe, und Kampf gegen falsche Lehre und Halten ob der rechten Lehre gilt für geistige Beschränktheit und unchristliche Lieblosigkeit. Man vergisst, dass die Toleranz der verschiedenen Religionen und Konfessionen im Staate etwas Anderes ist als Duldung falscher Lehre innerhalb der Kirche. Gewiss war es eine edle Sache und schöne Errungenschaft um die Toleranz oder Duldung im Staate und im bürgerlichen Leben, dass es durch einheitliche Gesetze und Rechte möglich wurde, dass Menschen verschiedenen Glaubens im Lande zusammen leben konnten, ohne durch die Obrigkeit genötigt zu werden, auszuwandern aus der Heimat oder sich der Verfolgung auszusetzen. Gewiss war es ein großer Fortschritt in der Entwickelung der Völker und des Staatslebens, dass die frühere Regel fallen musste, wonach alle Untertanen einfach die Religion des Landesherrn teilen mussten, und dass nun Menschen verschiedenen Glaubens doch unter dem Schutz der gemeinsamen Gesetze im Frieden mit einander leben konnten. Aber daraus, dass die Toleranz im Staate gut und heilsam ist, folgt durchaus nicht, dass nun auch in der Kirche, innerhalb der eigenen Konfession fremde Lehre geduldet oder die Gleichberechtigung des Glaubens mit dem Unglauben, des Irrtums mit der Wahrheit, des Gotteswortes und der Menschenfündlein zum Grundsatz erhoben werde. Meine Lieben, alle Toleranz im Staate in Ehren, alle christliche Liebe gegen andere Konfessionen, auch gegen Juden und Heiden in Ehren - aber hinweg alle Duldung falscher Lehre in der eigenen Kirchengemeinschaft und beiseite alle Gleichgültigkeit gegen das Bekenntnis der eigenen Kirche! Als Petrus einst den Herrn in vermeintlicher Liebe vom Leiden abhalten wollte, da schalt ihn der sanftmütige Meister mit dem bedeutsamen Wort: „Du meinst nicht, was göttlich, sondern was menschlich ist.“ Dies gilt auch hier, wo nicht menschliche Weichmütigkeit, sondern der göttliche Ernst entscheidet. Blick nur hinein in die Schrift: alle Propheten des Alten Testaments haben gegen falsche Lehre geeifert; Jesus selbst, der die Wahrheit ist, hat dringend und ernst vor den falschen Propheten gewarnt, und alle Apostel in ihren Briefen, und nicht am wenigsten Johannes, den man den Apostel der Liebe nennt, haben dem Eindringen der Irrlehrer in die Gemeinden gewehrt. So zeigt auch unser Text, wie wichtig es für jeden Christen ist, die falsche Lehre zu meiden. Warum denn?

In jeder Lehre steckt ein Geist; in der rechten Lehre waltet Gottes Geist wirksam, in der falschen Lehre ein falscher Geist. Nun hat aber das Christentum immer mit zwei großen Gegensätzen zu kämpfen: mit dem Judentum zur Rechten, mit dem Heidentum zur Linken; mit dem Abweg in gesetzliche Knechtschaft und dem Abweg in fleischliche Freiheit, wie schon Paulus es zeichnet: „Das Wort vom Kreuz ist den Juden ein Ärgernis und den Griechen eine Torheit.“ Dies liegt gewissermaßen in der Entwickelung der Menschheit begründet. Judentum und Heidentum stellen die zwei großen Formen und Gestalten des Lebens ohne Christum dar, heute noch wie einst, und jeder Mensch, der nicht im Glauben an Christum lebt, ist entweder ein selbstgerechter Jude oder ein naturtrunkener, weltbegeisterter Heide. Gerade darum lag in der Vermischung des Christentums mit dem Judentum oder Heidentum die ungeheure Gefahr für die Gemeinden der apostolischen Zeit, wie für die Kirche aller Zeiten. Denn die Christen aus den Juden wollten das Evangelium wieder zu einem neuen Gesetz machen, und die Heidenchristen wollten die Gnade auf Mutwillen ziehen. Aber das Christentum bleibt der schmale Weg der wahren Freiheit in Christo und der wahren Gebundenheit an Christum; auch in der Lehre ein schmaler Weg: nicht zur Rechten noch zur Linken; das Christentum kann und darf keine unwahren Verbindungen mit dem heidnischen oder jüdischen Geiste eingehen, ohne seine Leuchtkraft und Salzkraft zu verlieren.

