Erichson, Alfred - Das Marburger Religionsgespräch ... - IV. Das öffentliche Gespräch vom 2. Oktober.

Erichson, Alfred - Das Marburger Religionsgespräch ... - IV. Das öffentliche Gespräch vom 2. Oktober.

Früh Morgens um 6 Uhr wurde das Hauptgespräch eröffnet, zu welchem, außer dem Landgrafen und den Theologen, nur einige Herren von Adel und die Gelehrten von Marburg, im Ganzen 50 bis 60 Personen, Zulass hatten. Viele Andre aus Deutschland und aus der Schweiz mussten wieder nach Hause reisen, ohne beiwohnen zu dürfen; auch einem Karlstadt, dem ersten Ankämpfer gegen die katholische und lutherische Abendmahlslehre, ward die brieflich nachgesuchte Teilnahme am Gespräch verweigert. Luther und Melanchthon hatten begehrt, dass man „ehrbare Papisten“ zu Schiedsrichtern nehme, offenbar damit die Schweizer um so gewisser den Kürzern ziehen sollten; Zwingli hingegen, im Bewusstsein seiner Stärke, hatte die größte Öffentlichkeit und die Gegenwart eines Notars zur amtlichen Protokollierung des Gesprächs verlangt; keinem dieser Wünsche wurde entsprochen. Es sollte sogar den Zuhörern nicht gestattet sein, Wort für Wort nachzuschreiben, um nicht durch Veröffentlichung dieser Aufzeichnungen Stoff zu weiterem Streit darzubieten. Dass aber dennoch manche Feder während der Unterredungen tätig war, bezeugen die ausführlichen Berichte, die wir über dieselben besitzen. Man ging auch nicht auf den Vorschlag Zwingli's ein, dass man sich der lateinischen Sprache, statt der schwierigeren deutschen und schweizerischen Dialekte, bedienen möchte. Das Gespräch wurde also auf Deutsch geführt.

Vor dem Landgrafen, welcher samt seinem Hofe dem Kolloquium vom Anfang bis zu Ende beiwohnte, saßen an einem besonderen Tisch Luther, wie ein kurfürstlicher Hofmann gekleidet, Melanchthon, Zwingli und Oekolampad; die anderen Gelehrten und Staatsmänner ringsum im Saale. Der Kanzler Johann Feige dankte den Theologen, im Namen des Fürsten, dass sie sich eingefunden hätten und bat sie, „obgleich sie etwas rau und hart wider einander geschrieben, jetzt ihre persönlichen Affekte abzulegen und nur die Ehre Christi zu suchen, so wie alle billigen Mittel und Wege, um den so nachteiligen Zwiespalt aufzuheben.“ Die geistlichen Herren versprachen, dass sie freundlich mit einander reden und der Einigkeit mit redlichem Sinne nachtrachten wollten, so weit es nur mit Gott und gutem Gewissen geschehen könne. Denn, fügte man hinzu, die Eintracht darf nicht mit Unterdrückung göttlicher und öffentlicher Wahrheit gesucht noch gemacht, sondern Christi Worte müssen allen andern Sachen vorgezogen werden.

