Eckbert - Auf Charfreitag - Lob des Kreuzes.

Eckbert - Auf Charfreitag - Lob des Kreuzes.

Sei mir gegrüßt, o Kreuz, Panier des lebendigen Gottes, Siegesfahne in der rechten Hand des Allerhöchsten; sei mir gegrüßet, Panier des Triumphes, Panier des Heiles, Panier der Macht, das alle Welt anstaunt; die im Himmel verehren dich, die auf Erden lieben dich, die in der Hölle scheuen dich. Sei mir gegrüßet, o Kreuz, du gesegnet Panier, du kostbar und auserwählt Holz, du Baum, viel reicher an Frucht, als alle Bäume des Waldes, viel reicher an Duft, als Alles, was je vom Ursprung der Welt an der Erde entsproßte. Selig die Wurzel, die dich trug, aber seliger die, die dich beseligte!

O Kreuz, im Lande der Lebendigen ist deiner Hoheit Wurzel, die mit göttlicher Kraft dich erfüllte und hoch dich erhöht hat über Alles, was Holz heißt. O du treffliches edeles Holz, vor dessen Hoheit sich beugen Cypresse und Ceder, Platane und Lorbeer, Olive und Palme, Weinstock und Feigen- und Apfelbaum, Zimmet- und Balsamstrauch, Weihrauch und Myrrhe, Storax und Galgant, Cassia und Terebinthe, Holz des Seth1), kostbares Holz von Ophyr, und jegliches Holz, das schön zu schauen, erquicklichen Duftes, und süß und heilsam von Frucht ist. Kein Holz des Paradieses Gottes ist dir von Ferne nur ähnlich, alles Gold der Tiefe und alles kostbare Edelgestein hat mit dir keine Gleiche.

O Kreuz, strahlender als die Sonne, heller als alle Gestirne des Weltalls leuchtest du Allen, die dich anschauen mit Augen des Glaubens und der Liebe. O du ehrenreiches und allerheiligstes Zeichen! Was ist das für ein Wunder, was an dir geschah! Von Alters her war verflucht und erschrecklich dein Name, du warst das Zeichen der Verdammniß und der Schande, das man zusprach Räubern und Mördern: nun aber bist du das Zeichen der Ehren und des Segens.

Siehe da, vom geringsten Dinge auf Erden bist du in gewaltigem und wunderbarem Aufschwung bis an den höchsten Himmel erhöht, so daß du auch thront auf der Könige ehrwürdigem Scheitel. Der gottlose Nero sehe es und wende neidisch den Blick ab, denn siehe die Kronen der Kaiser inmitten des Goldes und kostbarer Steine nehmen sie, dich, o Kreuz, zum edelsten Schmucke. Das Judenvolk sehe es, das Herz voll Neides, die trotzige Heidenwelt schaue es und erbleiche, denn siehe die Häupter auch der Stolzen, die Kniee auch der Höchsten, sie beugen sich vor dir.

O Kreuz, alle Engel Gottes in der Höhe verehren dich und erkennen keinen als Bruder, der nicht kommt mit deinem Zeichen bezeichnet. O kostbare Würze, du allein bist im Reiche Gottes gekannt und gern gesehen! Du giltst allewege viel, denn auch das Himmelreich wird erkauft durch dich.

Wer aber hat deine Schande von dir genommen? Wer hat dich zu so hohen Ehren gebracht? Das that der Mensch, der Jesus heißt, er ist auch dieses Wunders Urheber. Der allein Wunder thut, der selbige hat auch dies Wunder gethan, er selbst und kein Anderer: Jesus Christus, der Sohn des lebendigen Gottes, der Herr Himmels und der Erde; den die sündige Erde von sich stieß, der stieg zu dir hinauf, und du nahmest ihn auf und trugest die kostbare Last seines Leibes. Damals bist du geheiligt worden durch seines bloßen Leibes Berührung und durch die Besprengung mit seinem allerheiligsten Blute. Die Nägel, die seine unschuldigen Hände und seine anbetungswürdigen Füße mit dir zusammen hefteten, haben jenen kostbaren Saft dir zugeleitet; auch die Lanze des Kriegsknechtes, der Jesu jungfräuliche Seite öffnete, besprengte dich mit Bächen heiligen Blutes und geheimnißvollen Wassers.

Siehe doch mit was für Oele hat dich gesalbt Gott, dein Weihebischof, der wahrhaftige und höchste Hohepriester Jesus: ich sage, er salbte dich vor allen deinen Genossen und vor allen Bäumen des Waldes, daß du der Altar würdest eines wahrhaftigen und Gott so wohlgefälligen Opfers. In Wahrheit, du bist ein heiliger Altar, denn auf dir ward für das Heil der Welt dargebracht das wahrhaftige, heilige, unbefleckte und friedebringende Schlachtopfer, das allein die Erde mit dem Himmel versöhnen konnte. Du bist der Altar des kostbaren Räucherwerkes, dessen süßer Geruch bis an das Allerheiligste des Himmels drang und mit Wohlgefallen erfüllte das Herz Gottes des Allerhöchsten, der um seiner Süßigkeit willen sich herniederneigte zur Erde und versöhnt ward wegen der Sünden Aller, die auf ihr wohnen.