Diese unwahren Verbindungen mit fremdem Geiste, welche der Herr an Pergamus straft, haben ihre Vorbilder weit durch die Zeiten hinauf und ihre Nachbilder tief durch die Zeiten herab. Der Herr erinnert an Bileam, jene merkwürdige Gestalt aus grauer Vorzeit, jenen falschen Propheten, welcher einst dem Könige der Moabiter, Balak, den teuflischen Rat gab, er sollte Israel verführen zu Gottesdienst und Hurerei, weil dann der Herr und sein Schutz von ihnen weichen würde. Bileams Rat ging auf Vermischung Israels mit dem Heidentum und geriet zu Israels Verderben. Bileams Verführung zieht sich durch die ganze Geschichte der Richter und der Könige Israels, so oft sie den Götzen räucherten auf den Höhen, bis das Gericht Gottes sie nach Babylon schleppte. Was aber dort im Altertum geschah, das war Vorbild dessen, was in Pergamus sich vollzog, wo eine sogenannte freiere Richtung sich auftat, welche den Grundsatz aussprach, man könne ein ganz guter Christ sein und doch an den Götzenfesten und Opfermahlzeiten. der Heiden teilnehmen und brauche es im sittlichen Leben nicht so streng zu nehmen mit dem Unterschied vom Heidentum. Wie aber Bileam ein warnendes Vorbild, so ist Rom und seine Entwicklung ein erschütterndes Nachbild dieser Vermengung des Christentums mit dem Judentum und Heidentum in alten und neuen Gestaltungen: Was ist die Reformation anders als der Riesenkampf des evangelischen Geistes gegen das in die Kirche Christi eingedrungene Judentum mit seiner Werkerei, Möncherei und Fanatismus und gegen das eingedrungene Heidentum mit seiner sittlichen Laxheit, mit seinem Gepränge und seiner Weltherrschaft! Und gibt es nicht in unsern Tagen neue Bileams, welche die Freiheit des Fleisches predigen: jene falschen Propheten, welche die Unsittlichkeit verteidigen und die Sünde des Trunks nur als heiteren Lebensgenuss und Hurerei nur als notwendige Lebensäußerung einer starken Natur hinstellen? Und solche gottvergessene Moral, solcher Rückfall ins Heidentum, solche falsche Lehre sollte geduldet werden? Das sei ferne! Ich will mich der Sünde des Bischofs von Pergamus nicht schuldig machen und dazu schweigen, sondern laut bezeugen: Das ist dem Herrn ein Gräuel! Wahrlich Grund genug, um auf die Wahrheit aus Jesu Munde zu hören mit seiner Warnung vor falscher Duldung, wenn er von solch falscher Lehre sagt: „Das hasse ich“ und von dem Dulden derselben schon sagt: „Ich habe wider dich.“

Der Rat, den er gibt, lautet auch hier: Tue Buße, ändre deinen Sinn. Das ist der einzige Weg, dem Gericht zu entgehen, welches der Herr mit den Worten droht: „Wo aber nicht, so werde ich dir bald kommen und mit ihnen kriegen durch das Wort meines Mundes.“ Mein Wort soll sich gegen sie aufmachen und soll sich gegen sie kehren, also dass sie seine tröstliche Verheißung nicht auf sich beziehen dürfen und alle versäumte Gnade sich in Gericht wandelt, wie er an einer andern Stelle sagt: „Ich sage nicht, dass ich euch richten werde, sondern mein Wort, das ich zu euch geredet habe, das wird euch richten am jüngsten Tage.“ Um diesem Gericht zu entrinnen, rät, lockt, mahnt der Herr zur Buße und Umkehr, zum Abtun dessen, was Er gegen dich hat, es sei nun ein Großes oder ein Kleines, zum Hassen dessen, was Er hasst.