Luther, der zuerst das Wort erhielt, erklärte unumwunden, seine Meinung stehe auf das Festeste, er wolle sie nicht ändern, sondern Zeit seines Lebens dabei bleiben. Diesen Ausspruch bekräftigte er, indem er mit Kreide und mit großen Buchstaben die Worte vor sich auf den Tisch schrieb: „Hoc est corpus meum“ (Dies ist mein Leib). „Er habe, sagte er, zum Gespräch eingewilligt, um von seinem Glauben Rechenschaft zu geben und anzuzeigen worin die Anderen irrten.“ Er fing auch gleich an, den Reformatoren von Zürich, Basel und Straßburg das Sündenregister irriger Lehrmeinungen, in Bezug auf die Dreieinigkeit, die Gottheit Christi, die Erbsünde, aufzudecken und vorzuhalten. „Mir werfen sie ja auch vor, sagte er, dass ich über das Fegfeuer und die Rechtfertigung durch den Glauben nicht recht lehre.“ Luther fand, wie es scheint, dass Melanchthon diese Angelegenheit in der stattgehabten Privatunterredung zu rasch und zu mild abgehandelt hatte, und begehrte ausdrücklich dass man vor Allem von diesen Artikeln rede. Zwingli und Oekolampad erklärten hingegen, sie wünschten, dass man zuerst von der Hauptsache, dem Nachtmahl handle, weswegen man zusammen gekommen sei. „Wir sind aber bereit, sagten sie, später auch noch die anderen Artikel vorzunehmen, in denen wir übrigens recht lehren, wie unsere Bücher und die Kirche es bezeugen.“ Luther war's zufrieden, protestierte aber nochmals, dass er mit den Büchern der Reformierten nicht übereinstimme. „Ich will das ausdrücklich bemerkt haben, damit man daheim nicht sage: ich habe das Maul nicht dürfen auftun.“ Dann forderte er seine Gegner auf zu beweisen, dass wenn es heißt: Das ist mein Leib, der Leib Christi nicht da sei. „Ich will weder Vernunftgründe noch geometrische oder mathematische Beweise anhören.“

Oekolampad: Nun so will ich von solchen Gründen schweigen; was steht aber im 6ten Kapitel bei Johannes geschrieben? Dies erklärt alle anderen Stellen von des Herrn Nachtmahl, und ist nicht buchstäblich, sondern bildlich zu nehmen, gleich wie die Aussprüche Jesu: „Ich bin ein Weinstock“, was unmöglich etwas anderes heißen kann, als er bedeute einen Weinstock; „der Same ist das Wort Gottes“ und noch viele andere.

Luther: Es sind allerdings viele bildliche Reden in der Schrift; aber das hier eine sei, dass Leib für Zeichen des Leibes stehe, das muss bewiesen werden. Bringt nicht so viel Dinge vor, die man schon längst weiß. Der geistliche Genuss des Leibes Christi schließt den leiblichen nicht aus.

Oekolampad: In den Worten: „das Fleisch ist nichts nütze, der Geist aber macht lebendig“ (Joh. 6,63), verwirft Christus das fleischliche Essen.

Luther: Das meint ihr; wir sagen nicht dass der Leib Christi grobmündlich gegessen werde wie Fleisch und Brot in einer Schüssel oder wie ein Schweinebraten. Wenn ich aber behaupte, dass ich seinen Leib im Abendmahl empfange, so meine ich eine erhabene, geistliche Nießung. Auf Gottes Befehl einen Strohhalm aufheben, mit Wasser taufen, ist auch etwas gemeines, und doch wieder eine geistliche Handlung; nur müssen wir nicht achten auf das was gesagt wird, sondern auf den, welcher spricht. Wenn Gott etwas sagt, so muss man es glauben, selbst wenn er sagen würde, dass ein Hufeisen sein Leib sei. Reden wir vom Leib des Herrn, so verstehen wir's von dem zur Rechten Gottes erhöhten Christus. Ich würde gern eure Meinung annehmen, ihr bringet aber einen losen Verstand zu der Sache. Der Fürst wolle mir verzeihen, dass ich nicht anders kann. Nun redet Ihr.

Oekolampad: Wenn wir den Leib Christi geistlich genießen, was brauchen wir noch das mündliche Essen?

Luther: Ich frage nicht was notwendig ist oder nicht. Es steht einmal geschrieben: Nehmet hin und esset, das ist mein Leib. Das muss man tun und glauben, dass es so ist. Man muss es tun, man muss es tun! Wenn Gott mich hieße Mist essen, so täte ich's auch, wohl wissend dass es mir nützlich wäre. Man muss hier die Augen schließen.

Oekolampad: Wo steht's denn geschrieben, dass wir mit geschlossenen Augen in der Schrift wandeln müssen, mein Herr Doktor?

Luther: Derselbe der gesagt hat: „Das Fleisch ist kein nütze“, hat auch gesagt: „nehmet, esset das ist mein Leib.“

Oekolampad: Man muss die Schrift mit der Schrift vergleichen, eine Stelle durch die andere erläutern….. Ich bleibe bei meiner Meinung und Stelle.

Luther: Und ich bleibe bei meinem Text.

