Erichson, Alfred - Martin Butzer, der elsässische Reformator - II. Butzer, Flüchtling auf der Ebernburg, Pfalzgräflicher Hofkaplan, Pfarrer in Landstuhl.

Erichson, Alfred - Martin Butzer, der elsässische Reformator - II. Butzer, Flüchtling auf der Ebernburg, Pfalzgräflicher Hofkaplan, Pfarrer in Landstuhl.

Butzer fand zunächst eine Zufluchtsstätte in dem Hause eines ihm befreundeten Domherrn, Maternus Hatto, in Speier. Da er aber durch die Sorglosigkeit, mit welcher er hin und her ging, sich der größten Gefahr aussetzte, so ruhten seine Freunde nicht, bis sie ihn auf der Ebernburg, dem Schloss des Ritters Franz von Sickingen, vor den Nachstellungen der Feinde in Sicherheit wussten. Mit warmen Empfehlungen Ulrichs von Hutten des mutigen Vorkämpfers evangelischer und politischer Freiheit, zog er in den ersten Tagen des Monats März 1521 in die gastfreundliche Burg ein, „die Herberge der Gerechtigkeit“, wie man sie mit vollem Recht nannte.

Als der Frühling wieder in's Land kam, begann auch für ihn ein neues Leben. Die weiße Dominikanerkutte vertauscht er mit den weltlichen Kleidern, die Sickingen ihm geschenkt; er verkehrt mit andern Flüchtlingen geistlichen und gelehrten Standes, sowie mit ab- und zugehenden Kriegsleuten; er bespricht sich mit ihnen über die großen Fragen der Zeit, studiert fleißig fort und erbaut an jedem Sonntag Ritter und Landsknechte durch seine kernige Predigt. Der päpstliche Gesandte Aleander, der in jener Zeit seine Bekanntschaft gemacht, schildert ihn als „einen jungen Mann von erschreckend braunem Gesicht, als einen unruhigen, gefährlichen Menschen, so recht nach dem Herzen Huttens.“

Der Wormser Reichstag nahte. Da erschien Glapion, der Beichtvater Karls V. auf der Ebernburg. Der listige Römling wusste Franz von Sickingen zu bestimmen, dass er Luthern zu einer Unterredung einlud, und Butzer wurde beauftragt die Einladung zu überbringen. Er reiste dem Wittenberger Mönch entgegen und traf am 13. April in Oppenheim mit ihm zusammen, erhielt aber, auf seine Botschaft, die echt luthersche Antwort: „nach Worms bin ich berufen, und nach Worms will ich ziehen in Gottes Namen. Hat der kaiserliche Beichtvater mir etwas zu sagen, so kann es dort geschehen.“

Wäre Butzer damals für die Sache der Reformation noch nicht gewonnen gewesen, so hätte dieses Wort und das heldenmütige Auftreten Luthers in Worms die Entscheidung in ihm hervorgerufen. Er hatte übrigens Gelegenheit in Worms selbst dem Mann, auf den damals die Augen der ganzen Christenheit gerichtet waren, noch näher zu treten, da er ihm am Vorabend des denkwürdigen 18. April Briefe von Hutten überbrachte.

In Worms erfuhr er auch, dass eine erneute Anklage gegen ihn bei der römischen Botschaft eingelaufen sei. Seinen Gönnern gelang es jedoch, nach längeren Bemühungen, seinen rechtsförmigen Austritt aus dem Orden zu erwirken. Eine päpstliche Bulle vom 29. April entband ihn von seinem Gelübde, weil „er als 15jähriger Jüngling durch Furcht und List gefangen in den Orden eingetreten sei. Doch solle er ein weltlicher Priester bleiben.“ Triumphierend schrieb er darauf an Zwingli: „Früher im Dominikaner-Orden verstrickt, jetzt aber befreit, bin ich mit der Hilfe Christi wieder der allgemeinen Religion Christi einverleibt.“

Das untätige von der Welt abgeschlossene Leben auf der Ebernburg war ihm bald zur Last geworden: gern nahm er die ihm angebotene Stelle eines Hauskaplans beim Pfalzgrafen Friedrich an, wiewohl die Freunde ihn tadelten, dass er, „der geistlichen Knechtschaft kaum entronnen, sich die höfischen Fesseln anlegte, statt frei das Evangelium zu predigen, wozu sie ihn befreit hatten.“ Nach kurzer Zeit schon musste er den Freunden Recht geben. In seiner Stellung am Hofe, zu Worms, und später zu Nürnberg, konnte er für die Kirche nicht das sein, was er sein wollte und wozu Gott der Herr ihn erkoren hatte.

Es war für ihn eine wahre Erlösung, als, im Mai 1522, Sickingen ihn als Pfarrer nach Landstuhl, dem am Fuß der gleichnamigen Burg gelegenen Städtchen, in der westlichen Pfalz, berief. Dort auf der einsamen Pfarre mag er empfunden haben, wie wahr das alte Schriftwort ist: Es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei. Noch bevor Luther und Zwingli den wichtigen Schritt wagten, trat er in den Stand der Ehe, und zwar mit einer armen und tadellosen Nonne, Elisabeth Silbereisen, aus Mosbach im Neckartal, die „durch die seltsamen Künste ihrer Verwandten und gegen ihren Willen“ in das Kloster gebracht worden war. Sie hatte zwölf Jahre lang den Schleier getragen, als sie dem jungen Pfarrer die Hand reichte, um mit ihm als treue Gehilfin die Mühen und Kämpfe des Lebens zu teilen.

Butzers Pfarrdienst in Landstuhl wurde oftmals durch Reisen unterbrochen. Franz von Sickingen, der seine Geschäftsgewandtheit hoch anschlug, benutzte ihn gern als Gesandten in Sachen der Religion. Auf einem dieser Gänge in den Niederlanden geriet er in Lebensgefahr, so dass die Nachricht seines Todes sich verbreitete. Auch fällt in diese Zeit eine Reise nach Straßburg, wo Geiler von Kaysersberg durch seine Predigten der Reformation den Boden vorbereitet hatte, Luthers Thesen an die Türen der Geistlichen angeheftet worden waren, und der Münsterpfarrer Matthäus Zell seit einiger Zeit schon den Samen des Evangeliums ausstreute. Was Butzer hier zu sehen und zu hören bekam, bestärkte ihn in der Überzeugung, dass auch in der alten freien Reichsstadt eine „große und allgemeine Umgestaltung der Dinge vor der Türe sei.“ Aber er dachte wohl nicht, dass er persönlich zum Mitarbeiter an diesem Werk, und zumal in der eigenen Heimat, sollte berufen werden, und doch fügte es Gott also.

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