Erichson, Alfred - Ulrich Zwingli und die elsässischen Reformatoren - V. Die Bündnisse.

Erichson, Alfred - Ulrich Zwingli und die elsässischen Reformatoren - V. Die Bündnisse.

Zu den politischen Bündnissen, die seit dem 14. Jahrhundert zwischen der Schweiz und dem Elsass geschlossen wurden, kam bei Beginn der Reformation ein neues Element hinzu, das eigentlich religiöse; galt es doch von nun an „miteinander bei der evangelischen Wahrheit zu schützen“ Lange bevor der Gedanke einer allgemeinen Vereinigung aller Evangelischen auftauchte, ja bereits im Jahr 1524, finden wir Bestrebungen und Vorschläge, dasselbe Ziel auf einem engeren Schauplatz zu erreichen, so dass diesseits des Rheins von der Schweiz bis gen Straßburg, Mülhausen, Colmar, Schlettstadt inbegriffen, ein Volk und ein Bündnis sei.

Hatte das Marburger Religionsgespräch die gehegten Hoffnungen nicht verwirklicht, so betrieben Zwingli, Philipp der Großmütige und Jakob Sturm um so eifriger, aber ohne Zuziehung der lutherischen Kreise, die Schließung des „christlichen Burgrechts“, eines politischen Bundes zwischen eidgenössischen und elsässischen Städten, der sich auf Hessen, Brandenburg, ja bis auf die deutschen Seestädte und Friesland ausdehnen würde, „vom Meer herauf bis an das Schweizerland Alles ein' Sach, ein' Hilf, ein' Will'.“ Zwingli, die Seele des ganzen Unternehmens, ging noch weiter: eine Allianz mit Dänemark, Venedig und Frankreich sollte dem Werk gleichsam die Krone aufsetzen; man dachte selbst an nichts wenigeres, als den Pfaffenkaiser Karl V. zu stürzen. Ein gewiss großartiger Plan, der indessen manch nüchternem Straßburger Ratsherren Bedenken gab. Zwingli musste mahnen, doch Ernst mit dem Bündnis zu machen. „Es fehle nicht der Mut, entschuldigte man sich, aber die Gelegenheit und auch die Möglichkeit zu handeln.“ Mitglieder des Magistrats wohnten den während des Aufenthalts Zwingli's in Straßburg über die Sache eifrigst gepflogenen Unterredungen bei und einige Monate später, am 5. Januar 1530, trat die Stadt, obgleich Untertanin des Reichs, offiziell in den Bund der reformierten Städte Zürich, Bern und Basel ein. „Dank dem Herrn Christo!“ ruft Butzer aus. Man verpflichtete sich, auf 15 Jahre, gegen Religionsbedrückung einander tätige Hilfe durch Geld und Truppen, Getreide und Pulver zu leisten.

Man sollte glauben, der einmal eingeschlagene Weg könnte nicht mehr verlassen werden. Und doch beginnt gerade in dieser Zeit ein Umschwung, welcher für die künftige Gestaltung der straßburgischen Kirche die bedeutsamsten Folgen nach sich zog. Zeitverhältnisse ließen die Stadt ihre Sonderstellung den protestantischen Ständen Deutschlands gegenüber so lebhaft fühlen, dass sie aus politischer Klugheit an diese Letzteren sich anzuschließen versuchte. Ein Hindernis zu dieser Vereinigung wäre aber die „Tetrapolitana“, das eigne, auf dem Reichstag zu Augsburg, 1530, überreichte, und von der Augsburgischen Konfession der Lutheraner im Abendmahls-Artikel abweichende Bekenntnis gewesen, hätte nicht auch hier Butzer geholfen, und zwar durch Abfassung unbestimmter, unklarer, zweideutiger Formeln, welche bei den Lutheranern, nach langwierigen Verhandlungen, endlich Gnade fanden. So kam es, dass Straßburg in dem zu Schmalkalden im März 1531 geschlossenen Bund der Protestanten, wenn auch erst ein Jahr später definitiv, Aufnahme fand.

Dieser Schritt bedeutete Annäherung an Wittenberg und langsame Loslösung von Zürich. Immerhin verblieb doch die Freundschaft zwischen den einzelnen Persönlichkeiten. Alte Liebe rostet nicht, sagt das Sprichwort. Butzer aber, der das ganze Vermittlungswerk betrieben, wusste allein was es ihn gekostet, um seine Worte in der Abendmahlslehre so zu stellen, dass er die Lutheraner befriedigte, ohne seine eigene frühere Ansicht tatsächlich völlig aufzugeben! Seine Liebe zur Eintracht und sein Eifer für das Evangelium, das er seiner Stadt und seinem Land nur durch den Anschluss an die lutherischen Bündnisse erhalten zu können glaubte, täuschten schlechterdings ihn selbst. Vergeblich aber mühte er sich ab, die Schweizer ebenfalls in sein Werk hereinzuziehen. Zwingli, der den Beginn dieser Veränderung der Straßburger noch erlebte, schmerzte es aufs tiefste, trotz aller ihrer Beteurungen, „dass sie im Grund noch eins mit ihm seien“. Er meinte: „es sei nicht recht, einem Bündnis mit den Lutheranern die Wahrheit zu opfern.“ Er blieb derselbe und widmete noch im Frühjahr 1531 „Rat und Bürgerschaft von Straßburg“ seinen lateinischen Kommentar über den Propheten Jeremia, die letzte Schrift, die aus seiner Feder hervorging.

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