Zwingli ergriff nun das Wort: „Es ist nicht recht, Herr Doktor! dass ihr von vornherein erklärt: Ihr wollt und würdet nicht weichen, bis man euch durch eine Schriftstelle beweise, dass in den Sakramentsworten eine bildliche Rede sei. Haben wir auch keine Stellen anzuführen, welche dies ausdrücklich sagen, so fehlt es uns doch nicht an solchen, wo Christus von dem mündlichen Essen seines Leibes abmahnt, und wir sind eben hier, um diese Stellen mit einander zu untersuchen und zu prüfen. Ihr erkennet ja selber an, dass nur in der geistlichen Nießung ein Trost liegt. Sind wir in diesem Punkt, welcher die Hauptsache ist, einig, so möge man doch die Eintracht herstellen. Die Kirchenväter, obgleich sie in Bezug auf diese Lehre auch uneins waren, haben sich deshalb einander nicht verdammt!“ Hier zog Zwingli sein Neues Testament hervor, das er mit eigner Hand geschrieben und immer bei sich trug, und las auf Griechisch aus dem Evangelium Johannis (6,52) die Worte: „Wie kann der uns sein Fleisch zu essen geben?“ Die unpassenden Beispiele tadelnd, welche Luther gebraucht hatte, fuhr Zwingli also fort: „Nein, solches befiehlt uns Gott nun und nimmermehr, sondern nur was zu unserm Besten und zu unserm Heil gereicht. Gott ist Wahrheit und Licht, und er führt die Seinen nicht in Finsternis, und darum ist er weit davon entfernt uns zu sagen: das ist mein Leib. Die Seele ist ein Geist und wird mit Geist und nicht mit Fleisch gespeist. Nehmet mir, so schloss er, diese Bemerkungen nicht übel, ich auch wünsche nichts sehnlicher als Frieden und aufrichtige Freundschaft. Ich habe fürwahr das Angesicht Luther's und Melanchthon's mit Freuden gesehen.“

Luther: Auch ich will gern alle Gereiztheit um Gottes und um des Fürsten willen bei Seite setzen. Dass ihr aber wie Brüder wollet gehalten werden, davon werden wir später sprechen…. Höret, Fleisch, Fleisch, heißt es. Wenn mir Gott faule Äpfel, Hutzel1) zum Essen vorlegte, ich würde es nehmen, und auch geistig genießen können. Ihr habt eure Glossen (Erklärungen), meinet's gut; an dem ist's aber nicht gelegen. Gott mutet uns zuweilen Unbegreifliches zu, wie z. B. der Jungfrau Maria.

Zwingli: Wie viele bildlichen Redensarten kommen aber in der Schrift vor! wie oft brauchen die Propheten das Wörtlein ist im Sinne von bedeutet! Melanchthon gibt es selber zu. Ihr verwerfet unsre Glossen, wir die eurigen. Christus sagt nicht: „ich werde sichtbar bei euch sein.“ Es ist auch nicht wahr, dass Gott uns Vernunftwidriges zu glauben gibt … Das Sakrament ist ein Zeichen, eine sinnbildliche Handlung, wodurch die Gläubigen bezeugen, dass Christus für sie gestorben ist. Wie kann es zum Trost der Seele gereichen, dass wir den Leib Christi in den Mund empfangen? wie kommen diese disparaten2) Dinge zusammen? Wie kann ein solch großes Werk durch die Hände böser Priester gehen?

Luther: Ihr seid auf dem Holzweg: wir behaupten ja nicht, dass der Leib Christi vermöge unsrer Worte in das Brot komme, sondern es geschieht durch die Einsetzungsworte, aus kraft göttlicher Ordnung und Befehl, ob ich selber ein Bub oder ein Schalk sei. Es ist Gottes Werk, wie in der Taufe. Die Summe des Glaubens ist: es gebührt uns nicht an dem Worte unsres lieben Gottes herumzudeuteln. In Vielem steht der Verstand still. Es soll uns aber genügen, dass es heißt: das ist mein Leib…. Da kann der Teufel nit für. Wollte ich zu verstehen suchen, ich fiele vom Glauben ab, ich würde zum Narren darob. Ihr seht hier eine Redefigur… warum nicht auch in der Himmelfahrt Christi? Da eure Gründe so schwach sind, so weichet doch, gebet Gott die Ehre und glaubet den lauteren, dürren Worten Gottes: Das ist mein leib.

