Erichson, Alfred - Martin Butzer, der elsässische Reformator - IX. Butzer, Prediger, Professor und Schriftsteller. Aussprüche Butzer's.

Erichson, Alfred - Martin Butzer, der elsässische Reformator - IX. Butzer, Prediger, Professor und Schriftsteller. Aussprüche Butzer's.

Vor der Sonne erbleichen die glänzendsten Sterne. Hätte Martin Butzer nicht zu derselben Zeit wie Luther gelebt, so hätte er gewiss als Redner, als akademischer Lehrer und Schriftsteller in späteren Seiten mehr Anerkennung gefunden.

Die ihn näher kannten, wussten ihn aber wohl zu würdigen. So z. B. Blaurer, der von ihm aussagt, „Man muss staunen, dass Gott auf einen einzigen schwachen Menschen so viele Gaben zugleich gehäuft hat.“

In der Sturm- und Drangperiode ein volkstümlicher Redner, musste er auf der Synode von 1533 den Vorwurf hören, „er predige zu lang und gehe zu den besonderen Personen“, d. h. er predige für die Gelehrten und nicht für das Volk. Letzteres fiel auch Luther auf, als er Butzer zu Wittenberg im Jahre 1536 gehört hatte. „Es hat mir Eure heutige Predigt gar wohl gefallen,“ redete er ihn über Tisch an, „doch bin ich viel ein besserer Prediger als Ihr.“ „Ja,“ sagte Butzer, „ dies Zeugnis geben Euch alle diejenigen, so Euch gehört haben, und muss jedermann Euere Predigten loben.“ - „Nicht also, Ihr sollt mir's nicht als Ruhm auslegen, denn ich erkenne meine Schwachheit, und weiß keine so scharfsinnige und gelehrte Predigt zu tun wie Ihr, aber wenn ich auf die Kanzel trete, so sehe ich, was ich für Zuhörer habe, was sie verstehen können, denn die meisten unter ihnen sind nur Laien und schlechte Wenden. Ihr aber suchet Euere Predigt gar zu hoch und schwebet in Lüften, (und auf die oberländische Aussprache der Elsässer anspielend) im Gaischt, Gaischt. Darum gehören Euere Predigten nur für die Gelehrten, die können meine Landsleute allhie, die Wenden, nicht verstehen.“

Butzer war eher zum akademischen Lehrer als zum volkstümlichen Prediger geschaffen. Von ihm rühmt Johannes Sturm: „er war Meister in der dialektischen Kunst und wusste besonders durch philosophische Beweise auf seine Zuhörer Eindruck zu machen.“ „Wir erteilen dir die Palme unter den Schriftauslegern,“ sagt ein Anderer. In der Tat gehören die Kommentare Butzers über die Psalmen zu den bedeutendsten Leistungen der Reformationszeit auf diesem Gebiet. In Bezug auf die Erklärung des Neuen Testaments bekennt Calvin ohne weiteres, sein Schüler zu sein: „In der Auslegung der drei ersten Evangelien,“ sagt er, „bin ich vornehmlich Butzer, diesem vortrefflichen Doktor des Reiches Gottes gefolgt, welcher in diesem Punkt viel geleistet hat. Da, wo ich an einigen Stellen einer andern Ansicht bin, würde er selbst, wenn er noch lebte, es mir nicht übernehmen.“

Nicht minder ehrend ist ein anderes Zeugnis des großen Genfer Gottesgelehrten: „Obgleich Butzer mit einer besonderen Einsicht und Schärfe des Urteils begabt ist, so ist doch keiner, welcher so wie er dahin arbeitet, sich in der Einfalt des Wortes Gottes zu halten und die Spitzfindigkeiten, die von ihm ableiten, ich will nicht sagen, weniger aufsucht, sondern mehr hasst.“

Butzer zeichnete sich als Schriftsteller aus, nicht bloß durch seine große Fruchtbarkeit, worin ein Luther ihm kaum gleich kommt, sondern auch durch die vorzügliche Anordnung des Stoffes so wie durch den Stiel. Lateinisch schrieb er rein und elegant, das Deutsche oft weitschweifig, aber auch wieder kernhaft, klar und farbenreich - vor allem aber durch die Tiefe und den Reichtum der Gedanken.

Wir lassen eine Reihe von allgemein verständlichen Aussprüchen aus seinen Schriften folgen, in denen Manchen auffallen mag, dass die Dogmatik in den Hintergrund tritt. Das eigentliche Wesen des Christentums bestand eben für Martin Butzer, wie für die Straßburger Theologen seiner Zeit, nicht in einer vermeintlichen Rechtgläubigkeit, sondern in dem inneren gottseligen Leben und in dem durch die Liebe tätigen Glauben, der vertrauensvollen Hingabe an den himmlischen Vater durch Christum. Seine theologischen Ansichten weichen in keinem Hauptpunkt von der kirchlichen Lehre der Reformatoren ab; allein, jedem Buchstabendienst abgeneigt, drang Butzer vor allem auf die sittliche Betätigung der Grundsätze des Evangeliums und auf ihre Verwertung im Leben. Doch der Leser möge selber urteilen.

