Flattich, Johann Friedrich - 1. Kor. 3,2

Flattich, Johann Friedrich - 1. Kor. 3,2

Milch habe ich euch zu trinken gegeben, und nicht Speise, denn ihr konntet nicht. 1. Kor. 3, 2.

Es sind zwar alle Speisen von Gott und mithin gut, allein man muß auch auf die Menschen sehen, was für sie taugt; denn den Kindern soll man nicht, wie andern Menschen Speise geben, sondern Milch und zwar deßwegen, weil sie noch nicht können, indem sie keine Zähne haben, daß sie Brod, Fleisch und andere Speisen zerbeißen können. Gleicher Gestalt können viele Dinge zum Lernen gut sein, aber sie sind noch nicht tauglich für dieses oder jenes Alter, oder auch für dieses und jenes Subjekt. Man muß nämlich eine Sache nicht nur objektiv, sondern auch subjektiv betrachten. Ich habe hierin oft gefehlt in der Information, indem ich zu viel bloß auf die Sache gesehen und zum Exempel zu frühzeitig das Rechnen, die Geometrie rc. angefangen habe, und zwar so, daß ich es nach dem Verstand behandelte, bis ich endlich mit Schaden eingesehen habe, daß man hauptsächlich auf die Subjekte sehen müsse, sowohl was für sie tauge, als auch auf welche Art man es mit ihnen behandeln müsse. Es wird manches mit jungen Leuten getrieben, davon man mit Recht sagen kann. Sie können noch nicht. Man muß deßwegen genau prüfen, was für junge Leute tauge. Gewöhnlich hält man sie zu dem an, was man gern hätte, daß sie es lernten, und dabei schließt man also: Wenn es dieser lernen kann, so kann es jener auch lernen. Es folgt aber nicht, wenn dieser, der gute Zähne hat, eine Speise essen kann, so kann auch jener, der keine Zähne hat, ebendieselbe essen. Wenn man nicht gewiß weiß, daß Einer eine harte Speise genießen kann, so ist das Sicherste, daß man ihm Milch giebt. Es ist aber die Frage, was im Lernen die Milch sei; denn man kann oft Etwas als leicht ansehen, was aber schwer ist. Es kann Etwas Milch nach dem Gedächtniß sein, welches aber keine Milch nach dem Verstand ist; denn Manches ist leicht auswendig zu lernen, was schwer zu verstehen und einzusehen ist. Milch nach der Memorie ist z. B. die Erlernung der Vokabeln und kurzer Sprüche. Milch aber nach dem Verstand sind diejenigen Sachen, welche in die Sinne fallen, und welche nicht zu viel Aufmerksamkeit und Nachdenken erfordern. Es kommt hier vornämlich darauf an, daß man auf die Erfahrung Achtung giebt, ob Etwas von Statten geht oder nicht. Nun kann zwar Manches deßwegen nicht von Statten gehen, weil junge Leute faul sind und nicht lernen wollen, allein weil junge Leute ihre Abwechslungen haben, so darf man nur zu derjenigen Zeit aufmerksam sein, wenn sie gern lernen. An Subjekten, welche gern lernen, habe ich mit Verwunderung wahrgenommen, daß solche Dinge ihnen zu schwer waren, an welche ich nicht gedacht habe, daß sie schwer seien.

Quelle: Ledderhose, Karl Friedrich - Johann Friedrich Flattich's Schriften

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