Zwingli: Auch wir ermahnen euch, dass ihr Gott die Ehre gebet. Ihr wollt mich auf andere Dinge verlocken; ich bin und bleibe aber bei meiner Stelle. Ihr wiederholt ja immer dasselbe, Herr Doktor! ihr werdet mir noch anders singen müssen.

Luther: Ihr redet gehässig.

Zwingli: Ich frage nochmals, was hat Christus im 6. Kapitel bei Johannes sagen wollen?

Luther: Herr Zwingel! Ihr wollet's überboldern3). An euch ist's eure Sache zu beweisen, nicht an mir. Der Ort Johannes 6, mit dem ihr mir immer kommt, passt gar nicht hierher. Es nimmt mich Wunder, dass ihr diesen Spruch vorbringet, da ihr wohl wisset, dass Christus daselbst nicht vom Abendmahl redet, sondern vom Glauben. Eure ganze Beweisführung beruht auf einem Trugschluss.

Zwingli: Nein, nein, Herr Doktor, dieser Ort bricht euch den Hals.

Luther der diese Worte anders verstand, wurde noch heftiger und rief: „Rühmt euch nicht zu sehr! Die Hälse brechen nicht also. Ihr seid in Hessen und nicht in der Schweiz. Sparet die stolzen, trotzigen Worte, bis ihr heim zu euren Schweizern kommt, wo nicht, so will ich euch auch über die Schnauze fahren, dass es euch gereuen wird dazu Ursach gegeben zu haben.“

Zwingli erklärte nun die Redensart, welche seinen Gegner so sehr in Harnisch gebracht hatte: „Im Schweizerland hält man auch gut Gericht und bricht man Niemand wider Recht die Hälse. Es ist aber eine Landesart bei uns also zu reden, um zu sagen dass Einer eine verlorene Sache habe.“ Darauf wurde er still und eingezogen. Der Fürst selber musste Luther beschwichtigen.

Der Morgenimbiss unterbrach glücklicher Weise das Gespräch, welches sich so plötzlich und in so bedenklicher Weise erhitzt hatte.

Nachmittags kamen noch die schwäbisch-fränkischen Prediger Brenz und Osiander an. Als die Diskussion wieder eröffnet wurde, war Zwingli der erste Sprecher. Er fing an Stellen aus einer Predigt Luther's und aus den Kommentaren Melanchthon's vorzulesen, um zu zeigen, dass diese Theologen im Grunde mit ihm übereinstimmten. „Es handelt sich jetzt nicht darum,“ entgegnete Luther, „was ich oder Melanchthon geschrieben habe. Beweiset ihr, bei den Worten: das ist mein Leib, dass es nicht der Leib Christi sei. Wir behaupten nicht, dass derselbe unsren Leib nähre wie eine andere Speise, sondern dass er ihn, Kraft des Sakramentswortes, verwandle.“

Mit ermüdenden Wiederholungen und Abschweifungen auf Nebenpunkte wurde das Gespräch noch stundenlang fortgesetzt. Nachdem wir aber das Haupttreffen des Vormittags ausführlich genug geschildert haben, um, wie wir hoffen, ein klares Bild davon zu geben, können wir im Folgenden uns kürzer fassen.

Luther pochte unaufhörlich auf den Buchstaben der Heiligen Schrift und auf die Kraft der Sakramentsworte. „Diese Worte, behauptete er, bringen den Leib Christi in die Hostie.“ „Wenn aber der Feiernde unwürdig ist?“ wandte Zwingli ein. - „Darauf kommt es nicht an, wir können nicht wissen, wer fromm oder gottlos ist.“ „Gebt Acht,“ rief Zwingli, „dies ist päpstlich.“

Die Schweizer ihrerseits stützten sich fest auf die Gründe aus der Vernunft, und auf „ihre eherne Mauer und Schild“, das 6te Kapitel bei Johannes (namentlich auf die Verse 51 und 67), was die Gegner ungehalten „eine alte Leier“ nannten.