III.

Die nun seinem Rate folgen, die den guten Kampf kämpfen und in Ihm überwinden, denen gibt Er auch hier eine herrliche Verheißung: „Wer überwindet, dem will ich zu essen geben von dem verborgenen Manna und will ihm geben ein gutes Zeugnis und mit dem Zeugnis einen neuen Namen geschrieben, welchen Niemand kennt, denn der ihn empfängt.“

Vom verborgenen Manna redet der Herr. Manna war die Speise, welche Gott seinem Volke auf dem Zuge durch die Wüste vom Himmel gab. Als das rechte Manna, von welchem jenes nur weissagt, hat der Herr Christus sich selbst genannt und erklärt, wenn er sagt: „Ich bin das Brot des Lebens; wer zu mir kommt, den wird nicht hungern, und wer an mich glaubt, den wird nimmermehr dürsten.“ Dies ist aber hienieden noch ein verborgenes Manna, das der Christ auf seinem Pilgerzuge durch die Wüste inwendig durch den Glauben genießt. Christum zu besitzen und in Ihm täglich und reichlich Vergebung der Sünde zu haben – das ist seine verborgene Speise und Kraft unterwegs; aber einst, wenn überwunden ist, soll es in offenbarer Herrlichkeit bei der ewigen Hochzeit und Abendmahl des Lammes die Speise der Unsterblichkeit bilden. Die kämpfenden Christen, welche hier den Götzenmahlzeiten entsagt haben, sollen einst Manna die Fülle haben und die Frucht vom Baum des Lebens essen. Hier ist unser Leben verborgen mit Christo in Gott; wenn aber Christus, unser Leben, sich offenbaren wird, so werden wir auch mit Ihm offenbar werden in der Herrlichkeit.“

Dieselbe Verheißung drücken auch die folgenden Worte aus von dem weißen Stein, wie er von dem Hohenpriester als Schmuck an der Stirne getragen wurde. Aber der Edelstein wird nur erwähnt um des Namens willen, der darauf gegraben steht. Was ist das für ein neuer Name? Wie man einen Namen in ein Buch schreibt, um anzuzeigen, wem das Buch gehört, so wird an den Stirnen der Überwinder der Name Jesu Christi zu lesen sein, anzuzeigen, dass sie Christo angehören. Ein Christ hat hienieden keinen Namen vor der Welt; er heißt ein Christ, weil Christi Name in seinem Herzen funkelt. Hier trägt er in seiner Nachfolge den Namen des Erniedrigten, des Gekreuzigten, aber dort wird er tragen den neuen Namen Christi, des Auferstandenen, des Thronenden. Ihm zu gehören, sein eigen zu sein mit Leib und Seele „Er in uns und wir in Ihm“ Er unsern Namen tragend auf dem Brustschildlein seines priesterlichen Herzens und wir Seinen Namen tragend tieffunkelnd in unsern Herzen, hellglänzend an unsern Stirnen und laut erschallend auf unsern lobpreisenden Lippen das ist das Geheimnis der Seligkeit, das Niemand kennt, denn der es erfährt, hier im Glauben, dort im Schauen; das ist die Verheißung, die der Herr den Überwindern gibt.

Lasst mich gehen, lasst mich gehen,
Dass ich Jesum möge sehen.
Meine Seel' ist voll Verlangen,
Ihn auf ewig zu umfangen
Und vor seinem Thron zu stehn.
Amen.

Cookies helfen bei der Bereitstellung von Inhalten. Diese Website verwendet Cookies. Mit der Nutzung der Website erklären Sie sich damit einverstanden, dass Cookies auf Ihrem Computer gespeichert werden. Außerdem bestätigen Sie, dass Sie unsere Datenschutzerklärung gelesen und verstanden haben. Wenn Sie nicht einverstanden sind, verlassen Sie die Website.Weitere Information
autoren/f/frommel_max/frommel_max_-_3_nach_epiphanias.txt · Zuletzt geändert: von aj
Public Domain Falls nicht anders bezeichnet, ist der Inhalt dieses Wikis unter der folgenden Lizenz veröffentlicht: Public Domain