Es liegt nit dran, dass wir Christen heißen, sondern dass wir's seien.

Ein Christ hat nur zwei oberste Grundsätze, nach denen alles sein Tun und Lassen sich richtet: die Ehre Gottes und die Liebe des Nächsten. Beides zu erfüllen hat er nur eine Lehrerin und Regel: die heilige Schrift in ihren klaren Aussprüchen, welche den Willen Gottes verkündigen, und denen alle anderen Satzungen menschlicher Autorität, menschlichen Gebrauchs und Herkommens unbedingt unterworfen sind. Was ihnen zuwider ist, muss weichen und fallen.

Alle meine Predigt und Lehre steht, laut der heiligen Schrift, darauf und wird darauf stehen: dass wir von Gott durch den Glauben, ohne Verdienst, alle Dinge begehren und empfahen, und durch die Liebe gleicherweise dem Nächsten mit allem von Gott empfangenen Gut dienen sollen, ohne Hoffnung der Vergeltung und des Dankes.

Wer gibt uns solches Fühlen unserer Sünden, Kummer und Beschwerden des Herzens? Allein der Herr durch seinen Geist und Gesetz. Den müssen wir treulich bitten, dass er uns ja gründlich zu erkennen und zu bedenken gebe, dass er allein Alles ist, tut und gibt, und dass wir ja keinen Augenblick etwas sind, haben oder genießen mögen, denn allein durch seine einige Gnad und Barmherzigkeit in Christo.

Alle Gläubigen können und sollen alle Ding, so den Glauben und Gottesdienst belangen, erkennen, erörtern und urteilen.

Der Gerechte lebt seines Glaubens und keines anderen. Es muss jeder für sich selbst alles bewähren und das annehmen, was er erkennen mag Gottes Willen sein, sonst wäre man Menschen- und nicht Gottesgläubig.

Wir sind Gott- und Christgläubig, nicht Kirchgläubig.

Wo man das Wort Gottes lauter prediget und gern hört, da man Christo untertänig ist, da man Christum erkennt als ein Haupt, da glaube ein jeder, dass eine Kirche sei.

Das Ende aller Kirchenübung ist Erbauung des Glaubens an Christum.

Die Sakramente sind heilige Übungen und Handlungen der Kirche Christi, in welchen uns durch die Wort und Zeichen, vom Herrn dazu verordnet, die Erlösung und Gemeinschaft unseres Herrn Jesu Christi dargegeben und mitgeteilt wird. Das ist also unsere Art, was wir einander herzlich versprechen und versichern wollen, dass wir dasselbig nit allein mit Worten, sondern auch mit äußern Gebärden und Zeichen tun.

Den Geist Gottes, um die heilige Schrift zu verstehen, so weit es zum Glauben und zur Seligkeit notwendig ist, haben alle Menschen, die Gott mit Ernst darum anflehen.

Der Schuhmacher und Schneider soll auch in seinem Schuh- und Kleidermachen auf Heiligung des göttlichen Namens und Förderung des Reiches Christi sehen.

Das ist der beste und vollkommenste Stand auf Erden und seligest, in dem einer seinem Nächsten zum nützlichsten und fürderlichsten dienen mag.

Die Oberen, die vor und über allen anderen Menschen sind, sollen das Werk Gottes und Christi immer suchen, und seligmachen was verloren ist, auch vor allen anderen beweisen und üben.

So steht uns zu, die wir Diener sind des Geistes, und sollen es stets lehren, dass der Geist lebendig mache und das Fleisch kein nütz sei, dass wir die Leute von allen leiblichen Dingen zu rechtem Glauben und Lieb des Geistes führen.

Es prangen die wahren Heiligen nicht mit ihrer Heiligkeit, sondern je mehr sie deren haben, je mehr sie sich ihres Mangels beklagen.

Eine Frömmigkeit, die ein Ende hat, ist nicht die wahre Frömmigkeit, deswegen auch ist ein Glaube, der ein Ende hat, nicht der wahre Glaube.

Wahren Christen steht im Handel Gottes allezeit zu, vorwärts und nit zurück zu schreiten, in allem Guten zu- und nit abzunehmen.

Die Liebe ist des Gesetzes Erfüllung, und die Söhne der Wahrheit verteidigen die Wahrheit durch die Wahrheit.

Das letzte Ziel besteht darin, dass Christus herrsche, und dass wir ihm ganz ergeben seien. Alles was nicht auf dieses Ziel sich richtet noch dasselbe fördert, verurteilen wir.

Möchte der fromme und freie, tiefe und zugleich stets auf das Praktische gerichtete, wahrhaft christliche Geist, von dem jedes dieser Worte zeugt, uns Alle erfüllen und beseelen.

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