Oekolampad nahm auch aus dem Gespräch mit Nikodemus den Beweis, dass der Glauben allein und nicht mündliches Essen zur Seligkeit diene. Luther, um die Antwort nicht verlegen, erwiderte: Der rechte Glaube ist auch Glauben an den im Brot gegenwärtigen Christus.

Es fehlte sodann nicht an spitzfindigen Erörterungen über die verschiedenen Redefiguren, Metapher, Synekdoche4)), usw. Luther verglich, unter Anderem, die Gegenwart Christi im Brot des Abendmahls mit dem Schwert in der Scheide, und mit dem Bier in der Kanne, was den Schweizern sehr anstößig erschien.

Da Oekolampad darauf bestand, dass der Leib des Herrn dem unsrigen ähnlich sein müsse, sintemal Christus in Bezug auf seine Menschheit, die Sünde ausgenommen, in Allem uns gleich geworden (Phil. 2,7), so erlaubte sich Luther den Witz: „So muss Christus auch ein Weib und schwarze Äuglein gehabt haben und in teutschem Land gewohnt haben wie wir.“ Mit gleichem Humor bemerkte einmal der Schweizer: „Wenn Jesus in der Hostie ist, so sind auch der große Christoffel und alle Heiligen darin, da Christus gesagt hat: Wo ich bin, da soll mein Diener auch sein.“

Als die Gegner auf die „Absurditäten“ in Luther's Vorstellung hinwiesen, berief sich dieser auf andere Glaubensartikel, die nicht weniger töricht scheinen, wie z. B. die Menschwerdung Gottes im Schoße einer Jungfrau, und wiederholte seinen Hauptsatz: „Es liegt mir wenig an, ob etwas gegen die Natur, wenn es nur nicht gegen den Glauben ist.“

Während dieser Unterredung hob Luther die Samtdecke auf, zeigte die auf den Tisch geschriebenen Worte, und sprach: „Allhier steht unsre Schrift, meine allerliebsten Herren. Die habt ihr uns noch nicht abgedrungen, wie ihr euch erboten habt. Ich kann wahrlich nicht vorüber. Der Leib Christi muss da sein, da, da …“ Durch diese Worte aufgebracht sprang Zwingli von seinem Sitz auf.

Zweimal forderte Luther Melanchthon auf, an seiner Stelle zu antworten, denn „er habe sich müde gewaschen“. Der Freund aber kam nicht zu Hilfe und verharrte in seinem Stillschweigen. Hatte er doch von vornherein nicht nach Marburg kommen wollen. Man sah auch den gelehrten Professor über die Aussprache des Schweizers lächeln, als dieser aus dem Neuen Testament griechisch vorlas. „Leset's deutsch oder latein,“ rief ihm gleichfalls Luther zu, „nit griechisch.“ Zwingli antwortete auf Latein, dass er seit 12 Jahren an das griechische Exemplar gewöhnt sei. Man solle es ihm nicht übel nehmen.

Die Zwinglianer, meinte Luther, hätten ein gutes Argument vorgebracht, nämlich den Ausspruch Jesu: „Arme habt ihr immer bei euch, mich aber nicht.“

Der verstandesscharfe und schlagfertige Zwingli ruhte nicht; er glaubte seinen Gegner in die Enge treiben zu können, indem er immer wieder die Beweisführung aufnahm, dass der Leib Christi, wenn er die Eigenschaften eines Leibes hat, an irgend einem Ort sein müsse.

„Ich will nichts vom Ort hören,“ wehrte sich Luther, „ich will's nicht gehabt haben, ich will's nicht. Die Allmacht Gottes geht über die natürliche Vernunft.“

In großer Aufregung rief Zwingli: „Was ist aber das? muss man denn gerade das, was ihr wollt?

Damit endigte das Gespräch vom Sonnabend. Keiner war um ein Haar breit von seinem Standpunkt gewichen, keiner dem Andern näher gekommen.

1)
gedörrte Frucht, besonders Birne
2)
getrennten, abgesonderten
3)
rau anfahren
4)
das Ersetzen eines Begriffs durch einen engeren oder weiteren (z. B. »Dach« für »Haus«
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