Durch solches Alles ist ganz in ihr Gegentheil verkehrt worden deine Schmach, o Kreuz! Du warest der Verdammniß Werkzeug und bist geworden das Werkzeug des Heiles. Du mußtest das Leben nehmen, und nun hast du den Tod dahingenommen. Gegen den Ursprung des Lebens wollte kriegen der Fürst dieser Welt und mit dir bewaffnet schritt er zum Kampfe, aber auf sein Haupt wandte dich mit starker Hand zurück unser Herr Christus Jesus; er zerschmetterte den Kopf des Sünders von Anfang und richtete eine Scheidewand auf zwischen ihm und der Menge des menschlichen Geschlechtes, dessen Haupt zu sein, er sich rühmte, und groß ward sein Fall und seine Niederlage, und es ward hinweggenommen die Schmach von Israel.

Dich, o Werkzeug überschwänglicher Freude und überschwängelichen Heiles, gesegnet und auserwählt Kreuz, lieblichstes und liebenswürdigstes Kreuz, dich ehret darum mit Recht und dich erhöhet mit den herrlichsten Lobpreisungen die ganze Gemeinde der Heiligen, die durch dich geheiligt ist in dem Namen Christi, des Ehre es war, dich auf seinen eigenen Schultern zu tragen und von dir getragen zu werden. Denn wenn es Unterthanen ziemt, mit gebührender Ehrfurcht zu ehren die Throne und Scepter und Kronen der Könige, wie viel mehr verdienst du vom ganzen Volke des Eigenthums verehrt und angebetet zu werden, du Scepter des ewigen Königs, zum Ruhme Christi, der durch dich den Erdkreis sich unterthänig gemacht hat? Du verdienst angebetet zu werden, sag' ich, zwar nicht als Gott, aber als seiner Großthat ausgezeichnetes Zeichen. Wenn anbetungswürdig sind die Spuren der Füße unsers Königs und Herrn, warum sollst du nicht anbetungswürdig sein, o Kreuz, das deutliche Spuren trägt nicht allein seiner Füße, sondern auch seiner Hände und seines ganzen heiligen Leibes? Recht ist es und würdig, vor deinem heiligen Zeichen betende Hände aufzuheben, das Haupt zu neigen, die Kniee zu beugen und sich ganz zur Erde niederzuwerfen zur Ehre dessen, der mit seinen an dir ausgebreiteten blutigen Armen. Alles zu sich hinzog, der an dir sein Haupt neigte und seinen Geist aufgab, dessen erstorbene Kniee an dir in beweinenswerther Weise über einander geschlagen wurden, dessen heiliger Leib ganz ausgespannt war über dich.

O Kreuz, du Ehrenzeichen an der Stirn der Christen, o Kreuz der Versöhnung, mit dem uns zeichnete die Hand Gottes! O unwiderstehliches Feldzeichen der Heerschaar Christi! Christus mache dich mir und allen Gläubigen zu einem festen Schutze gegen alle Gefahr Leibes und der Seele. Durch die Gnade des Herrn sollst du mir ein ein unwiderstehlicher Schild gegen die feurigen Pfeile des Bösewichtes und gegen alle seine listigen Anläufe, und gegen alle Gewalt der bösen Geister sollst mächtig du für mich kämpfen. Du sollst schirmen alle Thüren meines Leibes, daß nicht durch sie der Tod in meine Seele dringe, und Alles, was mir den Tod bringen kann, soll deine Kraft zu nichte machen.

Wenn meine Hand dich zeichnet auf jegliche Stunde und jegliches Werk im Namen Christi meines Herrn, so möge eilends dir Segen verleihen er selbst, der dich geheiligt hat.

Du, o Kreuz, sollst meiner sündigen Seele sein ein starker Schutz an jenem Tage, da sie ablegen muß das sterbliche Fleisch, gegen die schrecklichen Anläufe der bösen Geister. Du sollst ihr ein ein kühler Schatten gegen die brennende Hitze der höllischen Flamme, daß sie unverletzt und ungehinderten Schrittes hindurchdringe zum Anschauen des Herrn ihres Gottes im Himmel, durch die Gnade dessen, der an dir gekreuzigt ward, Jesu Christi, unters Herrn, der mit Gott dem Vater und dem heiligen Geiste lebet und regieret in Ewigkeit. Amen!

Quellen: Kessler, Hermann/ Senf, Friedrich - Fromme Betrachtungen aus alten Tagen. Nach der Ordnung des Kirchenjahres

1)
Das Seth, von Engeln getragen, aus dem Paradiese holte, und dessen Geruch eines sterbenden Vaters letzte Erquickung war, nach alter Sage.
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