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Römer - Kapitel 9

Römer - Kapitel 9

(Leander van Eß)

Der beklagenswürdige Zustand der Juden gereicht nicht den Verheißungen und Anordnungen Gottes zum Vorwurf, sondern fällt ihnen selbst zur Schuld.

1 Ich sage die Wahrheit: bei Christus! ich lüge nicht; (mein Gewissen ist mein Zeuge) bei dem heiligen Geist!
2 Groß ist mein Schmerz und unaufhörlich der Kummer meines Herzens.
3 Ich möchte sogar selbst von Christus hinweg ausgestoßen seyn, für meine Brüder nach dem Fleische, die meine Volksverwandte sind.
4 Sie sind Israeliten; sie haben die Kindschaft, und die Herrlichkeit, und das Bündniß, und die Gesetzgebung, und die gottesdienstliche Verfassung, und die Verheißungen.
5 Ihnen gehören die Väter, ja, von ihnen stammt dem Fleische nach Christus, welcher Gott über Alles ist, gepriesen in Ewigkeit! Amen.
6 Nicht aber so, als würde deßwegen Gottes Wort unerfüllt bleiben; denn nicht Alle, die von Israel abstammen, sind echte Israeliten;
7 so wenig, als Jeder, der von Abraham seine Abkunft herleitet, schon ein echter Sohn ist, sondern: Durch Isaak wirst du Nachkommen erhalten.
8 Das heißt: Nicht alle Nachkommen dem Fleische nach, sind darum auch Kinder Gottes; sondern die verheißenen Kinder werden zu Nachkommen gerechnet.
9 Denn so lautet die Verheißung: Um diese Zeit will ich wieder kommen, da wird Sara einen Sohn haben.
10 So war es nicht allein bei dieser; sondern auch mit Rebekka, die allein von Isaak, unserm Stammvater, Kinder hatte.
11 Noch waren diese nicht geboren, und hatten weder Gutes noch Böses gethan; doch - (zum Beweise, daß Gottes Rathschluß nach freier Wahl bestehe,)
12 wurde nicht der Verdienste wegen, sondern auf des berufenden Willen ihr gesagt:
13 Der Aeltere soll dem Jüngern unterwürfig seyn; wie geschrieben steht: Jakob habe ich geliebet, Esau aber gehasset.
14 Was wollen wir nun einwenden? handelt Gott ungerecht? Keineswegs.
15 Er sagte schon zu Moses: Ich beweise Gnade, wem ich will, und Erbarmen, wem ich will.
16 Es kommt also nicht auf das Wollen und Rennen, sondern auf Gottes Erbarmen an.
17 So heißt es auch in jener Schriftstelle zu Pharao: Eben deßhalb habe ich dich erwecket, damit ich zeige meine Macht an dir, und mein Name verkündigt werde in allen Landen.
18 Er beweiset also Gnade, wem er will, und verhärtet, wen er will.
19 Du wirst mir einwenden: „Wie kann er dennoch etwas zur Schuld anrechnen? Denn wer kann seinem Willen widerstehen?“
20 Aber o Mensch, wer bist du, daß du mit Gott rechtest? Spricht wohl das Werk zum Meister: Warum hast du mich so gebildet?
21 Oder hat der Töpfer nicht Macht über den Thon, aus derselben Masse ein Gefäß zu einer edleren und ein anderes zu einer unedleren Bestimmung zu machen?
22 Wenn sogar noch Gott, der Strafgerechtigkeit zeigen und Beweise seiner Macht geben wollte, die zum Verderben bestimmten Werkzeuge der Strafe mit vieler Langmuth trug:
23 um eben dadurch seine unermeßliche Herrlichkeit an den zur Seligkeit bestimmten Werkzeugen der Gnade zu versichtbaren.
24 Zu diesen gehören auch wir, die er nicht allein aus den Juden, sondern auch aus den Heiden berufen hat.
25 Wie er auch bei Hoseas spricht: Ich will die mein Volk nennen, die nicht mein Volk waren, und die Nichtgeliebte die Geliebte, die Nichtbegnadigte die Begnadigte nennen.
26 Und geschehen wird es, in dem Lande, wo es von ihnen heißt: ihr seyd nicht mehr mein Volk; da werden sie Kinder des lebendigen Gottes genannt werden.
27 Ueber Israel hingegen ruft Jesaias aus: Wären auch die Kinder Israels so zahlreich wie der Sand am Meere, so wird doch nur ein kleiner Rest gerettet werden.
28 Denn er wird das Wort vollenden, und abkürzen in Gerechtigkeit; denn ein abgekürztes Wort wird der Herr thun auf Erden.
29 Wie auch Jesaias vorhergesagt hat: Hätte der Herr, der Allherrscher, von uns nicht Einige erhalten, so wäre es uns wie Sodoma gegangen, und Gomorrha glichen wir.
30 Was müssen wir nun bekennen? daß Heiden, welche nach Gerechtigkeit nicht strebten, doch zur Gerechtigkeit, und zwar zur Gerechtigkeit durch den Glauben gelangten.
31 Hingegen die Israeliten, die nach der gesetzlichen Gerechtigkeit strebten, nicht zur gesetzlichen Gerechtigkeit gelangten.
32 Warum? Weil sie nicht durch Glauben, sondern durch gesetzliche Werke sie suchten; denn sie stießen an den Stein des Anstoßes,
33 wie es geschrieben steht: Sieh', ich lege in Sion einen Stein zum Anstoß, und einen Felsen zum Aergerniß. Wer aber an ihn glaubt, wird nicht zu Schanden werden.

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